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Vom Umgang mit globalen KrisenFataler Jetztismus

Gastkommentar von Luisa Neubauer

Als Reaktion auf die Coronapandemie schalten viele in einen Gegenwartsmodus. Doch im Kampf gegen den Klimawandel müssen wir die Zukunft verteidigen.

Klimaschutz bleibt vorrangige Aufgabe der Politik: Luisa Neubauer vorm Reichstag Foto: Christian Mang

I n den ersten Monaten der Coronapandemie sprach man oft davon, dass wir durch die Bewältigung dieser Krise lernen würden, wie Krisen insgesamt ernst genommen und bewältigt werden können. Auch ich dachte das. Man glaubte, dass wir – dadurch gestärkt – auch selbstbewusst die ökologischen Katastrophen angehen würden. Mittlerweile denke ich, dass im schlimmsten Fall das Gegenteil eintreten könnte. Aber von Anfang an.

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Mühelos ist es der Gesellschaft gelungen, fast ein gesamtes Jahr Corona zu behandeln, ohne ernsthaft über die direkte Gegenwart hinauszublicken. Wäre es anders gewesen, hätte sich gezeigt, dass Corona zwar überraschend kam, aber keinesfalls eine Überraschung war. „Die Auswirkungen wären kaum abzuschätzen, gleichwohl katastrophal“, schrieben die Ver­fas­se­r:in­nen im Grünbuch für Öffentliche Sicherheit schon im Jahr 2015 über die Gefahren von mutierten Sars-Viren in Deutschland.

Die Lehren aus dem 20. Jahrhundert schienen so eindeutig: Gefahr geht von Männern in Kriegslaune aus, vom Faschismus, von dreckigen Industrien und überheblichen Technologien. Und dann kommt das 21. Jahrhundert und präsentiert ausgerechnet die Fledermaus, die von der menschlichen Gier zur Wanderschaft gezwungen wird. Es sind Tiere wie sie, die Zoonosen wie HIV, Ebola, Mers und vermutlich auch Covid-19 bei zu aggressiver Nähe auf Menschen übertragen.

Politik ist in diesen Zeiten immer weniger das, was wahr ist, und wird immer mehr zu dem, was sich gut anfühlt. Kurzatmige Erzählungen verfangen, hohle Souveränität und Schnellschussreaktionen werden belohnt. Nirgendwo wird das deutlicher als in der Coronapolitik. Denn Corona ist eben, entgegen den gängigen politischen Narrativen, kein Einzelfall. Sondern viel eher ein Vorbote, von dem, was kommt, wenn Naturzerstörung und hemmungsloses Emittieren pandemische Zeitalter und ökologische Katastrophen provozieren.

Die Menschen sind ja nicht blöd

Aus dieser Blindheit ergibt sich die politische Unfähigkeit, sich mit dem zu beschäftigen, was jenseits der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz, geschweige denn nach der nächsten Welle, passieren kann – oder muss.

Luisa Neubauer

24, ist eine der bekanntesten deutschen Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen und Hauptorganisatorin der hiesigen Fridays-for-Future-Bewegung.

Gleichzeitig aber wächst die gesellschaftliche Skepsis gegenüber Quick-Fixes, die Menschen sind ja nicht blöd: Man erlebt ein erschöpfend langsames Impfgeschehen, während das Virus zunehmend mutiert, das Raunen über eine dritte Welle setzt ein. Und ganz zart lugt dahinter die Frage auf, was genau uns davon abhalten sollte, in absehbarer Zeit wieder in eine Pandemie hineinzurasseln.

Diese Stimmung trifft nun auf eine schon länger anwachsende Gegenwartspräferenz. Denn schon deutlich vor Corona haben Teile der Klimabewegung, Medien und Politik angefangen, die Zukunft mit einer relativ unausweichlichen Katastrophe gleichzusetzen.

Das schien einst eine hilfreiche Strategie zu sein: Wenn die Menschen die Krise nicht sehen wollen, bringt man sie zu ihnen. Heute hat sich die Situation jedoch radikal geändert, niemand muss sich mehr ausmalen, wie unbarmherzig ungebremste Krisen sein können. Wir erleben es ja gerade.

