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Weltweite EinkommensverteilungUngleichheit gewachsen

Fast überall auf der Welt geht die Einkommensschere auseinander. Hauptursache ist die Privatisierung öffentlichen Vermögens, so das Ergebnis einer Studie.

Müllsammlerin in China – auch in der Volksrepublik ist die Einkommensungleichheit rasant gestiegen Foto: reuters

Paris/Berlin dpa | Privatisierungen im großen Stil haben die Ungleichheit zwischen Topverdienern und Einkommensschwachen einer Studie zufolge in den vergangenen Jahren fast überall auf der Welt verschärft. Seit 1980 haben die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung ihre Einkünfte mehr als verdoppelt, wie aus einer Untersuchung von Forschern um den bekannten französischen Ökonom Thomas Piketty hervorgeht. Die Mittelklasse habe dagegen kaum profitiert, auch wenn gestiegene Einkommen statistisch allen Menschen zu Gute gekommen seien. Regional gibt es allerdings Unterschiede.

Am geringsten ist das Gefälle demnach in Europa. Dort verfügten 2016 die oberen zehn Prozent über 37 Prozent des nationalen Einkommens, in Nordamerika waren es 47 Prozent, im Nahen Osten den Angaben zufolge sogar 61 Prozent. „Seit 1980 ist die Einkommensungleichheit in Nordamerika, China, Indien und Russland rasant gestiegen. In Europa verlief der Anstieg moderat“, heißt es in der Studie. Ausgewertet wurden unter anderem Einkommensteuerdaten.

In Deutschland haben die Top 10 Prozent den Angaben zufolge rund 40 Prozent am Gesamteinkommen. „Ihr Anteil ist seit Mitte der 90er Jahren gestiegen“, sagte Charlotte Bartels vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), die die deutschen Daten auswertete.

„Die unteren 50 Prozent haben in den letzten Jahren massiv an Anteil am Gesamteinkommen verloren. In den 60er Jahren verfügten sie noch über etwa ein Drittel, heute sind es noch 17 Prozent“, erläuterte die Wissenschaftlerin. „Einschließlich Sozialtransfers, die mit den Bruttoeinkommen nicht erfasst werden, sehen die Zahlen für die unteren Einkommen vermutlich aber besser aus.“

Die Mittelschicht ist nach ihren Angaben relativ stabil mit etwa 40 Prozent am Gesamteinkommen. „Insgesamt ist die Einkommensungleichheit in Deutschland heute nicht radikal höher oder radikal niedriger als vor 100 Jahren. Allerdings ist sie seit der Jahrtausendwende gestiegen.“

In Deutschland profitieren die Reichsten 0,1 Prozent Bartels zufolge vor allem vom Unternehmensbesitz. „Über 80 Prozent der deutschen Wirtschaft dürften sich in Familienhand befinden.“

Öffentliches Nettovermögen in den USA negativ

Hauptursache der ökonomische Ungleichgewichte ist den Autoren zufolge die ungleiche Verteilung von Kapital in privater und in öffentlicher Hand. Seit 1980 seien in fast allen Ländern riesige Mengen öffentlichen Vermögens privatisiert worden. „Dadurch verringert sich der Spielraum der Regierungen, der Ungleichheit entgegenzuwirken“, argumentieren die Wissenschaftler. In den USA und Großbritannien war das öffentliche Nettovermögen – Vermögenswerte abzüglich Schulden – den Angaben zufolge zuletzt negativ. In Japan, Deutschland und Frankreich nur noch leicht positiv.

Das internationale Forscherteam um Piketty, Autor des kapitalismuskritischen Bestsellers „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, empfiehlt zur Bekämpfung der Ungleichheit unter anderem die Einführung eines globalen Finanzregisters, um Geldwäsche und Steuerflucht zu erschweren. Kindern aus ärmeren Familien müsse der Zugang zu Bildung erleichtert werden. Weitere Instrumente seien progressive Steuersätze, die mit dem Einkommen steigen, sowie eine Verbesserung der betrieblichen Mitbestimmung und angemessene Mindestlöhne.

