Wohnungspolitik linker Parteien: Alles auf Anfang

Klare Kante in der Wohnungspolitik: SPD, Linke und Grüne stehen gegen Union und FDP. Aber nur, weil sie liberale Positionen revidiert haben.

Eine Gruppe Menschen steht mit Protestschildern vor einem Haus

Gegen Verdrängung, gegen Mietensteigerung: Mieter beim Protest in Berlin Foto: Christian Mang

Nach einer Weile holt Bernhard Daldrup einen alten Suhrkamp-Band aus dem Regal seines Abgeordnetenbüros. Alexander Mitscherlich, „Die Unwirtlichkeit der Städte“, ein Klassiker der linken Literatur der 60er Jahre. Die Seiten sind vergilbt, ganze Passagen unterstrichen. Daldrup hat ihn im Studium gelesen. Später war der heute 62-Jährige lange Leiter des Stadtplanungsamtes im westfälischen Beckum, inzwischen ist er Obmann der SPD-Fraktion im Bundestagsausschuss für Wohnen.

Man kann mit Daldrup, einem SPD-Linken, über Mitscherlich reden, über Stadtplanung, über Bauen in ländlichen Gebieten. Vor allem aber über Fehler. Die der SPD und seine eigenen: „Früher konnte ich es nachvollziehen, wenn sich Städte von ihren Wohnungsbeständen getrennt haben und das Geld zum Haushaltsausgleich nutzen mussten oder für etwas anderes wie etwa den Straßenbau ausgegeben haben.“ Heute sieht Daldrup das anders: „Die öffentliche Hand muss Wohnungen für breite Schichten zur Verfügung stellen.“

Sozialdemokraten und Sozialisten haben ihre Zeitungen gerne Vorwärts oder Avanti genannt; die Grünen plakatierten in ihrer Anfangszeit „Wir sind weder rechts noch links, sondern vorne“. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Aber in der Wohnungsfrage haben sich Linke in den letzten zwei Jahrzehnten im Kreis gedreht. Zu Anfang verkauften Bund und Kommunen große öffentliche Wohnungsbestände, unterstützt von SPD, Grünen und Linken. Heute hätten viele die Bestände gerne zurück.

Spricht man mit Vertretern linker Parteien, schwärmen fast alle von Wien, wo der Anteil öffentlich gebundener Wohnungen über 50 Prozent liegt. Aber während viele Kommunen zum Beispiel ihre einst veräußerten Stadtwerke längst zurückgekauft haben, sind sie bei privatisierten Wohnungen zögerlich: Weil der Wohnungsmarkt weitgehend privatisiert und zu wenig reguliert wurde, sind die Preise so explodiert, dass sich die Kommunen kaum leisten können, Wohnungen im großen Stil anzukaufen.

Wie keine andere Stadt steht Berlin für die Privatisierungswelle der nuller Jahre und das Hin und Her der linken Parteien. Der rot-rote Senat verkaufte 2004 angesichts der immensen Verschuldung des Landes die Wohnungsgesellschaft GSW. Ihre Bestände gehören inzwischen zur Deutschen Wohnen. Andere Berliner Wohnungsgesellschaften verkauften einzelne Häuser. Ergebnis: Von den knapp 400.000 öffentlichen Wohnungen Berlins im Jahr 2000 waren sieben Jahre später noch 260.000 übrig. Die Grünen, seinerzeit auf striktem Sparkurs, kritisierten den rot-roten Senat: 160.000 städtische Wohnungen würden reichen.

Bernhard Daldrup, SPD

„Die öffentliche Hand muss Wohnungen für breite Schichten zur Verfügung stellen“

Als nach jahrelanger Rezession Berlins Wirtschaft ab Ende der nuller Jahre wieder ebenso wuchs wie die Bevölkerung, stiegen die Mieten wie in kaum einer anderen deutschen Stadt. 73 Prozent der Wohnungen gehörten 2007 privaten Eigentümern – das Land hatte kaum noch Einfluss auf den Wohnungsmarkt.