Feiern bis zur Apokalypse

Und so hat die Kombination aus coronabedingter Krisenmüdigkeit und erwachsendem Bewusstsein für die nahenden planetaren Kipppunkte ganz nebenbei das Gegenwärtige als beste verfügbare Option zementiert. Wenn die Zukunft schlicht eine extremere Version des Heute sein soll, dann wollen viele nach der nächsten Welle noch lieber nochmal eine Runde Gegenwart verkonsumieren, statt sich mit Zukunftsfragen zu belasten. Feiern bis zur Apokalypse.

Wir erleben eine neuartige Zukunftsverdrossenheit. Kleine Fortschritte gehen unter in einer Welt, die hitzt, schmilzt und flutet wie nie zuvor. 67 Prozent der Deutschen sehen die Klimakrise als große Gefahr. Früher wäre das ein gutes Zeichen gewesen, die Leute wären also bereit, zu protestieren, etwas zu tun. Genau das hat sich jetzt geändert, es fehlt an Perspektive. Wofür lohnt es es sich noch zu kämpfen? Mittlerweile scheint nichts mehr so radikal, wie hoffnungsvoll in die Welt zu blicken.

Als wäre das nicht genug, ist all das nun das Einfallstor für jene, die die stumpfe Singularisierung der Krise nutzen und verhindern wollen, dass die Ausbreitung des Coronavirus symptomatisch und der notwendige Wandel systemisch gedacht werden. Der Versuch, die Stimmen des Wandels und die Idee einer ganzheitlichen Krisenbewältigungsstrategie zu zermürben, nimmt Kampagnencharakter an. Man verspricht schnelle Lösungen, radikalisiert jene, die die Normalisierung von Hunderten Coronatoten pro Tag hinterfragen, und bittet die Klima­krise, nicht mehr zu nerven – man habe ja anderes zu tun.

Schließlich erklärt die konservativ-liberale Ecke – hochstrategisch – die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens für unmöglich. Weil die Coronakrise ja gezeigt habe, dass wir doch nicht so gut in Krisenbewältigung sind. Erst Corona, danach tiefer rein in das Wachstum um jeden Preis. Klimaschutz wird stilisiert als Langzeitform der Coronapolitik: kein Spaß mehr, keine Freiheiten mehr, kein Mehr mehr.

Eine krisenmüde Gesellschaft

Es ist eine krisenmüde Gesellschaft, die nicht mehr zu hoffen wagt, und die noch in diesem Jahr ganz unbeabsichtigt große politische Rückschritte einbüßen könnte. Auf der einen Seite. Die andere Seite gibt es aber auch.

Denn es wird auch so unfassbar deutlich, warum der Jetztismus der Regierung nicht mehr aufgeht, warum die Chancen großer Umbrüche dieses Jahr größer sind denn je. Die Kraftlosigkeit, die Krisen so groß zu denken, wie sie sind, ist an der Oberfläche angekommen. Und gleichzeitig verlangt sie längst, endlich abgelöst zu werden.

In den 1970er Jahren entwickelte der Soziologe Aaron Antonovsky ein salutogenetisches Gesundheitskonzept. Dabei fragt er nicht, warum Menschen krank werden, sondern warum sie gesund bleiben – trotz potenzieller Risiken. Entscheidend seien dabei drei Aspekte: das Gefühl, Zusammenhänge des Lebens zu verstehen (Verstehbarkeit); das Gefühl, gestalten zu können (Handhabbarkeit); und der Glaube an den Sinn des Lebens. Wenn all das erfüllt ist, setzt eine Kohärenz ein, eine globale Orientierung. Antonovsky lesen hilft zu verstehen, warum es gerade so leicht ist, am Rad zu drehen: Die Coronakrise als Inbegriff von multidimensionalem Unverständnis; kaum jemand empfindet Macht über die eigene Lebensgestaltung, und Sinnfragen sind schon lange ungeklärt.

