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Wege aus der Krise für VWMehr Lebensqualität für Malocher

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Der Autobauer VW steckt in der Transformationskrise. Er könnte zum Vorbild werden, wie man Lasten gerechter verteilt.

Am fünften Tage sollst du dich ausruhen. Statt Entlassungen fordert die IG-Metall die Vier-Tage-Woche bei VW Foto: Hanno Bode/imago

Z ugegeben: Es klingt erst mal verrückt, aber Volkswagen könnte zu einem guten Beispiel bei der Transformation der Industrie werden. Der Konzern steckt in der Krise, ausgerechnet weil er die Transformation bisher verschlafen und viel zu lange auf Verbrennermotoren gesetzt hat. VW-Chef Oliver Blume will deshalb nun einen harten Sparkurs durchsetzen und schließt Kündigungen sowie Werksschließungen nicht mehr aus. Aber ein Lösungsvorschlag für die Krise bei VW könnte beispielhaft für die gesamte Industrie sein: die Vier-Tage-Woche.

Die Vier-Tage-Woche ist bei Volkswagen nicht neu. Als es vor drei Jahrzehnten ebenfalls schlecht um den Konzern bestellt war, wurde die Vier-Tage-Woche schon einmal eingeführt. Die Beschäftigten akzeptierten in diesem Rahmen Lohneinbußen, und der Konzern verzichtete im Gegenzug auf Kündigungen. Die geringere Arbeit teilten sich die Kol­le­g*in­nen also solidarisch auf, statt dass einige von ihnen gehen mussten. Die Vier-Tage-Woche verhinderte damals die Streichung von 30.000 Arbeitsplätzen.

Dieser Tage brachte die IG Metall die Arbeitszeitverkürzung als Lösung ins Spiel. Von der Gewerkschaft ist die Idee nichts Neues. Sie forderte sie schon in den letzten Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie neben Lohnzuwächsen. Langfristig sollte demnach die Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden reduziert werden.

Wenn Volkswagen nun wieder eine Vier-Tage-Woche einführt, hätte dies eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung für andere Konzerne. Denn der Wolfsburger Autobauer ist das größte Industrieunternehmen Deutschlands. Es beschäftigt weltweit 684.000 Personen, davon knapp 300.000 in Deutschland.

Mit einer Vier-Tage-Woche könnte der Konzern zeigen, dass die Herausforderungen der Transformation solidarisch gemeistert werden können.

Mit einer Vier-Tage-Woche könnte der Konzern zeigen, dass die Herausforderungen der Transformation solidarisch gemeistert werden können. Denn die gesamte Industrie steckt derzeit in einer Umbruchphase. Sie ist nichts, was aufgehalten oder gar zurückgedreht werden kann. Sie kann nur gemeistert werden.

Neben der Beschäftigungssicherung hat die Vier-Tage-Woche noch einen weiteren Vorteil: Sie bringt den Malochern mehr Lebensqualität. Nicht umsonst war der Ruf nach Arbeitszeitverkürzung immer schon eine wichtige Forderung bei gewerkschaftlichen Kämpfen.

In Zeiten knapper werdender Ressourcen steht die Forderung aber auch für eine wichtige Erkenntnis, die die Gesellschaft noch gewinnen muss: dass sich Wohlstand nicht allein an materiellen Gütern messen muss, sondern auch aus mehr Zeit und weniger Stress bestehen kann. Die Gewerkschaften haben dies durchaus schon verstanden. Die Frage ist, ob es die Arbeitgeber kapiert ­haben.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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23 Kommentare

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  • Schöne Idee, kleiner Fehler - die Vier-Tage-Woche ist für die meisten Menschen nur interessant wenn sie sie bei vollem Lohnausgleich bekommen.



    Natürlich gehören VW-Mitarbeiter nicht zu den Ärmsten unter uns, dennoch können wohl die Wenigsten gerade jetzt nach der Inflation auf größere Teile ihres Lohn verzichten.



    Außerdem machen Personalkosten nur einen Teil der Betriebskosten aus - UND bei einem Absatzmangel von 500.000 Autos darf arg gezweifelt werden ob man das mit einer Vier-Tage-Woche auffangen könnte...



    ---



    "Der Konzern steckt in der Krise, ausgerechnet weil er die Transformation bisher verschlafen und viel zu lange auf Verbrennermotoren gesetzt hat."



    🤨 Ähm gerade die Stromer von VW stehen wie Blei weil viel zu teuer - die Schuldigen hierfür sitzen in Berlin wo ohne Vorwarnung e-Prämien über Nacht abgeschafft wurden.



    In Norwegen waren im letzten Monat 94% der Neuzulassungen E-Autos. Warum? Weil dort die Förderung so hoch ist, dass e-Autos fast so günstig sind wie Verbrenner...



    Deutsche Politiker von Schwarz bis Grün reden furchtbar gerne über die Energiewende - fördern sie aber im Gegensatz zu anderen Nationen äußert halbherzig.