Dennoch änderte die Berliner Landespolitik nur langsam ihren Kurs: In bescheidenem Umfang werden heute wieder Sozialwohnungen errichtet, die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bauen wieder, die Mietpreisbremse ist flächendeckend in Kraft. Große Wirkungen hat dies alles nicht. Die Deutsche Bank prognostizierte kürzlich, Berlin könnte in Zukunft zu den teuersten europäischen Städten gehören.

Wird nun alles besser? Vor zwei Wochen bot Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller der Deutschen Wohnen an, die einst privatisierten Wohnungen zurückzukaufen. Käme es dazu, wäre die rot-rote Politik nach 2002 so gut wie abgewickelt. Allerdings zu hohen Kosten: Berlin hat die GSW-Wohnungen 2004 für 405 Millio­nen Euro verkauft, heute beträgt der Buchwert etwa 7 Milliarden Euro.

Müller reagiert unter dem Druck der Umfragen: Seine SPD liegt nur noch bei 15 Prozent, hinter den Koalitionspartnern Grüne und Linkspartei. Zudem soll im Frühjahr ein Volksbegehren starten: „Deutsche Wohnen & Co enteignen.“ Die linken Aktivisten wollen alle Wohnungsunternehmen, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, enteignen. Entschädigungen sollen unter dem Marktwert erfolgen. Ob das rechtmäßig ist, werden Gerichte entscheiden müssen. Dennoch haben sich einige Grüne und die Linkspartei bereits hinter das Volksbegehren gestellt.

Dürfen Kommunen die Miete deckeln?

Damit nicht genug. Ebenfalls im Januar folgte die zweite mietenpolitische Sensation binnen kurzer Zeit aus Berlin. Als der Bund und die Kommunen ihre Wohnungen in den neunziger und nuller Jahren privatisierten, versäumten sie, ein stärkeres Mietrecht als Ausgleich zu schaffen. Damals waren die Mieten billig, die Nachfrage nach Wohnungen gering. Die Städte seien fertig gebaut, Zuzüge in größerem Umfang nicht mehr zu erwarten – das dachten auch viele Sozialdemokraten, Linke und Grüne. Als die Städte wider Erwarten wuchsen, regierte wieder im Bund die Union, die fast alle Vorschläge für einen schärferen Mieterschutz blockierte.

Jahrelang glaubten alle, alleine der Bund sei für das Mietrecht zuständig. Aber dann veröffentlichte Ende 2018 der Berliner Jurist Peter Weber in einer Fachzeitschrift einen Aufsatz. Weber argumentiert, dass Kommunen das Recht haben, selbst in die Miethöhe einzugreifen. In den drei Berliner Regierungsparteien las man Webers Aufsatz interessiert. Als Erstes trauten sich drei SPDler aus der Deckung, darunter die Bundestagsabgeordnete Eva Högl. Sie forderten einen Mietendeckel bei 6 bis 7 Euro bei Alt- und Neubauten.

Wohlfühlen Eine Wohnung, sicher und bezahlbar. Ein Ort, wo man sich geborgen und wohlfühlt, zu Hause eben. So elementar verorten wir den überstrapazierten, ideolo­gisierten Begriff „Heimat“.

Gut wohnen In unserer Serie fragen wir: Wie können wir angemessen, also gut, wohnen? Welche Modelle, Visionen, Projekte gibt es? Was können die Städte, kann die Politik tun? Wie lassen sich gute und zugleich preiswerte Wohnungen realisieren? Wann sagen wir: „Wo ich wohne, ist Heimat“?

Die Serie Die Texte erschienen immer am Donnerstag an dieser Stelle. Der heutige Teil ist der letzte. (taz)

Inzwischen hat sich die Landes-SPD hinter diese Position gestellt, wenn auch leicht verändert: Für fünf Jahre soll in allen Stadtgebieten mit einem besonders starken Mietanstieg ein Mietenstopp gelten – allerdings nur für Altbauten. Auch in anderen Städten interessiert man sich für Webers Aufsatz. Ob man seine Argumente wirklich juristisch für ausreichend hält, muss der Senat aber erst noch entscheiden.