Das Ende der Singularitäts-Illusion

Ginge es aber auch anders? Was wäre, wenn Verstehbarkeit durch Ehrlichkeit und das Ende der Singularitäts-Illusion der Coronakrise hergestellt würde? Und die Handhabbarkeit durch ein verwegen-radikales Konzipieren klimagerechter Coronabewältigung – durch eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Strategie, die dort investiert, wo Resilienz und breites Wohlergehen gestärkt werden, und es dort lässt, wo Ungerechtigkeiten und Klimakrise gesteigert werden?

Und was wäre, wenn die Sinnfrage zusammengebracht wird mit der Schönheit, den Reichtümern dieser Welt, mit der ökologischen Vielfalt, den gesellschaftlichen Möglichkeiten, für die es sich zu kämpfen lohnt?

Dabei hilft es, genau hinzuschauen und zu erkennen, dass die Gleichsetzung von Corona und Klimapolitik den Wesenskern der politischen Herausforderungen verkennt. Coronapolitik ist eine zwangsläufige politische Verneinung: Nein zu Ansteckungen, Nein zu Begegnungen, Nein zu Nähe, Nein zu Kultur und Bewegungsfreiheit.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Klimapolitik hingegen ist eine umfassende Bejahung, und was für eine: Ja zum Erhalt der Lebensgrundlagen, Ja zu sauberer Luft, Ja zur Artenvielfalt, Ja zu gesicherten Arbeitsplätzen, Ja zur Freiheit auf einem sicheren Planeten, Ja zur gerechten Transformation. Ja,ja, ja!

Wahlen können Welten bewegen

Seit Kurzem sind die USA wieder Teil des Pariser Abkommens. Wird Joe Biden nun für uns die Welt retten? Nein. Aber darum geht es auch nicht, wichtig ist etwas anderes: Wahlen können Welten bewegen. Und dabei kommt es nicht nur auf die Stimmzettel an. Sondern auf den politischen Wandel, der im Vorfeld antizipiert wird – durch breiten, gesellschaftlichen Druck und selbstbewusste Bewegungen.

Das Jahr 2021 ist durch viele Wahlen, Koalitionsverhandlungen und Gipfel ein entscheidungsdichtes Jahr. Überall könnte zementiert werden, was durch große gesellschaftliche Beben in den letzten Jahren in Gang gesetzt wurde. Es ist keinesfalls unmöglich, eine parlamentarische Mehrheit für 1,5 Grad zu organisieren. CDU und SPD haben sich noch nicht entschieden, ob sie meinen, mit Klimaschutz gewinnen oder verlieren zu können. Und so wird diese Unentschlossenheit in der Programmatik von der Entschlossenheit in der materiellen Welt überlagert – das Ergebnis sind neue Kohlekraftwerke und Gas-Pipelines.

Das muss aber nicht so bleiben. Es geht längst nicht mehr nur darum, in einem Stück aus dieser Pandemie herauszukommen. Sondern darum, Zukünfte zu verteidigen, die noch möglich sind. Damit es einen Wandel geben kann, der uns hinaus aus diesen multiplen Krisen und hinein in eine gerechtere Welt bringt, braucht es die Leute, die jetzt nicht klein beigeben – auch und gerade, wenn es hart ist.

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18 Kommentare

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  • 1. Mai:



    Auch 2021 nicht sang- und klanglos

    Tradition hör ich heut' wieder//



    Leise nicht, sondern sehr laut//



    Hannes Wader Arbeiterlieder//



    Solang man sich denken traut.//



    //



    Große Namen der Bewegung//



    Sie sind nicht nur Schall und Rauch//



    Sterne mit dem Strahl der Hoffnung//



    Wie Ikonen, glanzvoll auch.//



    //



    Basis war Gemeinsamkeit//



    Vieler starker roter Gruppen//



    Gegen Kaisers Obrigkeit//



    Später wider braune Truppen.//



    //



    Derzeit glauben viele Leute//



    Sie seien die Ich-AG//



    Führt gehäuft denn hier und heute//



    In die Listen der ARGE.//



    //



    Klima, Arbeit und Umwelt//



    Themen sind für Jung und Alt//



    Nicht nur im Drei - "F"- Umfeld//



    Aber stets ohne Gewalt.//



    //



    Revolution "Grün" gedacht//



    Kam damals nicht in den Sinn//



    Nun wird sie aber gemacht//



    Mit einer AnführerIn.//



    //



    Ob Luisa oder Greta//



    Es ist endlich an der Zeit//



    Ohne übliches Gezeter//



    Dass man ihnen Stimmen leiht.//

  • Ich denke die angedachte Transformation kann nur gelingen, wenn wir diese mit einer großen (Produktions- und Mobilitäts-) Pause beginnen. Jetzt. Radikal. Alle gemeinsam. Das von Grün, Links und SPD nun so wohlfeil aufgenommene politische Lippenbekenntnis zum 1,5° Ziel hat ein knallharter CO2 Budget als Grundlage.



    6 Jahre, 11 Monate, 30 Tage... das Mercator Research Institut macht es uns allen anschaulich.



    Jedes E-Auto oder jede neue Strasse, aber auch jede Druckmaschine, Verpackzngsmaschine oder Fernradweg müsste eigentlich unter der Betrachtung seiner CO2-GesamtLebenszyklus-Bilanz und dem/r Einsparpotential bzw. neutealität in den nächsten 6-7 Jahren betrachtet werden.



    Aktuell ist dies noch keine denkbare Denke, eine große Pause ein Ding der Unmöglichkeit. Aber alles andere ist nur wohlfeiles Lippenbekenntnis, wenn wir es auf die konkrete Ebene von CO2-Bilanzen der (eben auch aufsummierten) Dinge geben, die wir "werkel/tun/bauen/herumkarren".



    Ob allerdings die FFF Bewegung bereit ist, diese radikale Forderung nach Entschleunigung und "Grünschrumpfung" zu stellen, bleibt fraglich. Zu deren eigenem Leidwesen natürlich.

  • Zitat: "Luisa Neubauer, 24, ist eine der bekanntesten deutschen Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen und Hauptorganisatorin der hiesigen Fridays-for-Future-Bewegung."

    Der Fokus auf eine Protagonist_in wird einer diversen und breiten, gesellschaftlichen Bewegung wie Fridays4Future nicht gerecht. Die taz täte gut daran, diese Perspektive nicht zu befördern.

  • Ein entweder oder macht keinen Sinn. Allerdings müssen wir endlich eine wirksame Coronastrategie umsetzen, sonst fehlen uns die Mittel für den Umbau zu einer klimafreundlichen Gesellschaft.



    Daher klingt dieser Gastkommentar zu sehr nach "ich will wieder mehr Aufmerksamkeit". Wir haben schließlich viel zu lange in dem Glauben gelebt, dass Corona irgendwie von alleine weggehen würde, wenn man nur ein wenig Flatten The Curve machen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Weil das Jetzt einem nicht schmeckt, sich gedanklich einfach in eine Zukunft zu flüchten, in der Corona gelöst und die alten Probleme wieder die Schlagzeilen bestimmen, ist eine gefährliche Traumtänzerei.

  • Also ich bin mal dem Link „Grünbuch zur öffentlichen Sicherheit“ gefolgt: Mitunter geht es da auch darum welche verheerenden Auswirkungen ein landes- oder gar europaweiter Stromausfall hätte...das wäre für jede*n von uns sehr, sehr unangenehm und würde leider zu massiver Kritik an der Energiewende führen, ob berechtigt oder nicht...also gerade auch für FfF ein ziemlich heikles Terrain...

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - wirft ein:

    taz.de/Vom-Umgang-...n-Krisen/!5743893/



    "Und dann kommt das 21. Jahrhundert und präsentiert ausgerechnet die Fledermaus, die von der menschlichen Gier zur Wanderschaft gezwungen wird. [....[ Gegenwart verkonsumieren.."



    Augenblick mal...



    "Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen,



    Mein sind die Jahre nicht, die ewa möchten kommen.



    Der Augenblick ist mein, und nehm`ich den in acht,



    so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht."



