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Wasserstoffdeal mit NorwegenImmer diese Widersprüche

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas erzeugt wurde: Beim Energieeinkauf zerschellt die deutsche moralische Überlegenheit an der Realität.

Klimaschutzminister Robert Habeck mit Norwegens Premierminister Jonas Gahr Støre in Oslo Foto: reuters

E rdgas aus Katar – naja, über den Umgang mit den Menschenrechten in dem arabischen Land muss man in dieser Krise halt mal – leider, leider – hinwegsehen. Wir wollen ja weiterhin unsere Wohnungen heizen. Frackinggas aus den USA – klar, ist bitter, aber was will man machen, wenn das Erdgas aus Russland ausbleibt? Unsere Kraftwerke und die Industrie brauchen schließlich Erdgas.

Und dann der Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas erzeugt wurde bei gleichzeitiger Deponierung des CO2 im Untergrund – hm, ist jetzt auch nicht die grüne Technik, die wir in Deutschland wollen, aber wo ist die Alternative für den Klimaschutz hierzulande?

Willkommen im Land der Widersprüche. Wir importieren vielfach Energie, die auf eine Weise gewonnen wurde, die wir in Deutschland – ein Stück weit zu recht – niemals akzeptieren würden. Dass ausgerechnet ein grüner Umweltminister Entscheidungen trifft, die so gar nicht zu den grünen Idealen passen, ist eine Ironie der Geschichte. Lakonisch könnte man hinzufügen: Habecks Agieren markiere eben der Unterschied zwischen politischen Forderungen, die man im luftleeren Raum trifft, und den Erfordernissen der Realpolitik. Auch das kann man so sehen.

Doch was folgt daraus? Vor allem eins: Deutschland sollte sich nicht immer als moralisch überlegen inszenieren. Zumindest so lange nicht, wie es nicht in der Lage ist, seinen eigenen Ansprüchen auch nur in Ansätzen gerecht zu werden.

Deutlicher denn je wird derzeit, dass unsere Art zu leben, unser hoher materieller Anspruch, nicht ohne vielfältige Folgen bleibt. Wir müssen uns eingestehen, dass Klimaschutz und eine Energiewende, die ihren Namen verdienen, nur möglich sind, wenn wir mit weniger Energie auskommen; wenn wir akzeptieren, dass Energie ein zunehmend knappes und damit teures Gut wird. Nur so werden wir den Einkauf aus fragwürdigen Quellen minimieren können. Sind wir als Gesellschaft dazu bereit? Diese grundlegende Debatte müssen wir führen.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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18 Kommentare

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  • Den Wasserstoff kann man auch hier vor Ort erzeugen. Spart den ineffizient Transport.

  • olivgrüne freakinggas, waffenlobby kommune... oder so :-)

  • "Und dann der Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas erzeugt wurde bei gleichzeitiger Deponierung des CO2 im Untergrund "



    Das Problem bei den fossilen Energien ist die Freisetzung von CO2 und der dadurch verursachte Treibhauseffekt.



    Entsprechend gilt: Wenn das CO2 eben nicht freigesetzt wird, sondern unterirdisch deponiert, dann ist die Nutzung von Erdgas und anderen fossilen Energieträgern genauso klimaneutral wie Sonnen-, Wind- oder Atomstrom und entsprechend unbedenklich.

  • Die deutsche Politik um Habeck verhindert aktiv die Endergiewende.

    In Deutschland mit dem Solarverbot auf 95% der Fläche, mit der erschwerten Genehmigungsverfahren für Importterminals "Grüner" Energieträger (Beschleunigung gibt es nur für Erdgas) und mit hohen Normal- und Sondersteuern auf erneuerbare Energien. Mit dem Verbot, sich mit langfristigen Lieferverträgen für erneuerbare Energien abzusichern. Auch die Stromsteuer und die Konzessionsabgaben erreichen beim Strom aus erneuerbaren Energien einen größeren Prozentsatz des Marktwertes als bei Fossil-Strom.