DIW-Chef Marcel Fratzscher hatte jüngst eine „Investitionsoffensive in Bildung, Qualifizierung, Teilhabe und Innovation“ für Deutschland gefordert. Die Löhne nach Inflation sowie die Einkommen der unteren 40 Prozent seien heute niedriger als vor 20 Jahren, hatte der Ökonom kritisiert.

Nach früheren Angaben von Ifo-Präsident Clemens Fuest hat sich der Anteil der 10 Prozent der am besten Verdienenden und der 40 Prozent mit dem geringsten Einkommen am Gesamteinkommen der Bevölkerung seit 2005 nicht groß verändert. „Deutschland ist durch die Mittelschicht geprägt.“

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33 Kommentare

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  • Das wär ja ein durchaus wichtiger Beitrag, wenn die Autoren mit "„Dadurch verringert sich der Spielraum der Regierungen, der Ungleichheit entgegenzuwirken“, argumentieren die Wissenschaftler." nicht solchen Unsinn verbreiten würden.

    Das einzige, was europäische Regierungen (und die US-Regierung, die japanische etc) davon abhält, der Ungleichheit mittels progressiver Besteuerung und Sekundärverteilung entgegenzuwirken, ist ihr politischer Unwillen.

    • @BigRed:

      Ich stimme zu, erschütternd. Erstens, das in Rede stehende Nettovermögen ist oder war negativ, weil man öffentliche Schulden nicht mit den Mitteln tilgt oder getilgt hat, die man, wie Sie beschrieben haben, nicht abholt bzw abgeholt hat. Und Zweitens sagt diese Gegenüberstellung - Vermögen abzüglich Schulden - einen feuchten Furz aus.

    • @BigRed:

      ....nicht nur der Unwille der Regierungen. Auch ihre Wähler, die durchaus umverteilungsaffinere Alternativen auf dem Wahlzettel hätten, sehen das offenbar so.

       

      Natürlich kann sich ein wahrer Demokrat sozialistischer Prägung nicht nach banalen Wählerstimmen richten. Wäre ja noch schöner, wenn der Pöbel seit neuestem WÜSSTE, was er wirklich will (bzw. gefälligst zu wollen hat)...

      [/satire]

  • Deutschland und Privatisierung.

     

    BPB schreibt: "Die staatliche Beteiligung an Unternehmen hat verschiedene Gründe, z. B. die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Gütern oder Dienstleistungen zu angemessenen Bedingungen sicherzustellen oder die Sicherung und Mitgestaltung des Wettbewerbs. Grundsätzlich ist jedoch bei der staatlichen Wirtschaftstätigkeit zu prüfen, ob sie nicht besser ganz Privaten überlassen werden sollte.

     

    Privatisierung wird v. a. damit begründet, dass private Unternehmen wirtschaftlicher arbeiten und gleiche Güter und Leistungen kostengünstiger bereitstellen. Andererseits sollen mit den aus der Privatisierung erzielten Erlösen auch Defizite in öffentlichen Haushalten verringert werden."

     

    Private Unternehmen arbeiten aber wirtschaftlicher für die Anteilseigner. Es geht um Gewinnmaximierung. Der Volkswirtschaftliche Wohlstand in der Bevölkerung interessiert da keinen Menschen.

     

    Güter und Dienstleistungen werden nicht günstiger angeboten. Das kann man im Wohnungsmarkt sehen. Die Kunst im Business ist, zu den höchstmöglichen Preisen etwas zu verkaufen.

     

    Die erzielten Erlösen verringern zwar Defizite in öffentlichen Haushalten, aber nur kurzfristig. Das ist viel zu kurzsichtig. Für eine Koalitionsperiode, lässt es sich sehen. Langfristig aber verliert man Einnahmequellen und bekommt Probleme, weil die Bevölkerung höhere Preise von privaten Unternehmen bezahlen muss, jedoch nicht immer das kann.