    (Andreas Gryphius - de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Gryphius )







    Selbst die Fledermaus "wandert" aus, und Ostern kommt der Nikolaus.



    "Wird Joe Biden nun für uns die Welt retten? Nein. " Natürlich nicht. er lässt retten. und btw.: Es wird nicht die Gegenwart "verkonsumiert", es werden Rohstoffe, Güter und Energie "verkonsumiert".



    Und das Verkonsumieren dieser Dinge wird nochmal ins Unermessliche gesteigert werden für das Greenwashing von Indsutrie und Verkehr.



    Das Wort "weniger" jedoch kommt im Artikel nur einmal vor: "Politik ist in diesen Zeiten immer weniger das, was wahr ist, und wird immer mehr zu dem, was sich gut anfühlt."“

    kurz - Wohl wahr.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Dat mit der Fledermaus ist mir auch aufgestoßen. Dann hab ich aber gedacht, wollen wir Mal nicht so kleinlich sein. Das die Menschen zur Fledermaus ziehen und nicht umgekehrt. Und das die Menschen das machen, weil sie so viele sind.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Liggers - mein Sidekick is ITler! - 😂 -



        Na Si‘cher dat. Da mähtste nix.



        Normal.

  • 2G
    27871 (Profil gelöscht)

    Man muss sich doch nur mal viele Online-User-Kommentare in den verschiedenen Medien durchlesen, dann sieht man, dass viele Menschen gar nicht in der Lage sind, verschiedene Sachverhalte parallel zu betrachten. Überall heißt es "Müsste man nicht ersteinmal..." oder so ähnlich. Dass man sich auch um Flüchtlinge kümmern, Müll vermeiden und dabei Maske tragen und Abstand halten kann, begreifen viele der mündigen Bürger gar nicht.

  • Corona hat die Mobilität der Menschen begrenzt, die Wirtschaft etwas reduziert, damit die Schadstoffe etwas begrenzt. In Krisenzeiten neigen Menschen dazu, keine Experimente zu wagen, amtierende Politik zu wählen. Vielleicht besinnt man sich in der Kriese und wendet sich mehr einer sozialen Politik zu. Erneuerbare Energie, gesünderes Essen, vielleicht mehr Selbstbeschränkung im Konsum, in der Menge produzierter Dinge, beim Wohnraum, bei den Reiseentfernungen, bei der Selbstausbeutung und Ausbeutung anderer Menschen könnten in eine positive Zukunft zeigen.

  • Danke für diesen Beitrag. Er bringt das nicht erst neuerliche Agieren der Regierenden auf den Punkt: Konsum als Belohnung und Lebenszweck. Nur auf die Wahlen hoffe ich nicht. Spätestens seit Schröder hat sich gezeigt, dass es völlig egal ist, welche Partei gerade das Sagen hat. Der Einfluss der Wirtschaft, sprich des Geldes, ist entscheidender.

  • Braucht es dringend den systemischen Wandel? Ich glaube diese Sicht trifft es nicht.

    Es ist vielleicht die Jugend, die einen die Welt in der kurzen Spanne seines (bewussten) Lebens als statisch sehen lässt. Ich sehe die Welt eher als eine dauernde Abfolge systemischer Wandel. Die Kunst ist nicht, aus der Trägheit des ewig Gleichen endlich einen systemischen Wandel hinzubekommen, sondern eher die andauernde Folge systemischer Wandel beherrschbar zu machen.

    Da kommt der nächste Punkt: was heißt beherrschbar - zu welchem Ziel? Da liegt es nahe sich aus der ganzen Komplexität ein Thema herauszupicken und damit irgendwie alle Utopien zu verknüpfen. Auch das ist nicht neu, muss auch nicht falsch sein: andere Umweltprobleme, Finanzprobleme, Diskriminierungs- und Wertefragen, Religion, Nationen, Überbevölkerung, Krankheiten, Kriege, Sicherheit und Gesundheit, Arm,Reich und Soziales und vieles mehr wird dann schon auch behandelt, aber irgendwie immer in Abhängigkeit vom Klima. Das kann man machen - das Problem ist mehr, dass es nur einen Teil der Menschen mitzieht das auf diese Art zu betrachten. Andere kommen z.B. von der Religion her und sagen dann, dass wir auch das Klima mitnehmen müssen usw.