  • "da gilt eher die "Maden im Speck"

    Seltsame Haltung für Jemanden der eine linke Zeitung liest.

    Gerade hier und überhaupt wird von linker Seite immer gefordert an den Gewinnen vom Unternehmen zu beteiligen.

    Und wenn die Menschen gut verdienen, verdienten, weil es dem Unternehmen gut geht, ging, ist es dann doch nicht richtig?

  • Nur mal am Rande, schon heute hat jeder Mitarbeiter von Unternehmen wie VW individuell einen Anspruch, seine Arbeitszeit zu reduzieren, und das Unternehmen muss die Voraussetzung dafür schaffen.



    Was aber in dieser Lage gewiss nicht geht, ist eine massive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, die bei ansteigender Konjunktur durch die gern gemachten Überstunden zu noch weiter explodierenden Kosten führen würde.



    Schon heute legen sich Zulieferer und die Konzernmitarbeiter im Ausland krumm, damit in Deutschland so gut bezahlt werden kann. Selbst beim teuersten Porsche, ist die Fertigungstiefe in Deutschland nicht mehr sonderlich groß. Ein Drittel ungefähr, wenn ich mich recht erinnere.

  • Mehr Lebensqualität für Malocher - ist nicht nur "Malocher" ok. Wie sieht es mit anderen "sozialen randgruppen" uups Malocher sind ja gar keine soziale Randgruppe.... die Spenden bestimmt immer für soziale Randgruppen fliegen nicht in den Urlaub feiern keine Feste und haben keine problematische "Öko - Bilanz"

  • Bedeutungen (wiki):

    "[1] intransitiv; besonders mittelwestdeutsch, salopp: körperlich hart, schwer arbeiten



    Herkunft:

    Denominativ zu dem Substantiv Maloche; der Ursprung des Wortes liegt im Jiddischen und geht auf das jiddische Wort melocho für Arbeit zurück[2]



    Synonyme:

    [1] schuften



    Sinnverwandte Wörter:

    [1] rheinisch: acheln; nord- und mitteldeutsch: ackern; ostösterreichisch, südostdeutsch: barabern; mittelostdeutsch, westösterreichisch: buckeln; österreichisch, südostdeutsch: fretten; ostösterreichisch: hackeln; Deutschland, umgangssprachlich klotzen; schweizerisch: knorzen, krampfen, krüppeln; ostmitteldeutsch: marachen; nordostdeutsch: placken; Deutschland, umgangssprachlich: rackern; nordostdeutsch: roboten; Deutschland, umgangssprachlich: schaffen; südostösterreichisch: schöpfen; Deutschland, regional: wullacken/wulacken/wulachen/wurachen/wuracken

    Gegenwörter:

    [1] faulenzen, kleckern, pausieren."

    • @Josef 123:

      ? ok Aussage ist konkret bei VW?

      • @Justin Teim:

        Nur eine Definition des Begriffs "malochen"; steht in der Überschrift und wird in manchen Kommentaren aufgegriffen.

  • Und was kommt dann?

    4-Tage-Woche ist sicher ein guter Schritt, um Neues zu ermöglichen. Nur wie kommt das Neue dann zustande? Welche Strategie hat VW denn derzeit als zu schrumpfen?

  • Wir leben in einem Gesellschaftsmodell, das nicht von den Grundbedürfnissen der Menschen ausgeht. Sonst würde ein Recht auf Arbeit, Auskommen und Wohnen an erster Stelle in der Verfassung stehen und nicht die Abhängigkeit von den Herren des Marktes, auf dem es immer um Mehrwert und Profite geht, völlig egal, wie nachhaltig das Produkt ist, das verhökert werden soll und ob es überhaupt die Lebensbedingungen erhalten kann. So lassen wir zu, dass die Blechgötzen unser Leben bestimmen oder , wenn es nicht mehr klappt, eben auch nicht. Eine gerechte und nachhaltige Verteilung des Reichtums ist nach der bestehenden Rechtslage nicht vorgesehen. Pech für Ex-VW-Malocher.

    • @Dietmar Rauter:

      "Sonst würde ein Recht auf ....."

      Die Systeme die das vermeintlich hatten sind leider krachend gescheitert



      und würden die auch in Zukunft wieder scheitern, diesmal noch schneller.

      BTW, Utopien nachzuhängen bringt nichts.

  • Den Begriff "Malocher" auf Mitarbeiter von VW anzuwenden ist schon eine spezielle Art von Ironie.



    35h Woche bei Spitzenlöhnen im Vgl. zum bundesdeutschen Durchschnitt.

  • VW hat eine Überkapazität von kanpp 500.000 Fhzg. pro Jahr, das sind zwei Werke.



    Personalkosten sind nur ein Kostenblock von vielen, und wenn man "Lasten gerechter verteilt" und alle Werke unterausgelastet fährt, explodieren die Kosten pro Fahrzeug trotzdem.



    Die Umsatzrendite bei VW liegt bei mageren 2,3%.



    Skoda liegt bei 8,4%!



