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Weltwasserbericht der UN7.000 Liter Wasser für eine Jeans

Julia Neumann
Kommentar von Julia Neumann

Deutschland zeigt gern mit dem Finger auf den Globalen Süden – dabei gehören wir zu den größten Wasserverschwender*innen.

Einfach laufen lassen: Der Wasserverbrauch pro Kopf ist in Deutschland hoch Foto: Gottfried Czepluch/imago

D er Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht – doch das Recht ist gefährdet. Laut dem neuen UN-Weltwasserbericht steigt der Wasserkonsum um jährlich ein Prozent an. Um Lösungen für die Wasserkrise zu finden, schaut Deutschland richtigerweise in den globalen Süden. Mehr als eine Milliarde Euro an Entwicklungsgeld fließen in Wasserprojekte, in Förderkredite für Wasserbehörden oder den Bau von Kläranlagen.

Dabei geht auch Deutschland verschwenderisch mit Wasser um. Wer lässt nicht das Wasser in der Dusche ungenutzt laufen, bis es warm wird? Natürlich, wir sind gut darin, das Wasser nicht beim Zähneputzen laufen zu lassen, und Wasserhähne tragen Sparregler. Statistisch gesehen entnimmt Europa nur sechs Prozent der weltweiten Menge an Grundwasser, vor allem zur Trinkwassergewinnung – Asien entnimmt doppelt so viel wie alle anderen Kontinente zusammen. Doch das Wasser nutzt vor allem die Landwirtschaft.

Durch den Import von Gütern verursacht Deutschland Wasserstress in anderen Teilen der Welt. Die Herstellung einer Jeans braucht 7.000 Liter Trinkwasser – die Baumwolle kommt häufig aus Zentralasien. Für ein Kilo Rindfleisch sind 15.000 Liter Wasser nötig, für ein Kilo Schokolade 17.000 Liter. Die Sojabohnen zur Gewinnung eines Liters Biodiesel brauchen über 11.000 Liter Wasser, und für den Anbau wird zudem der Regenwald zerstört. Statistisch gehören die Deutschen durch den versteckten Wasserverbrauch zu den größten Wasserverschwender*innen.

Obwohl Trinkwasser in Deutschland sauber aus dem Hahn kommt, boomt der Handel mit abgepacktem Wasser. Die Deutschen geben lieber das 400-Fache für meist in Plastik verpacktes Wasser und zusätzliche Transportwege aus. Gefragt ist nicht nur Sprudel, sondern vor allem stilles Wasser von Konzernen wie Danone oder Nestlé. Letzterer füllt weltweit rund 30 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr ab – und das zum Teil in Regionen, in denen Grundwasser und sogar das Trinkwasser knapp sind.

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Julia Neumann
Korrespondentin Libanon
Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.
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15 Kommentare

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  • Wenn wir die Wasserreserven richtig nutzen würden, hätten wir kein Problem mit "zu wenig Wasser".



    Beispiel die trockenen Wälder, trockene Felder. Stures Denken, keine Ideen.



    Tröpfchenbewässerung wäre eine Möglichkeit, die in vielen Ländern genutzt wird. Was sich am Aral-See abgespielt hat, ist einzig und alleine auf menschliche Dummheit zurückzuführen - Baumwollanbau in einem halbariden Gebiet!



    Ein Blick auf Kalifoniens Felder könnte auch helfen.

    Hierzulande müssen Vorhaltebecken gebaut werden, die v.a. bei Starkregen ein Wasserdepot bilden. So langsam kommen Entscheider zu dieser Erkenntnis, die ich seit Jahren von mir gebe.



    Es ist ja nicht so, dass diese Maßnahmen völlig unbekannt in Deutschland sind, nur hier in Berlin und Brandenburg scheint die völlige Ignoranz zuhause zu sein.



    Gerade bei Starkregen darf man das "kostbare" Nass nicht einfach in die Kanalisation ableiten und dann ab ins Meer.

    Stangenholzplantagen sind nicht der richtige forstwirtschaftliche Weg. Dafür gibts auch noch Zuschüsse.

    Darüber hinaus gibt es noch 49 weitere Stellschrauben für die Verbraucher, die zu einer verminderten bzw. besseren Wassernutzung führen würden.

    Wo sind die Meinungen der Unis dazu. Wo sind die Meldungen dazu.

  • Wasser wird nicht verbraucht, sondern genutzt. Ob es jetzt im Fluss runter läuft oder aus einem Fluss entnommen wird, Landwirtschaft bewässert wird und an anderer Stelle 1 km talabwärts wieder in den Fluss fließt, ist und am Ende im Meer landet und dort versalzen wird, ist egal. Beim Grundwasser würde u.U. anders aussehen.

