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Vater von Maja T.Zu Fuß bis ins Auswärtige Amt

Wolfram Jarosch kämpft um sein Kind: Nun ist der Vater von Maja T. nach Berlin gelaufen und hat dort eine Petition übergeben.

Wolfram Jarosch, der Vater von Maja T. demonstriert am Montag vor dem Auswärtigen Amt in Berlin gegen die Haftbedingungen Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin/taz | „Ich sehe mein Kind mehr und mehr leiden“, sagte Wolfram Jarosch am Montagvormittag bei einer Kundgebung vor dem Auswärtigen Amt (AA) in Berlin. Der Außenminister Johann Wadephul (CDU) habe „die moralische Pflicht, Maja zurückzuholen“, so Jarosch. Anschließend übergab der Vater der in Ungarn inhaftierten Jenaer Antifa-Aktivist:in Maja T. eine Petition bei einem Termin im AA.

Die Petition mit mehr als 100.000 Unterschriften fordert die Rücküberstellung von T. nach Deutschland. Persönlich nahm Wadephul die Petition nicht in Empfang, er war am Montag in Prag bei einem Termin mit Tschechiens Außenminister Jan Lipavský. Aus dem AA heißt es auf taz-Nachfrage, das Gespräch mit Jarosch sei mit einem Vertreter der Rechtsabteilung geführt worden.

Nach dem rund einstündigen Gespräch im Auswärtigen Amt sagte Jarosch der taz, er könnte „nichts Konkretes“ von dem Termin berichten. Zudem habe man Vertraulichkeit vereinbart. Ob er aber nun mehr Hoffnung habe? „Ein bisschen mehr“, sagte Jarosch. Man setze sich „hochrangig“ für Maja T. ein und „werde dies auch weiter tun“, heißt es aus dem AA. Politische Möglichkeiten für eine Rückholung sah das Ministerium bisher nicht. Dies müssten ungarische Gerichte entscheiden, hieß es dort zuletzt. Das AA hatte zudem erklärt, Maja T. konsularisch zu betreuen, den Prozess zu beobachten und sich für bessere Haftbedingungen einzusetzen.

Maja T. soll im Februar 2023 in Budapest an Angriffen auf Neonazis beteiligt gewesen sein. Im Juni 2024 wurde T. nach Ungarn ausgeliefert und befand sich dort bis zuletzt in Budapest in Isolationshaft. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Auslieferung nach Ungarn für rechtswidrig. Seit Februar läuft in Budapest der Prozess gegen T., es drohen bis zu 24 Jahre Haft. Vorgeworfen wird T. lebensgefährliche Körperverletzung und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.

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Petition für Maja T.

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Sorge vor Zwangsernährung

Vor etwa einem Monat ging T. in den Hungerstreik, um bessere Haftbedingungen und eine Rücküberstellung nach Deutschland zu erwirken. Am Dienstag vergangener Woche wurde T. nun in ein Haftkrankenhaus verlegt. Laut T.s Vater Jarosch hat T. etwa 13 Kilo ab­genommen. Auch die Leberwerte sollen sich verschlechtert haben.

Wolfram Jarosch fürchtet nun eine Zwangsernährung von Maja T. durch die ungarischen Ärzte. Diese ist bei Hungerstreikenden ethisch und ­medizinisch umstritten, weshalb der Weltärztebund und auch die Bundeärztekammer diese untersagen. Auch Ungarns Ärztekammer Magyar Orvosi Kamara ist Mitglied des Weltärztebunds.

Maja T.s Vater Jarosch war in der letzten Woche bei einem Protestmarsch von Jena nach Berlin gelaufen, um die Petition an das AA zu übergeben. Berlin erreichte Jarosch am Sonntag. Dort ging er in einem Demonstrationszug mit mehr als dreihundert Teilnehmenden auch am Kammergericht Berlin vorbei. Das Kammergericht hatte die verfassungswidrige Auslieferung von Maja T. veranlasst.

Deutschlandweit fanden in den vergangenen Wochen Solidaritäts-Aktionen statt. Anfang Juni demonstrierten in T.s Heimatstadt Jena Tausende für die Rückholung von T. „Es ist höchste Zeit, dass die politisch Verantwortlichen entschlossen handeln“, betont auch Andreas Simon, Pfarrer der Jenaer Innenstadtgemeinden. Auch die Mitgliederversammlung der Evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge hatte sich im Mai für die Rücküberstellung von Maja T. ausgesprochen. Auch Po­li­ti­ke­r:in­nen der Linken, Grünen und SPD fordern die ­Rückholung und ein rechtsstaatliches Verfahren in Deutschland.

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20 Kommentare

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  • Dumme Frage:



    Wie wären denn nichtbinäre Gefangene korrekt unterzubringen:



    - im Frauen-Trakt



    - im Männer-Trakt



    - im Nichtbinären-Trakt



    - oder doch am unproblematischsten in Einzelhaft?

  • Das ganze Theater ist höchst kontraproduktiv. So kann die ungarische Administration gar nicht mehr einlenken ohne das Gesicht vor den eigenen Anhängern zu verlieren. Das Verfahren gehört sowieso nach Ungarn. Danach wird dann zur Verbüßung der Haft nach Deutschland überstellt. Würden auf deutschen Straßen Ausländer politisch motivierte Hassverbrechen begehen, würden wir uns moralinsaure Kommentare aus den Herkunftsländern gefälligst verbitten. Dieses Recht haben wir den Ungarn ebenfalls zuzugestehen.

    • @Šarru-kīnu:

      Auf den Punkt gebracht.....genau mein empfinden.



      Man fährt nicht nach Budapest um " Glatzen kloppen"....und wenn dann trägt man auch die Konsequenzen, es war keine spontane Einzeltat, sondern ein geplantes, in Gruppe ausgeführtes, Komplott.

  • Als Familie kann man dies verstehen, aber am Ende sollte auch hier nicht eine fortwährende Täter-Opfer-Umkehr plakatiert werden. Vll. auch mal in dem Artikel etwas zum gesundheitlichen Zustand der brutalen Angriffe erwähnen.

    • @Pete75_:

      Bisher wird lediglich von der ungarischen Staatsanwaltschaft unterstellt, dass Maja T. an diesen Angriffen beteiligt war. Wir wissen nicht, ob das tatsächlich so ist.



      Es geht hier auch nicht um ein bereits zu fällendes Urteil, sondern um eine rechtstaatliches Verfahren und menschenwürdige Haftbedingungen. Und nicht zuletzt um eine unrechtmäßige Auslieferung, die sicherlich nicht aus Versehen mitten in der Nacht durch ungewohnt schnelles Handeln der Vollzugsbehörden vollendete Tatsachen geschaffen hat, bevor ein Gericht hierzu eine Entscheidung treffen konnte. Ein Schelm.....



      Stellen Sie sich einfach mal vor Sie werden von einem anderen Staat, der zu Recht von der EU mit Strafzahlungen belegt ist, weil seine Justiz nicht unabhängig ist, einer Tat bezichtigt, die sie nicht begangen haben. Möchten Sie dann ganz gehorsam und fix ausgeliefert werden, bevor deutsch Gerichte das abschließend prüfen können?

      • @Life is Life:

        Die deutschen Gerichte haben ja alles geprüft - nur war das BVerFG der Ansicht, dass die Frage der Haftbedingungen nicht ausreichend intensiv geprüft wurde.

  • Schön wer da was und warum eine Rückführung fordert, nur auf welcher rechtlichen Basis soll das den bitte stattfinden? Und woraus sollte sich die moralische Pflicht ergeben.

    Der Fall wird auch nicht besser, indem die taz zwei mal pro Woche darüber berichtet. Und auch das Thema Hungerstreik hatten wir ja letzlich auch erst kürzlich im Zusammenhang mit Herrn Wolfgang Metzeler-Kick, der seine Aktion nach drei Monaten abgebrochen hat.

    • @DiMa:

      Bitte einfach mal in Art 16 GG schauen.



      Dazu passend noch ein Artikel in der FAZ: "Kaum Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und der Slowakei"

      • @RealSeebaer:

        Naja, in Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG steht ja ausdrücklich, dass eine Auslieferung an ein Land innerhalb der EU unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist und das entscheidende Kammergericht hat diese Voraussetzungen als gegeben angesehen.

        Eine anderweitige im Nachgang getroffene Entscheidung hat keinerlei Auswirkungen und bindet die Bundesregierung in keiner Weise.

    • @DiMa:

      "Und woraus sollte sich die moralische Pflicht ergeben."



      "Das Kammergericht hatte die verfassungswidrige Auslieferung von Maja T. veranlasst."



