Zoff über Pkw-Maut in der CSU: Seehofer hat keine Lust auf „Senf“
Die Pkw-Maut sät auch innerhalb der CSU Unfrieden. Horst Seehofer pfeift unwirsch seinen Verkehrsminister zurück, der Ausnahmen gefordert hatte.
BERLIN/GMUND dpa | CSU-Chef Horst Seehofer hält nichts von Ausnahmen bei der geplanten Pkw-Maut. Einen entsprechenden Vorstoß seines Innenministers Joachim Herrmann (CSU) wies der bayerische Ministerpräsident mit scharfen Worten zurück. Es sei überhaupt nicht notwendig, dass jemand mit Interviews „seinen Senf dazugibt“, wenn Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) jetzt seinen Gesetzentwurf ausarbeite, sagte Seehofer am Samstag nach einer Klausur des bayerischen Kabinetts am Tegernsee.
Herrmann, der in Bayern auch für die Verkehrspolitik zuständig ist, hatte Ausnahmen für die Grenzregionen gefordert. „Alle Landkreise entlang der Grenzen, in Bayern also nach Österreich, Tschechien und der Schweiz, könnten von der Mautregelung ausgenommen werden“, schlug der CSU-Politiker in der Welt am Sonntag vor. „Damit bliebe der kleine Grenzverkehr unbeeinträchtigt. Die Maut wäre dann erst ab dem nächsten Landkreis fällig.“
Für seine Pkw-Maut auf allen Straßen plant Dobrindt von 2016 an Vignetten, die Deutsche automatisch erhalten sollen – für die Kosten sollen sie über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet werden. Ausländische Fahrer müssten die Vignette kaufen.
In den Grenzregionen waren Befürchtungen laut geworden, dass es Nachteile für den Handel und die Gastronomie haben könnte, wenn Kunden aus Nachbarländern wie Dänemark, Polen oder den Niederlanden wegen der Maut ausblieben.
Seehofer stellte klar, dass Herrmann seine Idee in keiner Weise abgesprochen habe. Der CSU-Chef betonte: „Die Linie der CSU und ihres Vorsitzenden ist ebenso klar wie die Linie der Kanzlerin – und ich könnte mir vorstellen, dass das maßgeblich ist.“
Zwischenrufe seien nicht hilfreich
Dobrindt selbst zeigte sich überzeugt, dass der kleine Grenzverkehr durch seine Mautpläne nicht beeinträchtigt werde. „Menschen, die nahe der Grenze wohnen, fahren aus ganz unterschiedlichen Anlässen nach Deutschland. Etwa um Verwandte zu besuchen, Ferien zu machen oder städtetouristisch unterwegs zu sein“, begründete der Verkehrsminister am Samstag seine Absage an Ausnahmen. Allein für solche Fahrten rechne es sich, eine Jahresvignette zu kaufen. „Das deckt dann automatisch den kleinen Grenzverkehr mit ab“
Seehofer betonte, die Arbeit an einem Gesetzentwurf beginne „mit Grundprinzipien und nicht mit Ausnahmedefinitionen“. „Zwischenrufe“ aus anderen Parteien und vor allem auch aus der eigenen Partei bezeichnete er als „nicht hilfreich“.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) meldete erneut Zweifel an Dobrindts Pkw-Maut-Konzept an. Es sei fraglich, wie der Zoll, der seit dem 1. Juli für die Erhebung der Kfz-Steuer zuständig ist, in der Kürze der Zeit rund 50 Millionen Kraftfahrzeugsteuer-Bescheide neu erstellen könne, sagte Schäuble der Rheinischen Post.
Die Grünen halten an ihrer grundsätzlichen Kritik an den Maut-Plänen fest: „Jetzt demontiert schon ein Spitzen-CSUler den Dobrindt-Maut-Murks“, sagte Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter laut Mitteilung in Berlin. Die von Herrmann geforderten Ausnahmen würden das Chaos noch vergrößern – „sie würden die Maut endgültig zu einem unkontrollierbaren Bürokratie-Monster machen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben