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Wirkung elektromagnetischer FelderHandystrahlen unter Krebsverdacht

Welches Gesundheitsrisiko bergen Handys? Zwei Studien über die Wirkung von elektromagnetischer Strahlung heizen den Streit wieder an.

Diese Variante des Telefonierens ist auf jeden Fall gefährlich Foto: dpa

Seit Jahren schon wird auch unter Wissenschaftlern heftig darüber gestritten, ob die elektromagnetischen Strahlen von Handys Krebs auslösen können. Zwei neue Studien feuern diesen Streit derzeit wieder an: Eine Tierversuchsstudie in den USA gibt Hinweise, dass die Strahlung Tumoren auslösen können. Die andere Studie, eine epidemiologische Untersuchung aus Australien, hingegen gibt Entwarnung: Die Auswertung des australischen Krebsregisters ergab keinen Anstieg bei Hirntumordiagnosen durch vermehrte Handynutzung.

Die 25 Millionen US-Dollar teure Tierversuchsstudie war von der US-Regierung in Auftrag gegeben worden. Forscher des National Toxicology Program (NTP) hatten mehr als 2.500 Ratten und Mäuse mit Mikrowellen der beiden gängigen Übertragungstechnologien, GSM und CDMA, bestrahlt. 10 Minuten Bestrahlung, 10 Minuten Pause, mit diesen Intervallen wurden die Ratten bis zu einem Alter von zwei Jahren täglich je neun Stunden elektromagnetischen Feldern mit einer Frequenz von 900 Megahertz ausgesetzt.

Bei der Mäusen betrug die Frequenz 1.900 Megahertz. Variiert wurde auch die Stärke der Bestrahlung: 1,5, 3 und 6 Watt pro Kilogramm Körpergewicht. Die Magnetfeldstärken waren damit fast durchweg höher als bei den auf den Markt befindlichen Handys. Eine Besonderheit war auch, dass bei den Tieren der ganze Körper bestrahlt wurde. Beim Telefonieren ist vor allem der Kopf betroffen.

Die vorläufige Auswertung der Versuche ergab, dass bei männlichen bestrahlten Ratten einige bösartige Tumoren im Hirn (Gliome) und Geschwülste am Herzen (Schwannome) entstanden sind. Für Michael Wyde und seinem Team ist dies „wahrscheinlich das Ergebnis der Ganzkörperbestrahlung“. Von den jeweils 90 bestrahlten männlichen Ratten in den sechs Testgruppen bekamen bis zu drei Tiere Hirntumoren und bis zu sechs Herzgeschwülste. Bei der unbestrahlten Kontrollgruppe waren keine Veränderungen feststellbar. Auch bei den weiblichen Ratten gab es keine erhöhte Tumorrate.

Die Forscher werteten Daten des Krebs­registers aus

Für das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das in Deutschland für den Gesundheitsschutz vor elektromagnetischen Feldern zuständig ist, sind die Ergebnisse in einer ersten Bewertung „überraschend und aus biologischer Sicht nicht plausibel“. Eine direkte Übertragung der Ergebnisse aus den Rattenversuchen auf den Menschen bestehe nicht, teilte das BfS der taz mit.

„In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass die Parallelstudie an Mäusen kein erhöhtes Krebsrisiko ergab (die Daten sind allerdings noch nicht vollständig ausgewertet und liegen daher im Einzelnen noch nicht vor); das heißt“, so das BfS, „die derzeit vorliegenden Ergebnisse sind anscheinend nicht nur geschlechtsspezifisch, sondern auch artspezifisch.“ Eine Erklärung dafür gibt es nicht.

Falsch-positive Befunde

Auch Michael Lauer, von den National Institutes of Health (NIH) in den USA , kritisiert in einem Gutachten die Studien. So ist ein Ergebnis, dass die Überlebensrate bei den unbestrahlten Ratten zum Teil höher ist als bei den bestrahlten Tieren. Lauer vermutet, dass es da „einige falsch-positive Befunde“ gegeben habe, die die statistische Auswertung infrage stelle.

Gegensätzlich zu den NPT-Versuchen sind die Ergebnisse der Langzeitstudie, die unter Leitung von Simon Chapman an der University of Sydney durchgeführt wurde. Die Forscher werteten Daten des australischen Krebsregisters aus, in dem alle Tumordiagnosen gespeichert werden müssen.

Für die Zeit von 1982 bis 2012 sind dort 19.800 Hirndiagnosen bei Männern und 14.200 bei Frauen registriert. Die Forscher glichen die Tumorraten mit der Nutzung der Handys ab. Im Jahr 1987 gab es die ersten Handys, 2014 hatten 94 Prozent der Bevölkerung eins. Trotz dieser Wachstumsra­te fanden die Forscher „keinen Anstieg bei der Gehirntumorhäufigkeit“.

Ein Freispruch ist das noch nicht: „Da bei Hirntumoren mit sehr langen Latenzzeiten zu rechnen ist, reicht der Beobachtungszeitraum der genannten Studie noch nicht aus“, heißt es beim BfS: Allerdings werde „mit jedem Jahr, in dem die Krebshäufigkeit nicht steigt, das Restrisiko geringer.“

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9 Kommentare

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  • What?! Die Magnetfeldstärke von Handys? Das ist nun wirklich ein Problem! Nicht, dass die Dinger beim Telefonieren am Kühlschrank hängenbleiben.

  • Interessantes Setup: da telefonieren Ratten 12 Stunden am Tag, tags und nacht, für viele Jahre am Stück und zu jedem Zeitpunkt mit 10 bis 50 Handies *gleichzeitig.

     

    Und trotzdem kein Beleg für Schädlichkeit. Na dann!

  • Werden Handys jetzt auch verboten? Genau wie Glyphosat

  • Wieder einmal wird ein total abgedroschenes Thema mittels unsinniger Kriterien durch die Medienwelt gejagt.

     

    Krebs ist schlimm, ohne Frage. Doch viel gefährlicher ist die Beeinträchtigung des Denkapparats. Dieser Umstand wird (nach meiner Ansicht mutwillig) stets ausgeblendet.

     

    Hochfrequenz ist gefährlich, weil sie Körperzellen zerstören kann. Aber viel gefählrlicher ist die schwache Hochfrequenz. Diese zerstört die Zellen nicht, sondern schädigt (verändert) sie nur, so daß massenhafte Fehlfunktionen die Folgen sein können (und es im Regelfall auch sind), die man dann aber mit Bezeichnungen wie Allergie, Verhaltensstörung, Depression usw. usw. als eigenständiges Krankheitsbild und weit von der Ursache entfernt "schön redet". Diese Strategie erinnert mich m. E. an die vor Jahrzehnten stattgefundene LSD-Debatte, bei der so manch ein WIssenschaftler die massiv auftretenden Störungen und Ausfälle des Gehirns mit dem Begriff "Bewußtseinseerweiterung" schön geredet hat.

  • Es gibt wesentlich mehr wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema. Allein zum Thema Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit, (Embryonen, Hoden, etc.) ca. 130 verschiedene. Auch mögliche Wirkmechanismen werden thematisiert: http://www.mobilfunkstudien.de/studienreport/index.php

  • Die Handys werde häufig in der Hosentasche getragen. Dort sind sie nicht weit von den Hoden entfernt. Die Häufigkeit von Hodentumoren hat deutlich zugenommen.

    Mein eigener Hodentumor war übrigens auch auf der Seite, auf der ich das Handy immer in der Hostentasche getragen habe.

  • Ja, schon richtig, dass ein Handy allein nicht so sonderlich viel strahlt. Das ist aber der Laborwert.

    Nun ist auch bekannt, dass Handys stärker strahlen müssen, um Metallkäfige zu durchdringen. Im Alltag sind das v.a. Autos, Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen.

    Und da wirds dann schon interessant. Gerade in den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man schnell auf 20-40 Handys pro Wagen. Die meisten davon senden Daten, nicht Gespräche. Und das wäre dann doch mal interessant, was in der Realität so an Strahlung zusammenkommt, wenn 30 Leute in einem Bus dicht an dicht lustig das mobile Internet ausquetschen.

    Hat mit der Frage Krebs oder nicht wenig zu tun. Aber sehr viel mit der Relevanz von Laborergebnissen.

  • Danke, dass Sie auf die Original-Veröffentlichung der Rattenstudie verlinken. Lädt man das PDF herunter, kann man auf Seite 9 etwas lesen, das im Artikel leider unerwähnt bleibt:

    "At the end of the 2-year study, survival was lower in the control group of males than in all groups of male rats exposed to GSM-modulated RFR. Survival was also slightly lower in control females than in females exposed to 1.5 or 6 W/kg GSM-modulated RFR. In rats exposed to CDMA-modulated RFR, survival was higher in all groups of exposed males and in the 6 W/kg females compared to controls."

    Fazit: Handystrahlung verlängert das Leben! Das wäre doch mal eine schöne Überschrift gewesen!

    • @Mark_Sch:

      Wenn ich den Artikel richtig verstehe, wird das, was Sie hier ansprechen, von Michael Lauer vom NIH nach der Unterüberschrift "Falsch-positive Befunde" thematisiert.