Wahl in Brandenburg, Sachsen, Thüringen: Wieder gibt es Hass im Wahlkampf
In den Landtagswahlkämpfen kommt es zu Bedrohungen der Wahlkämpfenden. Das Kulturbüro Sachsen fordert schnellere Anklagen.
Sorgten schon im Frühjahr im Europa- und Kommunalwahlkampf Gewaltdelikte oder Bedrohungen von Engagierten in Brandenburg, Sachsen und Thüringen für Schlagzeilen, darunter ein Angriff auf den sächsischen SPD-Europaspitzenkandidaten Matthias Ecke, häufen sich nun erneut Meldungen.
Laut Sachsens Innenministerium sind es keine Einzelfälle: Demnach wurden in diesem Jahr bislang bereits 897 politisch motivierte Straftaten in Zusammenhang mit den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen gezählt. 55 Vorfälle hätten sich dabei direkt gegen Parteirepräsentanten gerichtet, 14 gegen Parteigebäude. Die meisten Vorfälle, 815 Stück, beträfen allerdings Beschädigungen von Wahlplakaten – die meisten davon trafen laut Ministerium welche der SPD und AfD. Gezählt wurden aber auch 14 Gewaltdelikte.
Auch in Brandenburg wurden in diesem Jahr bis Anfang Juli laut Antwort der Landesregierung auf eine Linken-Anfrage 75 politisch motivierte Straftaten gegen Parteirepräsentant*innen und 930 Taten gegen Wahlplakate verübt – mehr als bei den Wahlen 2019 im Bundesland. In 63 Fällen seien Menschen attackiert worden.
Anfeindungen „leider schon alltäglich“
In Thüringen gab es laut Polizei in diesem Jahr bereits 479 politisch motivierte Straftaten mit Bezug zu Wahlen. Auch hier betrafen die allermeisten Beschädigungen oder Diebstahl von Wahlplakaten, teilte eine Sprecherin der taz mit. In 28 Prozent der Fälle habe dies die AfD betroffen, gefolgt von den Grünen (20 Prozent) und der CDU (18 Prozent).
„Dass Menschen, die in Sachsen Wahlkampf betreiben, angepöbelt oder angefeindet werden, ist leider schon alltäglich“, beklagt Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen, das Kommunen zu Rechtsextremismus berät. Auch nach den Angriffen im Europawahlkampf bestehe die „aufgeheizte Stimmung“ fort. „Da gibt es kein Innehalten. Die rechtsextreme Szene ist sehr selbstbewusst“, so Nattke zur taz. „Einige der Tatverdächtigen sind weiter bei Szeneaktionen dabei, etwa von der ‚Elblandrevolte‘.“ Gerade deshalb sei es wichtig, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und schneller Anklagen gegen Täter erhoben würden, um hier Stoppzeichen zu setzen, fordert Nattke. „Es braucht eine andere Priorisierung bei der Justiz.“
Schon nach den Übergriffen im Frühjahr hatten Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU), Brandenburgs Michael Stübgen (CDU) und Thüringens Georg Maier (SPD) eine harte Strafverfolgung von Gewalttätern angekündigt. Auf einem Sondertreffen aller Innenminister*innen und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wegen der Vorfälle wurde dies unterstrichen. Anklagen aber stehen bisher zumeist aus.
Anfang August eröffnete Faeser zudem eine Ansprechstelle zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträger, betrieben vom Deutschen Forum für Kriminalprävention. Diese soll Betroffenen konkret und vertraulich Hilfsangebote vermitteln. Mit bis zu einer Million Euro wird dies jährlich finanziert. „Diese Angriffe erfolgen gezielt, um Demokraten mundtot zu machen“, warnte Faeser.
Auch BKA-Präsident Holger Münch hatte in der taz die Straftaten als „Alarmsignal“ bezeichnet. Die Unzufriedenheit mit staatlichen Institutionen befördere Bedrohungen und Gewalt, die sich schlimmstenfalls zu schwersten Taten wie dem Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke 2019 steigern könne.
Bundesweit meiste Straftaten gegen die Grünen
Schon im vorigen Jahr war es bundesweit zu 3.626 Straftaten auf Parteirepräsentanten oder Mandatsträger gekommen. Das geht aus finalen Zahlen des BKA für das Jahr 2023 hervor, die der taz vorliegen. Die mit großem Abstand meisten Straftaten trafen dabei die Grünen, 1.727 Fälle. Danach folgten die SPD (648), die AfD (578), die FDP (498), die CDU (286) und die Linke (110).
Unter den Vorfällen waren laut BKA auch 79 Gewalttaten. Hiervon wiederum richteten sich 59 gegen die AfD, 7 gegen die Grünen, je 5 gegen Linke und SPD sowie je 3 gegen FDP und CDU.
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