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Verbot von LachgasVerbot ist gut, Aufklärung ist besser

Klaudia Lagozinski
Kommentar von Klaudia Lagozinski

Lachgas darf nicht mehr an Minderjährige verkauft werden. Das ist richtig. Noch besser wäre Aufklärung über Drogen und ihre schädigende Wirkung.

Rausch mit Risiken für einen kurzen Kick Foto: Hollandse Hoogte/imago

Z zzzzz… der Ballon füllt sich. Der Inhalt berauscht beim Einatmen, lässt die Realität sekunden- bis minutenlang verschwimmen. Stimmen und Musik wirken verzerrt, alles scheint nahtlos ineinander überzulaufen. Entspannung. Kurz darauf ist alles vorbei. So in etwa lässt sich die Wirkung von Lachgas beschreiben.

2024 plante Karl Lauterbach (SPD), damals Gesundheitsminister, den Verkauf von Lachgas an Minderjährige zu verbieten. Seine Nachfolgerin Nina Warken (CDU) trieb sein Vorhaben voran – mit Erfolg: Minderjährige können jetzt offiziell kein Lachgas mehr kaufen. Kartuschen, die es im Handel freiverkäuflich gibt, dürfen eine Füllmenge von maximal acht Gramm haben.



Gut so, denn Lachgas oder N2O, Di­stick­stoffmonoxid, kann neurotoxisch wirken und die Nerven schädigen. Darüber aber denken die Wenigsten nach, wenn sie die Partydroge konsumieren. Regelmäßiger Konsum kann im Rollstuhl enden. Aber schon beim „Genuss“ kann etwas schiefgehen. Wer nur den Balloninhalt einatmet, nimmt in dieser Zeit keinen Sauerstoff auf – Menschen brauchen aber Sauerstoff. Sonst kippen sie eventuell um, knallen gegen einen Schrank oder auf den Asphalt.

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Bisher gab es wasserflaschengroße Kartuschen in Kiosken und im Onlinehandel. Einige Städte, wie Limburg, haben den Verkauf an Minderjährige schon vorher verboten. Komplett verbieten lässt sich N2O indes nicht. ­Manche Zahnärzte verwenden es als Betäubung, auch bei Geburten kommt es zum Einsatz. In diesen medizinischen Settings ist N2O mit Sauerstoff vermischt, geschultes Personal ist dabei. Anders ist das auf Parkplätzen, in Kinderzimmern, auf Partys. 



Dennoch kann ein Verkaufsverbot nur der erste Schritt sein. Es braucht vor allem Aufklärung, erst recht in Deutschland, wo schon junge Menschen (legal) kiffen und saufen. Nur weil eine Droge nicht an jeder Straßenecke verfügbar ist, bedeutet das nicht, dass in Deutschland nicht weiter konsumiert wird. Substanzen jeglicher Art sind nicht per se schlecht, unbedachter Konsum hingegen schon. Warken sollte sich dieses Problems annehmen, wenn sie junge Menschen schützen will.

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Klaudia Lagozinski
Nachrichtenchefin & CvD
Immer unterwegs. Schreibt meistens über Kultur, Reisen, Wirtschaft und Skandinavien. Meistens auf Deutsch, manchmal auf Englisch und Schwedisch. Seit 2020 bei der taz. Master in Kulturjournalismus, in Berlin und Uppsala studiert. IJP (2023) bei Dagens ETC in Stockholm.
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3 Kommentare

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  • Hochgefährliche Drogen beim Fusion-Festival festgestellt

    www.aerzteblatt.de...-ba36-cd0835fb4a52

    Festival-Besucher in Klinik – gefährliches Kokain auf der Fusion

    www.t-online.de/na...hen-in-klinik.html

    Besucherin von der Fusion schwebt weiter in Lebensgefahr

    www.nordkurier.de/...bensgefahr-3715764

  • Stimmt, die Rollstuhldroge gibt es bald nicht mehr in den Spätis zu kaufen. Aber was bringt Aufklärung, bei Gruppendynamiken? Es ist verboten, dass zwei oder drei Minderjährige auf E-Scootern fahren und dabei E-Shishas rauchen. Es gibt Debatten zur Zerschlagung von Social-Media-Konzernen und Verbot zur Nutzung unter 16 Jahren. In England gibt es dieses Werbeverbot der zuckerhaltiger Limos...

    Aufklärung für bewusste Nutzung ist eine urliberaler Ansatz, aber der steht zunehmend unter Druck. Wie soll das alles geleistet werden bei dem Unterrichtsausfall, mal abgesehen vom Druck vieler Lobbys und diversivizierter Einkaufsmöglichkeiten?

  • "Es braucht vor allem Aufklärung..."



    Und wie gut die wirkt, sieht man ja bei Zigaretten und Schnaps, bei illegalen Drogen aller Art, auch sehr gut beim nicht endenden Fahren mit Verbrennern, Heizen mit fossilen Brennstoffen, maßlosem Wasserverbrauch und so weiter. Das Problem ist leider, dass jeder sich einbildet, dass die Auswirkungen ihn in seinem eigenen speziellen Fall nicht betreffen.