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Dieser Precht verkennt die militärische Lage vollkommen:
Russland hat bereits etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden Bodentruppen im Einsatz.
Selbst wenn Kiew fallen sollte, ist nicht absehbar das Potential da, die Westukraine zu besetzen oder gar zu halten.
Völlig ausgeschlossen.
Sollte sich also die Ukrainische Regierung "zurückziehen", würde das in einen völlig ungeregelten Partisanenkampf übergehen.
Der sich vielleicht auch zunehmend radikalisieren würde
Die Ukraine hat schon allein 900.000 Reservisten, die fast alle ein Gewehr unterm Sofa haben.
Mit eine Kapitulation der Regierung - und was anderes würde Putin nach derzeitigem Stand nicht akzeptieren - wäre, soweit es um Menschenleben und Todesopfer geht, nichts gewonnen, siehe Donbass
Ja, sehr zutreffend.
Dieser Mangel an Mut und Fantasie schmerzt.
Ich vermisse neben dem offiziellen Kiew-Besuch von Olaf Scholz (der zb auch 2 Wochen dauern könnte) die klare, täglich kommunizierte Ansage europäscher Amtsträger an Putin, alle angerichtete Schäden in der Ukraine aus den eingefrorenen Geldern des russischen Staates und den konfiszierten Gütern der russischen Oligarchen zu finanzieren. Das wird jeden Tag teurer für Putins OK-Clan.
Und bitte weitere Vorschläge unterhalb eines direkten militärischen Eingreifens! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, sie wird doch auch in DE mehr hervorbringen können als das Leerkaufen von Supermarktregalen . . ?
Ja, hätte Scholz Mut und Anstand, dann wäre er nach den Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien auch mit dem Zug nach Kyjiv gefahren. Er hätte ja Macron dazu einladen können. Wenn man – was ja nachvollziehbar ist – den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht eskalieren lassen will, dann wäre es eine gute und vermutlich auch wirksame Unternehmung, dass jeden Tag ein, zwei, drei Regierungsmitglieder der EU-Mitgliedsstaaten und auch EU-Kommissarinnen, und einmal in der Woche auch Regierungschefs, die EU-Kommissionspräsidentin, der EU-Ratspräsident und der Präsident des Europäischen Parlaments und seine Stellvertreterinnen und Stellvertreter mit dem Zug (ab Warschau) nach Kyjiv fahren, um Selensij zu zeigen, dass sie physisch an seiner Seite stehen und an der Seite der Ukraine. Das wäre deshalb gut, weil die russische Armee wohl nicht riskieren würde, im Rahmen eines Bombardements Regierungschefs oder Regierungsmitglieder zu töten. M.E. wäre das eine kreative Weise, die russische Invasion in die Ukraine so lange auszubremsen, bis ihr die materielle Grundlage entzogen ist und damit der Weg für eine politische Weiterbearbeitung des Konfliktes geschaffen wäre. Das ersetzt sicher nicht die militärische Abwehr des russsichen Angriffs durch die ukrainische Armee. Es wäre aber ein deutliches Signal in Richtung Putin und eine politische Unterstützung der Ukraine, die der EU gut zu Gesicht stünde.
@Jürgen Klute Scholz ist ein alter Mann aus einer anderen Zeit, so wirkt er jedenfalls.
An seinem Anstand muss man leider, nach Selenskis Rede, wohl wirklich zweifeln - er wirkt zunehmend persönlich beleidigt, sich von Ukrainern, Polen und Balten die Leviten lesen zu lassen - wo er doch der große, weise BK des großen weisen Deutschland ist.
Jetzt kommt der Pole doch schon wieder mit was um die Ecke - ich sehe ihn förmlich vor Wut kochen.
Was war die Welt doch schön, als nur er, Macron und Putin was zu sagen hatten, Biden Abstand hielt und Johnson auf seiner Insel trollte.
Ich lehne mich jetzt schon zurück und warte auf die Oberlehreransage Richtung Polen, dass die Handelsblockade natürlich auf gar keinen Fall geht, weil wir sonst alle der Armut anheim fallen.
Danke
"Die Übermacht ist offensichtlich." — bei der Luftwaffe ist sie das.
Ansonsten ist die Übermacht etwa drei zu eins. Das kann eine bessere Moral kompensieren.
Und wenn sie genug Waffen haben, hat durch die Generalmobilmachung die Ukraine die Übermacht. Wenn nur eine von 10 Personen kämpft, sind das 4 Millionen. Ohne Luftschläge hat dann Russland die schlechtere Moral und weniger als ein Viertel der Kämpfenden.
Vielen Dank für den Kommentar. Er ist eine Punktladung.
Die Carolabrücke ist ein Symbol für ein marodes Deutschland. Statt sich um zentrale Probleme zu kümmern, diskutiert die Politik nur über Migration.
Widerstand gegen Putins Herrschaft: Der Mut der Chancenlosen
Es geht beim Ukraine-Krieg nicht nur um Kosten-Nutzen-Rechnungen. Eine Hommage an die Menschen, die nicht kapitulieren wollen.
Die TV-Journalistin Marina Owsjannikowa protestierte öffentlich gegen den Ukraine-Krieg Foto: Mikhail Japaridze/Tass/imago-images
Für fünf Sekunden Antikriegsprotest im russischen Staatsfernsehen wird die Journalistin Marina Owsjannikowa womöglich mit fünf Jahren Gefängnis bezahlen. Vielleicht werden es auch 15 Jahre. Ihr Aufschrei gegen russische Propaganda könnte auch tödlich enden, mit einem „Autounfall“, wie sie selbst befürchtet. Auf jeden Fall wird ihr Leben – und das ihrer beiden Kinder – nie wieder normal sein. War es das wert? Nach einer kühlen Kosten-Nutzen-Rechnung eher nicht. Putins Kriegspropaganda flimmert weiter über die Bildschirme. Doch was wäre die Welt ohne Menschen wie Owsjannikowa? Ohne den Mut der Chancenlosen?
Wenn es nach dem Philosophen Richard David Precht ginge, sollte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski so bald wie möglich kapitulieren. Warum kämpfen, wenn man angesichts der militärischen Überlegenheit Russlands ohnehin verlieren werde? Könnte man nicht zahllosen Menschen viel Leid ersparen und Tausende Leben retten, wenn man so schnell wie möglich aufgeben würde? Aus pazifistischer Perspektive entbehrt Prechts Forderung nicht einer gewissen Logik. Je länger der Krieg andauert, desto mehr Tote wird es zu beklagen geben.
Wenn man nur die Zahlen des militärischen Geräts und der Soldaten auf russischer Seite betrachtet, könnten die Ukrainer das Aufbäumen gegen Putins Imperialismus gleich sein lassen. Die Übermacht ist offensichtlich. Doch ginge es allein um das Gegenrechnen von Panzern, Raketen und Truppen, würden Mathematiker Krieg führen. Die Realität gestaltet sich komplexer, besonders wenn die betroffenen Menschen um ihre Existenz fürchten.
Für die Ukraine geht es um alles; um ihr Fortbestehen als Staat, um die eigene Identität, Selbstbestimmung und ja, auch um Freiheit und Demokratie. Manche mögen es nationalistisch finden, dass die Ukrainer nicht in einem neosowjetischen Putin-Reich aufgehen wollen. Und natürlich würden wir uns in einer idealen Welt nur noch als Erdenbürger verstehen, die sich allein um das Wohlergehen des Planeten und seiner Lebewesen kümmerten – ganz ohne die eigennützigen Interessen einzelner Staaten.
Israelisierung statt Finnlandisierung
Fernab dieser Zukunftsutopie aber ist es der Mut der Chancenlosen, der Owsjannikowas, Selenskis und Klitschkos, der die Welt bewegt. Oder sollte man vielleicht sagen: der vermeintlich Chancenlosen? Precht hat in seiner großen Weisheit außer Acht gelassen, dass durchaus nicht alle gescheitert sind, die eigentlich keine Chance hatten. Nehmen wir ein Land, auf das manche Ukrainer bereits als Vorbild blicken: Israel. Als David Ben-Gurion am 14. Mai 1948 die israelische Unabhängigkeitserklärung verlas, erklärten noch in derselben Nacht Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Irak, Syrien und der Libanon dem jungen Staat den Krieg.
Precht hätte wohl auch damals nur empfehlen können zu kapitulieren. Die israelische Armee war kaum mehr als ein zerlumpter Haufen ehemaliger Widerstandskämpfer. Doch sie hatte den Mut der Verzweiflung. Verlieren war nach dem Holocaust keine Option, nicht 1948 und nicht im Jom-Kippur-Krieg von 1973, der auch anders hätte ausgehen können. Heute ist Israel bis an die Zähne bewaffnet. Es wäre schon sehr verwunderlich, wenn die Ukrainer nicht eher eine Israelisierung als eine Finnlandisierung anstreben würden. Wie die Israelis haben sie in diesem Krieg gelernt, dass sie im Zweifel auf sich allein gestellt sind.
Politischer Mut ist aber auch dann bewundernswert, wenn er scheitert. Vielleicht gerade dann. Die französische Résistance, die Geschwister Scholl, der Aufstand im Warschauer Ghetto – man hätte es auch lassen können, wenn man politisches Handeln nur an den Erfolgsaussichten misst. Doch die Menschen, die diesen Mut aufbrachten, werden zu Recht bewundert.
Hätte man selbst das Zeug dazu, sich wie Marina Owsjannikowa, Alexei Nawalny oder Selenski einem Diktator in den Weg zu stellen? Man wünscht es sich, genauso wie man sich erhofft, dass der Bundeskanzler und sein Kabinett ein klein wenig von dem Mut hätten, den die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien gezeigt haben, als sie diese Woche aus Solidarität mit der Ukraine mitten durchs Kriegsgebiet nach Kiew reisten.
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kommentar von
Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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