    • @Stefan Mustermann:

      Ich halte die echte Privatisierung von öffentlichem Vermögen - moralisch - für kriminell.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Stefan Mustermann:

      Der Chefpropagandist der bpb war ja erst hier im Interview und hat gemeint, wir sollten Demokratie mehr als gemeinsames Projekt begreifen.

      Das wird von seiner Behörde in einer demokratischen Farce permanent konterkariert.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Das ist eine verkürzende Studie und Methode. Nicht nur dass das Einkommen, statt der Vermögen herangezogen wurde und so eine beschönigende Sicht erzeugt wird. Am Problem wird völlig voerbeigeredet und Effekte werden zu Ursachen verklärt.

     

    "Hauptursache der ökonomische Ungleichgewichte ist den Autoren zufolge die ungleiche Verteilung von Kapital in privater und in öffentlicher Hand. Seit 1980 seien in fast allen Ländern riesige Mengen öffentlichen Vermögens privatisiert worden. „Dadurch verringert sich der Spielraum der Regierungen, der Ungleichheit entgegenzuwirken“, argumentieren die Wissenschaftler."

     

    Die öffentlichen Vermögen wurden doch gerade verkauft, weil sich "der Spielraum der Regierungen, der Ungleichheit entgegenzuwirken", schon extrem verringert hat. Die vermeinte Ursache ist selbst ein Effekt.

    Was die Spirale aus verringerten politischen Spielräumen und dem Verkauf öffentlicher Vermögen jedoch antreibt, das interessiert die Autoren dieser überflüssigen Studie nicht einmal.

     

    Die Macht von Banken, Versicherungen, Konzernen Ratingagenturen und Kapitalspekulanten hat dafür gesorgt, dass ein dysfunktionales Währungssystem geschaffen wurde, bei dem die Geldmenge exponentiell wächst und in immer neuen Produkten ohne Produktionskosten angelegt wird.

    Banken praktizieren eine Wertschöpfung aus der Zukunft, indem sie mit dem Keystroke-Prinzip per Entertaste Geld in praktisch unbegrenzter Höhe ad hoc schaffen können und als Kredit herausgeben.

    Weitere Produkte ohne Produktionskosten dominieren den Markt: Aktienderivate und sonstige kapitalistische Wetten auf Preise oder Kurse.

     

    Der Ausverkauf öffentlichen Eigentums ist nur der Effekt eines Machtverhältnisses, dass die Ursachen für den völlig außer Kontrolle geratenen Kapitaltransfer von arm nach reich verschleiert, denn die Bundesbank hat von 1982 bis 2017 über das Keystroke-Prinzip einfach gelogen.

    Das ist fast solange, wie die Mauer stand und nur ein Jahr weniger, als ich lebe! Vom Regen in die Traufe.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Es ist (mindestens) genau so verkürzend, nur auf die Vermögenslage zu schauen. Vermögen kann man nicht essen.

       

      Oder anders gesagt: Wer nicht total auf Absicherung versessen ist, kann auch ganz ohne Vermögen ein glückliches Leben in Saus und Braus führen, solange das Einkommen stimmt. Ab einem gewissen Einkommen (und das kann durchaus auch unter dem Durchschnitt liegen) ist es eine persönliche Entscheidung, ob man ausschließlich in seinen heutigen oder mehr in seinen zukünftigen Lebensstandard investiert. Wer in halbwegs schöner städtischer Lage wohnt, ein Auto, ein IPhone, eine PS2 und Geld für ein bis drei Fernurlaube pro Jahr hat, braucht nicht zu behaupten, er "könne" nichts auf die hohe Kante legen. So jemand WILL das einfach nicht - und das ist seine eigene Verantwortung, nicht die der "Reichen".

       

      Von daher ist die Einkommensverteilung eigentlich sogar eine präzisere Größe für die Bemessung sozialer Gerechtigkeit, und es fragtr sich, ob nicht das konstante Herumreiten auf der Vermögensverteilung eher zu einer übertriebenen Dramatisierung der sozialen Unterschiede führt.