      Aus der verfassungswidrigen Behandlung von Maja T. durch ein Berliner Gericht, die das Verfassungsgericht als "tiefgreifenden Grundrechtseingriff" sieht ergibt sich für den Staat, der das unter dubiosen Umständen zugelassen hat, eindeutig die moralische Pflicht dieses Unrecht zu korrigieren und seine Staatsbürgerin vor den Haftbedingungen in Ungarn zu schützen.



      Ich wüsste übrigens gerne welcher Kammerrichter in Berlin Viktor Orban und Ungarns Rechtsextremen so ergeben ist ihnen gegen deutsches Recht bei ihrem "Kampf gegen Linksextreme" zu helfen. Vielleicht kann das AA hier einen Austausch anbieten und Maja so zurück holen.

      • @Residente:

        Wie hier schon angesprochen, nach Abschluss der Verhandlung und wenn es zu einer Verurteilung kommt, wird M.T. nach Deutschland abgeschoben.



        Hier wird die Dauer der Untersuchungshaft, die erschwerten Bedingungen der Untersuchungshaft angerechnet und M.T. ist praktisch sofort auf freiem Fuß....geht endlich diesen Weg, bringt es zu Ende.

    • @DiMa:

      Die rechtliche Basis ist dass sie unrechtmäßig ausgeliefert wurde.



      Dann wird man sie wohl zurückholen können. Man müsste nur ein wenig Druck machen, es gibt Mittel und Wege



      Gar nicht schwer zu verstehen.

      • @WasistnurlosindiesemLand:

        Deutschland hat in Ungarn keine Hoheitsgewalt und kann daher niemanden "zurückholen". Wenn ein Italienier in Deutschland Straftaten begeht, sagen wir ein Post-faschist, der Linke verprügelt hat, würde Frau Meloni auch nicht dafür sorgen können, dass zum Beispiel das Landgericht Köln das Verfahren nach Italien abgibt. Sondern die Kölner Richter werden sagen, dass die Zeugen ja in Köln sind, Deutsch sprechen und daher das Verfahren in Deutschland verhandelt wird.

        Die Interessen der Geschädigten sollte man auch etwas beachten, sich sonst nach Deutschland reisen müssten für ein Verfahren, das dann in einer fremden Sprache geführt wird.

        • @Dr. McSchreck:

          Für das Zurückholen gibt es Diplomatie.

          • @RealSeebaer:

            Gerichte sind nicht weisungsgebunden. Wenn das Gericht das Verfahren in Ungarn vehandeln will, kann niemand es zwingen, die Angeklagte nach Deutschland ausreisen zu lassen. Es hebt einfach den Haftbefehl nicht auf und verhandelt weiter.

    • @DiMa:

      Auch in obigem Artikel steht, daß Maja T. (sehr kurz) VOR der Entscheidung des BVerfG GEGEN Auslieferung nach Ungarn ausgeliefert wurde.



      So allgemein würde der Staat ein Stück weit mehr "mein Staat", wenner sich bedingungslos um seine Bürger*innen kümmert und die z.B. ned auch mit Absicht noch vor dem Rechtsweg rausschmeißt.

    • @DiMa:

      Die Justizministererin Dr. Hubig hat betont das die Auslieferung rechtmäßig war. Das Oberverwaltungsgericht Berlin hatte die Rechtmäßigkeit bestätigt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kam erst als Maja T. schon in Ungarn gelandet war. Weiterhin meint die SPD Ministerin das sich Deutschland nicht in die Justiz Ungarns einmischen wird. Deutschland möchte Zb. auch nicht das sich Herr Erdogan in deutsche Justizangelegenheiten einmischt.

      Und Ungarn wird Maja T. frühestens nach rechtkräftiger Verurteilung wieder nach Deutschland überstellen.

    • @DiMa:

      Die rechtliche Basis sollte an der Stelle das Urteil des Verfassungsgerichts sein, das ja festgestellt hat, dass Majas Auslieferung rechtswidrig war.

      • @Piratenpunk:

        Zum Zeitpunkt der Auslieferung war das Urteil und damit die Auslieferung rechtsmaessig.

    • @DiMa:

      Fordern kann man immer und eine Unterschrift kostet ja nichts. Sie haben aber recht, dass niemand Ungarn zwingen kann, die Person vor einem Urteil auszuliefern, während umgekehrt jeder dt. Staatsbürger das Recht hat, die Strafe dann in Deutschland zu verbüßen.