Verbeamtung von Lehrkräften: Mehr Geld ist doch genug
Als letztes Bundesland kehrt nun auch Berlin zur Verbeamtung seiner Lehrkräfte zurück. Dieser Schritt ist bedauerlich – und langfristig unklug.
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V erbeamtete LehrerInnen gibt es also wieder flächendeckend. Die neue Berliner Landesregierung hatte mit ihrer Entscheidung realpolitisch keine andere Wahl: In jedem anderen Bundesland werden Lehrkräfte inzwischen (wieder) verbeamtet. Logisch, dass der pädagogische Nachwuchs eher dorthin geht, wo es mit dem Beamtenstatus mehr Geld und vor allem eine gute Pension gibt.
Trotzdem ist dieser Schritt, den zuletzt auch Thüringen machte, bedauerlich und langfristig nicht klug. Das Argument, ohne Verbeamtung würde man nicht genug LehrerInnen bekommen, sagt etwas über die Konkurrenz um Lehrkräfte zwischen den Bundesländern aus. Es ist aber kein Argument für den Beamtenstatus als solchen, zumal LehrerInnen anders als Justizvollzugsbeamte oder Finanzbeamte keine hoheitlichen Aufgaben haben.
Der Beamtenstatus wurde nicht erfunden, um Beamte besonders gut zu bezahlen, sondern weil der Staat sein Personal für sensible Aufgaben eng an sich binden wollte. Den Pull-Effekt zum Beamtenstatus gäbe es nicht, wenn man die angestellten LehrerInnen besser bezahlen würde – und der Nachwuchs bei der Berufswahl nicht auf Pensionserwartungen in 40 Jahren blicken würde. Dass junge Menschen auch deshalb gern Beamte werden, zeigt, dass die Lücke zwischen Pensionen zumindest im höheren Dienst und der gesetzlichen Rente inzwischen viel zu groß geworden ist.
Wer verbeamtet ist, gibt diesen Status nicht freiwillig auf – ein Lehrer, der mit 40 merkt, dass er Schulkinder eigentlich nicht ausstehen kann, wird bis zur Pension durchhalten und seine wahren beruflichen Träume nie erfüllen. Umgekehrt ist für talentierte 50-Jährige der Lehrerberuf nicht attraktiv, weil sie in den meisten Bundesländern nicht mehr verbeamtet werden. Gleichzeitig sind es die LehrerInnen, die nicht nur Formeln und den Zweiten Weltkrieg erklären sollen, sondern die SchülerInnen „fit“ für den Arbeitsmarkt machen sollen – den sie selbst außerhalb ihrer Beamtenblase nicht kennen. Wertschätzung gegenüber Lehrkräften kann der Staat über mehr Geld zeigen – der Beamtenstatus ist dafür nicht nötig.
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