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Wir retten die WeltJenseits von Corona

Das Virus zeigt uns, was wir in unserer Hybris längst verdrängt haben: Die Natur ist nicht nett. Und wir haben guten Grund zur Panik.

Atemschutzmaske gegen Hilflosigkeit? Foto: Dirk Sattler/imago

M eine Hausärztin war ratlos. „ich verstehe auch nicht, warum alle so eine Panik um Corona machen“, sagte sie. „An der Grippe sterben mehr Leute.“ Auch ihre Sprechstundenhilfe wunderte sich. Auf jeden Fall hat die Praxis mal eine Lieferung Mundschutz geordert. Man weiß ja nie.

„Ich will, dass ihr in Panik geratet“, hat Greta Thunberg gesagt. Es scheint, als ob wir sie beim Wort nehmen. Nicht beim Klima, keine Sorge: Da denken wir erstmal ganz in Ruhe drüber nach, ehe wir zu spät und mehr so symbolisch handeln.

Aber beim Corona-Virus, da schlägt die Panik weltweite Wellen: Quarantäne, Seuchengesetze, Regionen werden abgeriegelt, Lieferketten auch für Medikamente unterbrochen.

Ein Gefühl, das wir hassen wie die Pest: Hilflosigkeit

Am Corona-Virus leiden und sterben Menschen. Und der wirtschaftliche Schaden ist noch gar nicht abzusehen. Aber die Angst vor dem Feind hat vielleicht nicht nur damit zu tun, dass sich da eine neue, unbekannte, unsichtbare Krankheit schnell und scheinbar unaufhaltsam ausbreitet. Vielleicht ist Corona auch so bedrohlich, weil es uns mit dem einem Gefühl infiziert, das wir hassen wie die Pest: Hilflosigkeit.

Das Virus zeigt uns, was wir auf der Insel der Seligen erfolgreich verdrängt haben: dass die Natur da draußen nicht so nett ist, wie uns die Werbung im Biomarkt vorgaukelt. Mit der realen Welt jenseits unserer Wohlstandsblase lässt sich nicht verhandeln, Kompensationszahlungen und goldene Kreditkarte interessieren sie nicht. Die Natur schlägt nicht mal zurück. Sie macht einfach ihr Ding. Wenn du da im Weg stehst: Pech gehabt.

So haben sich die Menschen über Jahrtausende gefühlt, wenn bei ihnen der Blitz einschlug. Erst seit 100 Jahren und nur in den reichen Staaten erliegen wir der Hybris, wir könnten unser Schicksal steuern. Das tun wir auch, und so sieht die Welt auch aus.

Mutter Erdes Betriebssystem ist eiskalte Physik

Wir reden vom Anthropozän, wo der Mensch zum bestimmenden Faktor der planetaren Entwicklung wird. Und dann kommt da so ein dahergelaufenes Virus und erinnert uns daran, was wir in unserer Vollkasko-Gesellschaft gern vergessen: Wenn wir unsere „Umwelt schützen“, sollten wir das aus Eigeninteresse tun, aber keine Dankbarkeit dafür erwarten.

Das Betriebssystem von Mutter Erde sind eiskalte physikalisch-chemische Prozesse. Wer Kohlendioxid in die Atmosphäre pumpt, wer Millionen von Tier- und Pflanzenarten ausrottet, wer überall Müll verteilt und im globalen Stil die Physik und Chemie des Planeten verändert, bekommt die Konsequenzen zu spüren. Mit einem Virus oder einem Waldbrand kann man nicht verhandeln.

Deshalb zittern wir vor diesem Erreger. Wir können ihn nicht kaufen oder domestizieren. Wir können ihn nicht abschießen wie einen störenden Wolf. Wir können ihn nicht mit „Das gab´s immer schon mal“ relativieren. Und wir können ihn nicht als „Müll-Wissenschaft“ diffamieren. Plötzlich beten auch die größten Verächter der Wissenschaft zu den Halbgöttern in Weiß um ein Gegenmittel. Und die Impfgegner sind plötzlich ganz leise.

Es gibt da draußen eine Menge guter Gründe für Panikattacken. Vielleicht nicht das Corona-Virus. Ganz sicher aber unsere chronische Ignoranz-Psychose mit destruktiven Tendenzen. Wird schon schiefgehen.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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43 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Danke Herr Pötter, eine gute und interessante Sicht....und zu den Kommentaren und den erlebten Diskussionen fällt mir eine Ultrakurzgeschichte, die ich manchmal



    ( im Ehrenamt) Senioren vorlese....



    Der Seuchengott



    Einst saß ein alter, weiser Mann unter einem Baum, als der Seuchengott des Weges kam. Der Weise fragte ihn: “Wohin gehst Du?” Und der Seuchengott antwortete ihm: “Ich gehe in die Stadt und werde dort hundert Menschen töten.”



    Auf seiner Rückreise kam der Seuchengott wieder bei dem Weisen vorbei. Der Weise sprach zu ihm: “Du sagtest mir, dass Du hundert Menschen töten wolltest. Reisende aber haben mir berichtet, es wären zehntausend gestorben.”



    Der Seuchengott aber sprach: “Ich tötete nur hundert. Die anderen hat die eigene Angst umgebracht.”



    Quelle nicht bekannt, ....möge es Ihnen gut ergehen..

  • Hi Bernhard, die Hybris beginn eventuell dann,



    wenn wir die Unsterblichkeit erreichen.

    Dazu laufen aktuell viele Vorhaben incl. sehr viel Geld.



    Wenn wir es erreicht haben, uns die Sonne Untertan zu machen.

    Obwohl, wenn du es recht bedenkst, auch das ist eigenlich Kleckerkram.

  • Danke für diesen gelungenen Artikel !!

    Bedrohlich bleibt nur der Virus: Dummheit

  • G
    Gast

    Wir Menschen sind nicht hilflos der Natur ausgeliefert, wie es die Kolumne suggerieren will. Stattdessen werden die Menschen seit Jahrhunderten immer besser darin, den Gefahren und Launen der Natur zu trotzen. Wir können uns vor Blitzen schützen, bei Dürren verhungern wir nicht mehr und auch mit extremer Kälte oder Hitze werden wir einigermaßen fertig. Wir Menschen sind immer besser in der Lage auf neue Gefahren schnell zu reagieren. Dass uns nun ein neuer Virus mal wieder unsere Grenzen aufzeigt, wird uns nur dazu anregen, besser zu werden und auch solchen Bedrohungen zukünftig zu trotzen.



    Im Übrigen ist es keine Panik, wenn die Menschen mal endlich Vorräte anlegen oder diese auffrischen, wie es das Bundesamt für Katastrophenschutz seit Jahren vergeblich gefordert hatte. Bei einem möglichen Stromausfall könnten Viele froh sein, dass sie heute mal "Panik" hatten.

  • Mhm, das diese "Pandemie" als Begründung für Impfpflicht (Eingriff in GG körperliche Unversehrtheit) genutzt wird, darauf werden wir nicht lange warten müssen. Ist nur ebensolche Hybris. Es gibt keine Versicherungen gegen die Natur, eher für menschliche Giernatur. Mal versuchen sich auf die Welt, Erde, Natur einzustimmen und mit dieser zu gehen als im kleinsten Horizont nach persönlicher Macht (Geld) zu geiern, entgegen jedwelcher Zusammenhänge, das wäre ein Ziel für jeden Einzelnen. Aber erstmal schwieriger als den geilen SUV mit lustvoll bedruckten Plastikmüll aus dem gewinnmaximierten Einkaufstempel zu bestücken. Nur wie bei jeder Droge folgt der Katzenjammer, auch bei mir. Wir armen Armen...

  • Danke für den Artikel. Bin kein Artzt und kann die tatsächliche Gefahr gar nicht wirklich einschätzen.

    Wie Herr Pötter aber schon andeutet, gibt es mindestens zwei Impulse die bei Angst denkbar sind. Auf die eine Seite die panisch aggresive Suche nach "Schuldigen" ob es die Ärtzte mit falschne Diagnosen, angeblich inkompetente Politikier die die aktuellen Infos übermitteln müssen oder die unglückligen Infizierten sind.

    Auf die andere Seite, sich vom starken Zusammenhalt zu beruhigen und gemeinsam Lösungen zu suchen und erkrankte, einfach wie es sich gehört, so gut wie nur möglich helfen.

