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Wohnungs- und ObdachlosigkeitJung, weiblich, gefährdet

Carolina Schwarz
Kommentar von Carolina Schwarz

Wohnungslosigkeit trifft auch junge Menschen, darunter viele Frauen. Sie leben besonders gefährlich. Wohnungsmangel ist nur eine der Ursachen.

Eine Möglichkeit, Obdachlosigkeit zu verhindern: Zwangsräumungen stoppen Foto: M. Golejewski/AdoraPress

E s gibt bestimmte Probleme, die in unserer Gesellschaft unsichtbar bleiben. Wohnungs- und Obdachlosigkeit von Frauen ist so ein Thema, denn im Straßenbild findet es kaum statt. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Frauen, deren Rente nicht reicht oder die vor ihrem gewalttätigen Ehemann fliehen müssen, auf einmal ohne Wohnung dastehen.

Gerade unter jungen Menschen ist der Anteil von weiblichen Wohnungs- und Obdachlosen vergleichsweise hoch. Das geht aus den jährlichen Zahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hervor. Bei den 18- bis 20-Jährigen sind es knapp 40 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen 21 Prozent. Bei diesen Zahlen handelt es sich allerdings nur um die Menschen, die sich Unterstützung holen. Wer verdeckt wohnungslos lebt, bleibt unsichtbar.

Das Leben ohne Wohnung ist für alle Betroffenen eine Gefahr, doch für Frauen ist es noch einmal auf eine andere Art gefährlich. Denn wer auf der Straße schläft, wird mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit Opfer von sexualisierter Gewalt. Viele versuchen eine Nacht ganz ohne Dach über dem Kopf zu vermeiden, doch auch in geschlechtsgemischten Notunterkünften sehen viele keinen sicheren Ort. Deswegen kommt es immer wieder vor, dass Frauen Zweckbeziehungen eingehen – sich also von Männern mit nach Hause nehmen lassen, um gegen Sex ein Bett, eine Dusche oder etwas Essen für die Nacht zu bekommen.

Wer möchte, dass sich diese Formen der Abhängigkeiten und der sexualisierten Gewalt nicht verschärfen, muss die Wohnungslosigkeit bekämpfen. Bis heute fehlen ausreichend Schutzeinrichtungen gerade für Frauen. Genauso dringend ist präventive Hilfe: Der Staat muss Räumungsklagen abwenden, Mietschulden übernehmen, psychisch Erkrankten Hilfe anbieten und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Denn das ist und bleibt der effektivste Weg, damit Menschen nicht auf der Straße landen. Doch damit sich hier etwas ändert, müssten die Frauen erst einmal gesehen werden.

Hinweis: In einer früheren Version hieß es, dass die Zahl der obdachlosen Menschen sinke und der Anteil der Frauen unter jungen Menschen dabei steige. Richtig ist, dass der Anteil seit Langem auf hohem Niveau ist. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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Carolina Schwarz
Ressortleiterin taz zwei
Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.
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28 Kommentare

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  • Simpel.

    Deutschland hat in den letzten 10 Jahren um fünf Millionen Menschen zugenommen.

    Landkreise, Städte und Gemeinden sind verpflichtet, Asylsuchenden Wohnungen oder zumindest vorübergehend Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Und zahlen hohe Preise.

    Mieten, bei denen grade jüngere Frauen oder alte Frauen nicht mithalten können.

    Außer in Ostdeutschland sind die Mieten fast überall extrem, wenn Sie überhaupt eine Wohnung bekommen.

    Und alte Frauen?

    Da könnte man nur noch heulen, wenn man sieht wie es vielen von ihnen geht. Schon vor einigen Jahren gab es in der ZEIT mal einen Artikel, der naheging, seitdem ist das Problem noch weitaus massiver geworden:

    ZEIT: "Sie kochen Kohlrabiblätter aus und heizen nur ein Zimmer"

    www.zeit.de/arbeit...-ruhestand-jobbing

    • @shantivanille:

      Warum sollen jüngere Frauen auf dem Mietmarkt weniger mithalten können als jüngere Männer? Sie sind doch angeblich viel besser ausgebildet, emotional intelligenter und reifer und was nicht noch alles. Die 40 % sind doch schon fast Gleichstellung, die ältere Generation ist noch nicht so weit.



      Aber im Ernst: die Überschrift ist bei einem geringeren Anteil von Frauen schon eine Frechheit.

    • @shantivanille:

      Deutschland hatte im Jahr 2000 etwa 82 Millionen Einwohner, Ende 2023 waren es nicht ganz 85 Millionen (statistisches Bundesamt).



      Aber Tatsache ist, dass zu wenig neue Wohnungen gebaut werden, bezahlbare Wohnungen.

  • Hier ein kurzer Ausschnitt der Lokalzeitung was meinem freundlichen, stets unter Mietspiegel vermietendem Nachbar passiert ist. 13 Monate keine Miete erhalten u. die Wohnung ist jetzt ein teurer Sanierungsfall.

    www.allgaeuer-zeit...lbstau_arid-789183

    Darüber hinaus: So plakativ u. pauschal das klingt: Niemand muss in Deutschland wohnungslos sein. Die Rechten instrumentalisieren stets dass kein Flüchtling auf der Straße sitzt während Wärmebusse und Notunterkünfte die Obdachlosen nicht aufnehmen können. Aber: Es gibt Hilfseinrichtungen & Gesetze: Viele Obdachlose sind jedoch gewaltbereit, drogen- od. alkoholabhängig, was als Ausschluss für diese sozialen Einrichtungen gilt.

    Das Problem bei Frauen war glaube ich einem Großteil nicht bekannt und ist ein wichtiger Bericht. Da besonders die Gründe wie im Artikel auch ganz andere sind als bei Mitte 50 jährigen Alkoholkranken Männern.

  • Wohnungslosigkeit ist eines der Hauptprobleme unserer Zeit.



    Jedoch unternehmen die Regierungen wenig bis gar nichts dagegen.



    Stattdessen werden großen Wohnungskonzernen Milliarden in den Rachen geworfen, während diese nur überteuerte Luxuswohnungen bauen.

    • @TeeTS:

      Das könnte auch damit zusammenhängen, dass sich gegenwärtig unter Berücksichtigung aller Auflagen keine kostengünstigen Wohnungen bauen lassen. Ich bitte um Hinweis, wer Wohnungskonzernen wann wie viele Milliarden in den Rachen geworfen hat.

    • @TeeTS:

      Bitte darlegen von wem großen Wohnungskonzernen Milliarden in den Rachen geworfen werden.

      Ansonsten ist Ihre Aussage rein populistisch und hat keinerlei Bestand.

  • Das Thema ist wirklich schlimm und ein Armutszeugnis für uns. Für die Gesellschaft. Meine Erschütterung habe ich unter dem anderen Bericht zu dem Thema gerade schon kundgetan.

    Das Bild "Stoppt Zwangsräumungen" geht aber in die völlig falsche Richtung.



    Der Schutz in Deutschland ist für den Bereich Miete schon sehr sehr gut. Beginnend mit massiver Förderung durch den Sozialstaat, gekoppelt mit guten Möglichkeiten der Gegenwehr.







    Gerade private Vermieter, die einzelne Wohnungen oder ein einzelnes Haus vermieten, können schon extrem darunter leiden, dass die Mieter einfach nicht zahlen. Da können dann Kredite der Vermieter nicht getilgt werden und diese geraten unverschuldet in Not. Die Lust dann weiter zu vermieten ist klein. Ohne diese Massen an kleineren Vermietern wird die Wohnungsnot in Deutschland also noch größer. Das ist eine kurzsichtige Lösung.

