Wahlplakate der Grünen: Hört auf mit den Doppelpunkten
Die Grünen lieben sie: die Doppelpunkte. Kein Wahlplakat kommt ohne das Satzzeichen aus, dabei sagt das mehr über sie aus, als ihnen wohl lieb ist.
Nun kann sich die Öffentlichkeit wieder wichtigeren Fragen zuwenden: dem Doppelpunkt zum Beispiel. Denn der ist der eigentliche Skandal der Grünen-Kampagne und ein Fall für die Sprachpolizei. Alle Slogans auf den Plakaten der Grünen haben das gleiche Muster. Mit dem Doppelpunkt wird ein Satz, der wunderbar auch ohne die Unterbrechung funktionieren würde, durchtrennt. Ein paar Beispiele: Frieden und Freiheit: Sichern! – Schulen und Kitas: Sanieren! – Natur und Klima: Schützen! Was möchten die Grünen uns damit: sagen?
Der Doppelpunkt soll offenbar Sätzen eine Bedeutung verleihen, die sie ohne das Satzzeichen nicht haben. Denn wer ist schon dagegen, Kitas zu sanieren oder das Klima zu schützen? Aus einer banalen Forderung, die jede Partei auf ihr Plakat drucken könnte, soll durch den Doppelpunkt etwas Besonderes werden. Der Doppelpunkt ist damit der Satzzeichen gewordene Politikstil von Robert Habeck. Sätze dramatisch und mit Denkpausen aussprechen, damit sie eine neue Bedeutung bekommen. Habeck bezeichnet seinen Politikstil als Bündnispolitik. Der Doppelpunkt, das ist das Bündnis zwischen zwei Sätzen.
Empfohlener externer Inhalt
1992 hat der Sprachkritiker Wolf Schneider in der Neuen Zürcher Zeitung einen Text geschrieben über die Satzzeichenarmut in deutschen Texten. Er plädierte dafür, nicht nur Kommas und Punkte zu verteilen, sondern auch den Gedankenstrich, das Semikolon und eben den Doppelpunkt zu benutzen, den er als „federndes Scharnier“ eines Textes bezeichnete. Der Doppelpunkt baue dem Leser eine Brücke.
Doppelpunkte im ganzen Land
An der heute grassierenden Doppelpunktschwemme an Stellen, an denen nach den Regeln der Rechtschreibung gar kein Satzzeichen notwendig wäre, hätte Schneider aber sicherlich etwas auszusetzen. Ein taz-Kollege vermutet, dass die Liebe zum Doppelpunkt einst auf der Seite Drei der Süddeutschen geboren wurde und sich von dort aus in den Zeitungsredaktionen des Landes vermehrt hat.
Auch wenn der Ursprung ungeklärt ist, heute benutzen Journalisten gern den Doppelpunkt, wenn ihnen ihr eigener Satz zu fad ist und sie sich in den nächsten retten wollen. Man könnte also den Doppelpunkt der Grünen als ein Plagiat am Zeitgeist verstehen. Wenn morgen die Sprachpolizei mit einem Durchsuchungsbeschluss bei Robert Habeck klingelt: Problem. Bleibt für die Grünen die Hoffnung, dass sich ihre Wähler in der Wahlkabine an das einzig korrekte Zeichen erinnern, das Kreuz.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links