Proteste bei der Automobilmesse IAA: Die Zeit zum Zurücklehnen ist vorbei

Die Blockade der IAA in Frankfurt hat ihr Ziel erreicht: Das Thema Klimaschutz wird so schnell nicht mehr von der Verkehrsagenda verschwinden.

Eine Frau trägt eine Atemmaske auf der Make Love not cars steht

Nach Atomenergie und Kohleindustrie knüpft sich die Klimabewegung nun die Autoindustrie vor Foto: ap

Sie sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Die Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung haben die Verkehrsindustrie in den Fokus genommen. Die Atomenergie strahlt ihrem Ende zu und auch die Kohleindustrie ist eine sterbende Branche. Demnach ist dieser Schritt folgerichtig. Denn im Verkehrssektor bewegt sich kaum etwas, die Emissionen sind seit fast 30 Jahren auf dem gleichen hohen Niveau.

Am Wochenende vor dem von Greta Thunberg und Fridays for Future ausgerufenen globalen Klimastreik haben nun rund 1.000 Aktivist*innen die Eingänge der Internationalen Automobilmesse (IAA) in Frankfurt blockiert. Die Besucher*innen mussten Umwege in Kauf nehmen, sich durch die Demonstrant*innen drängeln, sich ihren Protest anhören. Sie mussten an behelmten Polizist*innen mit Schlagstöcken vorbeigehen, um in die Oase des unreflektierten Konsums einzutauchen. Das luxusträchtige Hochglanz-Event hat ein paar Kratzer bekommen.

Auch wenn die Blockade symbolischer Natur war, hat sie ihre Wirkung entfaltet. Die Aktivist*innen haben die Eingänge nicht komplett dichtgemacht – sie wollen keine Eskalation um jeden Preis. Ihr Ziel haben sie erreicht: sich in den Diskurs einzumischen und das Thema Klimaschutz auf die Verkehrsagenda zu setzen.

In den vergangenen Wochen war es Journalist*innen nicht möglich, über die IAA zu berichten, ohne die Kritik daran zu erwähnen. Selbst konservative Medien räumten den Argumenten der Sprecherin des Protestbündnisses „Sand im Getriebe“, Tina Velo, Platz ein. Auch die Bundesregierung kann das Thema nicht länger aussitzen. Zwar dürften die Maßnahmen, die das Klimakabinett am Freitag verkünden wird, weit hinter dem Nötigen zurückbleiben. Aber wenigstens bewegt sich was.

Es reicht nicht, von Elektroautos zu reden

Auch die Autoindustrie bekommt das zu spüren. Zwar ist die Nachfrage nach besonders klimaschädlichen SUVs in Deutschland so hoch wie nie. Gleichzeitig standen sie aber auch noch nie so stark in der Kritik wie heute. Die Zeiten, in denen die Autohersteller sich entspannt zurücklehnen und Geld zählen können, sind vorbei.

Sie müssen etwas ändern, und es reicht nicht, unentwegt von Elektroautos zu reden, sobald jemand das Wort „CO2“ erwähnt. Der Öffentlichkeit ist nicht entgangen, dass es die gefühlt hundertste Messe ist, die unter dem Motto Elektromobilität stehen soll, während sich die CO2-Bilanz nicht verbessert.

Es kommt langsam im öffentlichen Bewusstsein an, dass eine wirkliche Verkehrswende hermuss. Angesichts der Betrügereien und der Skandale der Autoindustrie ist es dafür zwar ziemlich spät. Aber das Thema wird so schnell nicht von der Agenda verschwinden.

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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