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Urteil des BundesverwaltungsgerichtsFrauenmörder behält seine Beamtenpension

Ein in Spanien verurteilter Frauenmörder behält seine deutsche Beamtenpension – weil er nicht in Deutschland verurteilt wurde.

2019 tötete der deutsche Pensionär seine Frau und Sohn, das Verwaltungsgericht Leipzig befand nun das er seine staatliche Rente behalten darf Foto: Cristóbal García/imago

Leipzig taz | Ein Frauenmörder kann seine Beamtenpension behalten – weil er in Spanien verurteilt wurde und nicht in Deutschland. Das entschied an diesem Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Der 1975 geborene Mann aus Sachsen-Anhalt arbeitete bis 2011 als Verwaltungsamtmann bei der Bundesanstalt für Arbeit. Seit er wegen eines Rückenleidens dienstunfähig wurde, erhält er eine Pension von rund 2.000 Euro pro Monat. Inzwischen sitzt der Mann allerdings in einem spanischen Gefängnis. Er hatte 2019 in einer Höhle auf Teneriffa seine getrennt lebende Ehefrau und einen zehnjährigen Sohn getötet. Der zweite Sohn konnte entkommen. Ein spanisches Gericht verurteilte den Pensionär wegen Mordes zu lebenslanger Haft.

Hätte ein deutsches Gericht den Ruhestandsbeamten verurteilt, wäre ihm sein Pensionsanspruch gestrichen worden. Er hätte dann in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden müssen, was für ihn ungünstiger gewesen wäre. Für Verurteilungen im Ausland fehlt jedoch eine Sanktionsmöglichkeit.

Eine verfassungsfeindliche Tat?

Deshalb argumentierte die Arbeitsagentur, der ehemalige Arbeitgeber des Pensionärs, der Mann habe seine Pensionsansprüche verloren, weil er sich mit dem Mord gegen die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ betätigt habe. „Das Recht auf Leben und die Menschenwürde sind zentrale Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, so die Agentur-Anwältin Monika Stevens in Leipzig.

Doch das Gericht sieht in einem Mord ohne politischen Hintergrund keine „Betätigung“ gegen die Verfassungsordnung. Selbst bei einem Femizid, einem Mord aus geschlechtsspezifischen Gründen, gelte nichts anderes. Ohnehin hatte das spanische Strafgericht keinen Femizid festgestellt, obwohl dies nach spanischem Recht möglich gewesen wäre.

Der Vorsitzende Richter Markus Kenntner wunderte sich zu Beginn der Verhandlung, warum der Fall überhaupt ein so großes mediales Interesse gefunden hatte. „Wenn ein Rentner einen Mord begeht, diskutiert man auch nicht, ob ihm die Rente gestrichen wird.“

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12 Kommentare

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  • Ein Trost bleibt: Von seiner Pension hat er nicht viel - lebenslanger Knast!

  • Da hat der Vorsitzende Richter durchaus einen Punkt. Es mag etwas absurd scheinen, eine Verurteilung im Ausland anders zu werten als im Inland, doch noch absurder erscheint die damit einhergehende Doppelbestrafung.

  • Würde ein Rentner, der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung Leistungen bezieht, denn seine Ansprüche verlieren ?

  • Das Urteil mag ja formaljuristisch begründbar sein, aber mich wundert, dass sich der Vorsitzende Richter Markus Kenntner wundert, das für Beamte etwas anderes gelten könnte (?).



    Ich kenne Beamte/Beamtinnen, denen wurden die die Bezüge (da gehören auch Pensionen dazu) gekürzt, weil sie mit Promille am Steuer oder drei mal beim Schwarzfahren erwischt wurden. Das beamtenrechtliche Disziplinarrecht gibt das halt her. Sollte er eigentlich wissen. Das sog. außerdienstliche Verhalten gilt für Beamte immer und überall. (Die Vorstrafe leider nicht).

  • En passant wird in einem Teilsatz erwähnt, dass der „Frauenmörder“ auch noch ein zehnjähriges Kind ermordet hat. Das wirkt irgendwie geschmacklos.

