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FDP-Chef kritisiert SchülerstreiksProfis gegen Lindner

Richtige Klimapolitik sei nichts für SchülerInnen, sondern für „Profis“, meint Christian Lindner. Doch diese Profis unterstützen die Proteste.

Viele tausend „Amateure“ gehen jeden Freitag auf die Straße – doch die Wissenschaft steht hinter ihnen Foto: dpa

Berlin taz | Christian Lindner hat mit einer Äußerung über die Demonstrationen „Fridays für Future“ für Furore gesorgt. Wie der FDP-Chef der Bild am Sonntag mitteilte, finde er das Engagement der SchülerInnen zwar grundsätzlich gut. „Von Kindern und Jugendlichen kann man aber nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen“, ließ Lindner wissen. „Das ist eine Sache für Profis“.

In den sozialen Netzwerken schlug Lindners Kritik hohe Wellen; viele KritikerInnen warfen dem FDP-Chef ein krudes Politikverständnis vor. Die Äußerung sei anmaßend, twitterte etwa Konstantin von Notz von den Grünen. „Ganze Menschengruppen für unmündig erklären – das ist extrem unliberal und fertig“. Auch Kevin Kühnert kritisierte Lindner und dessen Vorstellung von demokratischer Teilhabe. „Wir leben nicht in einer Aristokratie“, konstatierte der Juso-Vorsitzende.

Lindner wollte sich anschließend falsch verstanden wissen und ruderte zurück. Mit „Profis“ seien nicht PolitikerInnen und Erwachsene gemeint, sondern etwa WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen. Jede*r könne „außerhalb der Schulpflicht“ demonstrieren, allerdings seien mit dem Pariser Klimaschutzabkommen bereits Ziele formuliert. Es brauche nun Fachleute, um diese umzusetzen.

Profis aufseiten der Bewegung

Diese Fachleute stellten sich am Montag allerdings hinter die streikenden Schüler*innen. „Die Klima-Profis sind klar auf Seiten der Schüler!“, twitterte Stefan Rahmstorf vom renommierten Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung – und übte seinerseits Kritik an Lindner: „Die Schüler gehen auf die Straße, weil die Politiker trotz schöner Worte die Klimaziele verfehlen.“

Rahmstorf gehört zu den Untersützer*innen des Aufrufs „Scientists for Future“, mit dem Wissenschaftler*innen die Schüler*innenstreiks untersützten. Den Appell hatten in der vergangenen Woche zunächst 716 Erstunterzeichner*innen unterstützt. An diesem Dienstag wollen die Initiatoren in der Bundespressekonferenz ihren Aufruf und die Gesamtzahl der UnterzeicherInnen präsentieren. Es seien bereits Tausende, teilte Volker Quaschning, der die „Scientists for Future“ mit ins Leben rief, auf Twitter mit.

Auch Quaschning übte Kritik an Lindners Profi-Äußerung. Er bilde seit vielen Jahren die Profi-Ingenieure für die Energiewende aus, schrieb er. „Wir haben bereits heute funktionierende Lösungen. Aber Politiker wie Sie verhindern konsequent deren Umsetzung.“

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34 Kommentare

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  • Als Lindner die Koaltionsverhandlungen hinschmiss hat er sicherlich auch gedacht: Regieren ist nur etwas für Profis.

  • ich glaube, die meisten schueler haben sehr viel mehr ahnung von der dynamik und globalen zusammenhaengen des klimasystems als lindner und viele andere politiker, denn wer das einmal verstanden hat, steht auf oder haelt den mund

  • "allerdings seien mit dem Pariser Klimaschutzabkommen bereits Ziele formuliert. Es brauche nun Fachleute, um diese umzusetzen "



    zu diesen Fachleuten zaehlt Herr Lindner offenbar nicht sich selbst, denn die Umsetzung der Klimaziele waere in einer Jamaika-Koalition moeglich gewesen. Dann haetten die Gruenen der FDP ebenfalls Zugestaendnisse gemacht, wie Abschaffung des Solis und zu Art und Weise der gesetzlichen Umsetzung des Klimaschutzes.

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Da gibts einen erhellenden Film aus Lindners politischer Jugend. Bei Youtube "Junge Liberale Extra3" suchen!

