Von Polizei getötete Sonya Massey: Nach Hilferuf erschossen
Die Schwarze Sonya Massey wurde in ihrem Haus in Illinois von der Polizei per Kopfschuss getötet. Vizepräsidentin Kamala Harris äußerte sich zum Fall.
![Donna Massey weint um ihre Tochter Sonya während einer Demonstration vor dem Sangamon County Building in Springfield, Illinois Donna Massey weint um ihre Tochter Sonya während einer Demonstration vor dem Sangamon County Building in Springfield, Illinois](/picture/7140878/624/0137-1.jpeg)
Donna Massey weint um ihre Tochter Sonya während einer Demonstration vor dem Sangamon County Building in Springfield, Illinois Foto: Thomas J. Turney/reuters
In den USA ist es erneut zu einem Fall von Polizeigewalt gekommen. Erneut war eine schwarze Frau das Opfer. Erneut wurde ein weißer Polizist des Mordes angeklagt. Bei einer Verurteilung erwartet den Polizisten eine Gefängnisstrafe von mindestens 45 Jahren. Der Vorfall ereignete sich bereits am 6. Juli. Am Montag veröffentlichten die Behörden dann das Videomaterial, das von den Bodycams der Beamten aufgezeichnet wurde.
Doch der Reihe nach. Um kurz vor 1 Uhr am Morgen des 6. Juli wählte die 36-jährige Sonya Massey den Polizeinotruf, um zu melden, dass sich eine Person in der Nähe ihres Hauses herumtreiben soll. Massey lebt in einem Vorort von Springfield im US-Bundesstaat Illinois. Zwei Polizisten, darunter der 30-jährige Sean Grayson, nahmen sich der Sache an. Sie erreichten die angegebene Adresse und suchten das Gebiet rund um Masseys Haus ab. Sie konnte jedoch keine verdächtige Person ausfindig machen.
Soweit reine Routine. Die Situation nahm jedoch ihren unheilvollen Verlauf, nachdem Massey die Tür öffnete und mit den beiden Polizisten zu reden begann. In dem Video ist zu sehen, wie eine sichtlich desorientierte Frau die Polizisten mit den Worten, „Bitte tut mir nicht weh“, begrüßt. Weitere Aussagen von Massey ergeben keinen Sinn. Warum Grayson und ein weiterer Polizist kurz darauf Massey ins Haus begleiten ist nicht bekannt.
Veröffentlichte Bodycam-Aufnahmen zeigen Tathergang
Dort angekommen, fragen die Polizisten, ob sich Massey ausweisen könnte. Bislang verläuft weiterhin alles nach Plan. Die Situation eskalierte allerdings als Grayson anmerkt, dass auf dem Herd ein Topf über einer offenen Gasflamme stehe. Massey begibt sich daraufhin in die Küche und nimmt den Topf mit heißem Wasser vom Herd. Aus dem Nichts sagt sie dann: „Ich weise dich im Namen von Jesus zurecht“.
Diese Aussage bewegt Grayson anscheinend dazu, seine Polizeipistole zu ziehen. Danach geht alles ziemlich schnell. Grayson schreit Massey an, den Topf fallen zu lassen. Sie entschuldigt sich, duckt sich und dann fallen drei Schüsse. Einer davon triff Massey in den Kopf.
Die zweifache Mutter liegt tot auf dem Küchenboden. Weder Grayson noch sein Partner versuchen erste Hilfe zu leisten. Neben Mord wurde Grayson von einem Geschworenengericht auch wegen gefährlicher Körperverletzung mit einer Schusswaffe und Amtsverletzung angeklagt. Die beiden zusätzlichen Anklagepunkte führen Gefängnisstrafen von jeweils mindestens sechs und zwei Jahren mit sich.
Vizepräsidentin Harris äußert sich zum Fall
„Zu keinem Zeitpunkt zeigte dieser Angeklagte irgendetwas anderes als Gefühllosigkeit gegenüber menschlichem Leben“, sagte die erste stellvertretende Staatsanwältin Mary Beth Rodgers während einer Gerichtsanhörung vergangene Woche. Sie fügte hinzu, dass Grayson mit seinem Verhalten „seine Ausbildung als Polizeibeamter eindeutig ignorierte“. Grayson, der in allen Anklagepunkten auf nicht schuldig plädiert hat, sitzt aktuell in Untersuchungshaft.