    • 0G
      09968 (Profil gelöscht)
      @Strolch:

      "Verbrauch" bedeutet hier ganz klar, dass die Qualität des Wassers sich nach selbigen so verändert hat, dass es nicht mehr als Trinkwasser zu gebrauchen ist, sei es weil es mit Dünger, Pestiziden, Salzen oder "Dreck" (alles was beim Trinken unbekömmlich ist) versetzt ist. Nach solcher Nutzung kann das Wasser so nicht mehr zum Trinken gebraucht werden, auch nicht von Tieren.

  • Eine seltsames Konglomerat von Zahlen, Vorwürfen und Systemhopping.

    Der Trinkwasserverbrauch in D geht lange zurück, auch wenn er sich jetzt bei 120 l/d/p einpendelt.

    Wasser"verbrauch" und -"verschwendung": Wasser verschwindet nicht. Bei der Bewässerung der Pflanzen versickert ein großer Teil wieder und geht auf Dauer zB ins Grundwasser. Trotzdem kann man natürlich Wasserspeicher leeren. Da kommt es dann auf das lokale Management an. Man kann auch nicht alle irgendwo anfallenden Daten D zurechnen. Sonst könnte D als Exportweltmeister auch alle Energie, alles Wasser in die Exporte einrechnen.

    • 0G
      09968 (Profil gelöscht)
      @fly:

      "Wasser verschwindet nicht" - stimmt, da steht der Energierhaltungssatz dagegen.



      Aber die Qualität, insbesondere die Trinkbarkeit, verschwindet. Bis dieses Wasser wieder trinkbar ist, muss es Jahre oder Jahrhunderte lang durch Versickern in Böden gefiltert, dem Meer zugeführt und dort verdunstet werden, bis es wieder in sauberer trinkbarer Form herabfällt.



      TRINKWASSER verschwindet!

  • "Deutschland zeigt gern mit dem Finger auf den Globalen Süden – dabei gehören wir zu den größten Wasserverschwender*innen.* Leider wird auf diese Behauptung im Artikel gar nicht eingegangen. Wo zeigt "Deutschland" mit dem Finger auf den "globalen Süden", wer ist hier gemeint? Übrigens könnte man hier permanent alle Wasserhähne laufen lassen, ohne dass das Auswirkungen auf wasserarme Regionen der Welt hätte, zum Teil gibt es sogar Probleme mit der Kanalisation, weil zu viel Wasser gespart wird. Es wäre schön, wenn Artikel zu wissenschaftlichen Themen ein bisschen wissenschaftlicher und differenzierter geschrieben würden.

    • 0G
      09968 (Profil gelöscht)
      @Ruediger:

      Der Artikel ist auch für mich viel zu lieblos geschrieben, da muss ich ihnen recht geben. Allerdings enthält er einen Link zu einem Welt-Artikel (www.welt.de/wissen...er-schwimmen.html), der qualitativ deutlichh besser und zehnmal informativer ist: Einfach mal lesen, da werden alle Ihre Fragen beantwortet.

  • Bei diesen Riesenverbräuchen handelt es sich nicht um Trinkwasser. Ich hab's mal für Kühe nachgrechnet und es stimmt aber ist völlig unbedeutend. Weit über 90% sind der Regen der auf die Weiden und Felder fällt. Dadurch haben wir einen höheren Verbrauch als z.B. Spanien für eine Kuh. Bei uns regnet es halt mehr.



    Das Wasser, das die Kuh auf der Alm verbraucht, sprudelt 50m weiter unten superklar aus einer Quelle

    • 0G
      09968 (Profil gelöscht)
      @Critikus:

      Auch hier sollten Sie mal dem wichtigsten an den lausigen Artikel folgen, dem Link zu www.welt.de/wissen...ser-schwimmen.html



      Es geht bei den 17m² Wasser pro Kilo Rindfleisch nicht um die Vorzeige-Kuh auf der kultigen Alm, sondern um den Soja- und Futtermittelanbau v.a. außerhalb Europas für die Rindviecher, von denen die meisten eher weniger saftiges Gras zu sehen bekommen, als das Soja im Trog ihrer Fabrik. Und dieses Wasser sprudelt nicht auf Alm der Marketingabteilung frisch und trinkbar 50m weiter raus. Es verdunstet aus des vergleichbar dünnen Kruste des gerodeten ehemaligen Regenwaldes im Amazonas und nichts davon wird da noch vor Ort verwendet.



