Automobil-Messe: IAA: Pop sauer auf eigene Leute
Grüne Wirtschaftssenatorin kritisiert fehlende Unterstützung. Koalitionspartner SPD wiederum kreidet ihr die Niederlage bei der Vergabe an.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grün) führt die Berliner Niederlage bei der Vergabe der Automobil-Messe IAA auch auf fehlende Unterstützung im eigenen Lager zurück. „Ich hätte mir auch in den eigenen Reihen mehr Dialogbereitschaft gewünscht“, äußerte sich Pop – zwar ohne die Grünen konkret zu nennen, aber mit merklichem Bezug auf einen Parteitagsbeschluss vom Dezember gegen die IAA. Der Autoverband VDA hatte am Dienstagabend bekannt gegeben, die Jahrzehnte in Frankfurt am Main beheimatete Ausstellung künftig in München stattfinden zu lassen.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte sich für eine Verlegung der IAA vom bisherigen Standort besonders stark gemacht und die Berliner Bewerbung vorangetrieben. Die schaffte es unter sieben Städten in die Endrunde mit München und Hamburg. Auch Pop galt als Befürworterin, hielt sich aber nach dem Grünen-Parteitagsbeschluss bedeckt. Dort hatten sich zwar auch Vertreter von Fraktions- und Landesvorstand für eine IAA-Bewerbung ausgesprochen. Die Abstimmungsniederlage blieb aber vor allem an Pop als Wirtschaftssenatorin haften. Befürworter wollten die IAA in Berlin anders präsentieren und aus ihr eine Plattform der Mobilitätswende machen, bei der Elektroautos eine große Rolle spielen sollten, konnten sich aber damit nicht bei den Parteitagsdelegierten durchsetzen.
Sie bedaure die Entscheidung des VDA, sagte Pop, „Berlin ist der richtige Ort für neue Mobilitätsideen, das zeigt sich mit erfolgreichen Veranstaltungen wie dem Greentech Festival.“ Statt eines Neuanfangs gehe es nun weiter nach dem Motto ‚Keine Experimente‘. „Gewonnen haben nun die Beharrungskräfte, auf allen Seiten“, sagte Pop mit einem zweiten Seitenhieb auf das eigene Lager.
Pops Kritik an ihrer Basis ist über den konkreten Fall hinaus relevant, weil sie eine der beiden Frauen ist, die für die Grünen nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl Regierungschefin werden könnten – eine parteiinterne Entscheidung dazu soll es im November geben. Die zweite inoffizielle Kandidatin für diesen Job, Fraktionschefin Antje Kapek, verzichtete auf Kritik am Parteitags-Nein zur IAA und machte allein den Autoverband verantwortlich: „Der VDA hat sich gegen Berlin und damit gegen eine Neuausrichtung der IAA entschieden. Eine Mobilitätsmesse der Zukunft ist in München kaum zu erwarten.“
SPD-Vizechefin attackiert Pop
Die SPD als grüner Koalitionspartner mag nicht gelten lassen, dass Pop in Sachen IAA zwischen Baum und Borke war, und macht sie persönlich für die gescheiterte Bewerbung mitverantwortlich. „Das eindeutige Bekenntnis der grünen Wirtschaftssenatorin zur größten deutschen Messe hat als klares Signal gefehlt“, twitterte SPD-Vizelandeschefin Ina Czyborra, „jetzt zu bedauern, was man vorher per Beschluss nicht wollte, ist absurd.“
Bei den Grünen reagierte man empört auf diese Kritik. Man sei ja von der SPD Störfeuer gewöhnt, hieß es gegenüber der taz aus führenden Parteikreisen, „aber was nun an Frontalangriffen kommt, verwundert schon und ist als Angriff auf den Koalitionsfrieden zu werten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus