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Schwindel am Black FridayReduzierte Rabatte

Marco Fründt

Kommentar von

Marco Fründt

Am „Black Friday“ werben Shops mit Angeboten. Das markiert nicht nur einen kapitalistischen Jahreshöhepunkt, sondern ist oft schlichtweg Verarsche.

Achtung bei Rabattschildern im Teppichladen…und Online am Black Friday Foto: hill street studios/getty images

B evor ich Journalist wurde, habe ich unter anderem in einem großen Geschäft für Teppiche und Matratzen gearbeitet. Der Turbo-Rabatttag Black Friday kam damals erst langsam aus den USA nach Deutschland, vermeintliche Spar-Aktionen gab es aber natürlich trotzdem. Zu diesen Anlässen hieß es in dem Laden dann im Akkord Etiketten kleben.

Allerdings fiel mir sofort auf, dass ich pro Produkt zwei neue Etiketten bekam – nanu? Die 130-Euro-Matratze sollte, bevor sie samstags für unschlagbare 99 Euro angeboten wurde, freitags zunächst einmal ein 160-Euro-Etikett bekommen. Schon vor Jahren war es also gängige Praxis, die Preise vor einer Rabattaktion erst einmal zu erhöhen, um dann ein „reduziert“-Schildchen anzubringen.

Auch zum Black Friday kursieren schon länger Screenshots, die zeigen, dass Online-Händler ihre Preise in den Wochen zuvor anheben, um sie dann in der Rabattwoche Black Week und an ihrem freitäglichen Höhepunkt als um bis zu 70 Prozent reduziert anzupreisen. Die Strategie von vielen Unternehmen bleibt aber die Gleiche wie im Teppichladen: Schwindel.

Man spart kaum

Es gibt ohnehin schon genug Gründe gegen das Massenshoppen Ende November. Um­welt­schüt­ze­r:in­nen und Men­schen­recht­le­r:in­nen kritisieren den „Konsumwahnsinn“ zum Black Friday quasi seit Tag eins: Die günstig angebotenen Produkte werden nicht nur meist billig hergestellt, enthalten Schadstoffe oder werden auf Kosten von unterbezahlten Lie­fe­ran­t:in­nen ausgetragen, sondern führen auch in den Herstellungsländern zu erheblichen sozialen und ökologischen Problemen. Umwelt- oder Sicherheitsstandards würden bei über Onlineplattformen wie Amazon importierten Produkten oft nicht eingehalten, heißt es etwa von der Deutschen Umwelthilfe.

Wem soziale und ökologische Gründe aber nicht reichen, den überzeugt vielleicht das Geld: Beim Black Friday spart ihr kaum etwas.

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Schaut man sich die Preisentwicklung an, ist zu erkennen, dass Ver­brau­che­r:in­nen im vorigen Jahr am Black Friday durchschnittlich nur 3 Prozent im Vergleich zum Vormonat sparen konnten. Das zeigt eine Untersuchung des Onlinepreisvergleichsportals guenstiger.de. Also von wegen 70 Prozent reduziert.

Man könnte jetzt meinen, man müsse nur klug nach Schnäppchen suchen, doch die Untersuchung zeigt auch: Die Kun­d:in­nen sparen von Jahr zu Jahr weniger Geld bei dem „Rabatttag“. 2023 lag die Ersparnis bei 5 Prozent, 2022 sogar noch bei 10 Prozent.

Nutzt den Unternehmen, nicht Ver­brau­che­r:in­nen

Onlinehändlern wie Amazon & Co ist bewusst, dass sich der Black Friday als Feiertag nach Halloween längst verselbstständigt hat. Heute findet sich kaum jemand, der die Aktion nicht kennt, geschweige denn ihre Echtheit hinterfragt, also ob Rabatte wirklich Rabatte sind.

„Bei Amazon warten schon bald zahlreiche Schnäppchen auf Sie“, schreibt das anscheinend nur noch teilweise journalistische Magazin Stern, „denn der Black Friday startet beim Versandriesen schon früher“. Auch andere Medien werben für die weltweite Rabattaktion, die das Weihnachtsgeschäft einleiten soll.

Der Black Friday hat sich wie natürlich in die Saisonschlussverkäufe eingereiht und Händler konnten so schleichend die Rabatte kleiner werden lassen – also die Preise anheben.

Mag sein, dass die ein oder anderen Schnäppchen gemacht werden können, aber schlussendlich nutzt der Black Friday besonders den Unternehmen, nicht den Verbraucher:innen. Und reduziert sind vor allem die Rabatte.

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Marco Fründt
Seit November 2024 Volontär der taz Panter Stiftung. Studierte Politik- und Erziehungswissenschaften in Bielefeld und Thessaloniki sowie Neogräzistik in Berlin. Derzeit im Regie-Ressort. Schwerpunkte: Erinnerungspolitik, Inklusion und der griechischsprachige Raum.
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19 Kommentare

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  • Ich gehöre zwar zu den Gutverdienern, aber kaufe immer dann etwas, wenn ich es brauche.



    Ich lasse mir vom Black Friday nicht bestimmen, wann ich was zu kaufen habe.

  • Kann ich nicht nachvollziehen und so pauschal stimmt das auch nicht. Ich hab mir über die letzten Jahre in dieser Zeit Kamera und Musik-Equipement gekauft, von dem ich die Preise genau kannte, lange vorher beobachtet habe und dabei rund 50% und dabei mehrere tausend Euro gespart habe. Hab mich extra dafür geduldet.



    Ist wie im Laden. Wenn man blind zugreift und kauft, bloß weil Rabatt drauf steht, tappt man oft in die Falle. Wenn man was brauch und mit dem Kauf bis zur Aktion wartet, kann man enorm sparen.

  • Ich bekomme die Sachen immer geschenkt, alles sowieso gleich wieder veraltet oder angeblich Reparatur zu teuer usw. Dabei bin ich noch echt untalentiert beim basteln, aber um den Elektroschrott tut es mir dann doch leid. Insofern ganzjährig black Friday mit 100% Rabatt. Bei der Kleidung geht da einfach mal 10 bis 20 Euro an den Schneider um die Ecke, dann halten die Sachen ewig und man kann sich auch mal auf faire nachhaltige Produkte beschränken.

  • Die wirklich günstigen Schnapper macht man in der Woche zwischen Weihnachten und Silvester, wo Menschen reihenweise aller Art von Gutscheinen bei Kleinanzeigen ins Netz stellen. Einige geben von sich aus schon kräftig Rabatt, wollen nur 50% in bar haben, beim Rest kann man meist recht gut verhandeln.



    Online und in Geschäften geht der echte Rabatt Mitte Januar los, da werden die Weihnachtsrückläufer und Ladenhüter ordentlich reduziert um Platz für Neues zu schaffen.



    Ich besorge seit Jahren in diesen Wochen so viel wie möglich für Ostern, Weihnachten, Geburtstage und Urlaub.

  • Bei den Möbelhändlern ist das praktisch das ganze Jahr so...

  • Mag sein, dass es im Durchschnitt nur 3% günstiger ist. Aber ich kann sagen, dass ich bei einigen Dingen die Preise über das Jahr hinweg sehr genau verfolge. Und ein paar dieser Dinge sind dann am Black Friday wirklich nur 5% günstiger, andere 10%, aber es gibt auch immer einige Dinge, die wirklich um 40-50 % günstiger sind.



    Man darf sich eben nicht auf die Angaben der Verkäufer verlassen, sondern muss selbst kontrollieren, wie die Preise sich über die letzten Monate entwickelt haben.

  • Skandal im Sperrbezirk.



    Boomerlike aufgehängt an einer Story von früher.



    Heute sind aber Regularien und Vergleichsportale auch weiter.



    Und, nicht zuletzt, Durchschnittspreise sagen wenig aus.



    Andere Meldung schreiben, dass Leute planen am BlackFriday x Euro auszugeben. Wenn das stimmt, kann man annehmen, dass zumindest einige auch vergleichen und preisbewusst kaufen.

    Grundsätzlich ist es aber zweifelslos eine erfolgreiche Marketingaktion, ursprünglich um der Konkurrenz Prozente abzujagen. Da heute jeder mitmacht, ist es wahrscheinlich insgesamt ein Nullsummenspiel.



    Trotzdem kennt man immer jemanden, die behauptet, ein gutes Schnäppchen gemacht zu haben. Der WSV und SSV sind ja auch weg. Aber das ist eine andere Geschichte von früher.

  • "...schlussendlich nutzt der Black Friday besonders den Unternehmen, nicht den Verbraucher:innen. .." Interessante These, nur fehlt dafür im Artikel der Beleg. Ist der Jahresumsatz mit dem BF denn höher als er ohne den BF wäre?

  • Sehr geehrter Autor, freuen Sie sich doch lieber über den leichten Anstieg des Konsums, den unsere gebeutelte Wirtschaft so dringend benötigt. Wieso muss ständig alles so schlecht geredet werden? Gehen Sie von der Müdigkeit des Verbrauchers aus, der Ihren o. g. Sachverhalt ebenfalls kennt und trotzdem konsumieren möchte.

  • Das nenn ich mal investigativen Enthüllungsjournalismus!

  • Ich verstehe den Autor nicht. Jeder Kunde kann ganz einfach vom Black Friday profitieren. Der Preisverlauf eines jeden Produktes lässt sich im Internet ohne große Recherche nachvollziehen.

    Ich persönlich mache einen Monat vor BF eine Liste mit 20 Produkten, die ich in den kommenden 12 Monaten kaufen werde, vergleiche dann die Preise und kaufe maximal 5 Produkte am BF. Damit fährt man immer richtig.

    Wenn sich Kunden in der vom Autoren beschriebenen Weise vera. lassen, wo liegt dann das Problem?

  • Was will uns der Autor damit sagen? Dass Verkäufer alles dran setzen, Gewinne zu machen? Wer hätte das gedacht? Dass man nicht alles glauben soll, nur weil Superpreis draufsteht? Oha! Dass der Kapitalismus schädlich ist? Kommt dann als nächstes die Meldung, dass Wasser nass ist?

    • @Helmut van der Buchholz:

      Dann brauchen wir nach Ihrer Meinung auch keine Verbraucherzentrale oder? Ich finde den Artikel wichtig, damit jeder nochmal daran erinnert wird, wie mies die Tricks sind.

    • @Helmut van der Buchholz:

      Anders formuliert: Jede*r ist selber schuld weil er/sie auf einen Vorteil hofft. Jede*r Händler darf machen was er/sie will - auch Betrug. Und - - - man braucht ja nicht schwimmen zu gehen.

  • Für die hier beschriebene Verarsche können die Händler angezeigt werden. Es ist EU-weit vorgeschrieben, wie lange ein Preis bestehen muss, bevor auf seiner Grundlage ein Rabatt ausgeschrieben werden darf.



    Und wenn Amazon zu seinen Black Weeks für drei Wochen bereits eine Rabattaktion laufen hat, dann gelten für den Blackfriday eben diese reduzierten Preise als Grundlage für die erneut reduzierten Preise an diesem Tag.



    Solche Gesetze funktionieren allerdings nur, wenn die Einhaltung auch geprüft und Verstöße geahndet werden.

  • Es steht jedem frei, z.B. in Vergleichsportalen zu recherchieren. Wer sich dann übern Tisch ziehen lässt - selber schuld.

  • Geiz ist geil und Gier macht dumm !

  • Wenn man gezielt etwas sucht und nicht einfach kauft um was zu kaufen kann man ja bei einem Vergleichsportal die Preisentwicklung verfolgen und kann dann sehen ob man gerade veräppelt wird. Das sollte ja so selbstverständlich sein, wie auf den Preisschildern den Preis je kg (L etc.) zu vergleichen und auf Grund von Erfahrungen ein Gefühl für günstige Preise zu entwickeln.

    • @Axel Schäfer:

      Aktuell denke ich, und das wird sich noch verschlimmbessern, das der "Markt" der Anbieter immer mehr von den Großen Bestimmt wird. Ein Suche gerade nach einem Artikel ergab sogar bei den Vergleichsportalen zu 80% als Anbieter das Grosse A. (VerArs . . .e)



      Somit bestimmen Wenige wie es Läuft, und ob das Fair gegenüber dem Verbraucher ist sei einmal dahin zu stellen. Die Beste Lösung, Konsumverzicht, wir brauchen alle keinen "Kaufrabatt" um Glücklich zu sein sondern ein wirkliches Miteinander ohne noch mehr digitales "Rabattieren"