Massey war laut ihrer Familie arbeitslos und hatte psychische Probleme, für die sie in Behandlung war. Grayson war erst seit Mai 2023 Mitglied des Sheriff’s Office in Sangamon County, der für den Landkreis mit etwas weniger als 200.000 Einwohnern zuständigen Polizeibehörde. Er wurde am vergangenen Mittwoch nach der offiziellen Anklage entlassen.
Vizepräsidentin Kamala Harris, die aktuelle Favoritin auf die Nachfolge von Präsident Joe Biden als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, sprach am Dienstag über den Vorfall und forderte den Kongress auf, eine Gesetzesvorlage zur Polizeireform endlich zu verabschieden.
Viele ähnliche Fälle in den vergangenen Jahren
„Die verstörenden Aufnahmen, die (am Montag) veröffentlicht wurden, bestätigen, was wir aus den Lebenserfahrungen so vieler Menschen wissen – wir haben noch viel zu tun, um sicherzustellen, dass unser Justizsystem seinem Namen voll und ganz gerecht wird“, sagte Harris in einer Erklärung.
Masseys Name reiht sich in eine immer länger werdende Liste von schwarzen Frauen ein, die in den vergangenen Jahren von Polizeibeamten in ihren eigenen vier Wänden getötet wurden. Der bekannteste Fall ist der von Breonna Taylor, die im März 2020 in einem Kugelhagel der Polizei getötet wurde.
Laut dem Verteidiger von Masseys Familie hat auch das US-Justizministerium eine Untersuchung zum Tod von Sonya Massey eröffnet. Wann es zu einer Gerichtsverhandlung in dem Fall kommen wird, ist noch nicht bekannt.
Leser*innenkommentare
snowgoose
Ich werde wohl Zeit meines Lebens nicht verstehen, worauf die USA ihren überdimensionierten Stolz begründet.
-Die Nachfahren von Okkupanten steuern die Geschicke und missachten die Rechte der Ureinwohner des Kontinents.
-Straftäter dürfen Präsident werden (sowie zu Straftaten aufrufen) und ihnen genehme Straftäter begnadigen.
-Gleichzeitig wird Bürgern wegen kleiner Vergehen das Wahlrecht aberkannt.
-Es wird ein rückschrittliches Wahlsystem beibehalten, dass nicht der Mehrheit des Volkes gerecht wird. Und zusätzlich werden Bürger massiv an der Wahlausübung gehindert (bzw. wird es erschwert).
-Wahlkampf wird von den Vermögenden finanziert.
-Gefährliche, mittelalterliche Gruppierungen werden unter dem Deckmantel „Religionsfreiheit“ geschützt und erhalten jede Menge Einflussmöglichkeiten.
-Man stellt die Todesstrafe nicht in Frage.
-Die Personen der Gerichtsbarkeiten in den Countys werden oft auf dubiose Weise besetzt.
-Im obersten Supreme Court sitzen durch Präsidenten ernannte Richter lebenslang die dann entsprechend gewünschte Entscheidungen treffen und keinen unabhängigen ethischen Verhaltenskodex haben.
-Strafvollzug ist drakonisch u. ungerecht.
…… und und und
Don Geraldo
Wiederfährt so etwas in den USA nur Schwarzen ?
Das Hauptproblem der dortigen Polizei scheint ein unfaßbar schlechtes Ausbildungsniveau zu sein. Außerhalb der Großstädte mit ihren eigen Polizeiakademien gibt es keine mit europäischem Niveau vergleichbare Polizeiausbildung. Da werden ungebildete Provinzler nach ein paar Wochen Schulung mit Marke und Waffe auf die Bevölkerung losgelassen.
Uns Uwe
Ja, die USA sind ein Land, welches sich wie ein "3.-Welt-Land" durch Diskriminierung, Spaltung und Gewalt im Inneren - vielfach ausgehend vom Staat selbst - "auszeichnet".
Die Gewalt und Morde der US-Polizei richten sich nicht nur gegen Schwarze, Latinos und Indigene, sondern auch gegen arme Weiße, wobei der Faktor Armut auch bei der Gewalt gegen Nichtweiße eine wesentliche Rolle spielt.
Kamala Harris spricht von einer Polizeireform, die endlich beschlossen werden soll. Aber diese wird die immer weiter zunehmende soziale Spaltung der US-Gesellschaft nicht reformieren. Aber diese Spaltung ist die eigentliche Ursache der Gewalt im Inland.
Kaninchen sind keine Nagetiere
Traurigerweise ist dies ein ganz normaler Samstag in der USA.