Wölfe in Deutschland: Wolfsjagd soll einfacher werden
Wenn Wölfe Schafe reißen, soll notfalls das ganze Rudel getötet werden können. Umweltverbände kritisieren den neuen Gesetzesentwurf.
Die Bundesregierung will den Abschuss von Wölfen erleichtern, um das Reißen von Weidetieren wie Schafen oder Kälbern zu verhindern. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, wonach Wölfe auch dann getötet werden dürfen, wenn unklar ist, welches Tier genau zum Beispiel eine Schafherde angegriffen hat. Es sollen so lange Wölfe geschossen werden können, bis es keine Schäden mehr gibt, auch wenn damit ein ganzes Wolfsrudel getötet wird. Die Behörden müssen aber jeden Fall genehmigen, es gibt zeitliche und räumliche Grenzen.
Die Tierart ist im Jahr 2000 nach ihrer Ausrottung vor 150 Jahren dauerhaft nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem wächst der Bestand jährlich um etwa 30 Prozent. Nach Schätzungen des Deutschen Jagdverbands leben hierzulande inzwischen mehr als 1.000 Tiere. Die Zahl der bei Wolfsangriffen getöteten, verletzten oder vermissten Nutztiere ist laut Behörden 2017 um 54 Prozent auf 1.667 gestiegen. Viele Bauern sehen die vergleichsweise tier- und naturfreundliche Viehhaltung auf der Weide gefährdet. Zudem nehmen Sorgen zu, dass Wölfe Menschen angreifen könnten.
Aus diesen Gründen sieht der Entwurf von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vor, dass künftig schon „ernste“ Schäden für einen Abschuss ausreichen. Sie müssen nicht mehr „erheblich“ sein. Diese Bedingung sehen bisher manche Gerichte erst dann als erfüllt an, wenn die Existenz des betroffenen Hofs gefährdet ist.
Ausdrücklich verbieten will die Regierung nun, wilde Wölfe zu füttern oder anzulocken. So soll verhindert werden, dass sie sich an die Nähe von Menschen gewöhnen. Solche Raubtiere könnten Personen gefährlich werden, heißt es in dem Entwurf. Mischlinge aus Wolf und Hund, sogenannte Hybriden, sollen der Natur „entnommen“ werden, um die Tierart Wolf (Canis Lupus) zu erhalten. Bei erwachsenen Exemplaren komme in der Regel nur der Abschuss in Frage, denn wilde Tiere würden in Gefangenschaft zu stark leiden.
Klöckner will auch so Wölfe töten können
„Hier ist ein vernünftiger Interessensausgleich gelungen, der Herdenschutz und Artenschutz in Einklang bringt“, sagte Umweltministerin Schulze. Agrarressortchefin Julia Klöckner begrüßte den Entwurf „als einen ersten Schritt in die richtige Richtung“. Es müsse aber wie vom EU-Recht erlaubt eine von den Behörden festgesetzte Zahl von Wölfen getötet werden können, auch wenn es noch keine Schäden an Nutztieren gab. Änderungen könnten nun im parlamentarischen Verfahren kommen, teilte die CDU-Politikerin mit. Der Bundestag muss dem Entwurf noch zustimmen.
Umweltschutzverbänden geht schon der jetzige Plan zu weit. „Wenn durch Abschüsse die Rudelstruktur zerstört wird, fremde Wölfe einwandern oder junge Wölfe plötzlich ohne Elterntiere Nahrung jagen müssen, können Nutztierrisse sogar zunehmen“, warnte der BUND. Weidetiere sollten durch Zäune oder Hunde besser geschützt werden. Dafür müssten die Bundesländer den Tierhaltern mehr Geld geben. Der WWF kritisierte, das geplante Gesetz könnte auch die Tötung anderer Tiere wie Biber oder Fischotter erleichtern, die ebenfalls wirtschaftliche Schäden etwa bei Fischern oder Bauern verursachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen