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Vier KundenInnenbewertungenAmazon, Du kriegst mich nicht

Ist doch super, wenn man sich den Wischmop noch am selben Tag zuliefern lassen kann! Oder sollte man Amazon grundsätzlich boykottieren?

Amazon – bloß nicht? Foto: imago images/Westend61

☆☆☆☆☆ Ich brauch dich nicht

Ich führe ein Leben ohne Amazon. Obwohl mein Zeitbudget für analoges Shopping gen null geht. Job, Kind, Ehrenamt, Freizeit. Keine Zeit, nie. Mach’s doch mit Amazon, sagen meine Freund*innen. No way, sage ich. Obwohl ich Fan von KI und digitalem Schnickschnack bin. Denn ich habe keine Lust, dass Jeff Bezos weiß, welche Schuhe ich mag, dass ich eine Fahrradlampe brauche und mein Kind sich eine Federtasche mit Drachen wünscht. Ich mag auch nicht, dass er meinen Einkauf bewertet, mir mehr Angebote schickt, und auch seinen Umgang mit Arbeiter*innen in der Logistik kann ich nicht leiden. Sorry, Amazon: Du kriegst mich nicht. Never. Denn es gibt ein Leben ohne dich.

von Tanja Tricarico

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★☆☆☆☆ Offline

Schon Günter Grass kaufte hier gerne ein, als er noch in der Nähe meiner Buchhandlung wohnte. Sie hat eine wackelige Treppe hoch in die Reiseecke und eine Abteilung für Kiez-Bücher, der Parkettboden knarzt herrlich. Meine Buchhandlung wurde 1713 gegründet, sie ist die älteste der Stadt. Sie ist 80 Quadratmeter groß und hat „nur“ 8.000 Titel vorrätig, aber die Buchhändler wissen immer, was ich gerade brauche – und bestellen. Auf Nachfrage packen sie mir den Houellebecq, den Mankell oder auch ein Pixi-Buch in schickes Geschenkpapier und murren kaum, wenn ich nur die Karte zücke. Nicht mal die Hälfte des Umsatzes mit Büchern wurde 2018 im stationären Handel verdient, Tendenz sinkend. Jedes 5. Buch wurde online verkauft, Tendenz steigend. Eigentlich schade. Ermutigend: Mein Laden wird es auch weiter packen.

von Kai Schöneberg

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★★★★★ Willkommen im 21. Jahrhundert!

Neulich wollte ich einen Wischmop kaufen. Im Baumarkt sollte der Lappen 19,90 Euro kosten. Ich zog mein Handy raus. Zwei Stück für 8,99 Euro. Lieferung bis heute Abend. Ohne Amazon gäbe es die feministischen Serien „Transparent“ und „Fleabag“ nicht. Ohne Amazon wäre die Washington Post wahrscheinlich tot. Und an Fans der Innenstädte: Das 20. Jahrhundert ist vorbei. Fußgängerzonen sind die Hölle, ein Geschäft für Matratzen kein Kulturgut. Die Arbeitsbedingungen sind eine Frage für Gewerkschaften. Digitalisierungsängste auf Amazon zu reduzieren, ist antiamerikanisch (Warum boykottiert ihr nicht den Otto-Versand?). Boykotteure verwechseln Moral mit Politik.

von Kersten Augustin

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★★★☆☆ Paketscham

Ausgerechnet im Bioladen gegenüber! Da, wo ökologisch aufmerksame Menschen sich nahezu plastikfrei mit korrektem Zeug eindecken, landen meine säuischen Amazon-Pakete, wenn ich nicht zu Hause bin. An der Tür des Mietshauses, in dem ich wohne, klebt dann für gut zwei Dutzend BewohnerInnen sofort sichtbar ein orangefarbener Benachrichtigungszettel mit meinem Namen drauf: „Kullmann war’s!“

Ja, es kommt vor, dass ich Bücher über jene Plattform ordere. Aber: ausschließlich US-Werke, die meisten antiquarisch, die ich sonst nur schwer oder sehr viel später bekomme würde. „Ich bin Amerikanistin, es hat berufliche Gründe.“ So entschuldige ich mich beim Abholen, denn ich schäme mich wirklich dafür. Besonders seit ich Heike Geißlers Reportage „Saisonarbeit“ las: Die Autorin erzählt in jenem Buch über ihre Tätigkeit im Leipziger Amazon-Lager – übel! Ich kaufte es nicht beim bösen Riesen.

von Katja Kullmann

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10 Kommentare

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  • Haha, hätte ich raten müssen was der werte Herr Augustin für ne Bewertung abgibt hätte ich die volle Punktzahl erreicht.