  • Es gibt doch hierzulande so viel falsch genutztes Ackerland, z.B. für Tierfutter (wir konsumieren zu viel Tierprodukte) oder Biodiesel (viel klimaschädlicher als Elektroantrieb). Davon könnte der Staat mit Leichtigkeit Grund und Boden aufkaufen und darauf nachhaltige Häuser bauen, also z.B. aus Holz und Lehm. Ein Staat kann das, auch ohne mehr Steuern oder Staatsanleihen, denn er hat ein Konto bei der Zentralbank. Technisch gesehen ist jede Ausgabe des Staates eine Gelderzeugung aus dem Nichts und jede Staatseinnahme eine Geldvernichtung.

    • @Wolfgang Amadeus:

      Der Staat ist Schöpfer seiner Währung und "Kunde" seiner eigenen Zentralbank. Er könnte seine Gesetze so gestalten, dass er mehr ausgeben dürfte, als er einnimmt.



      Ihre Hausbank könnte Ihnen auch - technisch gesehen - unbegrenzt Kredit gewähren, was aber - zum Glück - verboten ist, denn dann würde niemand mehr arbeiten.



      Ein Bankkonto war nie mehr als ein Datensatz. Früher in Büchern, heute auf einem Server.



      Googeln Sie mal Maurice Höfgen oder Dirk Ehnts.



      Eine Begrenzung sollte es aber auch für Staaten geben, nämlich die Erschöpfung von Ressourcen, sprich: Vollbeschäftigung. Aber die ist in unerreichbarer Ferne...

    • @Wolfgang Amadeus:

      „Technisch gesehen ist jede Ausgabe des Staates eine Gelderzeugung„



      Hmm - interessante Theorie. Es gab da mal einen, der hat aus Wasser Wein gemacht, der lebt aber nicht mehr. Und der Goldesel hat die Evolution auch nicht überlebt.;-)



      Im Ernst - bitte etwas sachlicher argumentieren. Danke

    • @Wolfgang Amadeus:

      Ich hoffe es handelt sich bei Ihrem Beitrag um Satire.

      • @Whatever1984:

        Zum Glück nicht. Siehe weitere Antworten.

  • Obdachlosigkeit ist extrem hässlich. Ob für die Minderheit von Frauen oder die Mehrheit der Männer ist ziemlich egal. Frauen erhalten auch tendenziell eher einen Platz in Schlafstellen der Kommunen.



    Das Problem ist nicht weg, wenn keine Frauen mehr obdachlos sind. Bekämpft einfach die Obdachlosigkeit, dann ist jedes etwaige damit verbundene besondere Frauenproblem auch weg.

  • Wohnungsnot ist ein Kernübel. Zu viel Zuwanderung, Fachkräftemangel und übertriebene Bauvorschriften tragen dazu bei. Dazu kommen Fehler in der Vergangenheit, als kommunale Wohnungen billig verkauft wurden. Nun kann der Staat nur noch hohe Mieten bezahlen und damit die Preise treiben.

  • Warum sind die Schlafstätten der Wohnungslosenhilfe nicht ausgelastet? Warum will man lieber auf der Straße schlafen, statt im Wohnungslosenheim?

    • @casio:

      Viele obdachlose Menschen haben eine Suchtproblematik. Der Konsum von Drogen und Alkohol ist in diesen Einrichtungen oft nicht erlaubt und somit stellen diese keine Option für die Betroffenen dar.

      Außerdem kommt es dort wohl öfter zu Diebstählen und Gewalt.

      Gar nicht so wenige Obdachlose leben in Gruppen. Gerade für Frauen ist das sehr wichtig, sind sie doch häufig sexualisierter Gewalt ausgesetzt.

  • "Der Staat muss diese der Staat soll jenes."

    Der Staat tut schon eine Menge, aber ein gewisses Maß an Eigenverantwortung sollten die Menschen doch schon haben können, oder ?



    Der Staat (die Menschen)



    kann eben nicht alle Probleme der Menschen lösen.

    Wenn sie aber -in Einrichtungen- von Gewalt betroffen sind ist das untragbar. Zumindest hier muss der Staat sicherstellen das das nicht passiert.

    • @hkj2314:

      Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Die Einhaltung der Menschenrechte hierzulande zu gewährleisten fällt in den Verantwortungsbereich des Staates!