Um zu wissen, warum sich die Berliner Landespolitik in der Wohnungsfrage einmal im Kreis gedreht hat, hilft ein Besuch bei Katalin Gennburg. Die 34-Jährige ist seit 2016 stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Gennburg greift auf Twitter Investoren an („Keinen Millimeter für Gröner“) und agitiert gegen Airbnb („Vermietungskonzerne enttarnen und zurückdrängen“).

Sie empfängt in ihrem Wahlkreisbüro in Treptow, es ist Mitte November, noch vor dem wohnungspolitischen U-Turn der SPD. „Ich habe 2001 für den rot-roten Kurs geworben und bin als Kommunalpolitikerin Reformerin geworden“, sagt sie. „Die West-Linken in der PDS haben uns damals extrem genervt.“ Zwischen ihrem Reformkurs und der West-Linken, die grundsätzlich gegen eine Regierungsbeteiligung war, habe es politisch nichts gegeben. Das sei erst später mit Katja Kipping und dem Konzept der „Partei in Bewegung“ gekommen. So stimmten auch die PDS-Realos 2004 für die Privatisierung der GSW. Haushaltssanierung hatte Priorität.

Die stadtpolitischen Bewegungen fielen den Berliner Landesregierungen, ob Rot-Rot oder der SPD-CDU-Koalition danach, erheblich auf die Nerven. Sie initiierten Volksbegehren zur Wasserprivatisierung, gegen die geplante Bebauung des einstigen Tempelhofer Flughafengeländes, zur Reduzierung der Mieten. Der Senat versuchte, sie juristisch auszukontern, monierte fehlerhafte Gesetzesformulierungen.

Blick auf einen Rohbau

Gebaut wird viel, aber meist nur Eigentumswohnungen Foto: dpa

Erst nachdem die Linke 2011 aus der Landesregierung flog, lernte die Partei, mit statt gegen die Bewegungen Politik zu machen. Das ging nicht ohne innerparteiliche Auseinandersetzungen: „Beim Mietenvolksentscheid haben unsere Fachpolitiker gesagt, den können wir nicht unterstützen, weil in irgendeinem Paragrafen ein Satz drinsteht, der nicht geht. Aber wenn es eine Volksinitiative für ein Gesetz gibt, das man grundsätzlich richtig findet, in dem man aber einen Absatz für schwierig hält, muss man trotzdem zustimmen.“ Der Mietenvolksentscheid kam nie zur Abstimmung; der Senat übernahm aber viele Forderungen der Aktivisten.

Das sei heute auch ein Unterschied zur SPD: „Die Sozialdemokraten sehen sich als Staat“, sagt Gennburg. „Die wollen alles selbst entscheiden.“ Deshalb sei es klar, dass die SPD das Volksbegehren „Deutsche Wohnen enteignen“ ablehnen würde. „Wobei – man weiß ja nie“, sagt sie. „Die Sozialdemokraten neigen derzeit zu spontanen Entscheidungen.“ Wenige Tage später gibt Müller bekannt, die ehemaligen GSW-Wohnungen zurückkaufen zu wollen. Keine direkte Unterstützung des Volksbegehrens, aber ein deutlicher Schritt in diese Richtung.

SPD prescht vor

Bereits im Sommer hatten auf Bundesebene Andrea Nahles und der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel ein Mietenpapier vorgelegt, das fast alle Wünsche der großen Mieterorganisationen erfüllt: Mietenstopp auf Inflationshöhe, besserer Kündigungsschutz bei Eigenbedarf, ein besserer Schutz vor der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Das war auch Taktik, so kurz vor den Wahlen in Bayern und Hessen. Aber SPD, Grüne und Linke unterscheiden sich damit in der Mietenprogrammatik nur noch im Detail – was die Bestandswohnungen betrifft.

Beim Neubau sind die Unterschiede noch immer gravierend. Hier sind die Kosten inzwischen so hoch, dass Länder und Kommunen große Beträge in die Hand nehmen müssten, um den Neubau in wesentlichen Teilen selbst zu finanzieren. Das allerdings verhindert schon die Schuldenbremse. Die SPD setzt für die Mittelschicht daher einerseits auf private Investoren, weshalb sie Neubauwohnungen von Mietpreisbremsen ausnimmt – ohne die Aussicht auf hohe Mieteinnahmen bestünde kaum Anreiz zu bauen. Andererseits soll das von der Großen Koalition beschlossene Baukindergeld die Eigentumsbildung von Familien fördern.

