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Vorstoß von Baerbock und FaeserErdbebenopfer sollen Visa bekommen

In Deutschland wollen viele Menschen türkische oder syrische Erdbebenopfer aufnehmen. Baerbock und Faeser versprechen ein schnelles Verfahren.

Kündigen eine schnelle, unbürokratische Visa-Vergabe für Erdbebenbetroffene an: Faeser und Baerbock Foto: Reuters

Berlin taz | Die Forderungen kamen früh, auch aus der Ampel: Den Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien müsse unbürokratisch mit Visaerleichterungen geholfen werden, damit Verwandte sie nach Deutschland holen könnten. Am Wochenende kamen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem nach – und versprachen befristete, unbürokratische Visa.

Baerbock erklärte, die Bundesregierung wolle helfen, damit Familien in Deutschland Angehörige, die vom Erdbeben betroffen seien, vorübergehend bei sich aufnehmen könnten. „Ziel ist, Visaverfahren für Betroffene so unbürokratisch wie möglich zu machen.“ Man habe dafür in der Türkei Personal an Auslandsvertretungen und Visastellen verstärkt.

Auch Faeser versprach eine „unbürokratische“ Lösung: „Es geht um Hilfe in der Not.“ Die Visa sollten schnell erteilt und für drei Monate gültig sein, damit Erdbebenopfer hierzulande ein Obdach und medizinische Behandlung fänden.

Am Wochenende konstituierte sich dafür eine Taskforce aus beiden Ministerien, um die genaue Ausgestaltung zu klären. Denn wichtige Fragen blieben zunächst ungeklärt. Einige Erdbebenbetroffene haben keine Papiere mehr – wie können sie dann Visa beantragen? Und welche Auslandsvertretungen können diese momentan zügig bearbeiten? Welcher Personenkreis kann die Visa in Anspruch nehmen?

Aufnahme von Verwandten des 1. und 2. Grades

Für eine Einreise aus der Türkei nach Deutschland ist momentan ein Besuchervisum nötig, das persönlich beantragt werden muss – ein Verfahren, das sich bereits zuletzt schon zog. Nötig dafür sind gültige Papiere, ein Einladungsschreiben sowie der Nachweis ausreichender finanzieller Mittel – die nach dem Erdbeben bei vielen nicht vorliegen dürften.

Laut Auswärtigem Amt soll nun in Deutschland „aus humanitären Gründen“ die Aufnahme von Verwandten des ersten und zweiten Grades möglich sein – also von Kindern und Eltern sowie Großeltern, Enkeln und Geschwistern. Dafür braucht es eine Verpflichtungserklärung der in Deutschland lebenden Verwandten bei der Ausländerbehörde ihres Wohnortes, dass sie für die Betroffenen alle Kosten übernehmen, auch die möglicher medizinischer Behandlungen.

Für Personen, die beim Erdbeben ihre Reisedokumente verloren haben, finde derzeit noch eine Abstimmung mit türkischen Behörden statt, erklärte das Auswärtige Amt. Antragstellende aus Syrien sollten sich wiederum an Auslandsvertretungen in Anrainerstaaten wenden, etwa in Beirut, Amman oder Istanbul. Im Auswärtigen Amt wie im Innenministerium geht man davon aus, dass das Visaangebot breit abgerufen werden könnte, weil die Hilfsbereitschaft derzeit enorm sei.

Aus der Ampel kam Lob für den Vorstoß. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte: „Überlebensnotwendige Hilfe darf nicht an kurzfristigen Visaerleichterungen scheitern.“ Die Integrationsbeauftragte der Regierung, Reem Alabali-Radovan, sprach von einem „sehr wichtigen Schritt“. Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland, die früh Visaerleichterungen gefordert hatte, begrüßte den Vorstoß: „Jetzt braucht es eine schnelle und praktische Umsetzung in den entsprechenden Ministerin.“

Die AfD kritisiert den Vorstoß

Die AfD dagegen ätzte, dass nun „Hunderttausende“ Erdbebenopfer nach Deutschland kommen könnten. Man müsse helfen, aber nur vor Ort, erklärte AfD-Innenpolitiker Martin Hess. Deutschland habe seine „Kapazitätsgrenzen durch die Ukraineflüchtlinge“ längst überschritten.

Faeser sagte dagegen, dass Naturkatastrophen erfahrungsgemäß „vor allem zu Bewegungen in der Region führen“. Die Erdbebenbetroffenen könnten dennoch Thema auf dem Flüchtlingsgipfel werden, den Faeser für diesen Donnerstag einberufen hat. Die Länder sowie der Städte- und Gemeindebund forderten bereits jetzt deutlich mehr Unterstützung bei der Aufnahme von Geflüchteten und verbindliche Zusagen für eine langfristige Finanzierung.

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8 Kommentare

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  • Können wir dieses Vorhaben angesichts des Personalmangels im öffentlichen Dienst hinbekommen?

  • Man darf die Frage stellen wo diese denn wohnen sollen? Es steht doch jetzt schon an Oberkante Unterlippe.

    • @Der Cleo Patra:

      In den Nachkriegsjahren hatte man es mit rund 14 Millionen Geflüchteten zu tun, der Wohnraum war noch viel knapper als heute und auch das war irgendwie zu schaffen. Meinen sie also wirklich, dass der Verweis auf den angespannten Wohnungsmarkt eine ernsthafte und faire Begründung dafür ist Hilfe die man leisten könnte zu unterlassen?

      • @Ingo Bernable:

        Mein Wohnort direkt an der polnischen Grenze war ab 45 erster Ankunfstort vieler Geflüchteter aus den Ostgebieten. Viele blieben in der Hoffnung auf eine Rückkehr gleich hier. In den Wintern zwischen 44 und 49 hatten wir deutlich mehr Geflüchtete als Einwohner in der Stadt (60000 : 50000). Es gab große Konflikte und Hungersnöte in diesen Jahren. Noch heute ist unsere Region deutschlandweit verschrieen für ihre Fremdenfeindlichkeit die von Auswärtigen gern für Rassismus gehalten wird. Wenn Sie den letzten Rest an Unterstützung für die Aufnahme von Geflüchteten in diesem Land eliminieren wollen, sind Sie auf dem richtigen Weg.

        • @Šarru-kīnu:

          Also soll man die Unterstützung zur Aufnahme Geflüchteter erhalten indem man eben keine aufnimmt? Vielleicht sollte man im selben Modus auch die Solidarität der Gesellschaft mit Arbeitslosen unter Beweis stellen indem man das Arbeitslosengeld streicht?



          Asyl ist ein Grundrecht und als solches unverhandelbar. Welchen Umgang mit den Geflüchteten nach ´45 hätten sie den bevorzugt? Hätte man ihnen die Unterstützung verweigern und ggf. sterben lassen sollen, wenn nur der Ruf ihre Wohnortes unversehrt geblieben wäre?

  • Wie lange ist nach Ministerialangaben "vorübergehend".

    • @DiMa:

      Steht doch im #Text: Drei Monate.



      Es geht um die immer schon möglichen Besuchsvisa, die einfach nur einfacher ausgestellt werden als bisher.

      • @Herma Huhn:

        Danke für den Hinweis.