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Zweites Triell der Kanz­ler­kan­di­da­t*in­nenGroko streitet, Baerbock fordert

Bei der zweiten Fernsehdiskussion gibt sich Armin Laschet deutlich aggressiver als bisher. Beim Publikum kommt das nur mäßig an.

Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet vor dem zweiten Triell Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Gleich die erste Frage wollte Armin Laschet nicht beantworten: Ob er auch als Juniorpartner in eine Große Koalition gehen würde, wurde der CDU-Kandidat beim zweiten Triell der Kanz­ler­kan­di­da­t*in­nen von ARD und ZDF gefragt. 90 Minuten später konnte man sich das dann aber kaum vorstellen. Denn anders als in der ersten Diskussionsrunde war Laschet voll auf Angriff eingestellt – und dieser richtete sich fast ausschließlich gegen den Kandidaten des bisherigen Koalitionsparters, Olaf Scholz.

Dem warf er zum einen vor, sich vor einer klaren Antwort auf die Frage zu drücken, ob er nach der Wahl eine Koalition mit der Linkspartei eingehen würde. Und er hielt ihm in aggressivem Ton Versäumnisse bei der Finanzaufsicht vor – in Sachen CumEx und Wirecard ebenso wie bei der jüngsten Razzia im Finanzministerium, bei der es um die Untätigkeit der Financial Intelligence Unit (FIU) ging, die für Geldwäsche zuständig ist.

„Sie haben die Aufsicht“, sagte Laschet zu Scholz – was nur teilweise stimmt: Das Finanzministerium hat die Rechtsaufsicht über die FIU, nicht aber die Fachaufsicht. Scholz reagierte mit einem scharfen Gegenangriff, warf Laschet „Unehrlichkeit“ vor und sagte: „Sie haben absichtlich einen falschen Eindruck erweckt.“

War es beim Thema Finanzen Scholz, der in der Defensive war, galt das bei einem anderen Thema für Laschet: Wie schon zuvor lehnte er es – anders als manche seiner Par­tei­freun­d*in­nen – ab, sich klar vom CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen zu distanzieren. Ob er Maaßen wählen würde? „Ich beantworte keine Würde-Fragen“, sagte er – und wurde direkt von Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock für fehlende Klarheit kritisiert.

Rückwärtsgewandte Klimadiskussion

Auch beim Thema Klimaschutz gab es statt Konzepten für die Zukunft bei Union und SPD vor allem gegenseitige Vorwürfe in Bezug auf die Vergangenheit: Scholz konfrontierte Laschet damit, dass die Union noch im Juni bestritten habe, dass der Strombedarf durch den Weg in Richtung Klimaneutralität steigen werde. „Das ist ein Vorwurf, den Sie akzeptieren müssen.“ Laschet sieht hingegen die Verantwortung für fehlenden Fortschritt beim Klimaschutz bei der SPD: „Ihre Partei war immer die, die nicht mehr wollte.“

Lachende Dritte bei diesem innerkoalitionären Streit war Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock. Mit dem Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 und der Forderung nach einem Verbot neuer Verbrennungsmotoren machte sie als einzige konkrete Vorschläge dafür, wie die Klimakrise angegangen werden soll – bevor die ziemlich chaotisch wirkenden Mo­de­ra­to­r*in­nen Maybritt Illner und Oliver Köhr schon wieder zum nächsten Thema übergingen.

Der Versuch, im heftigen Streit zwischen Scholz und Laschet mit Sachargumenten zu punkten, nützte Baerbock aber offenbar nur bedingt: In Umfragen nach der Sendung sah eine deutliche Mehrheit der Befragten Scholz als Sieger des Triells. Über die weiteren Plätze gab es kein eindeutiges Bild. In der ZDF-Umfrage lag Baerbock klar auf Platz 2, in der ARD dagegen knapp hinter Laschet auf Platz 3. Eine deutliche Trendumkehr, auf die sowohl Union als auch Grüne durch das Duell gehofft hatten, scheint es also nicht zu geben.

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17 Kommentare

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  • Etwas konkreter wurde nur Frau Baerbock - ansonsten Scholz-O-Mat gegen Leierkasten. Leider hält man in Deutschland Politiker schon für kompetent, wenn sie ein ernstes Gesicht machen und fehlerfrei geradeaus gucken können. Die Annahme, Wähler würden sich aufgrund eines Wahlplakates am Straßenrand für diese oder jene Partei entscheiden, ist ja schon reichlich gaga. Die Annahme, dass solche Fernseh-Wahl-Events spontane Wählerwanderungen auslösen könnten halte ich für vollkommen grenzdebil. Die Wahrheit ist doch, dass es am Abend des 26. September nur Wahlsieger geben wird und die nächste Neujahrsansprache dann Frau Merkel machen wird. Die kennen Sie ja schon - oder?

    • @Rainer B.:

      "dass solche Fernseh-Wahl-Events spontane Wählerwanderungen auslösen könnten" Gut 11 Millionen haben sich das angetan. Bestimmt alles Wechselwähler. Nur ich nicht, hab schon gewählt.

      • @Yossarian:

        Ich auch.

  • Es gibt viele konkrete Pläne Klima, Ökologie und Ökonomie auf den richtigen Weg zu bringen. Allerdings nicht unbedingt bei dem Grünen. Es sind eher unabhängige Institutionen. Politische Ideen zu einem umweltverträglichen Wandel gibt es schon seit 20 Jahren. Anfang des 20ten Jahrhunderts gab die ersten Diskussionen über eine vom Menschen gemachte Erderwärmung. Allein es fehlt der politische, mediale und wirtschaftliche Wille. Und natürlich der Wille der Bervölkerung. Einschliesslich der Anpassung mancher Gewohnheit.

  • Ich hab es nicht gesehen. Überhaupt ist "das" ein derartig unschönes Wort, dass ich mich weigere, es in meinen Sprachschatz gelangen zu lassen. Solche Formate sind ohnehin nur Rituale in der Art von Schulhofschubsereien mit folgenden Deutungshoheitsspielchen. Eine Art Sportereignis mit subjektivem Ausgang. Die einzig objektive Tendenz dürfte die sein, dass die Opportunisten jetzt endgültig zu Scholz überlaufen. Ansonsten werden wohl nur wenige Bürger ihre Wahlentscheidungen nach Erkenntnissen aus solchen Formaten ausrichten. Es wird ohnehin immer klarer, dass die Deutschen jetzt einfach, nach so vielen Jahren mit Mutti Merkel, einfach man wieder so nen richtigen Papa haben wollen, der auch mal sagt wo es langgehen soll. Scholz ist der bessere Papa und damit ist die Wahl entschieden. Wir Deutschen sind einfach weiterhin nur bedingt demokratiebegabt, den Eindruck darf man schon haben. Aber eigentlich ist das auch alles wurscht. Ich habe schon gewählt. Die einzige Partei, die man wählen kann. Nein, ich sage nicht welche. Es hat auch keine wirkliche Freude gemacht. Musste aber sein.

  • Au Banan! Wie sich die Bilder gleichen!

    De Öcher Prent - de ahl Grinsebacke:



    “Allwedder bi de Deerns!“ - 🤣 - 👠 👠 •



    Au huur! Ahl Schlabbermull de Tuppes.



    De Klenkes - Pratschjeck am Fuuteln - 🙀😱 - un dat Lechersche 👠👠 - am Anparliere met sei jecke Verzäll! - 🤪 -



    Och härm - ahl Frittezang - Mach endlich dr Kopp zu & “höer op zu Ramentern!“ Armin Lasset un gib a Ruh! CDU - 🤢 - % ⤵️ - 🙌 - 🥳 -

    unterm—— servíce —-



    www.klenkes.de/sta...kurs-in-cher-platt

  • Interessant war, dass Scholz von einem Strombedarf sprach, der Gesetzesänderungen erfordere. Damit kann auch (wie eigentlich viele, die rechnen können erwarten) eine Rücknahme/Verlängerung des Ausstiegs aus der Kernenergie gemeint sein. Die schwachen Moderatoren haben aber nicht nachgefragt.

  • "In Umfragen nach dem Triell..." naja, ich bezweifele seit Jahren, dass Telefonanrufen Repräsentativ sind. Nur 50+ Zuschauer haben ein festen Anschluss.

  • "...ziemlich chaotisch wirkenden Mo­de­ra­to­r*in­nen..." ich hatte den Eindruck, die beide versuchten, Laschet zu helfen: er dürfte unterbrechen, Scholz wurde über CumEx gefragt aber Laschet nicht über Maskenskandalen, Haibaches Forst usw. Sogar der Moderator beurteilte Scholz Pläne als "unbezahlbar". Die beide waren auf jeden Fall sehr umprofessionell. Schade, dass Marieta Schlonka oder Klaus Klebber (zwischen viele anderen sehr professionelle Moderatoren des Hauses) den Jon nicht kriegten.

  • Zitat: "Mit dem Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 und der Forderung nach einem Verbot neuer Verbrennungsmotoren machte sie als einzige konkrete Vorschläge dafür, wie die Klimakrise angegangen werden soll"

    Dass die Grünen mehr Tempo beim Klimaschutz wollen, war auch vorher schon jedem bekannt. Die interessante Frage, wie man eine Volkswirtschaft so umgestaltet, dass sie weiter wachsen darf und dabei immer grüner wird, wurde nicht gestellt und hätte von Baerbock auch nicht konkret beantwortet werden können.

