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Was passiert mit der Ukraine?Putin erklärt Trump im Telefongespräch seine „Nuancen“

Einer Waffenruhe stimmt Russland nicht zu. Aber Moskau würde seine Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur für 30 Tage aussetzen.

Wladimir Putin: Es könnte auf eine Teilwaffenruhe hinauslaufen Foto: Maxim Shemetov/Pool Reuters via AP/dpa

Moskau taz | Zwei Stunden und 28 Minuten soll das Telefongespräch zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem amerikanischen Amtskollegen Donald Trump – auf die Initiative von Trump hin – am Dienstag gedauert haben. „Ein sehr gutes Gespräch“, hieß es danach aufseiten der Russen. Washington hatte vor allem vom „Bedürfnis nach Frieden und einer Waffenruhe in der Ukraine“ gesprochen und sieht ein „großes Zukunftspotenzial in riesigen Wirtschaftsdeals und geopolitischer Stabilität“.

Das Gespräch der beiden Präsidenten bereitet vor allem Putin eine Bühne. Das Ergebnis des Austauschs dagegen ist mau. Wohl deshalb trat Donald Trump, nicht wie vorher angekündigt, direkt nach der Beendigung des Telefonats vor die Presse.

Die einzige konkrete Vereinbarung nach dem langen „Meinungsaustausch“, wie es aus dem Kreml hieß, ist die russische Zusage, die Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur für 30 Tage auszusetzen. Putin soll seiner Armee bereits das Kommando dazu gegeben haben. Eine Feuerpause auf dem Schwarzen Meer soll ebenfalls vorbereitet werden, hieß es aus Washington.

Damit liefe es auf eine Teilwaffenruhe hinaus, von der auch der französische Präsident Emmanuel Macron bereits gesprochen hatte. Beide Seiten hätten sich auf die Schaffung von Expertengruppen geeinigt, die sich um die „Regulierung des Konflikts in der Ukraine“ bemühen sollten. Diese Gruppen sollen sich bald im Nahen Osten treffen.

Zudem sollen je 175 Kriegsgefangene zwischen Russland und der Ukraine ausgetauscht werden. Auch 23 schwerverletzte ukrainische Soldaten will Russland – „als Zeichen des guten Willens“ – aus russischen Krankenhäusern in die Ukraine entlassen. Außerdem, auch das war offenbar Teil des Gesprächs, sollen russische und amerikanische Eishockey-Mannschaften in Zukunft gegeneinander antreten, sowohl in Russland als auch in den USA. Mehr Substanz hatte das Gespräch nicht zu bieten.

„Reihe an wesentlichen Punkten“

Der Waffenruhe-Vorschlag, auf den sich die Ukraine und die USA vor einer Woche in Dschidda in Saudi-Arabien geeinigt hatten, betrachtet zwar auch Moskau als „nötig und gut“, wie es in seiner Mitteilung nach dem Gespräch schrieb. Doch hier, so hatte Putin bereits am vergangenen Donnerstag gesagt, gebe es „Nuancen“.

Diese „Reihe an wesentlichen Punkten“ hat Putin Trump nun offenbar persönlich erklärt. Dabei handelt es sich vor allem um die Einstellung westlicher Waffenlieferungen und der Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine, die Entmilitarisierung der ukrainischen Armee sowie die Abschaffung der „ursprünglichen Gründe des Konflikts“. Darunter versteht Moskau die Ausweitung der Nato und die angebliche Diskriminierung der Russischsprachigen in der Ukraine.

Moskau, so betonte es Putin auch im Gespräch mit Trump, geht es um einen „Frieden komplexer, beständiger und langfristiger Natur“. Unter „langfristig“ versteht der Kreml eine Ukraine unter russischer Kontrolle.

Entsendung von Friedenstruppen scheint kein Thema gewesen zu sein

Selbst wenn Putin und Trump über etwaige territoriale Zugeständnisse gesprochen haben sollen, drang das weder in Moskau noch in Washington nach außen. Auch von einer Entsendung von Friedenstruppen – von Russland stets vehement abgelehnt – scheint kaum die Rede gewesen zu sein.

Moskau geht es in erster Linie darum, Trump weiterhin zu schmeicheln und ihn nicht zu verprellen, um die eigenen Ziele zu erreichen: Das sind für Moskau auch nach drei Jahren Krieg die Demontage der Führung in Kyjiw und die völlige Kontrolle über die Ukraine.

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13 Kommentare

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  • Dafür werden dann die Angriffe auf Krankenhäuser intensiviert. Russischer Humor.

  • Ein sehr durchsichtiges Manöver Putins:



    Um die finanziell schmerzhaften Erfolge der Ukraine gegen seine Raffinerien und Ölinfrastruktur zu stoppen nun dieses "grosszügige" Angebot, das zu stoppen.



    Die EU sollte die Gespräche zweier mafiöser Psychopathen deutlicher als solche benennen, um das widerliche Theater zu beenden und Putin klar zu machen, dass es für ihn in diesem Krieg NICHTS zu gewinnen gibt !

  • Die Verhandlungen gehen also weiter. So wie es üblich ist. Zur Erinnerung. Über die Waffenstillstände im Nahen Osten wurde jeweils Wochen und Monate intensiv verhandelt. Mit etwas Glück kommt ja am Ende ein Frieden raus...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die Marke hat allerdings Trump vorgegeben: Frieden innerhalb von 24 (oder waren es 48?) Stunden nach seiner Amtseinführung. Jetzt ist der große Zaubermeister im Oval Office blamiert bis auf die Knochen.