    • @Suryo:

      Möchte ich zustimmen. Das ist ein Doppelmord und ein Mordversuch an Angehörigen, davon zwei Kinder. Letzteres scheint Nebensache und ist geschmacklos i.S. von bitter.



      Ein Femizid im eigentlichen Sinn ist das außerdem nicht, das ist eine Beziehungstat an Familienangehörigen (Die geschiedene Ehefrau ist in verschiedenen rechtlichen Aspekten eine Angehörige, die leiblichen Kinder sowieso). Deswegen ist die Überschrift irreführend.

      Es gibt auch andere interessante Urteile zu Versorgungsansprüchen nach Straftaten, z.B. die Versorgung von Horst Arnold und seinen Hinterbliebenen, das wirkt auch paradox.

  • Rentner haben eingezahlt. Beamte werden alimentiert. Beamte können entlassen werden und Ihnen steht dann auch keine Alimentierung mehr zu, wenn sie sich so extrem asozial verhalten haben.

    Ich würde ja mal gern wissen, ob der Umgang anders wäre, wenn so massenweise und ständig Männer von Frauen getötet, gequält und missbraucht würden. Wenn das eben irgendwie ganz normal wäre wegen „Ist halt so“. Nimmt man natürlich nicht die Alimentierung weg, warum auch…Machen Rentner schließlich auch dann und wann.

    Gibt nichts zu sehen. Den dumpfblöden Richterspruch noch obendrauf.

    • @GoJoRow:

      "Ich würde ja mal gern wissen, ob der Umgang anders wäre, wenn so massenweise und ständig Männer von Frauen getötet, gequält und missbraucht würden. "

      Es gibt ein ganz gut lesbare Seminararbeit dazu :

      static1.squarespac...inarfacharbeit.pdf

      Nach Statista gab es in den letzten Jahren pro Jahr ungefähr 900 Femizide und 250 Morde , ca. 150 an Männern, ca. 100 an Frauen. Bei den Femiziden werden auch die Mordversuche gezählt.

      Wenn ich die Vorstellung hätte , dass massenweise und ständig jemand von jemand getötet , gequält und missbraucht würde hätte ich Tag und Nacht Alpträume. Das ist derzeit in der Ukraine, im Sudan , in Jemen, in Gaza , in vielen Regionen der Welt und war früher im KZ und in den überfallenen Ländern so.

      Es gibt zu viel Gewalt. Das muss besser werden , keine Frage.

    • @GoJoRow:

      Ach ja, Volkes Stimme.



      Sie haben zwar offenbar keine Ahnung von den juristischen Grundlagen des Urteils, können aber gut vom hohen Ross aus (ver)urteilen und die Richter beleidigen.



      Super.

      Ein Richter hat sich aber nun mal an Gesetze zu halten und die sind in diesem Falle eindeutig.



      Auch, wenn es Ihnen nicht passt

  • Da das Strafrecht in der EU Angelegenheit der Mitgliedsstaaten ist und keine automatische wechselseitige Anerkennung von Urteilen stattfindet, ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts folgerichtig. In Deutschland gilt der Ruhestandsbeamte als nicht vorbestraft.

    • @DiMa:

      Deshalb braucht der Richter jedoch nicht einen dämlichen Spruch hinterher zu senden. Hätte er doch das Maul gehalten....

      • @Perkele:

        Mir ist lieber, er hält sich bei der Rechtsprechung an Recht und Gesetz und lässt dann dannach einen Spruch raus, als dass er seine persönliche Überzeugung bei der Rechtsprechung einfließen lässt. Um ehlich zu sein, der Spruch am Ende ist mir vollkommen egal.

        Kritischer sehe ich eher die Arbeitsagentur, die versucht, das Recht mit einer abwägigen Argumentation zu verbiegen, frei nach dem Motto "da muss man doch irgendwas machen". Das ist doch nur Aktionismus.

        Der wichtigste Satz im Artikel: "Für Verurteilungen im Ausland fehlt jedoch eine Sanktionsmöglichkeit."