    Früher gab es noch Hoffnung, es werde mit einer anderen Regierung besser.

  • Nur noch peinlich diese selbstgerechte Regierung. Sie wird als die Regierung in die Geschichte eingehen, die beim Klimaschutz total versagt hat. Vielen Dank für nichts

  • "Und dann der Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas erzeugt"

    Und das ist die Energiewende?

    Das Problem Deutschlands ist nicht Energie, es ist die Unwissenheit und Dummheit der Bevölkerung, die solchen Unsinn akzeptiert.

    • @Octarine:

      Welche Möglichkeiten hat den der Bürger, der solchen Unsinn nicht akzeptiert? Auf Autobahnen kleben? Scheint auch nicht zu helfen. Schuld ist nicht der Normalbürger, sondern die Gier der Konzerne und Investoren.



      Für echten Umweltschutz müsste die Wirtschaft gezielt schrumpfen und nicht weiter wachsen.

      • @Jörg Schulz:

        Um zu schrumpfen - was der einzige Ausweg ist - braucht es nicht nur die Wirtschaft, sondern ein anderes Denken und vor allem Handeln jedes Verbrauchers. Davon sind wir aber noch weit entfernt

  • Die moralische Überlegenheit war stets die dümmste Möglichkeit, in die vielen Fallen zu tapsen, die Doppelmoral heißen. Und mit ziemlicher Überheblichkeit bilden sich viele in diesem Land ein, dass Deutschland generell weltweit geachtet wird. Das war einmal. Mit dieser Zeit sind Namen wie Brandt oder Bahr verbunden, also Politiker, die mit Intelligenz und Beharrlichkeit Friedenspolitik betrieben. Es geht natürlich auch einfacher und populistischer, nämlich Politik aus dem Blickfeld eines Panzerkommandanten zu betreiben. Aber irgendwann werden selbst die Dümmsten feststellen müssen, dass die vielfältigen Probleme für die ganze Menschheit nicht mit einem Leopard Panzer gelöst werden können.

  • Man kann entweder Realpolutik machen, mit kleinen Schritten und mit Widersprüchen, weil es in der Realität nun mal widersprüchliche Interessen zu berücksichtigen gibt, oder man kann sein politisches Handeln rigoros und rücksichtslos moralischen Ansprüchen unterwerfen und dann eben überhaupt nichts machen, sondern nur fordern und meckern.

  • Ja wir werden unseren Lebensstil ändern müssen. Und das wird weh tun: allen.

    Aber: Wieso wird in Deutschland nicht über geeignete Maßnahmen gegen diekrasse soziale Ungleichheit diskutiert? Wieso akzeptieren wir sie?



    Was das mit Energiewende und Klimapolitik zu tun hat?



    Ich bin MieterIn einer riesigen Wohnungsbauunternehmen. meine "Isoloerglasfenster" sind was 50 (!) Jahjre alt.... Gibt es ein Gesetz, dass diese Wohnungskraken zwingen würde in absehbarer Zeit energetisch zu sanieren? Meines Wissens : Nein



    Obwohl der Gebäudesektor ständig das Ziel CO2 Einsparungen weit verfehlt.



    Wir brauchen eine "ökologischen Klassenkampf" (C. Rakete)

  • Entweder Kopf sehr tief in den Sand oder die Bitterkeit ertragen.



    Immer absurder werden die Ideen für warme Wohnzimmer und immer noch ist der Himmel voller Urlaubsflieger, auf den Straßen wird in dicken Autos gerast, Ananas ist normal, ein überquellender Kleiderschrank und Wohnfläche für Singles, auf der früher noch 4 Kinder, ein Ehepartner, die ledige Tante und 7 Hühner (=Wohlstand) mit gehaust haben. Und in vielen Weltgegenden ist das noch heute unerreichbarer Luxus.