      Und Putin hat mit seinen Bedingungen für einen Waffenstillstand die Punkte, hinter die der Westen bei zukünftigen Verhandlungen nicht mehr zurück kann (es sei, dass Kriegsglück wendet sich noch einmal zugunsten der Ukraine, was aber sehr unwahrscheinlich ist).



      Europa darf sich dabei nicht mal beschweren, denn außer eigenem Wortgeklingel hat man in den den letzten Wochen dem substanzlosen Geschwafel des Orangenen nichts entgegengesetzt und den USA wieder einmal die Initiative in den Verhandlungen mit Putin überlassen.



      Aber die EU hat ja tatsächlich auch nichts eigenes anzubieten, Macrons Vorschlag eines Teil-Waffenstillstand es entspricht ziemlich genau jenem, den jetzt Putin gemacht hat (keine Angriffe auf Energie-Infrastruktur).



      Man bekommt offenbar nicht mal das Personal für eine von der EU selbst vorgeschlagene Ukraine-Friedenstruppe zusammen.



      Also, ernst nehmen kann man das alles nicht mehr, weshalb Putin jetzt auch die Bedingungen vorgibt.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nur Trump war mit seinen Ankündigungen vollmundig, den Krieg ratzfatz zu beenden, doch umgekehrt ist die eigentliche Schande, daß die Initiative maßgeblich von Trump ausgeht. Nicht weil er überhaupt offenbar längerfristig den Gesprächskanal direkt zu Putin sucht, sondern daß es vielleicht in der Hand klügerer Menschen zu besseren Ergebnissen führte.



      Sobald einer mit Putin Telefoniert wurde und wird das behandelt, als wäre derjenige ein Verräter an der Ukraine und da brauchts dann plötzlich ausgerechnet einen Trump, weil der auf dieser Art Etikette nichts gibt.



      Was man sich auf Seiten der Europäer fragen sollte ist, nach meiner Meinung, ob man in der Ablehnung Putins und Trumps, die ich gut nachvollziehen kann, so weit geht, ein Verhandlungsergebnis jedweder Art abzulehnen.

  • Grauenhafte Nullnummer, dieses "Gespräch":



    Putin bietet nur an, die ukrainische Energie-Infrastruktur bei seinem Eroberungs- und Zerstörungskrieg zu schonen, weil er darauf spekuliert, sie anschließend selbst funktionsfähig nutzen zu können. Trump spekuliert hauptsächlich auf seinen Profit ("großes Zukunftspotenzial in riesigen Wirtschaftsdeals"). Die souveräne Ukraine, die massenhaft unschuldig sterbenden Ukrainer/innen, die Zerstörungen, die unrechtmäßig und unsinnig im Besetzungsangriff verheizten russischen Soldaten, die internationale Menschenrechtscharta, internationales Recht sind ihnen gleichgültig.

  • Paar Stunden später hat Russland in der Ukraine wieder die Energieversorgung angegriffen. Die Bedingungen die Putin für einen Waffenstillstand haben will machen es klar, er will diesen Krieg führen bis die Ukraine vernichtet ist. Es wird keinen Frieden geben, entweder Russland oder die Ukraine, von dem her sollte die neue deutsche Regierung Kontakt aufnehmen mit Tschetschenischen, Tatarischen, Belarussischen, Exilgruppen Zeit Russland in der Peripherie trocken zu bluten. Paar Gewehre, bisschen Sprengstoff und schon bald hat Russland richtig Probleme.

  • Das Sterben muss endlich aufhören! Ich bin zwar skeptisch, ob Putin sich daran hält in denen nächsten 30 Tagen keine EnergieInfrastruktur anzugreifen, aber man hätte das schon viel früher ausprobieren müssen. Und wenn er sich daran hält, kann der nächste Schritt danach kommen: Verlängerung und Waffenruhe zu Wasser und zu Luft und letzentlich gefolgt von einer Waffenruhe generell.



    Viele hier in der Kommune mögen Trump (verständlicherweise) keinen "Erfolg" gönnen und wünschen sich, dass die Ukraine ihren heroischen Kampf (noch eine Weile) fortsetzen kann, trotzdem sollte man die Daumen die drücken.



    Natürlich hätte es viel bessere Zeitpunkte gegeben für Verhandlungen und sicherlich ist Trump nicht gerade vorteilhaft für die Ukraine, aber wir als Europa hatten ja drei Jahre Zeit für eine diplomatische Initiative und haben es noch nicht Mal geschafft Putin überhaupt offiziell einen Waffenstillstand vorzuschlagen.

    • @Alexander Schulz:

      „Das Sterben“ ist ein allein von Russland begonnener Krieg, den es sofort beenden könnte, wenn es wollte.

    • @Alexander Schulz:

      "Das Sterben muss endlich aufhören!"



      Ja, wem sagen Sie das?



      Putin zeigt ja mit jeder Bombe, wie sehr ihm z. B. die ukrainische Zivilbevölkerung am Herzen liegt.

    • @Alexander Schulz:

      Das Sterben endet sofort, wenn der Agressor seinen Feldzug aufgibt und die Truppen abzieht.



      Russland unter Putin hat kein Interesse daran und spielt wie immer auf Zeit um an der Front Fakten zu schaffen. Wenn die Ukraine sich glaubwürdig verteidigen kann und entsprechende Garantien bekommt, dann wird das Sterben aufhören. Dazu gehört auch, dass die USA unter diesem Präsidenten nicht als Verbündeter mit Wohlwollen gegenüber der Ukraine betrachtet werden kann.

  • Also eigentlich nichts Neues. Außer der AfD und Wagenknechts Privatpartei dürfte sich hierzulande niemand gefreut haben. War ja zu erwarten.

  • Der hochfunktionale Psychopath verarscht den dysfunktionalen. Was für ein Schauspiel.