    Ich denke daher, dass es besser ist diese Vielfalt auszuhalten. Auch die unklare Zukunft ohne die eine klare Utopie, der alle folgen. Das ist einerseits nicht so kraftvoll wie eine geeinte Menschheit hinter der einen gleichen Utopie, aber man bedenke auch die Gefahren bei zuviel Gleichtakt.

    Und: BigMoney, zumindest im Westen, ist doch im Wesentlichen raus aus dem Öl. Deswegen kann auch jetzt der "Great Reset" laufen, weil man die Technologien, in denen man jetzt investiert ist, fördern will. Ist der Kampf um die C-Verbrennung nicht schon gewonnen? Ginge es wirklich wesentlich schneller?

  • Es ist schon kränkend: nicht der Klimawandel und seine jungen Warner sondern ein blöder Virus zwingt die Gesellschaft zum Stillstand, und das vermutlich recht nachhaltig.

    Nein, wer für die Zukunft nur ein einziges Szenario annimmt, wird mit seinen Vorhersagen nicht richtig liegen und deswegen die Menschen auch nicht dauerhaft erreichen. Kurzfristiges Denken hin oder her.

  • Zitat Neubauer: "Klimapolitik hingegen ist eine umfassende Bejahung, und was für eine: Ja zum Erhalt der Lebensgrundlagen, Ja zu sauberer Luft, Ja zur Artenvielfalt, Ja zu gesicherten Arbeitsplätzen, Ja zur Freiheit auf einem sicheren Planeten, Ja zur gerechten Transformation. Ja,ja, ja!"

    Klingt nicht schlecht: Die Umwelt wird gerettet, das Leben wird wieder entspannter, man kann wieder Natur erleben und genießen, ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit gibt's auch dazu, die soziale Sicherheit bleibt gewahrt, und sozial gerecht geht's natürlich auch zu. Alles drin im Rundum-Sorglos-Paket. Klasse! Wer kann denn ernsthaft dagegen sein?

    Aber mal im Ernst: Das ist pures Wunschdenken. Wenn man Ernst machen will mit dem Klimaschutz, muss man von der Wachstumswirtschaft wegkommen - von einer Wirtschaft, an der derzeit alles, aber auch wirklich alles hängt. Das ist keine Transformation, bei der man sich noch groß Gedanken darüber machen kann, wie sie sich sozial gerecht und unter Wahrung der Grundrechte durchführen ließe. Im Gegenteil, es wäre eine Herkulesaufgabe, die Homo Sapiens eine Gestaltungskraft abverlangen würde, die er nie zuvor in seiner Geschichte unter Beweis gestellt hat.

    Und genau das ahnen wohl viele, weshalb sie lieber noch mal auf dem Vulkan tanzen, anstatt sich Perspektiven hinzugeben, die eigentlich nur Luftschlösser sind.

    Und ich kann das gut verstehen. Bislang kommen von den Klimaschützern immer nur "Visionen" - auch der Artikel von Frau Neubauer geht nicht darüber hinaus - doch das reicht einfach nicht. Es fehlt ganz einfach ein konkretes Konzept für den Übergang zu einer auf Suffizienz basierenden Wirtschaft.

    • @zmx52:

      Ja, "die eine" große Lösung gibt es wohl nicht. Konkrete Konzepte&Ideen gibt es allerdings schon seit Jahren/Jahrzehnten. Hier eine Auswahl von Ansätzen:

      Gemeinwohlorientiertes Wirtschaften, ökologisches Bauen&Design, ökolog. Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft (bes. im Lebensmittelhandel), wirksame CO2-Steuern und Beendigung klimaschädlicher Subventionen, Kapitalsteuern und eine wirksame Sorgfaltspflicht für Großkonzerne (-> Stichwort: "Verursacherprinzip, ethische Risikoprüfungen"), die Demokratisierung all dieser Konzerne und eine Lohnkopplung, transparente Lobbyregister und eine Begrenzung von Parteispenden, partizipative Demokratie, ein bedingungsloses Grundeinkommen usw. usf



      (vgl. z.B. Bücher wie "Ihr habt keinen Plan - deshalb machen wir einen")

      All dies würde - wenn richtig umgesetzt! - den ärmeren und mittelständischen Menschen (in D und weltweit) am allermeisten zugute kommen.



