piwik no script img

Zögern der BundesregierungKeine Einigung beim Wasserstoff

Die Bundesregierung verschiebt ihre angekündigte Wasserstoff-Strategie abermals. Ein Streitpunkt ist, wie viel in Deutschland produziert werden soll.

Mit dem Strom, den Windräder im Meer erzeugen, soll künftig Wasserstoff produziert werden Foto: Reuters

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft, zum Speichern von Ökostrom ebenso wie als Grundstoff für Industrieprozesse und Kraftstoff für Verkehrsmittel, die nicht direkt mit Strom angetrieben werden können. Deshalb wollte die Bundesregierung eigentlich schon im Dezember eine „Nationale Wasserstoffstrategie“ vorlegen.

Nachdem über das zentrale Projekt lange gestritten wurde, sollte es an diesem Mittwoch endlich vom Kabinett verabschiedet werden. Doch daraus wird auch diesmal nichts: Wie Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Dienstag mitteilte, wird die Strategie abermals verschoben. Grund seien „unterschiedliche Vorstellungen zu den Ambitionen“, sagte Karliczek.

Denn während Einigkeit darüber besteht, dass es im Jahr 2030 einen Wasserstoffbedarf mit einem Energiegehalt von etwa 100 Terawattstunden gibt, ist innerhalb der Regierung strittig, wie viel davon in Deutschland aus Ökostrom erzeugt werden soll. Das Forschungsministerium fordert eine Kapazität von 10 Gigawatt, womit knapp 30 Prozent des Bedarfs erzeugt werden könnte. Für dieses Ziel hat sich auch der SPD-Fraktionsvorstand ausgesprochen.

Das Wirtschaftsministerium hält hingegen nur 5 Gigawatt für realistisch. Experten des Ministeriums hätten errechnet, dass es bei 10 Gigawatt Erzeugungsleistung für Wasserstoff-Elektrolyse nicht genug Ökostrom gibt, um damit bis 2030 wie geplant 65 Prozent des Stromverbrauchs decken zu können, heißt es aus dem Haus von Peter Altmaier (CDU). Für beide Ziele zusammen sei nicht genug Fläche vorhanden.

In einem Entwurf der Strategie, der der taz vorliegt, ist angedeutet, wie ein Kompromiss in dieser Frage aussehen könnte: Dort wird „deutscher“ Wasserstoff unterteilt in solchen, der in Deutschland produziert wird, und solchen, der von Deutschland produziert wird – etwa aus dem Strom von Windrädern auf Flächen in der Nord- und Ostsee, die zum Hoheitsgebiet anderer Länder gehören, in dem aber mit finanzieller Förderung aus Deutschland Wasserstoff für Deutschland hergestellt würde.

Ebenfalls strittig ist die politische Verantwortung für die Umsetzung der Wasserstoff-Strategie: Das Forschungsministerium würde dies gern einen im eigenen Haus angesiedelten Innovationskoordinator übertragen, andere Ressorts lehnen das jedoch offenbar ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ineffizienz von Wasserstoff ist so ineffizient wie Treppenhäuser und Fahrstühle. Investition und Unterhalt reinste Energievergeudung!



    Zurück zu Sprossenleitern und Strickleitern. Billiger und Energieeffizienz 100% ! Sämtliche Energie wird 100% in Höhengewinn umgesetzt.

  • Die haben Angst und die Stromfirmen zugeben zu müssen, dass das mit den Stromtrassen ein Flopp ist.

  • Unglaubwürdige Unabhängigkeitserklärung gegenüber China. Nämlich Abhängigkeit von China über seltene Erden. Erpressung Japans seitens China 2012 führte zu Toyotas Wasserstoffstrategie. Durch Wasserstoff noch weitergehendere politische Unabhängigkeit von kohlenwasserstoffexportierenden Ländern. Durch Sonne erzeugter grüner Wasserstoff ist praktisch länderunabhängig. Und kostengünstig für die Entwicklungsländer selbst. Zusätzlich eine Blackoutsicherheit durch dezentral gespeicherten lokalen Wasserstoff für die verschiedenen Anwendungen. Heizung und Klimaanlagen. Im Gegensatz zur zwangsläufig just-in-time und hackergefährdeten zentralgesteuerten selbststromabhängigen Stromversorgung. Real auch durch anschlagsgefährdete tausende Kilometer offen liegende Grossstromtrassen.

    • @Tabubrecher:

      Toyota braucht für seine Wasserstoffstrategie genauso seltene Erden, die werden nämlich für die E-Motoren gebraucht, nicht für Akkus! Und einen E-Motor hat ein Brennstoffzellen-PKW wie der Toyota Mirai auch, nur damit ist eine einigermaßen effiziente H2-Verwertung möglich...ach ja, und was mögliche terroristische Anschläge betrifft: Da steht eine Wasserstoff-Pipeline wohl eher schlechter da als eine HGÜ-Trasse.

  • Übertreibt nicht zu sehr mit dem Wasserstoff. Aus Erdgas kann man billiger Wasserstoff erzeugen und kann den entstehenden Kohlenstoff noch zur Stahlverhüttung nutzen. Ansonsten, wo Strom für das Elektroauto verfügbar, nie den Umweg über Wasserstoff gehen!



    Nicht mehr lange, dann gibt es ADS, weit früher als Fusionsreaktoren. Das ergänzt die unbedingt zu nutzende Sonnen- und Windenergie. Dann haben wir, jedenfalls energetisch, ausgesorgt. Schon mal daran gedacht, dass jedes Elektroauto einen Stromspeicher besitzt, in dem die gesamte Sonnenenergie eines Tages gespeichert werden kann?



    Der Mitsubishi-Outlander Plugin hat sogar zwei 230 Volt/1500 Watt-Steckdosen, mit denen man direkt sein Haus versorgen kann. Was dem noch fehlt, ist nur, dass man mit dessen Kühlwasserwärme sein Haus erwärmen kann. Ca 120kW Wärme könnte der zur Verfügung stellen. Reicht für eine ganze Straßenschlucht,. Energie, die sonst sinnlos verpufft.



    Den auf Gasbetrieb umgebaut, schon ist der Energieverbrauch halbiert. Das muss sich durchsetzen...



    Wer macht mit beim Umbau eines Outlanders?

  • Wir haben bis 2030 einen enormen Bedarf an Energiesparmaßnahmen, aber keinen Bedarf an zusätzlichen aufwendigen Energieumwandlungsverfahren.



    Der "Bedarf" an Wasserstoff basiert auf ökonomischen Wachstumsannahmen, die inkompatibel mit dem Energie sparen und damit grundsätzlich dem Schutz des Klimas und der Rohstoffressourcen abträglich sind.

    Für ärmere Staaten ist diese Technologie zu teuer. Wir verfügen über unfassbare Mengen an freiem Kapital, das auf der verzweifelten Suche nach Anlagemöglichkeiten ist. Da eignet sich die zusätzliche Wertschöpfungskette Wasserstofftechnologie prächtig. Sie erfordert großen Aufwand, ein Höchstmaß an technischem Know how, aufwendige Verfahren und hohen Einsatz von primär/erneuerbarer Energie, deren Umsätze auch schon recht rentabel sind.

    Wie so oft, geht es ausschließlich um unsere nationalen ökonomischen Interessen.

    Mit Öko- und Klimamarketing lässt sich alles verkaufen, nur nicht das Energie sparen! Wer spart, verhindert Wachstum und steigende Renditen. Ein No-Go, in einer "wir kriegen den Hals nicht voll" Gesellschaft!

    • @Drabiniok Dieter:

      Mal so wg Bedarf : In ein paar Jahren wird gar keine andere Technik mehr möglich sein als Hydrogen ! und neue Verkehrskonzepte müssen her - es wird vorbei sein mit dem Individual-Verkehr.

    • @Drabiniok Dieter:

      Noch ! teuer, weil durch Verhinderungspolitik nicht andeutungsweise Serienproduktion möglich war.



      Ausser Toyota mit Brennstoffzellenstacks seit Herbst letzten Jahres.



      Am anderen Ende das Gleiche mit den Elektrolyseuren. Sonnenländer sparen sich teure und giftige Öl- , Kohle- und Gasimporte. Von teurer Ladeinfrastruktur und Oberleitungen ganz zu schweigen. Das nennt man letzten Endes Amortisation. Schwerlastverkehr zu Land und Wasser sowie Heizung und Kühlung per Strom über Wasserstoff sind als Vorreiter, da schnell skalierbar, nicht aufzuhalten.

  • Genau deshalb ist Wasserstoffnutzung quatsch. Es ist ein problematischer Träger mit erheblichen Wandlungsverlusten und komplexen, teurem Handling. Seine tatsächlichen, praktischen Wirkungsgrade („Well to wheel“) sind mieser als bei Kohlenwasserstoffen, und es gibt, genau wie im Artikel beschrieben, keine wirklich „grüne“ Erzeugung, so lange bei der EE-Erzeugung kein massives Überangebot besteht - was es auf Jahrzehnte hinaus nicht wird.

    Erzeugt man Wasserstoff mit EE, dann verschwendet man deren Potenzial im Vergleich zur Direktnutzung, erzeugt man H2 mit Dampfreformation, dann erzeugt man CO2 und kann das dazu genutze Erdgas / Methan besser direkt verwenden, mit insgesamt besseren Wirkungsgraden (weniger Wandlungen, einfache Speicherung und Transport) - so oder so ist Wasserstoff einfach kein Gewinn für das Klima, es ist eine ineffiziente, teure und direkt oder indirekt klimaschädliche technische Sackgasse, mit nur sehr wenigen sinnvollen Nischenanwendungen - aber selbst für diese gibt es insgesamt bessere Alternativen (z.b. Synthetic fuel auf klimaneutraler Kohlenwasserstoff-Basis).

    Wasserstoff ist lediglich für die Wirtschaft die neue Atomenergie - ein Subventionsfass ohne Boden für Forschung und Entwicklung, ohne dass jemals ein gesellschaftlicher Gewinn daraus entsteht. Alles bleibt im Versuchsstadium, in Kleinserien, in Piloten - und es ist völlig klar, dass das Zeitfenster auch für diese Technik bereits zu ist.

    Die Direktnutzung von EE Strom ist die Technik der Wahl, für die Individualmobilität mit mit Akku-Speicherung, für Mobilität abseits davon durch Wandlung in synthetic fuels (Flugverkehr, ggf. LKW). Speicherung von Überschuss-EE wird am ehesten mechanisch (Pumpspeicherkraftwerk, thermische Speicherung) organisiert, nur in ganz kleinen Nischen und Sonderfällen macht H2-Elektrolyse Sinn, wie z.b. bei sonst nicht nutzbarem Windstrom bei Überangebot, mit direkter Einspeisung in Stadtgas-Netze.

    tl;dr: Wasserstoffnutzung ist eine teure Illusion.