      • @Normalo:

        Mit Ihrem Vergleich von Einkommen und Vermögen sowie dem Abheben darauf (Wertung) haben Sie umso mehr recht, je näher Sie der Stunde “null“ stehen. Aus der heutigen Sicht stellt die Vermögensbetrachtung aber eine geeignete Größe dar, weil Einkommen nichts geändert hat.

        • @Gerhard Krause:

          Die "Stunde Null" ist IMMER. Wer heute kein Vermögen hat, aber genug Einkommen und/oder Unternehmergeist, um damit zu beginnen, sich eins zu schaffen, kann genau das jetzt und hier tun. Umgekehrt sind ältere, über viele Generationen herangezüchtete Vermögen sicher auch stabiler, aber unvergänglich sind sie deshalb noch lange nicht. Es braucht nur auch etwas länger, bis sie wieder untergehen. Manche bleiben auch bestehen, aber daran dann die Erben im Zweifel auch nicht unbeteiligt.

           

          Und dass das Einkommen "nichts geändert" hat, müssten Sie mir bitte genauer erklären: Woran?? An der Vermögensverteilung? In dem Fall drehen wir uns im Kreis. Ich sage ja gerade, dass statistisch erfassbares Vermögen NICHT das Maß aller Dinge ist.

          • @Normalo:

            Null kann grundsätzlich immer nur einmal sein. Es ist insbesondere im abgeschlossenen Raum unter den derzeitigen Regeln (zB Preise, Macht, Rechtsordnung) zunächst gleich, wo sich die Vermögen befinden. Der Weg geht immer vom Einkommen zum Vermögen, egal woraus (das Einkommen stammt, solange es nicht aus fortwährender eigener Verschuldung resultiert). Je länger der Prozess unter gleichen Bedingungen andauert, umso wahrscheinlicher, dass das Einkommen der einen Vermögen der anderen nicht aufholt. Denken Sie dabei auch an die Zeitlinie. Selbst wer unter gleichen Einkommen später geboren wird, kann den Vermögensbildungsprozess aus der Sparrate zB zu älteren nicht aufholen. Da hilft nur noch Lotto, soweit im Modell als Betrachtung zulässig.

            • @Gerhard Krause:

              Ihr Argument bleibt in der axiomatischen Grundthese gefangen, das Vermögen das A und O ist. Für Jemanden, der das anders sieht, ist es völlig egal, ob aus seinem (oder irgend einem anderen) Einkommen am Ende Vermögen wird. Vermögen ist NICHT NOTWENDIG, um ein materiell mängelfreies Leben zu führen. Wozu muss ich denn noch reich sein, wenn es mir auch aus dem laufenden Einkommen gut geht?

               

              Daneben: Das System ist nicht geschlossen. Das profitableste Unternehmen der Welt ist heute ein Entwickler und Vermarkter von schicker Konsumelektronik und Software für selbige, der nur einen Bruchteil seiner Wertschöpfungskette selbst darstellt. Der Laden schafft Vermögen ohne Ende, und die "von Kohlen und Reibachs" dieser Welt schauen weitgehend unbeteiligt zu. Dass man mit einem Sparkonto nicht so reich wird wie die Wenigen(!), die erfolgreich ins unternehmereische Risiko gehen, liegt auf der Hand, ist aber eben auch keine taugliche Vergleichsgröße. Das Äquivalent für Reiche zum Sparkonto ist die Staatsanleihe.

      • @Normalo:

        Richtig, erfolgreich ist man nie allein.

  • Ja wie? & eh die xxxlte kommt!

     

    Dafür brauchen die ne Studie?

    Frauman - weiß das so!

  • Wie wurde denn dieses "Einkommen" berechnet? Sind da auch Vermögenszuwächse drinnen?

     

    Für die Macht im Staate ausschlaggebender sind wahrscheinlich die Vermögensunterschiede. Und die gehen noch viel erschreckender auseinander.

  • Im Kapitalismus gibt es schon per Definition Ausbeuter und Auszubeutende.

    Darüber hinaus gilt: Gewinne privatisieren - Verluste sozialisieren.