    Deutschland ist keine Insel, die Traumgehälter deutscher VW-"Malocher" werden nicht ewig bestehen bleiben können.

    • @Desdur Nahe:

      Das scheint eher eine theoretische Überkapazität zu sein oder es handelt sich um Stinkediesel, die keiner braucht.



      Als wir vor drei Jahren ein Hybridfahrzeug kaufen wollten, gab es bei VW nur die üblichen überteuerten Modelle, wo man alles was zu einem Auto gehört extra bezahlen muss und einem noch nicht mal ein Liefertermin genannt werden konnte. Da fällt es nicht schwer zu verzichten.

  • VW-Mitarbeiter und Malocher in einen Satz zu kriegen muss man auch wollen. IG-Metall-Diven und VW-Mitarbeiter kann ich mir schon eher vorstellen.

  • Die Idee ist schön.... Ich glaube nur es waren 80 Prozent der Menschen die gerne eine kürzere Arbeitszeit hätten aber nur wenn keine Einbußen beim Lohn sind.



    Daran dürfte es wohl scheitern. Des Weiteren solidarität muss man sich leisten können und Millionen von Arbeitnehmern kommen gerade so über die Runden, ob sie die neue Lebensqualität schätzen bezweifle ich.



    Wenn das bei vollem Lohnausgleich geschieht sehe ich daran kein Zweifel, aber ob die Arbeitgeber da mitmachen bezweifle ich und das Politiker sich dafür einsetzen auch.

    Der Autor findet die Studie und exakte Zahlen in der Taz.



    Mal

    • @Hitchhiker:

      "Wenn das bei vollem Lohnausgleich geschieht, sehe ich daran kein Zweifel, abr ob die Arbeitgeber da mitmachen bezweifle ich ..."

      Den Satz verstehe ich überhaupt nicht.



      Was hat dieser Satz mit dem aktuellen VW-Problem zu tun?



      VW muss die Kosten nach unten bekommen.



      In welcher Hinsicht hilft da eine 4 Tagewoche bei vollem Lohnausgleich?

      • @Andere Meinung:

        Der Artikel richtet sich auch generell an eine verkürzte Arbeitszeit und die zunahme an Lebensqualität.



        Und bezüglich VW macht das keinen Sinn bei vollem Lohnausgleich die Arbeitszeit zu reduzieren. Für andere Unternehmen eher auch nicht.



        Kürzungen am Gehalt wollen Die wenigsten, also bleibt alles wie es ist.

        Der zitierte Absatz bezog sich auf die Zustimmung einer Arbeitszeitreduzierung bei gleichem Gehalt, dass von den Arbeitnehmer gerne angenommen würde, es die Firmen wohl aber nicht gerne umsetzen würden.

  • Im Primzip korrekt.



    Aber die VW Mitarbeiterinnen als Malocher, nebenbei männlich, zu titulieren, trifft es eher nicht. Die Bilder zu der VW Krise zeigen es immer wieder, nahezu staubfreie , klimatisiserte Hallen, Roboter, die die schweren Teile heben, Männer und Frauen in sauberer Arbeitskleidung, nebenbei mit wehenden Haaren, die Arbeitssicherheit liesse sonst grüßen, die die Teile zusammen bringen. Und der große Rest sitzt im Büro. Plus die Reinigungskräfte etc.



    Malocher sind die Bauarbeiter, Dachdeckerinnen, etc . Bergleute gibt es ja nicht mehr.

    • @fly:

      "Bergleute gibt es ja nicht mehr."



      Das sehen die Arbeiter*innen beim Baustoff-, Fossilenergieträger-, Salzabbau etc. wohl anders.

    • @fly:

      Unter "malochen" verstehe ich harte körperliche Arbeit bei gleichzeitiger Unterbezahlung. Davon ist die VW-Stammbelegschaft aber Lichtjahre entfernt, da gilt eher die "Maden im Speck" auf ein normales Niveau zurückführen. Vielleicht sind Werkvertagler bei irgendwelchen ausgequetschten Zulieferern "Malocher"...

    • @fly:

      Vielleicht liegt es der Grund für diesen Lapsus, über den ich auch gestolpert bin, darin, dass der Autor noch nie malocht hat.

  • Dass es VW schlecht geht, liegt nicht am angeblich verschlafenen Umstieg auf Elektrofahrzeugen. Denn diese werden in Deutschland ohne große Subventionen kaum verkauft und sind bisher ein Milliardengrab. In allen anderen Ländern ist es ähnlich. Ohne staatliche Eingriffe (Subventionen für Elektrofahrzeuge oder Verteuerung von Benzinern/Diesel) sind Elektrofahrzeuge für viele zu teuer. Wer den Strom selber produzieren kann, hat dagegen heute schon Kostenvorteile, das trifft aber nur auf eine Minderheit zu.

    • @Offebacher:

      Eine meist gut verdienende Minderheit, welche mit Milliarden subventioniert wird. Ob das für die Pv Anlage, Anschlußboxen oder die Fahrzeuge selbst sind.