    • @hkj2314:

      Ich schrieb es schon oben. Häufig leiden Obdachlose an psychischen Erkrankungen und haben eine Suchtproblematik. Von daher ist es schwierig mit der Eigenverantwortung.

      Helfen würde ein niedrigschwelliges Angebot, wie es etwa bei dem Projekt "Housing First" der Fall ist.

      de.wikipedia.org/wiki/Housing_First

      Hier bekommen die Betroffenen sofort eine Wohnung, ohne komplizierte Bewerbungsprozeduren durchlaufen zu müssen oder clean zu sein.

      Dass das angesichts der Wohnungsnot nicht so einfach ist, das steht hier:

      "Ab Januar 2023 verhängte „Housing First Berlin“ wegen anhaltender Erfolglosigkeit bei der Wohnungsakquise aus Kapazitätsgründen einen Aufnahmestopp. Es werden nur noch die etwa 600 Bewerbungen weiterbearbeitet, die bereits auf der Anfragenliste stehen.[14] Im Mai 2023 waren nach knapp fünf Jahren insgesamt 58 Mietverträge unterschrieben worden."

  • Relative Betrachtung



    "Bei den 18- bis 20-Jährigen sind es knapp 40 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen 21 Prozent."



    Somit sind trotzdem 1,5-4 mal mehr Männer ohne Wohnung als Frauen.

    Ihre Schlussfolgerungen sind richtig, doch will das keiner bezahlen, die Ampel schon gar nicht.

    • @Rudi Hamm:

      Ihnen ist schon klar das weder die Ampel noch sonst eine Regierung etwas bezahlt oder nicht.

      Es geht darum wie viel im Bereich Sozialstaat in welchen Bereich fließen.

      • @Whatever1984:

        "Es geht darum wie viel im Bereich Sozialstaat in welchen Bereich fließen."



        Klar, das genau macht aber die Ampel. Sie legt also fest was wo mit dem eingenommenen Geld bezahlt wird.

  • Der Bericht ist sehr intensiv und gut geschrieben, aber warum soll der Staat Mietschulden übernehmen?



    Den Punkt kann ich nicht nachvollziehen?



    Wo ziehen Sie da die Grenze?

  • Die generelle Forderung, Räumungsklagen abzuwenden, ist absurd.



    Die überwiegende Mehrzahl der Räumungsklagen geht auf nicht gezahlte Mieten zurück, und VermieterInnen sitzen bei der Räumung in der Regel auf Mietausfall von 6 -12 Monaten. Plus Gerichts- und Anwaltskosten. VermieterInnen sind keine Caritas.



    Im Übrigen haben Wohnungsämter längst die Möglichkeit, Wohnungen zu beschlagnahmen und die Miete selbst zu zahlen. Sie tun dies aber wohl nur bei Familien mit Kindern

  • 6G
    698967 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank für den wichtigen Kommentar! Erschütternd und ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

  • Also auch im Elend keine Gleichberechtigung (oder "...entrechtung"?) für als weiblich gelesene Menschen. Was ist eigentlich mit LGBTQ+ Individuen? Werden die nicht betrachtet?

  • Das mit dem Wohnraum ist halt so eine Sache. Man wirft mit neuen Bauvorschriften um sich, so dass Neubau nur noch für Reiche bezahlbar ist, was natürlich neben den Kaufpreisen auch auf die Mieten schlägt. Dann wollen alle in die Stadt, wo alles überfüllt ist, auch wenn auf dem Land noch genügend Wohnraum zur Verfügung steht. Dann wächst die Wohnfläche pro Person, weil zum Einen die Ansprüche steigen, aber auch weil man nicht mehr bereit ist, verbindliche Beziehungen einzugehen. Dann verteilt man Einwanderer nach Bevölkerung, d.h. die Städte, die sowieso zu wenig Wohnraum haben, müssen noch zusätzlich diese unterbringen. Das System ist von Grund auf flawed.