piwik no script img

Ukrainisch-russischer KonfliktKrim beschäftigt UN-Vollversammlung

Die Ukraine möchte in New York eine Resolution gegen die Annexion der Halbinsel durchbringen. Der IWF stellt derweil einen 18 Milliarden-Kredit für die Ukraine bereit.

Die Russen kommen, die anderen gehen: Ukrainische Panzer werden von der Krim abgezogen. Bild: ap

MOSKAU/BRÜSSEL dpa | Der Konflikt um die Krim beschäftigt am Donnerstag zwei hohe Gremien in Moskau und New York - allerdings unter unterschiedlichen Voraussetzungen. Während die Mitglieder des Föderationsrates in Moskau zusammen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über weitere Schritte zur Integration der Halbinsel beraten, will die UN-Vollversammlung auf Antrag Kiews über einen Resolutionsentwurf gegen die jüngste Entwicklung rund um die Krim entscheiden. Nach der Annexion wird die Halbinsel immer mehr in russische Strukturen eingebunden. Unter anderem will Moskau seine Militärpräsenz auf der Krim verstärken. Die USA wollen dagegen mehr Nato-Präsenz in Osteuropa.

Die Ukraine hatte der Vollversammlung zu Wochenbeginn einen Resolutionsentwurf vorgelegt, in dem dazu aufgerufen wird, das Ergebnis des Referendums, mit der die Bewohner der Krim mehrheitlich für den Anschluss an Russland gestimmt hatten, nicht anzuerkennen. Der Entwurf appelliert an die internationale Gemeinschaft, keine Veränderung der ukrainischen Grenzen anzuerkennen. Unter den 193 Mitgliedern des Gremiums ist auch Russland, alleine könnte es die Resolution aber nicht verhindern. Resolutionen der Vollversammlung sind allerdings nicht bindend.

Am Mittwoch hatte US-Präsident Barack Obama die Europäer im Konflikt um die Ukraine zu einer stärkeren Abgrenzung von Russland aufgerufen. Nach einem Treffen mit der Spitze der Europäischen Union verlangte Obama am Mittwoch in Brüssel, die EU-Staaten müssten mehr für eine unabhängige Energieversorgung und die Sicherung ihrer Verteidigungsfähigkeit tun: „Die Lage in der Ukraine erinnert uns daran, dass Freiheit nicht kostenlos ist.“ Die USA und Europa seien bereit, Russland mittels Sanktionen bezahlen zu lassen, falls Moskau die Lage in der Ukraine weiter destabilisiere.

In einer Grundsatzrede zum Abschluss seines Besuches in Brüssel begründete Obama anschließend, warum die Welt die Annexion der Krim nicht akzeptieren dürfe. „Russlands Führung greift Wahrheiten an, die noch vor Wochen selbstverständlich waren: dass im 21. Jahrhundert die Grenzen in Europa nicht mit Gewalt neu gezeichnet werden können.“

Die USA sprachen sich für eine stärkere Nato-Präsenz in Osteuropa aus. Dies solle durch intensivere Rotation von Militäreinheiten erreicht werden, sagte der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes am Mittwochabend. Das Thema werde bei einer Ministerkonferenz der Nato nächste Woche erörtert. Ziel sei eine „dauerhafte Präsenz“, um die Verbündeten zu beruhigen. Rhodes nannte dabei Polen und die Baltenstaaten.

Überschallbomber auf die Halbinsel

Nach der Annexion der Krim will Russland seine Militärpräsenz auf der strategisch wichtigen Schwarzmeer-Halbinsel massiv ausbauen. Geplant sei, bis 2016 Überschallbomber sowie Jagdflugzeuge auf die Krim zu verlegen, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Moskau. Sewastopol soll zum Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte ausgebaut werden.

Die Bundesregierung ist bemüht, den Ukraine-Konflikt nicht weiter anzuheizen. „Wir sind zu der Stufe der wirtschaftlichen Sanktionen mit Ausnahme der Produkte der Krim nicht gekommen. Und ich hoffe, dass das auch vermieden werden kann“, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Mittwochabend in Berlin. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warb indessen für einen neuen Anlauf zur Bildung einer internationalen Kontaktgruppe.

Der Siemens-Konzern will trotz des angespannten Verhältnisses zwischen Moskau und Berlin weiter in Russland investieren. „Wir setzen auf eine langfristige Wertepartnerschaft“, sagte Vorstandschef Joe Kaeser bei einem Treffen mit Putin in Nowo-Ogarjowo bei Moskau. Die Bundesregierung bietet deutschen Unternehmen unverändert an, Exportgeschäfte in Russland und der Ukraine abzusichern.

Derweil hat der Internationale Währungsfonds am Donnerstag Hilfen für die Ukraine in Höhe von 14 bis 18 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. An diese Finanzhilfen seien Bedingungen zur Reform der Wirtschaft des Landes geknüpft, teilte IWF-Missionschef Nikolai Georgiyev in Kiew mit. Laut Georgiyev könnten sich die internationalen Hilfszahlungen an die Ukraine einschließlich der IWF-Zahlungen auf 27 Milliarden Dollar in einem Zeitraum von zwei Jahren belaufen.

