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Wegen SicherheitsbedenkenBundestag sperrt mehrere AfD-Mitarbeiter

Der Bundestag verweigert Mitarbeitern der AfD die Hausausweise wegen Sicherheitsbedenken. Unter ihnen ist auch der „Koordinator Sicherheit“.

Abgeordnete ihrer AfD-Fraktion stellten Mitarbeitende ein, die der Bundestag als Risiko einstuft: Alice Weidel und Tino Chrupalla Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Gareth Joswig
Konrad Litschko
Von Gareth Joswig und Konrad Litschko aus Berlin

Die Bundestagsverwaltung hat nach eigener Auskunft mehreren Mitarbeitern von Abgeordneten aus Sicherheitsgründen die Erteilung von Hausausweisen verweigert oder diese entzogen. Nach taz-Informationen geht es um mehrere Mitarbeiter der AfD, darunter deren „Koordinator Sicherheit“, Philipp R.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) sagte, der Bundestag sei ein offenes Parlament, aber gleichzeitig ein „Raum unserer Demokratie, den wir besonders schützen müssen“. Bei der inneren und äußeren Sicherheit des Bundestags könne es „keine Kompromisse“ geben.

Klöckner ließ offen, aus welcher Fraktion die Mitarbeiter kommen. Ihre Verwaltung sprach nur von „sicherheitskritischen Erkenntnissen im Rahmen der notwendigen Zuverlässigkeitsüberprüfung“. Bei allen abgelehnten Antragstellern sei es möglich gewesen, dass das Betreten der Bundestagsgebäude zu verfassungsfeindlichen Zwecken missbraucht werden könnte. Die Ausstellung wäre daher ein Risiko für die Sicherheit und Integrität des Bundestags gewesen.

Nach taz-Informationen betreffen die Maßnahmen aber die AfD-Fraktion. Demnach bestanden dort drei Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten die Zuverlässigkeitsüberprüfung nicht – ihnen wurden die Hausausweise erst gar nicht erteilt. Einem weiteren Mitarbeiter – wie auch den anderen – wurde der Zugriff auf die IT-Systeme des Bundestags verwehrt.

Geldstrafe wegen rassistischer Beleidigung

Philipp R. wiederum, der „Koordinator Sicherheit“, direkt bei der AfD-Fraktion angestellt, besaß bereits einen Hausausweis. Wegen Sicherheitsbedenken wurde dieser ihm aber wieder entzogen. Philipp R. war im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in Friedrichshafen am Bodensee Bewohner einer Asylbewerberunterkunft rassistisch beleidigt und mit einer Schreckschusswaffe bedroht hatte. Zugleich soll ihm der kleine Waffenschein entzogen worden sein. Zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet.

Nach taz-Informationen soll ein weiterer Mitarbeiter, dem der Hausausweis entzogen wurde, der Islamgegner Michael Stürzenberger sein. Er sollte für den bayerischen AfD-Abgeordneten Erhard Brucker arbeiten, der seit dem Frühjahr im Bundestag sitzt. Brucker wollte das auf taz-Anfrage weder bestätigen noch dementieren und teilte lediglich mit, dass er mit der taz nicht reden wolle.

Ein Sprecher der AfD-Fraktion sagte der taz, die Einstellung von persönlichen Mitarbeitern sei allein Sache der jeweiligen Abgeordneten. Die Fraktion könne daher keine näheren Angaben zu den Fällen machen. Sie werde die Mitarbeiter aber „im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei der Klärung des Sachverhaltes unterstützen“.

Sicherheitsrisiko AfD

Nach der Bundestagswahl war die AfD mit 151 Abgeordneten in den Bundestag eingezogen – und konnte eine Vielzahl neuer Mitarbeitender einstellen. Zugleich hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei zuletzt bundesweit als gesichert rechtsextrem eingestuft. Die Einstufung wird derzeit rechtlich noch geklärt.

Noch unter der vorherigen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte der Bundestag im März verkündet, die Zuverlässigkeitsüberprüfungen strenger handhaben zu wollen. Wer ein Risiko für die Sicherheit des Parlaments darstelle, erhalte keinen Zugang mehr. Ziel sei der Schutz „vor extremistischen Einflüssen und Aktionen“.

Dafür hat sowohl die Radikalisierung der AfD Anlass und zahlreiche rechtsextreme Mitarbeiter gegeben als auch konkrete Vorkommnisse: 2021 soll etwa die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit-Malsack Winkemann – mittlerweile als Teil einer Reichsbürger-Gruppe wegen Terrorverdacht angeklagt und in Untersuchungshaft – drei weitere Mitverdächtige durch den Bundestag geführt haben, um die Liegenschaften auszuspionieren und Fotos zu machen.