    Hauptsache billig passt auch super zum Belächeln von Klimaaktivismus und eher mäßigem tazgezwitscher ;-)

  • Bücher bestelle ich entweder sowieso gebraucht, leihe sie aus der Satdtbücherei oder ich sehe mir die Suchen und Angebote bei amazon an, notiere mir die ISBN-Nummer und bestelle beim örtlichen Buchhändler. Zum Abholen muss|darf ich meinen Hintern bewegen…



    So kann ich amazon nutzen, ohne bei amazon zu bestellen…



    Die Gefahr bei amazon ist viel, viel größer als wir wahrhaben wollen:



    amazon ist darauf angelegt, die Monopolstellung zu erreichen!



    Bis dahin sind alle örtlichen Händler bankrott, die Innenstädte bestehen aus Leerstand und die Internetkonkurrenz ist wegen des günstigeren Preises von amazon ausgeschaltet.



    Dann kann amazon Mond-Preise verlangen und ist dann nicht nur bei Büchern Monopolist.



    DAS nenne ich dann Macht – und das Ende von Vergleichsmöglichkeiten.



    Guten Einkauf. 🥊 🥊 🥊 .

    • @Frau Kirschgrün:

      Schon mal was von Alibaba gehört?

      • @Cerberus:

        Mich müssen Sie nicht überzeugen.

  • Gehorcht es einer Steuerung von oben, oder ist es unser eigenes Unvermögen, dass man sich immer mit den Themen befasst, wenn es gerade zu spät ist?

    Dass die Leute sich diese Amazon Wanzen in die Bude stellen ist doch soviel interessanter, als dass die Leute da schonmal ein paar Schuhe bestellen, oder?

    Darüber wird man sich dann so etwa 2025 die Rübe drüber zermatern, wenn da wieder alle Fakten längst geschaffen sind?!

  • Insgesamt habe ich bislang exakt viermal etwas im Netz bestellt, davon dreimal bei Amazon:



    Die friesischen Holzschuhe bekommt man schlicht nicht in ÖPNV-Weite, der Hersteller hat einen onlineshop - OK.



    die anderen drei Mal ging es schlicht um Geld (wg h4): Jeans für 30-35€ weniger als im Laden. Da ich genau weiß, welche Marke, Größe und Farbe ich will, braucht es weder Anprobe noch Beratung, da ist das Geld wirklich gespart.



    Sonst?



    Nö.



    Vorwiegend wg der Arbeitsbedingungen, aber eben auch wg ˋEinkaufserlebnis ´ und Beratung. Das gibt es eben nur offline, und ist mir den Umstand und den Mehrpreis wert.

  • Ich bestelle gerne auf Amazon und schäme mich auch nicht dafür. Die Auswahl ist unschlagbar groß und die Preise in Ordnung.

    Übrigens: Frau Geißler verkauft ihr Buch auch bei Amazon. Auch für den Kindle...

  • 2 Fragen:



    "Nicht mal die Hälfte des Umsatzes mit Büchern wurde 2018 im stationären Handel verdient, Tendenz sinkend. Jedes 5. Buch wurde online verkauft, Tendenz steigend." - was ist die dritte Gruppe, die etwas über 30 % ausmachen sollte.

    2. "und auch seinen Umgang mit Arbeiter*innen in der Logistik kann ich nicht leiden." Der Satz ist ein Widerspruch in sich. Der Streit geht darum, ob es reicht, die Arbeiter übertariflich nach dem Tarifvertrag "Lager und Logistik" zu bezahlen oder der höhere Tarif für den Einzelhandel gelten müsste. Für Logistiker werden die Leute also eher gut bezahlt.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Danke liebe Handlungsgenossin.



    Auch ich lebe völlig Amazonfrei!



    Bin weder verhungert, noch brauche ich sofort und gleich einen Wischmop.

  • Ich muss gestehen, ich liebe die Amazon-Algorithmen, über diese habe ich ein ganzes Universum von Büchern gefunden, die kein noch so gewitzter Buchhändler mir bisher erschließen konnte. Gerade wenn man außerhalb des Mainstreams fündig werden will, sollte man Amazon benutzen.