    Tatsächlich wirft die Corona auch Fragen zu gewohnten Lebensstile und Umweltbelastungen auf. Durch das Corona Virus rücken Kreuzfahrten und Fliegen aus einer unerwarteten Perspektive wieder ins Focus.

    Das birg eine Chance mittem im Unglück. Wenn uns Corona vom nachweislich sehr umweltbelastenden Verhalten (wie Fliegen und Kruezfahrten) währen des Epedemies abhalten, dann ist dass auch eine Chance für uns auszuwerten, ob die ausgefallenen Flüge und Kreuzfahrten uns tatsächlich unglücklicher gemacht haben. Vielleicht fühlen wir uns ja auch mal ohne Flug und Kreuzfahrt wohl. Vielleicht entdecken wir dabei anderer nachhaltigere Zeitvertriebe die uns genau so glücklich machen können. Zusammenhalt und gute Gesellschaft kann auch in dem Zusammenhang gut sein.

  • Es gibt keine Sprechstundenhilfen, Alter! Sonst kann nicht schnell genug Gegenwert und gesternt werden und jetzt das??

    • @Limette meint:

      Gegendert.....

    • @Limette meint:

      Es gibt keine Sprechstundenhilfen, Alter! Sonst kann nicht schnell genug Gegenwert und gesternt werden und jetzt das??

  • Ich freue mich immer über Artikel und Bücher von Herrn Pötter, da ist nämlich Sachverstand vorhanden.



    Danke!



    Und bitte mehr Biologie-Unterricht an den Schulen.

  • klar, wahr! danke!

  • 0G
    0371 (Profil gelöscht)

    Ich freue mich sehr über diese Kolumne:



    Hatte ich doch bereits selbst den Verdacht, dass es sich bei den Leuten, die bei Corona beinahe panisch reagieren und mit Gasmaske bestückt palettenweise Dosenfutter kaufen (kein Witz!) um den selben Personenkreis handelt, der beim Thema Klimaschutz fahrlässig ignorant eben gar nicht handelt.



    Und das, obwohl es bei beiden Themen um unser aller Leben und Tod geht. Das verstehe, wer kann.

  • Meine Hausärztin war ratlos. „ich verstehe auch nicht, warum alle so eine Panik um Corona machen“, sagte sie. „An der Grippe sterben mehr Leute.“ Auch ihre Sprechstundenhilfe wunderte sich

    • @relation:

      DAS MACHT MICH RATLOS.

      Die Daten zeigen, dass dieses Virus in die Kategorie spanische Grippe fallen könnte. Erschreckend, wenn Ärzte grundlegende Kenndaten eines Virus nicht einschätzen können.

      um den Faktor 10 tödlicher als normale Grippe.

      doppelt so hohe Ansteckungsrate (siehe Kreuzfahrtschiff Diamond Princess)

      keine vorhandene Immunität (anders als bei Grippe)

      keine Impfung (anders als bei Grippe)

      offensichtlich nicht mehr kontrollierte Verbreitung, genau wie bei der Grippe.

      geschätzte 40-70% der Bevölkerung könnten sich innerhalb eines bis zwei jahren infizieren

      Hundertausende Tote wären die Folge.

      .

      • @relation:

        Die aktuelle Sterberate beinhaltet nicht die ganzen Leute, die erst gar nicht zum Arzt/ins Krankenhaus gegangen sind, sondern die Erkältung zu Hause auskuriert haben oder erst keine/kaum Symptome aufwiesen. Tatsächlich ist die Sterberate am Virus also (deutlich) niedriger.

      • @relation:

        Reden sie doch nicht so einen Unsinn. Der Vergleich mit der Spanischen Grippe ist reine Panikmache und durch keine Daten gedeckt, schon gar nicht durch wissenschaftliche. Auch die angeblich 10 Fach erhöhte Sterblichkeit ist immer noch gering. Schreiben sie das nochmals wenn wir eine Pandemie mit dem Marburg Virus haben....



        Wenn sich alle an entsprechende Hygienemaßnahmen halten würden, wären die Infektionsraten deutlich geringer. Problematisch wird es erst wenn die prognostizierten Kontakte in kurzer Zeit stattfinden würden.