Grüne und Linkspartei hoffen dagegen auf eine neue Wohngemeinnützigkeit: Mit Steuererleichterungen soll gemeinnützigen Trägern der Bau billiger Wohnungen erleichtert werden. Eine Forderung, die inzwischen auch der sozialdemokratisch dominierte Deutsche Mieterbund teilt.

Das Problem: Die Städte werben um Unternehmen, haben aber nicht das Geld, die Wohnungen für die neu hinzuziehenden Beschäftigten selbst zu bauen

Vielleicht noch gravierender sind die Unterschiede in der Stadtentwicklungspolitik – und dazu hilft noch einmal ein Blick auf Katalin Gennburg und ihren Direktwahlkreis 1 in Treptow-Köpenick. Die Linkspartei versteckte sie bei den Abgeordnetenhauswahlen 2016 weit hinten auf einem aussichtslosen Platz auf der Landesliste, Gennburgs Wahlkreis hatte die SPD 2011 noch mit 12 Prozent Vorsprung vor der Linken geholt.

Dann versenkte sich die SPD selbst. Wenige Tage vor den Wahlen im September 2016 beschallte das Lollapalooza-Popfestival Gennburgs Wahlkreis ein ganzes Wochenende lang bis spät in die Nacht mit Musik. Ein Festival, das die SPD samt ihrem Direktkandidaten erbittert verteidigt hatte, während Gennburg mit ihren Treptower Linken und den Grünen monatelang Sturm lief. Es war, als hätte die SPD Plakate mit der Aufschrift „Liebe Anwohner, beim Aufbau des neuen Berlin können wir auf euch keine Rücksicht nehmen. Bitte wählt uns trotzdem. Eure SPD“ gedruckt. Am Ende zog Gennburg mit 3 Prozent Vorsprung an ihrem SPD-Konkurrenten vorbei.

Ein alternativ wirkendes, aber kommerzielles Festival wie Lollapalooza passt in die „Arm, aber sexy“-Politik, die der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in den nuller Jahren für Berlin verkündet hatte. Es war im Kern ein klassisches Gentrifizierungsprogramm: Berlins Subkultur sollte die Jugend der Welt anlocken und in der Folge Investoren nach sich ziehen. Heute lässt sich feststellen: Es hat ökonomisch funktioniert. Aber die Folgen für den Wohnungsmarkt bekommt Berlin nicht in den Griff. Wowereit selbst hat diese Entwicklung achselzuckend hingenommen: „Es gibt kein Recht auf Innenstadt“, sagte er einmal.

Berlin hat heute dasselbe Problem wie München oder Frankfurt: Die Städte werben um Unternehmen, haben aber nicht das Geld, die Wohnungen für die neu hinzuziehenden Beschäftigten selbst zu bauen. Das übernehmen, wenn überhaupt, private Investoren. Sie können die Immobilienpreise schon deshalb nach oben treiben, weil die neuen Einwohner in Sektoren wie Banken oder High-Tech arbeiten, in denen der Verdienst weit über dem der bisherigen Einwohner liegt.

Aber bei einigen Grünen und Linken hat ein Umdenken eingesetzt: Gennburg gehört ebenso wie Friedrichshain-Kreuzbergs grüner Baustadtrat Florian Schmidt zu denen, die das Wachstum bremsen möchten. Beide begrüßen, dass Google seine Pläne für einen Campus in Kreuzberg begraben musste: „Wir haben zum Beispiel in San Francisco erlebt, dass durch die Ansiedlung von Google völlig neue Verdrängungswellen stattgefunden haben“, sagt Gennburg.

Differenzen im Detail

Und dennoch: Bei allen Differenzen im Detail gibt es inzwischen wieder eine klare Unterscheidbarkeit zwischen Links und Rechts in der Wohnungsfrage. SPD, Grüne und Linke stehen für die Regulierung des Mietmarktes und einen höheren Anteil des gemeinwohlorientierten Sektors; Union und FDP dafür, dass der Markt die Dinge regelt.