      Und: Genauso wenig wie Wasser einfach verschwindet, genauso wenig kommt es einfach so daher. Für die Bewässerug dieser industrielen Felder wird anderswo Wasser geklaut mit teilweise katastrophalen Folgen.

  • Die Zahlen (17000l/kg Schokolade, 15000l/kg Rindfleisch) sind ohne ökologischen Kontext einfach nutzlos. Andere Foristen und ich haben das xmal anzusprechen versucht aber es gelingt nicht.



    Es hängt alles von der natürlichen Umgebung, von der klimatischen Wasserbilanz vor Ort ab. Darüber hinaus ist die produktive Verdunstung der Pflanzen Teil des Wasserkreislaufes, der Kühlung der Landschaft und des Nährstofftransportes. Das alles hält das natürliche Leben am laufen.

    Oder sollten wir hier die Buchen fällen weil sie unnötig Wasser verdunsten und somit der Grundwasserspiegel sinkt??



    Die Pflanzen leben in erster Linie vom Oberflächenwasser, Bäume und andere mehrjährige Pflanzen können auch flache Grundwasserspeicher anzapfen.

    Hört bitte auf diese Zahlen immer wieder aufzutischen die jedem suggerieren, er/sie wäre schuld am Wassermangel! Und es werden eben auch nicht pro Kilogramm Soja 10000 (?) l Wasser aus Brasilien nach Deutschland exportiert: Die ökologischen Probleme dort resultieren aus der Zerstörung des Regenwaldes, was u.a. die Zerstörung des lokalen angepassten Wasserkreislaufes vor Ort zufolge hat.



    Alles was mit Oberflächenwasser zu tun hat (selbst Prozesswasser für Aufbereitung) und danach wieder in die Landschaft (nicht in den schnell fliessenden Fluss!) gegeben ist völlig okay.



    Wir brauchen die Verdunstung um zu überleben!!

  • Mich würd interessieren, wie die Wassermengen berechnet werden ? Zählt dazu vielleicht auch das Wasser, der auf die Felder regnet ?



    Wie verhält es sich mit dem Wasserkreislauf ?



    Wasser verschwindet nicht. es transformiert sich schlimmstenfalls von Trinkbarem Süßwasser in kontaminiertes Wasser. Da ist schlimm genug.



    Wie die 7000 Liter für eine Jeans zusammenkommen würde mich trotzdem interessieren.

  • Eigentlich dachte ich, umwelttechnisch ganz gut bewandert zu sein, aber 17.000 Liter Wasser für ein Kilo Schokolade überrascht mich dann doch. Die 7.000 Liter für ein Jeans hingegen kannte ich.



    Ich glaube, kaum jemand in der Bevölkerung hat diese Wasserverbräuche auf dem Schirm, da wäre deutlich mehr Aufklärung notwendig.



    Völlig unsinnig ist natürlich, stilles Wasser in Plastikflaschen zu kaufen. Bei Sprudel sieht das - finde ich - anders aus. Ich persönlich mag kalten Sprudel mit reichlich Köhlensäure, da muss der erste Schluck richtig weh tun. :) Das schafft nach meiner Erfahrung kein Sprudelautomat, die bewegen sich alle im Bereich "Medium"-Sprudel.



    Ich kaufe meinen Sprudel aber in Pfand-Glasflaschen von einer relativ lokalen Quelle.

    • @Stefan L.:

      Das mit dem Flaschenwasser ist doch gefühlte Sicherheit. Früher™ gabs mal Bleirohre mit ihren gewissen Nebenwirkungen. Da galt Leitungswasser mal als suboptimal. Offenbar steckt solches Denken immer noch in vielen drin und die halten Flaschenwasser für gesünder.

  • Wäre das ein -kleiner- Anfang, wenn wir Hemden, Hosen etc ein paar Tage länger tragen, nicht jeden Tag duschen und die Swimming-Pool- Heizung (unverboten) (über Ebay in Qatar) zu versteigern ? Im Prinzip brauchen wir nach dem Pestizid-Atlas jetzt einen Wasseratlas, um die Großberbrauchen identifizieren zu können und auf ihre kommunale Nützlichkeit zu testen . Coca Cola und Volvic könnten gern teurer werden ! (ich trinke sowieso nur Leitungswasser mit Himbeersirup -auch ohne CO²-Schuss.

    • @Dietmar Rauter:

      Ist tägliches Duschen nicht ohnehin so eine Nachkriegs-Wohlstandserfindung?