  • Ich bitte Sie, der Aktivist Rahmstorf beschreibt einen Nobelpreisträger, Lindsen, als "pensionierten Meteorologen", nur weil der seine Meinung nicht teilt.



    Hirschhausen ist Arzt und Unterhalter, aber kein Wissenschaftler.



    Profis.....

  • Die meisten Erwachsenen verstehen den Klimawandel ebenfalls nicht. Vorhanden sind zu diesem Thema auch bei Erwachsenen vor allem Überzeugungen. Das spiegelt sich dann teilweise auch in völlig wirkungslosem (oder gar kontraproduktivem) Aktionismus wieder.

    Seine Haltung ist aber nachvollziehbar, denn mit steigendem Alter sinkt der Anteil der Menschen die sich selber noch als links bezeichnen. Entsprechend hat Herr Lindner ein Interesse daran junge Menschen aus der Politik heraus zu halten.

    • @Januß:

      die meisten verstehen nicht mal den Unterschied zw. Wetter und Klima...

  • Warum gibt´s hier so viele Kommentare zu Christian Lindner? :)



    Karl Valentin hätte gesagt: "Den ignoriere ich nicht einmal."

    • @shashikant:

      Karl Valentin hatte gesagt: "Gar net erst ignoriern."

  • "Du bist nur ein Kind, du verstehst das noch nicht."



    Dümmer gehts immer.



    Wer sind denn die Profis? Ein Lungenarzt der niemals wissenschaftlich gearbeitet hat mit (von der taz) nachgewiesener Rechenschwäche? Die Medien die es dumm nachgequakt haben oder Leute wie Andy Scheuer die alles glauben was die Autokonzernen ihnen erzählen?



    Oder rhetorische "Profis" wie Herr Lindner die bei der Krim-Besetzung von einem "dauerhaften Provisorium" sprach? Also ein Widerspruch in sich, denn ein Provisorium ist nun mal nicht dauerhaft!

    Auch Jungendliche und junge Erwachsene können Zusammenhänge erfassen.



    Sie bilden sich eine Meinung die sie vertreten und für die sie einstehen.



    Vielleicht hätte jemand dem 18-jährigen Christian mal sagen sollen: "Das was du hier machst, ist große Scheiße. Lern einen richtigen Beruf und tritt aus der FDP aus!" Jetzt ist es leider zu spät dafür.

  • Lindner ist doch „Profi“-Politiker!

    Wo sind die Forderungen de FDP, die zu deutlichen Fortschritten inder Klimapolitik führen?

  • „Profis“? Das sind doch die, die seit 2006 in Berlin einen Flughafen bauen, der niemals fertig wird und die, die in Stuttgart einen Bahnhof geplant haben, der mehr Probleme aufwirft, als er jemals lösen könnte. „Profis“ sind ja nicht zuletzt auch die, die immer noch eine große Klappe haben, obwohl sie - als es Ernst wurde - lieber doch nicht regieren wollten. Geh mich bloß wech mit „Profis“! Da müssen schon Männer kommen - und keine Haarteile.

  • „Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen“, ließ Lindner wissen.

    Wenn Christian Lindner (FDP) sich gegen Kinder und Jugendliche stellt, die nur an ihre Zukunft denken, dann sind diese protestierenden Schüler auf dem richtigen Weg.

    Wie heißt noch mal die Partei, die alles in Deutschland privatisieren möchte, damit die Reichen noch reicher werden können?

  • Sprach's und stieg in seinen schwarzen Porsche 911 SC (6 Zylinder, 3 Liter Hubraum, 180PS).

  • Die Schüler haben absolut Recht: es ist höchste Zeit, von der Politik endlich verantwortliches Handeln einzufordern, das auf mehr achtet als auf das eigene Einkommen...



    Die Profis aus Forschung und Technik warnen seit Jahrzehnten, haben technische und verfahrenstechnische Lösungen erarbeitet und legen immer wieder neue Pläne vor, wie relativ problemlos der notwendige Wandel vollzogen werden könnte.



    Auch rechnen sie vor, was die Kosten sind, wenn das NICHT passiert.



