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Wie den FC Bayern bremsen?Make Bavaria Small Again

Gegen die erschreckende Überlegenheit des FC Bayern München können nur neue Regeln helfen. Ein bescheidener Vorschlag zur Selbstverzwergung.

Unnötige Blutgrätsche von Bayern-Profi Luis Diaz. Künftig bitte das eigene Team auf friedliche Weise minimieren! Foto: Federico Gambarini/dpa

D er Fußballklub Bayern München (vulgo: die Allesgewinner, die Bestie aus dem Süden) fegt seit Sommer alles aus den Stadien, was da als angeblicher Gegner so herumturnt. Neun Ligaspiele hieß: neun Siege, zwei lockere Pokalerfolge und der Supercup dazu, jetzt viermal Europa, viermal gewonnen, alles meist sehr deutlich, locker, souverän.

Am Dienstag in der Champions League waren die Münchner im Topmatch bei Paris Saint-Germain in der ersten Halbzeit derart überlegen, dass man umgehend Mitleid mit allen kommenden Gegnern bekam. Es ging immerhin gegen den Titelverteidiger, zudem auswärts. Und zack, auch da gewonnen, 2:1. Bald wird das zu gelangweiltem Desinteresse führen. Also: Alarm!

Eine Gegenmaßnahme hat die „Dampfwalze ohne Bremse“ (Spaniens Zeitung AS) in Paris selbst geliefert. Kurz vor der Pause war Doppeltorschütze Luis Díaz wegen einer übermütigen Blutgrätsche mit schwerer Verletzung des Gegners Achraf Hakimi des Feldes verwiesen worden. Fortan war das Spiel, immerhin noch 53 Minuten lang, 11 gegen 10 ausgeglichener. Die Tormaschine FC Bayern übte sich im Toreverhindern. Eine Trainingseinheit auf hohem Niveau.

Das hat Potenzial: Demnächst sollten die Münchner von Anfang an nur noch zu zehnt antreten. Eine Regel, zu elft aufzulaufen, gibt es nicht. Auch kann man jederzeit einen Spieler auswechseln, ohne jemand einzuwechseln. Man muss ja nicht gleich einen Kollegen niedermetzeln, um nur noch zu zehnt zu sein.

Hilfreiche Personalreduzierung

Die freiwillige Bayern-Zehn wäre eine Art Selbsthandicapisierung. Handicap-Regelungen gibt es in vielen Sportarten. Beim Golf gleicht sich das unterschiedliche Können zweier Spieler über die Umrechnung der Spielvorgabe auf die Schlagzahl aus. Ähnliche Regeln gibt es beim Segelfliegen und Polo, bei den Paralympics. Im Galopprennsport bekommen besonders siegreiche Pferde Zusatzgewichte unter den Sattel, um unterschiedliche Leistungsniveaus kiloweise zu reduzieren. Nun könnte man Harry Kane und Joshua Kimmich auch Goldbarren umhängen, aber das wäre albern.

Eine Personalreduzierung auf dem Platz dient auch der Belastungssteuerung. Wo weniger Leute mitwirken, ist das Verletzungsrisiko geringer. Gleichzeitig könnte die Kaderstärke verringert werden, was Kosten sparen hilft.

Die Bayern-Zehn würde vermutlich trotzdem alles gewinnen. Vielleicht wird es in der Liga und bei den Champions perspektivisch erst bei einer Bayern-Neun homöopathisch unkalkulierbarer. Bei Pokalspielen gegen unterklassige Gegner dürften schon acht Münchner reichen. Trainer Vincent Kompany wird die Selbstverzwergung charmant zu moderieren wissen.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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12 Kommentare

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  • "Paris sei „endlich König von Europa“, schrieb Le Parisien, und Le Monde hat „eine lang ersehnte Krönung“ erblickt. Die Zeitungen kommentieren den 5:0-Sieg, mit dem der Paris Saint-Germain Football Club am Samstag in München die Champions League der Männer gegen Inter Mailand gewonnen hat. Sensationell gewonnen, das muss man hinzufügen, denn ein 5:0-Sieg in so einem Spiel, auf dem Niveau fußballerischer Weltklasse, das drückt eine unfassbare Dominanz aus."

    So hieß es noch am 1.6.25 in der TAZ. Und jetzt, nur fünf Monate später?

    Dass sich Machtverhältnisse im Fußball laufend ändern ist bekannt. Ein Beispiel: WM 2014, die DFB-Elf besiegt Brasilien im Halbfinale unfassbar mit 7:1. WM 2018: Die DFB-Elf scheidet in der Vorrunde sang- und klanglos aus.

    Die Saison ist noch lang. Schauma mal, hätte der Kaiser gesagt.

    • @Josef 123:

      Wer sagts denn? Gestern Abend dann schon 2:2 gegen Union, und fast verloren, Kane erzielte den Treffer zum Unentschieden erst in der Nachspielzeit. Wieder mal eine Art Länderfinanzausgleich München / Berlin.

  • Ich erinnere mich dunkel, dass Hoeneß vor Jahren in Anstoß bringen wollte, dass eine derartige Entwicklung verhindert werden sollte und die Dortmunder Verantwortlichen das bereits verneinten, weil sie wohl befürchteten, sie würden dadurch ins Hintertreffen geraten. Aber andere Bayern-Verantwortliche wollten alles gewinnen, was zu gewinnen ist.

  • Ich hätte einen anderen Vorschlag: die anderen Vereine in der Bundesliga strengen sich mal so richtig an und hören auf sich in ihrer Drittklassigkeit zu suhlen. Nicht die Bayern müssen gebremst werden, sondern die anderen müssen mal so richtig leisten.

  • Ich habe als Kind den FC Bayern live gesehen. Gegen den FC Pilsting. 7 Bayern spielten sich locker den Ball zu. 0:11 Schlußstand. Mehr dürften sie gegen Schalke und Co auch nicht bringen.

  • Im Kontext 'Teilnahme von Trans-Frauen bei Sportkämpfen' führt das "Journal of the Philosophy of Sport"grundsätzlich aus:



    .



    》The distinct forms of fairness arise in two distinct forms of sporting contest: the handicap contest and the championship contest. Handicap contests seek to ‘level the playing field’ by ensuring that all participants have an equal or ‘sporting’, chance of winning. Championship contests seek to find the person or team that is best at a particular event – to find a champion.《



    .



    www.tandfonline.co...4.2409821#abstract



    .



    Es ist also ein anderer Vorschlag zur Fairness, den Sie hier unterbreiten, und er provoziert natürlich die Frage, welche Form eine Gesellschaft insgesamt weiter bringt: 'höher, weiter, schneller' - oder 'kindness'...



    .



    Denn so könnte wan den Handicap-Contest auch bezeichnen: den Gegner so behandeln, als sei er 'of the same kind' - Augenhöhe herstellen.



    .



    Eigentlich auch ein urdemokratischer Grundgedanke, schon im Ansatz kapitalismus¹kritisch...



    .



    ¹"the winner takes it all..."

    • @ke1ner:

      Über den Sport hinaus hat sich die palästinensich-amerikanische Lyrikerin Naomi Shihab Nye in ihrem Gedicht "Kindness" poets.org/poem/kindness mit dem Thema auseinandergesetzt:



      .



      》Before you know what kindness really is



      you must lose things,



      feel the future dissolve in a moment



      like salt in a weakened broth.



      [...]《



      .



      Ohne Verluste, die Niederlagen, die - echte! - Verzweiflung der Fans wäre ja gerade Fußball gar nicht vorstellbar!



      .



      Und der Umgang mit ihnen - insofern ist er auch ein Spiegel, wie ein gesellschaftliches Labor...



      .



      Nye endet: 》Before you know kindness as the deepest thing inside,



      you must know sorrow as the other deepest thing.



      You must wake up with sorrow.



      You must speak to it till your voice



      catches the thread of all sorrows



      and you see the size of the cloth.



      Then it is only kindness that makes sense anymore,



      only kindness that ties your shoes



      and sends you out into the day to gaze at bread,



      only kindness that raises its head



      from the crowd of the world to say



      It is I you have been looking for,



      and then goes with you everywhere



      like a shadow or a friend.《



      .



      "You'll never walk alone..."

  • Das mindestens seit der Verpflichtung von Ribbery und Robben gleiche Lied. Die Bayern haben ein Schweingeld mit dem sie schweingegute Profis holen können. Wie die anderen Topclubs in Europa nicht nur die lächerlichen ersten 11, bis zur Nummer 22 mindestens ein Nationalspieler neben dem anderen.



    Da die Qualität der Einzelspieler zu 80% über denn Erfolg entscheidet muss schon Thomas Tuchel kommen, damit man den Meistertitel mal versiebt. Dazu passt wohl auch noch viel was Kompany macht, Kane ist in Superduperform, plötzlich wirkt PSG auf Augenhöhe mit Wehen Wiesbaden.



    Die amerikanischen Liegen machen sicher nicht alles richtig, dennoch sorgen die Ausgleichsregeln (Draft, Salary Cap, Verbot von Ablösesummen) dasfür, dass die sportlichen Karten immer neu gemischt werden.



    Die dröhnende Eintönigkeit und Einseitigkeit in Euopas Fußball wird im jetzigen System weitergehen, bis die Großen irgendwann die Super-Duper-Europa-Liga gründen und die Milliarden unter sich aufteilen.

    • @FtznFrtz:

      Wenn Geld Spiele gewinnen würde, dann hätte PSG gewonnen und nicht die, laut Experten von vor ein paar Wochen, personaltechnisch viel zu dünn aufgestellten Bayern.

      • @Martin74:

        Es kommt sicher nicht auf ein Spiel an, da kann immer auch mal der Großkopfertere gegen den Kleinkopferteren verlieren. Bayern hat einen dünnen Kader, ist aber durch die Klub-WM super eingespielt und hat bis jetzt noch keinen Ausfall von Stammkräften (Kane, Tah, Kimmich, Oliseh) hinzunehmen. Dazu machen sie es ja auch tatsächlich fußballerisch gut.



        Geld gewinnt keine Spiele, aber Titel. Man lege zum Beispiel einmal die Rangfolge der Etats neben die sportliche Tabelle, da gibt es keine großen Abweichungen. Und wieviel von den Titeln in der Bundesliga hat Bayern seit 2013 gewonnen? Das soll nur was mit dem guten Wasser in München zu tun haben oder mit der sprichwörtlichen Überschläue der Bayern? Ah geh...

  • Ich glauibe, es würde zumindest in der Bundesliga schon ausreichen, wenn die anderen Vereine tatsächlich mal versuchen würden, gegen Bayern zu gewinnen. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da waren sämtliche Vereine heiß darauf, gegen Bayern anzutreten und die Fahrt nach München war das Highlight der saison. Seit gefühlt zehn Jahren wirft sich jetzt jeder Verein kurz nach dem den Anpfiff auf den Rücken und winselt um Gnade. Wenn ich s manche Trainer-Aussage vor oder nach den spielen gegen Bayner höre, dann höre ich da so ein "Ja mein Gott, wir haben halt nicht erwartet zu gewinnen" raus.

    • @Jürgen Meyer:

      Spätestens seit 2016 bekannt!



      Alles gleicht sich eben auch nicht aus:



      "Offenbar haben Schiedsrichter unbewusst Angst"



      Das Ergebnis ist so faszinierend wie alarmierend. Feess stellte fest, dass der Status eines Teams die Unparteiischen anscheinend unterbewusst beeinflusst. Bedeutet: Vereine, die als profiliert und etabliert gelten, werden im Duell mit Underdogs wie Lieberknechts Braunschweigern nachweislich bevorzugt."



      /



      Quelle focus.de



      "Als Basis diente ein gigantisches Datenvolumen, die Jahre 2000 bis 2014 betreffend, 4258 Bundesligapartien an der Zahl."



      Könnte dann jetzt vielleicht mit "großem Datenvolumen" aktualisiert werden, vielleicht sogar falsifiziert.