Darunter sollen zwei frühere Bundeswehr-Elite-Soldat gewesen sein. Gemeinsam sollen sie die Erstürmung des Bundestags und einen Staatsstreich geplant haben. Malsack-Winkemann erhält trotz der Terroranklage weiter Solidaritätsbekundungen und -besuche von Parteifreunden aus der AfD.

Hinweis, 18.9.: Der Text wurde aktualisiert, d. Red.

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17 Kommentare

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  • Zwei der fünf ausgeschlossenen Fraktionsmitarbeiter waren laut Bericht Bundeswehr-Elite-Soldaten.



    Ja, so was aber auch! Hatten wir nicht kürzlich hier im taz-Forum eine Diskussion über rechtsextreme Strukturen in der Bundeswehr. Wer da an Zufälle glaubt …

  • Julia Klöckner macht also ihren Job.

  • Wer wählt so etwas ein zweites Mal?



    Also mit halbwegs Zugang zu anderen Information als Tiktok-Schnipseln und YouTube-Kanälen?



    Leider ist das keine 3 %-Partei zum Schmunzeln, sondern deutlich größer.



    Zum einen weiter die eigenen richtigen Themen verfolgen, mit der Klugheit des Fuchses;



    zum anderen die Nazis in der AfD verfolgen, und das mit der Härte des Gesetzes.

  • Ich wäre dafür nicht die Partei zu verbieten sondern einzelnen Mitgliedern das passive und auch das aktive Wahlrecht zu entziehen.



    Zunächst für 5 Jahre im Wiederholungsfall für 10 Jahre.



    Danach für immer.



    Ich denke einzelnen kann man viel einfacher Volksverhetzung oder andere relevante Straftaten nachweisen. Geht schneller und zuverlässiger als eine Partei zu verbieten.

  • Eigentlich nicht mehr nachvollziehbar, wie die AfD immer noch rotzfrech im Bundestag sitzt. Auf was wird gewartet?

    • @Andreas Flaig:

      Mit wäre es auch lieber, die AFD wäre nicht im Bundestag. Aber sie ist demokratisch gewählt. Wie wollen Sie das ändern, ohne die Demokratie selbst abzuschaffen?

      • @Josef 123:

        Es spielt keine Rolle ob die AfD demokratisch gewählt wurde. Ausschlaggebend ist ob sie mit dem Grundgesetz vereinbar ist oder nicht. Da sie als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde ist es demokratische Plicht sie zu verbieten. Das Grundgesetz wurde nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus dafür geschaffen.

        • @Andreas J:

          Zur Klarstellung: ich bin ein entschiedener Gegner der AFD.

          Aber diesen Satz halte ich - gerade deswegen- grundsätzlich für bedenklich: "Es spielt keine Rolle ob die AfD demokratisch gewählt wurde."

      • @Josef 123:

        Das Problem ist genau das, das die AfD unter anderem Demokratie feindlich ist und deswegen sollte sie verboten werden.

  • Sicherheitsbedenken. Da müsste die komplette AfD Fraktion Hausverbot bekommen.

  • "Zugleich hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei zuletzt bundesweit als gesichert rechtsextrem eingestuft. "



    Und wieso haben dann die fünf auf dem obigen Bild gezeigten Herrschaften noch Zutritt zum Bundestag?

    • @Il_Leopardo:

      Weil das noch abgesegnet werden muss, fragen Sie mich nicht warum.

  • Am sinnvollsten noch ein AfD-Parteiverbot.



    Denn wir sind Demokraten, und keine verdammten Faschisten.

  • Da hat Frau Glöckner doch mal was richtig gemacht.

    • @Strolch:

      Oben steht, dass diese Maßnahme noch von Bärbel Bas beschlossen wurde. Ob Frau Klöckner das aus eigenem Antrieb machen würde?

    • @Strolch:

      Gleichzeitig erteilte Sie Abgeordneten der Linksfraktion unter tosendem Applaus der AfD-Fraktion eine Rüge, weil Weidel in Zwischenrufen als Nazi bezeichnet wurde. Dabei war das keine Herabwürdigung, sondern nur eine Tatsachenfeststellung.

    • @Strolch:

      Ich fürchte eher, sie streicht das Lob ein, was ihren Untertanen gebühren würde.