    Nur die Politiker, die nachweislich sehr enge "Beziehungen" mit der Wirtschaft pflegen, verhindern dies schon genauso lange - obwohl das keinen Sinn macht, denn ein rechtzeitiger Einstieg in einen technologischen Wandel wäre auch für die Wirtschaft profitabel, wenn das Management nicht aus wandlungsfaulen Betonköpfen besteht.



    Es ist die Politik, die sich ändern muss. Und wie können Bürger das erreichen? Richtig: demonstrieren. Also alles richtig gemacht. Kluge Kinder!

  • na toll, jetzt ist es schon ein Schüler-Streik.



    Ich dachte immer, es handelt sich um einen Protest.

  • Wenn sich Leute wie Lindner (FDP) und über die Schüler-Proteste aufregen, dann gehen diese in die richtige Richtung. Wären unsere Politiker "Profis", dann wären die Klimaschutzziele bereits umgesetzt und nicht aufgeweicht.

  • klimaschutz geht nicht ohne verzicht und solidarität.die fdp ist gegen beides und also für den klimaschutz nicht zu gebrauchen.



    ausser der afd ,die das problem der vom kapitalismus verursachten drohenden überhitzung des planeten leugnet ist keine partei schlechter für die klimatische stabilität als die fdp.

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Ja, ja typisch FDP und typisch Christian Lindner. Er ist auch so ein Populist und Lobbyist für Wirtschaft so wie der Westerwelle. Er ist auch lernunfähig.

    • @70023 (Profil gelöscht):

      Lernunfähig wäre Lindner nur, wenn er sich wirklich als Volksvertreter sehen würde. Aber wie Sie schon sagten, Lindner ist ein Lobbyist der Wirtschaft - und diesen Job macht er nun wirklich sehr gut. So gut, dass diejenigen, die immer noch die FDP wählen, gar nicht sehen, dass die FDP seit Jahren nur noch Politik für die Wirtschaftsbosse macht.

  • Toll bemerkt, ähnliches habe ich auch an anderes Stelle auch zum Ausdruck gebracht. Es mag wohl Idealisten bei den #fridaysforfuture geben, aber die wenigsten stehen wirklich dahinter. Leider gibt es bei Großdemos immer welche die es als billige Gelegenheit nutzen um mal in eine andere Stadt zu kommen, sich aber nicht an der Demo selbst beteiligen.

  • Die "Profis" erhalten ihre Funktion selbst am Leben, da es immer welche davon gibt die zunächst kritisieren und eine Zeit später zurückrudern, weil sie zwar Neutralität vorgeben, aber diese nicht ausleben. Daher sollte jeder seinem Bauchgefühl folgen und selbst entscheiden was er für richtig hält, natürlich im Rahmen der Gesetze eines Landes.

    • @Reiner Lorber:

      Zitat: "Daher sollte jeder seinem Bauchgefühl folgen [...]"

      Eben nicht. Benutzen Sie bitte auch Ihren Kopf. Das ist Arbeit, das heisst, dass Sie sich mit dem, was die Profis (und die, die sich dafür ausgeben) auseinandersetzen müssen, immer wieder.

      Sonst enden wir hier:



      www.taz.de/Archiv-...2600&s=chemtrails/

      Glaubt Ihr Bauch auch an Chemtrails? Er ist nicht alleine.

      • @tomás zerolo:

        Vielleicht war der Ausdruck Bauchgefühle nicht richtig gewählt, jedoch habe ich keinesfalls ausgedrückt das man das Denken aufgeben soll.



        Ich verstehe diese Missinterpetation von Geschriebenen nicht. Es wird immer mehr nur oberflächlich darübergelesen ohne zu versuchen ob nicht ein wenig Sinn darin steckt, über den man weiter überlegen kann.



        Was soll die Bemerkung mit den Chemtrails, solch ein niedriges Niveau hatte meine Aussage wirklich nicht.

        • @Reiner Lorber:

          Schon gut. Ich nehme das mit den Chemtrails zurück.

          Ich bin nur beim "Bauchgefühl" zusammengezuckt. Eine verständliche Reaktion zwar, weil wir ständig mit selbsternannten "ExpertInnen" zugemüllt werden, die ihr Sachverstand nur vortäuschen (die bekannten "Lungenärzte", Herr Lindner & Co), aber wir haben trotzdem die Verantwortung, uns zu informieren.