  • STERNENWIRBEL

    (Robinson Jeffers, ca. 1960, Übersetzung Hessebub)

    Die Polareiskappen schmelzen, die Gebirgsgletscher



    Tropfen in die Flüsse; alles speist den Ozean;



    Die Tiden fallen und steigen, doch jedes Jahr ein wenig höher,



    Sie werden New York fluten, sie werden London fluten.



    Und dieser Ort, wo ich Bäume gesetzt und ein steinernes Haus gebaut habe,



    Wird unter Wasser stehen. Die armen Bäume werden sterben,



    Und kleine Fische werden durch die Fenster flickern, rein und raus. Ich habe es gut gebaut,



    Dicke Mauern und Portlandzement und grauer Granit,



    Der Turm zumindest wird bestehen gegen die Meeresbrandung; geologisch, fossil und ewig werden.



    Es ist eine Wonne den Geist zu verbinden mit geologischer Zeit, oder mit astronomischer ihn zu entspannen.



    Die Astronomie stutzt den Menschen wie nichts and'res zurecht, seine dämlichen Träume und gockelhafte Wichtigtuerei. Lass' ihn die Sternenwirbel zählen.

  • Dann müssten wir uns ja eigentlich, freuen, die Pest würde zurückkehren.

    Das würde "unserer Hybris" einen saftigen Dämpfer verpassen.

    Die westliche Menschheit als Gesamtperson, reaktionärer Stuss.

    • @Jim Hawkins:

      richtet sich auch gegen diese ostentative gelassenheit, menschen, die sich mockieren ueber andere, die ´in panik´ verfallen - ihre lesart des nicht-so-ganz-laessig-sein-wie-man-selber. experten und politiker, die immer nur beruhigen wollen und beschwichtigen, dabei ist ja eh noch keiner in panik verfallen und wird es auch nicht. dafuer wird auch gar keine zeit sein. denn die krise ist ja schon da, es merken nur die wenigsten. verfolgt man die lage genau, wie trefflich gerade italienische virologen sagen (siehe the guardian), laut erster genalanysen der virus-straenge zirkuliert der virus in italien bereits sein 4 bis 6 wochen. d.h. 3 oder 4 wochen unentdeckt, bis erste schwere faelle auftreten. gepaart mit einer sehr hohen virulenz und uebertragbarkeit kann sich jeder ausmalen, was das bedeutet. eigentlich hat china nach dem verkorksten anfang alles richitg gemacht. wieso, koennte man fragen, gibt es bis heute in ganz peking und shanghai zusammengenommen weniger als 10 tote, in italien bereits mehr als 20? es waere angebrachter, das thema pragmatischer anzufassen und drastische massnahmen zu ergreifen, allein schon aus vorsorge, anstatt nur ernste minen zum dax zu machen. oder man nimmt mal, die zahlen des herrn drosten zugrunde gelegt, eine zahl von 300.000 bis 1.000.000 toten in deutschland in den naechsten monaten in kauf.

      • @the real günni:

        Und was genau willst Du mit Deinem Post zum Ausdruck bringen? Lies dort oben doch noch mal nach. Mutter Natur kämmt mal wieder durch! Vielleicht eine Million Tote durch Corona oder in 10 Jahren 2 Milliarden Tote durch eine RG 4 Virus.



        Das Leben ist und bleibt ein Risiko, ob man nun Panik schiebt oder gelassen einen Rothschild Chateau Lafite aufmacht und der Tatsache ins Auge schaut.

    • @Jim Hawkins:

      Lesen Sie mal das Dark Mountain Manifesto, dann kapieren Sie es vielleicht.

      • @hessebub:

        "It's the End of the World as We Know It"

        Das weiß ich allerdings auch ohne diesen Hippie-Kram.

  • Die Lebensqualität ist auch mit Corona und Klimawandel besser als in Zeiten, in denen die Menschen nicht oder kaum in die Natur eingegriffen haben.

    • @Thomas Friedrich:

      "Die Lebensqualität ist auch mit Corona und Klimawandel besser als in Zeiten, in denen die Menschen nicht oder kaum in die Natur eingegriffen haben."

      Das nenne ich mal eine steile These. Ich behaupte mal, dass man so etwas wie Lebensqualität - natürlich eh total subjektiv - nur vergleichen kann, wenn man beide Lebensrealitäten bereits gelebt hat.



      Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das Leben von Sammlern und Jägern in gewisser Hinsicht viel erfüllter war als das moderne Leben in den westlichen Industrienationen, in dem es 'um nichts mehr geht'. Vielleicht waren wild lebende Menschen merklich glücklicher/zufriedener, weil sie bspw. keinem Glücksversprechen hinterhergehetzt sind und ihre Fähigkeiten nutzend mit sich und ihrer Umwelt einverstanden waren, wie eben alles war. Ohne Alternative vor Augen, stellt man seine Umstände ja auch nicht so in Frage. Dann will man nicht ständig etwas erreichen oder sehnt sich nach etwas anderem, was einen durchaus unglücklich machen kann. Nur weil 'unser' Lebensstil viele individuelle Freiheiten und Möglichkeiten mit sich bringt, muss er nicht zwangsweise als erfüllender erlebt werden.

      • @Primitivismuskeule:

        Ja so ein Jäger und Sammler hatte natürlich eine super Lebensqualität.



        Sicherlich hat ihm sein steifes Bein und die fehlenden drei Finger der rechten Hand nix ausgemacht. Auch dass die Lebenserwartung 23 Jahre betrug und die Kindersterblichkeit 30%, dazu noch gleiches Sterblichkeitsrisiko der Frau bei der Geburt.



        Schön mit dem nassen Bärenfell im Herbst in der Höhle hocken, Brot und Getreide verschimmelt, dank feuchtem Sommer etwas zu viel Mutterkorn in der Ernte.



        Zahnextraktion beim Schmied mit der großen Zange und ordentlichem Tetanusrisiko.



        Alle Häuser schön aus Holz, so ein Stadtbrand ist schon nostalgisch.

    • @Thomas Friedrich:

      Und an welchem Ende der Peitsche man sitzt. Ich denke das Leben als Arbeitssklave im Primark-Sweatshop lässt zu wünschen übrig. Courtesy of Capitalism, der ja im Wesentlichen auch den Klimawandel zu verantworten hat.

    • @Thomas Friedrich:

      Das kommt tatsächlich ganz drauf an wie man Lebensqualität definiert.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Früher wären die Bewohner einer Höhle bis auf einen ausgerottet worden. Der eine Überlebende hätte das Essen von Schuppentieren und Fledermäusen zum Tabu erklärt.

    Heute müssen Apple-Mitarbeiter nach China fliegen, um beim neu zu produzierenden I-Phone zu prüfen, ob der Karton in den es eingepackt wird, auch wirklich nach Steve Jobs riecht.

    Und schon sind alle Höhlen verseucht und die Fledermäuse werden vorsorglich auch ausgerottet.

  • Vorsicht. So wie's aussieht, scheint Corona doch gefährlicher zu sein als die Wintergrippe. Zum einen hat sich inzwischen wohl herausgestellt, dass die Todesrate nach Infektion 10-mal so hoch ist wie die der Grippe. Und das Virus wird wohl auch deutlich schneller übertragen als das der Grippe. www.theguardian.co...ovid-19-face-masks

    Also nicht zu früh freuen.

  • Mit mehr Offeneit der chinesischen Behörden und einem konsequenten Eindämmungsversuch der westlichen Länder ab Anfang/Mitte Januar wäre der Virus vermutlich schon zu stoppen gewesen.

    • @meerwind7:

      Ich würde gerne wissen, wie man dermaßen dumm sein kann, die Chinesen zu kritisieren ohne wenigstens ein Wort zu unserer Regierung zu verschwenden?

      Das Ausmaß war seit Januar klar, und was ist seither an Schutzmaßnahmen (z.B. Aktualisierung der Pandemiepläne, Bestellung von Schutzausrüstung für medizinisches Personal etc.) geschehen?

      • @alexb:

        Ich habs mal wieder rausgesucht, ein Gedicht, das ich als Schülerin gelernt habe,

        Seitdem warte ich auf die Pest. Mal schauen, ob es die Pest wird.



        Wikipedia schreibt: Als Schwarzer Tod wird eine der verheerendsten Pandemien der Weltgeschichte bezeichnet, die in Europa zwischen 1346 und 1353 geschätzte 25 Millionen Todesopfer – ein Drittel der damaligen Bevölkerung – forderte.

        -- .. -- .. -

        Günther Eich

        Betrachtet die Fingerspitzen

        Betrachtet die Fingerspitzen, ob sie sich schon verfärben! Eines Tages kommt sie wieder, die ausgerottete Pest. Der Postbote wirft sie in den rasselnden Kasten, als eine Zuteilung von Heringen liegt sie dir im Teller, 5 die Mutter reicht sie dem Kinde als Brust. Was tun wir, da niemand mehr lebt von denen, die mit ihr umzugehen wußten? Wer mit dem Entsetzlichen gut Freund ist, kann seinen Besuch in Ruhe erwarten. Wir richten uns immer wieder auf das Glück ein, 10 aber es sitzt nicht gern auf unseren Sesseln. Betrachtet die Fingerspitzen! Wenn sie sich schwarz färben, ist es zu spät. [1947]

      • @alexb:

        Genau, nix

  • Ein etwas hinterhältiger und sogar schadenfroher Kommentar. Ich war auf die entscheidende Verbindung gespannt: Inwiefern soll jetzt das Fehlverhalten des Menschen am Coronavirus schuld sein? Ah ja, gar nicht natürlich. Der entsprechende Absatz ist vollkommenes Wischiwaschi. Weil der Mensch "die Physik und Chemie des Planeten verändert, bekommt (er) die Konsequenzen zu spüren." Als wäre das Coronavirus irgendwie nicht ausgebrochen, wenn wir in Höhlen wohnengeblieben wären.

    • @Hinkelstein:

      So ein kleines bisschen hat die menschliche Dummheit natürlich schon damit zu tun, wie schnell sich das Virus jetzt ausbreitet. Es geht hier aber überhaupt nicht darum. Es geht nur um einen Vorgeschmack von der Machtlosigkeit, die wir erleben werden, wenn die Klimakatastrophe eintritt. Darum, dass wir mal wieder eine Vorstellung davon bekommen, wie das ist, ausgeliefert zu sein. Und darum, dass wir bei den Entwicklungen, die wir beeinflussen können, auch entsprechend handeln.

      • @Benedikt Bräutigam:

        Die schnelle Verbreitung durch die hohe Mobilität des modernen Menschen, ok, das kann ich akzeptieren. Aber der Text läßt es so klingen, als sei das Virus eine direkte Folge und Strafe für Frankensteinsche Experimente an der Natur. Und wie man im Kommentarbereich schön sehen kann, rennt er offene Türen ein bei esoterischen Technologiefeinden mit "erst wenn der letzte Baum"-Aufklebern am Babboe.



        Sachlich und fair bleiben! Man kann das eine kritisieren, ohne das andere zu instrumentalisieren, wenn es nichts damit zu tun hat. Und das hat es nicht.

    • @Hinkelstein:

      Wohl wahr, so ist es. Eine weltweite Epedimie bricht bei Höhlenbewohnern nicht aus. Nur daß die Höhlenbewohner selbst zu einer Art Epedimie werden können, damit hat keiner gerechnet. Dauerte auch einige Zeit.

    • @Hinkelstein:

      Ich glaube, es geht dem Autor nicht darum, dem Menschen die Schuld am Coronavirus zu geben ("Die Natur schlägt nicht mal zurück. Sie macht einfach ihr Ding. Wenn du da im Weg stehst: Pech gehabt.") Die These des Textes ist eher, dass das Coronavirus die Hybris des Menschen vorführt, seine selbsüberschätzende Überzeugung, die Natur kontrollieren zu können.



      Ich finde, es ist ein gelungener Text.

  • Endlich mal eine Darstellung/Beschreibung die klar macht - auch wenn man das so nicht sehen will - das alles mit allem zusammenwirkt. Und kein Kapital, keine Profitgier kann das stoppen. Und das ist gut so!

  • Ich freue mich, mal nicht "meckern" und kritisieren zu müssen!

  • GENIAL.



    danke