      Harald Welzer fasst diese Ideen&Konzepte unter den Begriff "reduktive Moderne".



      sz-magazin.sueddeu...hraenkt-euch-79220



      www.magazin-restku...it-harald-waelzer/

      Letztendlich geht es darum herauszufinden, wie wir möglichst vernünftig und solidarisch miteinander leben und wirtschaften können. Diese Fortschritte müssen wir uns aber (leider) politisch erkämpfen, sie werden nicht "einfach passieren".

      Dass das alles bisher für die meisten Menschen vollkommen utopisch klingt, kann sich ja noch ändern. :)

      • @Teilchenbeschleuniger°3:

        Viele Menschen machen den Fehler und denken zu lokal. Ja, sie - wir alle hoffentlich - wollen das Weltklima retten. Wo fängt man an? Vor der eigenben Haustür ist es am einfachsten, denkt man sich dann so. Mag sein, aber es gibt Orte/Länder/Regionen auf der Welt, da leben die Menschen in einer geschädigten Umwelt direkt vor ihrer Haustür, die hier in Europa so nie zu finden war. Dort existieren die Wörter Klimaschutz, Umweltschutz, Gesundheitsschutz gar nicht und somit auch kein bischen Verständnis oder Sachkenntnis bei dem Großteil der Bevölkerung dafür. Aber in D müssen Dieselfahrzeuge den Schadstoffausstoß auf x mg reduzieren und in Indonesien z.B. entsteht das neue Kohlekraftwerk und jedweder Abfall landet im Fluß, am Strand oder auf der Straße, wird zum Teil verbrannt oder einfach liegengelassen. Daß man mit Abfall beispielsweise auch anders umgehen kann, zeigt Seoul ganz schön. Dort zahlt man richtig, wenn es zu viel wird.



        Aber hey, sich den größten Verursachern zuzuwenden ist eben nicht meine Aufgabe, weil zu weit weg, denkt sich so mancher.



        Kurzum: Jedes Engagement zählt und ist gut aber leider wird es nicht effizient genutzt.

    • @zmx52:

      Was verstehen Sie denn unter einem solchen "konkreten Konzept"? Die große, universelle Zauberformel, mittels derer wir Mutter Natur dazu bringen, ihre Gesetze außer Kraft zu setzen, damit zur Rettung des Planeten kein Finanzkonzern auf maximale Rendite und kein Geschwindigkeits-Freak auf seinen 500-PS-Boliden verzichten muss?

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ich kann den geäußerten Gedanken zum "Jetztismus" nachvollziehen. Allerdings kommt das von der Kulturindustrie gepeinigte Bewußtsein nie im Jetzt an. Dazu müsste es zuerst einmal begriffen werden und dazu müsste ein Bewußtsein für die historische Verfasstheit des Bewusstsein entstehen, für seine Prägung durch die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse.



    Das Ankommen im Jetzt bleibt Utopie, was sich am besten darin zeigt, dass diese Ankunft im Aberglauben von den materiellen Bedingungen abgetrennt wird (Buddhismus ist in der Pandemie "in") oder in der Flucht in den Hedonismus similiert wird (was sich bei einem Ende der Einschränkungen besonders verstärken wird). Die Flucht ins "Jetzt", ohne dort anzukommen, das wäre der Jetztismus



    An dieser Stelle seien die Schriften von Ernst Bloch ans Herz gelegt, der über den Zusammenhang zwischen Ankunft im Jetzt, revolutionärer Tat und religiöser Erfahrung geschrieben hat.



    Zur "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen", die die Ankunft im Jetzt verunmöglicht. ist auch Walter Benjamins Geschichtsphilosophie interessant:



    "Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm."