Wolfgang Clement gestorben: Der Mann mit der Agenda 2010

Als Minister prägte Wolfgang Clement die Hartz-Reform. Später überwarf er sich mit der SPD und warb für die FDP. Nun ist er mit 80 Jahren gestorben.

Ein Portraitfoto des Verstorbenen

Mit 80 Jahren gestorben: Der einstige Ministerpräsident von NRW, Wolfgang Clement Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

BONN dpa/taz | Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement ist tot. Der 80-Jährige sei am frühen Sonntagmorgen zu Hause in Bonn im Kreis der Familie friedlich in seinem Bett gestorben, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Familienkreis.

Auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bestätigte Clements Tod. Der ehemalige SPD-Politiker, der zuletzt die FDP unterstützte, war Kuratoriumsvorsitzender des Netzwerks. FDP-Chef Christian Lindner twitterte am Sonntag: „Die FDP trauert um Wolfgang Clement. Als Sozialliberaler setzte er sich Zeit seines Lebens für sozialen Aufstieg, Arbeit und Wachstum ein.“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat Clement als „prägende Figur Nordrhein-Westfalens und Deutschlands“ gewürdigt. Clement sei während seiner Zeit als Politiker ebenso ein streitbarer Charakter wie ein moderner Macher der Hartz-Reformen gewesen, so Laschet laut Mitteilung vom Sonntag.

Clement wurde am 7. Juli 1940 in Bochum als Sohn eines Baumeisters geboren. Weil sein Vater es unbedingt wollte, studierte er Jura, wurde dann aber Journalist. 1981 wechselte er erstmals in die Polititk – als Sprecher des SPD-Vorstands.

1989 holte ihn Ministerpräsident Johannes Rau als Chef der Staatskanzlei nach Düsseldorf. Bald galt er als Kronprinz des NRW-Landesvaters. Zeitweise waren sie so eng miteinander, dass die beiden Familien gemeinsam Urlaub machten. Doch die Spekulationen über einen tatsächlich oder vermeintlich drängelnden Nachfolger vergifteten das Klima. „Das war schrecklich und spitzte sich so zu, dass unser Verhältnis darunter am Ende sehr gelitten hat“, sagte Clement 2020.

1998 wurde er endlich selbst Ministerpräsident. Er hatte große Pläne und wollte NRW zum „Bundesland Nr. 1“ machen. Der Journalist Clement rief die Medienindustrie zum Motor des Strukturwandels aus – mit mäßigem Erfolg. Zum Sinnbild einer illusorischen Hollywood-Träumerei wurde ein Oberhausener Trickfilmstudio, in das 50 Millionen Euro Fördergelder flossen und das am Ende 20 Leute beschäftigte. „Viele Baustellen und kein Richtfest“, spottete der ebenfalls aus NRW stammende CDU-Politiker Friedrich Merz, mit dem sich Clement im Übrigen gut verstand.

Vier Jahre später kam der Ruf aus Berlin: SPD-Kanzler Gerhard Schröder inthronisierte Clement als Superminister mit zusammengelegtem Wirtschafts- und Arbeitsministerium, um die Arbeitsmarktreformen Hartz I bis Hartz IV umzusetzen. Er habe etwas an den sozialwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland verändern wollen, sagte Clement im Rückblick.

Die Reformagenda 2010, die er wesentlich mit umsetzte, gilt heute als seine herausragende politische Leistung – sie bescherte der deutschen Wirtschaft Boomjahre. Zeitweise wurde er als Nachfolger Schröders gehandelt, doch gleichzeitig verlor er den Rückhalt seiner Partei, weil er sie mit den Einschnitten im Sozialbereich um einen Teil ihrer Stammwählerschaft brachte. Es war der Anfang einer langen Entfremdung, die schließlich 2008 zum Parteiaustritt des unbequemen Genossen führte.

In den Folgejahren warb er mehrfach für die FDP. Auch als Schlichter bei Tarifverhandlungen wurde er aktiv.

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