          Zu viel ungefiltertes Bauchgefühl ist gerade ein grosses Problem.

  • "... allerdings seien mit dem Pariser Klimaschutzabkommen bereits Ziele formuliert. Es brauche nun Fachleute, um diese umzusetzen."

    Was ist daran falsch?

    Meines Erachtens hat Lindner ungewollt recht: die Demos führen allenfalls zu weiteren Lippenbekenntnissen (wie bereits von Kanzlerin und Bundespräsidenten). Es entsteht der Eindruck, dass Demonstrieren auf dem Bürgersteig das Klima retten kann - so wie damals Wackersdorf verhindert wurde. Tatsächlich ist jedoch eine Umkehr im Lebensstil und in der Technik nötig - und das müssten die Schüler im Real Life demonstrieren oder eben Profis überlassen.



    Die Schüler als auch ihre Wortführer bleiben aber in der komfortablen Protesthaltung - ohne von Wasserwerfern, Schlamm und Wetterunbilden bedroht zu werden .... und abends geht's ins Kino oder in die Disse ...

    • @TazTiz:

      Was ist daran falsch? Gerade die Fachleute stehen hinter den Protest weil vieles von dem was sie vorschlagen nicht umgesetzt wird. Das ist nämlich die Aufgabe der Politik. Die bewegt sich nicht ohne Druck. Den jugendlichen pauschal jegliches privates Engagement für Umweltschutz abzusprechen und ihnen zur Last zu legen, das sie nicht im Schlamm stehen und keine Dusche vom Wasserwerfer bekommen, ist ziemlich dumm und überheblich.

      • @Andreas J:

        Verlegen wir den Protest doch gleich ins www.

  • Lindner Lügt.

    Am Sonntag gerade 5 Minuten Anne Will geguckt (mehr davon halte ich nicht aus).

    Lindner (zu EU und gemeinsame Sozialpolitik): auch in Deutschland seien die Länder für ihre Finanzen selbst verantwortlich. Hallo? Länderfinanzausgleich?

    Lindner lügt. Das ist schliesslich sein Job.

    Wie bei der Seifenreklame (der Typ/die Type sind nicht so schön weil er/sie sich mit dieser Seife waschen) oder bei der Tabakreklame (mir wachsen nicht Cowboystiefel, wenn ich mir diesen Glimmstengel anstecke. Und Freiheit? Über die Dächer von Paris? Fehlanzeige).

    Die FDP ist eine Maschine, in die oben Grossspenden hineinkommen, unten kommen Clicks -äh- Stimmzettel raus. In der "freien" Wirtschaft heissen solche Maschinen "Werbeagenturen".

    Also muss Lindner den fachkundigen geben, obwohl er keinen Plan hat. Macht nix -- muss nur so aussehen.

    Das ist sein Job.

  • Weshalb hatte Lindner die weiteren Koalitionsverhandlungen 2017 noch abgebrochen? Ich habe da was von - überzogenen Klimaschutzforderungen der Grünen zu Lasten der Industrie - im Hinterkopf. Tja, es ist halt besser den Mund zu halten statt Unsinn zu brabbeln.

  • „Das ist eine Sache für Profis“.

    Ein wenig Selbstreflexion würde dem Herr von der FDP auch nicht schaden...

  • Seine Generalsekretärin Nicola Beer ist bekennende Klimawandelskeptikerin und spricht lieber von 'angeblichem Auftreten von mehr Extremwetterereignissen'.



    Sind halt Profis, die von der FDP.

  • Von Lindner und FDP Anhängern kann man aber nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge begreifen, ausser das maximal persönlich Bereichernde und den maximalen ökonomisch Gewinn ohne Rücksicht auf Verluste sehen“, . „Das sind einfach narzistische Egoisten“.

  • Nur so nebenbei, Herr Lindner. Die "Profis" haben diesen Planeten an die Wand gefahren. Maßgeblich daran beteiligt waren immer die "Freiheitlichen". Auch für sie das Bonmot, welches auf Aufklebern von „Fridays for Future“ steht: Macht ihr eure Hausaufgaben, dann machen wir unsere.