    Wir Kriegs- und Nachlriegskinder wissen, dass man so gelebt hat und die kühnsten Träume niemals so weit gereicht haben, wie wir heute sind. Und immer noch wird mit dem Argument, auch die Benachteiligsten müssen so leben, wie in unseren Kindertagen Könige gelebt haben, immer mehr Energie aus Boden, Luft und Wasser gepresst, gehört ja zum Mindeststandard.



    Nein, Wachstum muss zu Ende sein, vorhandenes gerechter verteilen, damit am unteren Ende noch Wachstum stattfinden kann oder eben gar kein Wachstum mehr, sondern nur noch da, wo der Überfluss überdordet, Schrumpftum.

  • Vielleicht würde es einem solchen Kommentar guttun, auch einen Blick auf die Ursachen zu werfen. Oder ist die aktuelle Lage einfach so aus dem Nichts heraus entstanden?

  • "Deutschland sollte sich nicht immer als moralisch überlegen inszenieren."



    Seltsam dumpf wird hier zum millionsten Mal dieses abgedroschene Postulat in den Raum geworfen. Wer ist "Deutschland"? Was für eine "Inszenierung"? Und auch noch: "immer". Eine willkommene Vorlage für Populismus aller Art.



    Es ist nicht verkehrt, wenn Akteure (bitte dann auch benennen: welche) moralisch hohe Ansprüche formulieren - die sich dann im politischen Prozess zum Großteil nicht durchsetzen lassen. Zu kritisieren ist dann immer, wie (schlecht) verhandelt wurde und welche Interessen sich warum durchgesetzt haben. Da wird's interessant.

  • " Sind wir als Gesellschaft dazu bereit"?

    Nein.

    Weil es nicht nur ein neuer sparsamerer Kühlschrank ist oder Energiesparbirnen, für wahre Veränderung sind wir als Gesellschsft derzeit strukturell nicht in der Lage.

    Deutliche Reduzierung beim Energieverbrauch und ein deutlicher Preisanstieg sind ja schon alleine ein Desaster für Menschen ohne üppiges einkommen.

    In den schlecht gedämmten Häusern und Wohnungne leben ja meistens nicht die gut betuchten.

    Aber das Problem ist noch fundamentaler... es gäbe kein Wachstum mehr.

    Reale Stagnation oder gar Rückgang beim Wachstum wäre der Supergau. Ist aber notwenig.

    Aber selbst die Grünen wollen grünes Wachstum. Die Wirtschaft wächst, der Wirtschaftsminister ist grün = grünes Wachstum? Ob das wohl so gemeint war?

    • @Obscuritas:

      "ein deutlicher Preisanstieg sind ja schon alleine ein Desaster für Menschen ohne üppiges einkommen."

      Deshalb müsste das Sparen ja auch bei den Reichen und Wohlhabenden anfangen. Die Armen haben in der Regel einen ökologischen Fußabdruck im "grünen Bereich".



      Da freiwilliger Verzicht nicht funktioniert ("wir haben uns das verdient ...), müsste der Staat drastisch eingreifen. Besteuerung von Erbschaften und größeren Vermögen, progressive Besteuerung der privaten Flächennutzung - die Mindestwohnfläche bleibt frei, wie bei der Einkommensteuer ..... aber damit kommt keine Partei durch.

  • Diese eingebildete moralische Überlegenheit gab es nie, auch wenn Deutschland an sich gut integriert und eher angesehen ist in der Weltgemeinschaft, war und ist dieses absurd falsche Selbstbild man hätte sowas wie Moral weltweit ein Witz. Als viergrößter Waffenproduzent, nur 10x kleiner als die ersten drei, der immer schon an alle und jeden verkauft hat wenn die Kohle stimmt, weiß die ganze Welt dass Deutschland sich für Geld interessiert und sonst für gar nichts. Ganze Kriege wurden erst möglich nachdem Diktatoren ihren Großeinkauf hier erledigt hatten. Und wir liefern auch mitten im Gemetzel nach