Wahlergebnisse Sachsen und Brandenburg: Wegschauen geht nicht mehr

Auch die CDU begreift, dass die AfD die Demokratie in Deutschland bedroht. Jetzt braucht die Zivilgesellschaft Unterstützung von der Politik.

Anja Meier, im Hintergrund die Gesichter von Kretschmer (CDU) und Urban (AfD)

Hervorgehoben? Die grüne Spitzenkandidatin Katja Meier hat in Sachsen nur einen Achtungserfolg erzielt Foto: dpa

Der Wahlerfolg der AfD spiegelt den Alltag in Brandenburg und Sachsen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Eine Beziehung mit Sachsen, das ist Liebe und Schmerz gleichzeitig: Derbe Witze als Zeichen der Zuneigung, ein herzerweichender Dialekt, sehr guter Weißwein – Liebe! Der Schmerz: das Abwerten von Andersdenkenden und -lebenden, rassistische Vorurteile bis hin zu rechtsextremer Gewalt. Der Schmerz hat hier Tradition. Die Augen vor diesem Alltag zu verschließen auch.

Die Partei der Wegschauenden war bisher die CDU. Wir erinnern uns an Ministerpräsident Kurt „Sachsen ist immun gegen Rechtsextremismus“ Biedenkopf.

Dass Michael Kretschmer mittlerweile festhält, Rechtsextremismus sei die größte Gefahr für unsere Demokratie, ist so gesehen ein gutes Ergebnis dieser politischen Krise. Jetzt, da nicht mehr nur die linke Zecke verprügelt wird, sondern durch die AfD eine komfortable Parlamentsmehrheit schwindet, scheint das Wegschauen selbst in der CDU ein Ende zu haben.

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Kretschmer hat eine gelungene Aufholjagd hingelegt, die auch die AfD-Fans in seiner Partei schwächen wird. Gleichzeitig knacken die politischen Debatten der letzten Monate und das Wähler*innenverhalten die alten Monolithen auf. Dass nach fast drei Jahrzehnten CDU in Sachsen ihr Königsanspruch weiter schwindet, ist in Ordnung. Und auch die SPD hatte es sich in fast 30 Regierungsjahren in Brandenburg zu bequem eingerichtet. Sie ist nur knapp stärkste Kraft geblieben.

Der Allltag muss sich ändern

Auf gesellschaftlichen Aufbruch stehen die Zeichen allerdings nicht. Für diesen steht derzeit keine andere Partei in Deutschland außer den Grünen. Sie haben indes nicht mehr als einen Achtungserfolg erreichen können. Trotz der hohen Erwartungen.

In Brandenburg wird die Partei wohl an einem künftigen Regierungsbündnis beteiligt werden – zusammen mit einer geschrumpften Linken. In Sachsen sieht die Sache etwas anders aus. Hier besteht für die Linke keine Regierungsoption, und die Grünen müssen darum kämpfen, mitregieren zu können, um auch wirklich etwas zu verändern – gemeinsam mit anderen demokratischen Kräften. Denn jetzt braucht es eine strukturelle Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement und dem Kampf gegen Rechtsex­tremismus.

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In den letzten Wochen haben alle den Blick in Richtung Osten gewendet. Sichtbar geworden ist eine bunte, durch die Wahlen stimulierte Zivilgesellschaft – auf der #unteilbar-Demo in Dresden, auf dem Familienfest vom „Cottbuser Aufbruch“. Im Fokus der nun folgenden Koalitionsverhandlungen müssen diese Bürger*innen stehen. Sie halten die plurale Gesellschaft lebendig. Dafür brauchen sie die Unterstützung der Politik.

Nur wenn sich die brandenburgischen und sächsischen Verhältnisse im Alltag ändern, kann man in Zukunft auch auf schönere Wahlergebnisse hoffen.

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Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.

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