piwik no script img

Ukrainische Abgeordnete Maryana BezuhlyaDauernde Provokationen

Mit ihren Äußerungen sorgt die ukrainische Parlamentarierin Maryana Bezuhlya nicht nur in der Opposition für Unmut. Konsequenzen bleiben bislang aus.

Die ukrainische Abgeordnete Maryana Bezuhlya im April 2022 Foto: IMAGO/Attila Husejnow

Da hat die Abgeordnete der Partei „Diener des Volkes“, Maryana Bezuhlya, noch mal Glück gehabt. Nachdem sich der Parlamentsausschuss für Fragen der nationalen Sicherheit am 5. Januar für eine Absetzung der umstrittenen 35-jährigen Abgeordneten ausgesprochen hatte, beschloss das ukrainische Parlament am Mittwoch, nicht zu entscheiden, ob die strittige Abgeordnete der Regierungspartei Vizevorsitzende eines der wichtigsten Parlamentsausschüsse bleiben darf. Ein Antrag, über ihre Absetzung abzustimmen, wurde von der Mehrheitsfraktion „Diener des Volkes“ nicht auf die Tagesordnung gesetzt.

Er habe am 5. Januar im Ausschuss für eine Absetzung von Bezuhlya gestimmt, schrieb der Abgeordnete der oppositionellen Vaterlandspartei Vadym Ivchenko im Januar auf seiner Facebook-Seite. „Ich glaube, dass in der Werchowna Rada an den entsprechenden Stellen Menschen sitzen sollten, die unsere Positio­nen stärken“, sagte er.

So vehement hatte sich die Opposition seit Kriegsbeginn noch nie im ukrainischen Parlament artikuliert. Zeitweilig hatten Abgeordnete gar das Podium belagert, um zu so erreichen, dass ihr Antrag auf die Tagesordnung gesetzt wird. Die lebendige Auseinandersetzung zeigt, wie umstritten die Frau ist. Immer wieder war die Ärztin zuvor mit sehr gewagten Äußerungen angeeckt.

Das ukrainische Onlineportal Obozrevatel berichtet, sie sei im Frühjahr 2022 Co-Autorin eines Gesetzentwurfes gewesen, der Befehls­habern erlaubt hätte, ungehorsame Unter­gebene zu töten. Der Gesetzentwurf wurde jedoch zurückgezogen. Von anderer Seite wurde sie beschuldigt, sich offen in die Arbeit des Inlandsgeheimdienstes SBU einzumischen.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Oberbefehlshaber

Den größten Unmut hatte sich die streitbare Medizinerin indes im November 2023 mit ihrer offenen Kritik an dem ukrainischen Oberbefehlshaber Walerij Saluschnij zugezogen. Dieser habe keinen Plan für 2024. Bezuhlya, so zitiert der russische Dienst von BBC den ukrainischen Politologen Wolodymyr Fesenko, schade mit ihrer Saluschnij-Kritik Präsident Selenskyj mehr, als sie ihm nütze. Wenn Saluschnij zurücktreten würde, könnte aus ihm ein mächtiger politischer Rivale des Präsidenten werden.

„Maryana Bezuhlya mag denken, dass sie Präsident Selenskyj einen großen Gefallen getan hat, als sie Saluschnij zum Rücktritt aufgefordert hatte“, so Fesenko. „Tatsächlich aber hat sie dem Präsidententeam mit ihren provokativen Äußerungen bereits großen Schaden zugefügt.“

Die Ärztin, die nach ihrem Studium an der ukrainischen Militärakademie ein Praktikum im US-Außenministerium für Organisation und Verwaltung im Gesundheitswesen absolviert hatte, wechselte nach einer Tätigkeit als Allgemeinärztin zum Verteidigungsministerium der Ukraine. Dort war sie für Reformen des medizinischen Dienstes bei den Streitkräften zuständig. Ab 2019 überwachte sie als Oberinspektorin die Auftragsvergabe des Verteidigungsministeriums und des Generalstabs der Streitkräfte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Walerij Saluschnij ist vermutlich einer der fähigsten Militärs der letzten Jahrzehnte, er hat seine Armee zu mehreren Siegen gegen die russische Armee geführt, die Beobachter vor dem Krieg für unmöglich hielten. Würde der Westen ihm die Waffen geben die er braucht er würde den Krieg zügig beenden und dem russischen Imperialismus ein Ende bereiten. Maryana Bezuhlyas Ansichten hingegen sind die von jemanden der Krieg in Warhammer 40K Romanen studiert hat oder in Reddit Foren, so ganz genau kann ich das nicht absehen. Aber ihre Ansichten sind so krude, da waren die meisten Armeen im 2. Weltkrieg weiter.

    Spinner gibt es in jedem Parlament, USA haben Marjorie Green-Taylor Deutschland hat Dieter Dehm, so hat jede Demokratie ihr Kreuz zu tragen.

    • @Machiavelli:

      Warum tun Sie eigentlich immer so als wenn die Ukraine eine Demokratie wäre?

      Es handelt sich um ein klassisches Hybrid System:

      www.demokratiematrix.de/ranking

      Vergleiche mit den USA oder Deutschland sind nun wirklich fehl am Platz.

      • @Alexander Schulz:

        Noch hinter Kolumbien und Mexiko...

        • @Sonntagssegler:

          Ich denke viele "Falken" müssen die Urkaine als Demokratie sehen mit unseren Werten, ansonsten wäre halt diese gigantische Hilfe schwer zu rechtfertigen. Da sind Fakten vermutlich gar nicht so relevant. Ich stelle mir immer vor wie unsere Welt aussehen könnte, wenn es nur ein Bruchteil der "Solidarität" mit der Ukraine für andere Konflikte oder kriege geben würde.

  • Ich hatte erste geglaubt ich hätte nicht richtig gelesen:



    "Das ukrainische Onlineportal Obozrevatel berichtet, sie sei im Frühjahr 2022 Co-Autorin eines Gesetzentwurfes gewesen, der Befehls­habern erlaubt hätte, ungehorsame Unter­gebene zu töten."

    Und diese Frau ist und bleibt Vizevorsitzende eines der wichtigsten Parlamentsausschüsse? Sind das die "europäischen Werte" für die wir die UA jeden Monat mit Milliarden untgerstützen?

    • @Gerald Müller:

      Der Entwurf wurde mit überwältigender Mehrheit und unter großer Empörung abgelehnt. Und auch im Bundestag tummelt sich die ein oder andere fragwürdige Gestalt herum.

    • @Gerald Müller:

      Ne. Die europäischen Werte sind die, das der Gesetzentwurf nicht umgesetzt wurde. Im Übrigen unterstützen wir



      a) die Ukraine, weil davon auszugehen ist, dass Russland -im Falle eines Sieges - es nicht bei er Einverleibung des Landes stehen bleiben würde.



      b) weil die Hinwendung zu demokratischen Werten in der Ukraine ein noch nicht abgeschlossener Prozess ist (der m.M. nach auch scheitern kann)

      • @mlevi:

        Es ist schon erschütternd, wie viele Leute nicht begreifen, das wir die Ukraine allein aus Eigennutz unterstützen (müssen) und nicht aus Gutmenschentum.