    Das heißt: Klappe halten und weiter so!

  • Wichtige Punkte die geändert werden müssen sind neben den genannten aber auch:

    Teihabe der Arbeiter und Angestellten am Kapital ihrer Arbeitgeber

    Aufklärung über Möglichkeiten der Kapitalbeteiligung

    Verbesserung der Möglichkeit Firmen zu gründen

    Adäquate Spar- und Geldanlagestrategien.

    • @Tom Farmer:

      Teilhabe am Kapital ihrer Arbeitgeber.

      Wird dann auch das Risiko geteilt ?

      Wer hat das Sagen bei Investitionen?

      Haften die Angestellten bei Konkurs ?

      • @Günter Witte:

        Lieber User, ich meine es nicht persönlich, aber das Gerede vom Risiko gehört auf die Müllkippe und dient nur der Unternehmermystifizierung. Jeder Unternehmer, der halbwegs bis drei zählen kann, verringert in der Regel sein Risiko. Allen anderen ist es aus anderen Gründen gleichgültig.

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @Günter Witte:

        Nun ja, jede Medaille hat eben zwei Seiten.

      • @Günter Witte:

        Teihabe am Kapital ihrer Firma!

        Ihr Formulierung zeigt das Dilemma.

         

        Warum will jemand von seiner Firma Geld für Arbeit aber ist selbst nicht bereit an das zu glauben was seine Firma tut?

         

        Solange nicht verstanden wird, dass Teilhabe am Kapital der Weg aus der Knechtschaft ist kommen wir einer gerechte Gesellschaft nicht näher. Wie der Weg dorthin aussehen kann muss breit diskutiert werden Saatsfonds der sich an Firmen beteiligt, Gehaltumwandlung in Frimenanteile für Mitarbeiter ... da gibts viele Modelle.

        • @Tom Farmer:

          Die Knechtschaft wird halt auch recht gemütlich gestaltet: Wer Arbeit hat, hat Ansprüche, und zwar ziemlich sichere. Wenn man kriselnde Unternehmen kennt, kennt man auch die verbreitete Einstellung der Arbeitnehmer, dass sie vom gefühl her genau NICHT das Schicksal ihres Arbeitgebers teilen sondern der Arbeitgeber aus ihrer Sicht die verdammte Pflicht und Schuldigkeit hat, sie vor jeglichem Schaden zu bewahren.

           

          Es passt nicht so sehr zu den gängigen volkswirtschaftlichen Theorien, aber im Empfinden sehr großer Teile der deutschen Bevölkerung ist der sichere Arbeitsplatz ein viel wichtigeres "Kapital" als statistisch erfassbare Vermögenswerte das sein können. Deshalb wird auch die "Rendite" dieses Kapitals, der Arbeitslohn, selbst weit oberhalb des Existenzminimums weit weniger in Vermögenswerte als in Konsum gesteckt.

           

          Die Ironie ist, dass diese Einstellung nicht etwa von den von Arbeit UND Konsum profitierenden Kapitalisten geschaffen wurde, sondern von den Gewerkschaften. Sie waren es, die seit dem Wirtschaftswunder den Arbeitsplatz Stück für Stück zu einem dem Eigentum ähnlichen Besitzstand ausgebaut und umgekehrt die geistige Abkoppelung der Arbeitnehmer vom unternehmerischen Risiko forciert haben. "Wettbewerb" ist auch so ein Unwort in der Terminologie der Vertreter der Armen und Gekneschteten. Sie kapieren oft auch gar nicht, wie der funktioniert, weil sie nur in Ansprüchen denken.

        • @Tom Farmer:

          Krieg der Systeme

          Ob Kapitalismus oder Kommunismus, diese Schlacht ist geschlagen!

          Kommunismus ist flächendeckend gescheitert, also bleibt Kapitalismus über.

          Die Fehler, die der Kapitalismus hat, sind die Auswüchse der Börse. Börse selber, war mal eine Super Idee, jemand hat eine Vision und kein Geld, und umgekehrt, beide helfen zusammen, sind super Kooperation entstanden.

          Aber Geld sucht sich seinen Weg, und das seit dessen Erfindung.

          Natürlich haben Regierungen Weltweit dazu beigetragen, von diesen Gedanken wegzukommen, die Resultate sind sichtbar.

          Was immer vergessen wird: die Arbeit macht der Mittelstand ! die meisten Angestellten, die meisten Auszubildenden, und das Risiko.

          Also kann nicht jeder Arbeitgeber verteufelt werden, wer Erfolgreich ist, soll auch belohnt werden. Linke Kreise neigen natürlich zum Neid, weil man sieht das Ergebnis, aber nicht, was der einzelne dafür geleistet hat. Sind natürlich auch Auswüchse.

          • @Günter Witte:

            Der Kapitalismus ist bereits gescheitert. Sie vermischen lediglich Staatskultur mit ökonomischer Kultur.

          • @Günter Witte:

            Wer erfolgreich ist, kann auch seine Mitarbeiter vernünftig entlohnen und kommt garnicht Gefahr verteufelt zu werden. Wer seine Rendite aus Niedriglöhnen herauspresst, der war als Unternehmer nie erfolgreich. Punkt

            • @El-ahrairah:

              Richtig, erfolgreich ist man nie allein.

        • @Tom Farmer:

          Paritätische Mitbestimmung, ganz einfach. GmbHs, AGs & Co sind eh schon künstlich geschaffene Rechtsformen, da kann man ihnen auch eine demokratische verrechtlichte Verfassung geben und die Diktatur des Kapitals beenden.

      • @Günter Witte:

        Wenn Sie Zeitarbeiter sind, wird das Risiko zu ihnen Outgesourced und sie bekommen dafür on top auch noch weniger Geld!

        • @insLot:

          Korrekt!!

      • @Günter Witte:

        Die Angestellten haften genausowenig, wie der Kapitalist haftet (außer e.K. Schlecker). Sonst: warum nicht?

  • Der Aufstieg des Islamismus als Klerikalfaschismus läuft Parallel zu der Enteignungspolitik im Nahen Osten und klassifiziert ihn so als klassischen Faschismus, der soziale Konflikte in externalisierte Gewalt ableitet und so den Herrschern den Druck aus dem Kessel nimmt. Ein Knecht, der die Ungläubigen hasst, der hat keine Zeit mehr seinen Sheik zu hassen. Außerdem verheißt die Sharia mit der Armensteuer Zakat und den religiösen Waqf wenigstens etwas, das einem funktionierenden Sozialstaat nahe kommt. Nach dem ganzen identitären Kulturgekasper landet man letztendlich wieder beim guten alten dialektischen Materialismus.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @El-ahrairah:

      Nein.

      Man kommt ganz woanders raus: beim innerbetrieblichen und gewerkschaftlichen Diskurs auf Augenhöhe und nicht an dem Standpunkt, dass eine wie auch immer geartete Elite es per Einsicht in die Materie bestimmen kann, was Menschen produzieren und konsumieren sollen.

      Das ist etwas kulturelles und für Kultur hat sich ein Materialismus noch nie sonderlich interessiert. Wäre wohl besser gewesen, dann wäre der real existierende Sozialismus vielleicht nicht gescheitert.

      Sind wir wieder bei der patriarchalen Planwirtschaft angekommen? Sie vielleicht.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Dialektischer Materialismus sagt ja nicht zentrale Planwirtschaft. Die kommt daher, dass Lenin so vom preussischen Verwaltungsstaat beeindruckt war.

        Dialektischer Materialismus sagt, dass die grundlegenden Triebkräfte in gesellschaftlichen Konflikten die Herrschaftsverhältnisse in den Produktionsverhältnissen sind. Und diese können natürlich auch dezentral und demokratisch neu geordnet werden. Nur muss man dafür die gesetzlichen Grundlagen schaffen. Und gendersensible Schreibweise und Awareness-Seminare werden dazu nicht ausreichen, da braucht es richtige Politik