    So gesehen war das Schluss-Statement von Baerbock das fragwürdigste überhaupt: Sie wolle sich später nicht fragen lassen, warum wir nichts gegen den Klimaschutzt getan hätten, sondern lieber: "Wie habt ihr das geschafft?". Ja, wie denn? Mit gutem Willen allein, mit "Bereitschaft zur Veränderung"? Zu was für einer Veränderung? Wie stellt man alles, was heute an Energie verbraucht wird, auf Strom um? Woher bekommt man die ungeheuren Öko-Strommengen, die eine wachsende Wirtschaft benötigt, und wie stellt man die Versorgung sicher?

    Baerbock hat als Newcomerin ja eigentlich nur eine Chance: Sie muss inhaltlich punkten. Allzu weit kann sie aber nicht aus der Deckung kommen, weil das Konzept vom grünen Wachstum Quatsch ist.

    • @zmx52:

      Wenn Baerbock sich nicht dazu äußerte und Sie anscheinend auch nicht mehr wissen, wieso wissen Sie dann, dass das Konzept vom grünen Wachstum Quatsch ist?



      Und wer sagt, dass die Wirtschaft immer weiter wachsen muss?

      • @Ber.lin.er:

        Wozu Wachstum? Weil man sonst weder die Kredite für Vergangenes bedienen noch in die Zukunft investieren kann. Gilt für Firmen wie für Staaten.

        • @TazTiz:

          Wenn ich einen Kredit aufnehmen würde, dann poker ich doch nicht, dass ich mir die Rate im nächsten Jahr auf Grund des Wachstums leisten kann. Dann kann ich mir die Rate auch in diesem Jahr schon leisten.



          Und wenn ich investieren will, mache ich das mit Rücklagen, oder Krediten, unter der Bedingung, siehe ersten Absatz.

          Wozu also Wachstum?

  • Beim Triell von gestern Abend war ich doch ziemlich verwundert über die Einschätzung des Sachverstandes von Annalena Baerbock. Nach dem, was wir von ihr zu allen Themen zu hören bekamen, waren ihre Beiträge zu allen Themen ganz erheblich konkreter als die von Herrn Laschet, der lieber im Wahlkampfmodus verbal durch die Bildschirme turnte, als sachlich Antworten zu liefern. Nebelkerzen waren seine Lieblingssportgeräte.



    Wenn Rentner lieber einem Mann die Zukunft ihrer Enkel anvertrauen wollen, der ihnen hauptsächlich Sicherheit für ihr Heime, ihre Pflege und ihre Rente zusichert, dann ist es selbstverständlich deren Recht. Dann kann man ihnen nur wünschen, dass sie ihre Pflegebedürftigkeit auf einer kühlen Heimnordseite und mit einer guten Klimaanlage erleben dürfen. Denn wie Sven Plöger in seinem Buch verspricht "Zieht Euch warm an - es wird heiß!"



    Wenn sich das Klima ohne das notwendige rasche Umstellen durch die Wirtschaft unter den völlig anders gestalteten Rahmenbedingungen einer klarsichtigen, kraftvollen Regierung unter möglichst breiter grüner Mitwirkung so entwickelt, wie die Wissenschaftler errechnet haben (und ihre Berechnungen treffen über die gesamten belegbaren Zeiten zu) dann brauchen wir uns um die Zukunft unserer Enkel keine Sorgen mehr machen.

    Sie haben dann nämlich keine mehr!

  • Das Triell wurde grauenhaft moderiert. Beide Moderatoren fielen sich ständig gegenseitig ins Wort. Die Themen wurden abgewürgt bevor man überhaupt mal über etwas im Detail sprechen konnte. Dazu das ganze auf-die-Uhr-geschaue, als ob das irgendjemanden interessieren würde. Für so ein Format kann man auch gerne etwas mehr Zeit im Programm einplanen, oder alternativ, sich auf ein Thema konzentrieren. Schwach, sehr schwach vom ÖR. Wofür die jedes Jahr Milliarden an Euro erhalten, wenn die sowas nicht mal ordentlich gebacken kriegen, erschließt sich mir nicht wirklich.

  • Die alten Herren stritten über Vergangenes und Verpasstes und die Kandidatin tat so, als ob sie gerade eben vom Himmel gefallen und alles besser könnte.

    Fairerweise hätten noch Lindner und Fissler sowie irgendjemand von der AfD dabei sein müssen. Dein so richtig ging es nicht recht um den Kanzler )oder die Kanzlerin, obwohl das ja eher unrealistisch) sondern eher um die Politik der Parteien.

  • Die Lageritis der GroKo durch eigene Ansprüche zu befeuern, hat den Grünen mehr geschadet als genutzt. Man füttert nicht den Kuckuck im Nest, ohne eigene Kräfte aufzubauen. Jetzt kann sich der Klimaschutz allein organisieren.