Besuch bei Daniel Föst. Der 42-Jährige ist wohnungspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag. Föst ist als Münchner selbst von den steigenden Mieten betroffen: „Als Familienvater mit zwei kleinen Kindern war schnell klar, dass Wohnen als großer Kostenblock das Familieneinkommen auffressen wird.“

Der Grund für die hohen Mieten sei, dass zu wenige Wohnungen gebaut würden: „Seit acht Jahren stehen die Baufertigstellungen nicht im Verhältnis zum Zuwachs der Bevölkerung. Man ist sehenden Auges in die Angebotslücke gelaufen.“ Deutschland dürfe nicht die Mieten in Städten wie London oder Paris akzeptieren: „Schon 2003 sind die Mieten mangels Nachfrage zurückgegangen. Das zeigt, dass unser Konzept funktionieren würde.“

FDP und Union setzen vor allem auf private Bauherren. Was heißt, dass man sie nicht verschrecken darf: „Ein Mietenstopp führt letztlich zu einem Investitionsstopp“, sagte der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak kürzlich im taz-Interview. „Wir müssen aufpassen, dass wir bei den Regelungen im Mietrecht nicht überziehen, also nicht die Investitionsbedingungen so verschlechtern, dass am Ende niemand mehr bauen will.“

Gehen die Unterschiede in der Wohnungsfrage mit einer möglichen Jamaika-Koalition zusammen? Föst lobt den grünen Bauexperten Chris Kühn, der sei „ein cooler Typ“. Kühn und er seien sich einig, „dass wir das Potenzial beim Dachgeschossausbau heben müssen“. Studien zufolge seien 1,5 Millionen Wohnungen alleine über den Ausbau der Dächer zu gewinnen.

„Es gibt Gründe, warum ich kein Jamaika-Fan bin“, sagt dagegen die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Paus, eine Immobilienexpertin. „Schon mit der Union ist es in der Wohnungsfrage hart. Aber mit der FDP? Die Liberalen vertreten die Vermieterinteressen, dafür werden sie gewählt und daran werden sie auch gemessen. Wir vertreten die Interessen der Mieterinnen und Mieter.“ Wem Mieterinteressen wichtig seien, müsse „Grüne, SPD oder Linke wählen“. Wem sie nicht wichtig seien, wähle eben Union, FDP oder AfD. Auch die Rechtspopulisten lehnen die Mietpreisbremse ab und fordern mehr staatliche Zuschüsse zur Eigentumsbildung.

Bei all dem Streit über Mietenregulation und Neubau kommt ein Thema regelmäßig bei allen Parteien zu kurz: die Qualität des Neubaus. Bernhard Daldrup, der SPD-Abgeordnete, zitiert seinen Mitscherlich: „Städte werden produziert wie Automobile“, schrieb der Psychoanalytiker 1965.

In den sechziger und siebziger Jahren bauten die Stadtplaner monotone Hochhausviertel, um die große Nachfrage zu befriedigen. Fast gleichzeitig wurden enge Hinterhäuser, in die kaum Tageslicht fiel, in den Innenstädten abgerissen und damit die Fehler der Jahrhundertwende korrigiert.

Daldrup fürchtet, dass nun, wo wieder schnell viel gebaut wird, solche Fehler wiederholt werden könnten: „Mehr Wohnungen in den Innenstädten zu bauen ist notwendig, um die Nachfrage zu befriedigen und nicht noch weiter Natur und Landschaft zuzubauen. Verdichtung darf aber nicht dazu führen, gute Stadtplanung früherer Jahrzehnte mit siedlungsnahen Natur- und Freiflächen völlig aufzugeben.“

Und dann zitiert Daldrup Hans-Jochen Vogel: „Städte sind Stein gewordene Gesellschaftsstrukturen“, habe der frühere SPD-Oberbürgermeister von München gesagt. Vielleicht sind Städte aber auch Stein gewordene Fehler. Und jede neue Generation muss die Fehler der vorangegangenen korrigieren.

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