Die politisch und wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine ist nach Angaben der Übergangsregierung vom Bankrott bedroht und dringend auf internationale Finanzhilfe angewiesen. Vertreter des Fonds verhandelten am Mittwoch mit dem ukrainischen Interims-Regierungschef Arseni Jazenjuk. Kiew hofft darauf, das endgültige Hilfsprogramm nächsten Monat in Washington besiegeln zu können. Grünes Licht vom IWF ist auch nötig, um weitere Finanzhilfen der Europäischen Union freizugeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Das die UNO mit Anträgen einer ilegitimen Putschregierung befasst spricht Bände über ihren gegenwärtigen Zustand.

  • Was nun? Da hat die U.N.O. heute die russische Annexion der Krim als Bruch des Völkerrechts verurteilt. Das Referendum der Krim Bevölkerung, sich aus Angst vor der verwirrten Putschregierung, sich zu Russland zu bekennen, ist von der U.N.O. ignoriert!

    -------------

    Das erinnert daran das die USA und Israel systematisch, mehr als 50 Jahre lang, das von den U.N.O. geforderte Recht auf einen palästinensischen Staat ignorierten.

    -------------

    Die USA und Israel argumentierten im Hinblick auf ein historisches, heiliges Recht.

    Und nun die Krim... die eine art historisches russisches Heiligtum ist...

    Und dann das demokratische Referendum der Krim Bevölkerung, im Lichte einer politisch vertrauensunwürdigen Putschregierung der Ukraine...

    -----------

    Da stimmt etwas nicht!

  • Gibt es Informationen darüber, dass die US-Armee sich bei Constanza in Rumänien stationiert und dort reges Treiben herrscht?

  • "Sind das geeignete Vertreter vor einer UN-Vollversammlung? "

     

    Das frag mal die UN selber. Zu befürchten ist, dass die je nach Stimmungslage mit "Ja" antwortet.

  • Der Charakter der USA ist so offensichtlich...Es geht ihnen um nichts anderes als Bereicherung... auf fremde Kosten und um jeden Preis. Das letzte Gaunerstueck ist hier nachzulesen:

     

    http://www.schweizmagazin.ch/nachrichten/ausland/18606-Ukraine-Amerikaner-schnappen-sich-das-Gold-der-Skythen.html

     

    Mir ist überhaupt nicht klar, wie sich unsere Bundesregierung mit solchen offensichtlichen Verbrechern, wie den Amis überhaupt noch enlassen kann.

     

    Haben die ncht mit den ganzen Affären um Bespitzelung und Industriespionage nicht zur Genüge gezeigt, was sie von UNS halten? Sollten wir nicht langsam denen zeigen, was wir von DENEN halten?

  • Es ist kein Zufall, dass die Garde der "alten Herren" von Schmidt bis Kissinger zur Zeit die einzigen Vernünftigen sind. Sie wissen noch, wie gefährlich es ist, sich mit Hetzparolen gegenseitig hochzuschaukeln.

     

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/helmut-schmidt-verteidigt-in-krim-krise-putins-ukraine-kurs-a-960834.html

     

    Die Vorgehensweise des Westens in Kiew und die anhaltende einseitige Berichterstattung sind eine Steilvorlage für Scharfmacher wie Timoschenko. Und nach alldem, was Obama versprochen und nicht gehalten hat von atomwaffenfreier Welt bis Schließung von Guantanamo Bay wird ihn als Moralapostel wohl keiner mehr ernst nehmen.

     

    Dabei geht es nicht um die Frage, ob die Verbrechen der einen Seite schlimmer oder weniger schlimm sind als die der anderen. Es geht darum, ob einen Staat wie die USA, der selber gegen alle Regeln verstößt, den Internationalen Strafgerichtshof für sich selber nicht anerkennt, der u. a. unter erfundenem Vorwand u.a. den Irak überfällt, wirklich noch dabei unterstützt werden sollte, wenn er sich als Moralapostel und Weltpolizist aufspielt.

  • Die Frage ist, ob Abgesandte einer ungewählten Regierung - böse Zungen behaupten Putschregierung in dessen Reihen sich Rechsradikale (Swoboda) befinden - das Recht haben in einer Un-Vollversammlung einträge einzubringen. Frau Timoschenko, nicht Swoboda, ist die Tage in einem geleakten Telefonat ja auch sehr aggressiv aufgefallen. Dem Putin würde sie in den Kopf schießen, Russland am liebsten in einen Flächenbrand versetzen. Sind das geeignete Vertreter vor einer UN-Vollversammlung? Zu warten bis in der Ukraine wenigstens echte Wahlen durchgeführt worden sind, ist angebracht. Sonst wirkt der Westen noch unglaubwürdiger, mehr pharisäerisch und scheinheiliger als zum jetzigen Zeitpunkt, gibt er solchen Menschen in der UN ein Forum um Interessen des Westens zu vertreten.

    • @Hölmher:

      "Sind das geeignete Vertreter vor einer UN-Vollversammlung? "

       

      Das frag mal die UN selber. Zu befürchten ist, dass die je nach Stimmungslage mit "Ja" antwortet.

  • Die alte Idee - von den Ukraine als `Atomwaffenfreie Zone´, als Art friedliche Brücke zwischen West und Ost...

    Ist offensichtlich, im Lichte des Putsches in Kiew, als auch im Lichte politisch historischer Paranoia der Involvierten, reduziert/ oder eben `nicht aktuell´... Grr!!!

    Ist diese Entwicklung von EU, NATO und USA Griff in die- am Boden liegende Ukraine- nun gewollt? Oder Resultat dummer Zufälle?

    Diese Erneuerung der `armsrace´, diese Kultur von Sanktionen und kultureller Isolation Russlands passt nicht in die Zeit!

    Wieso ist die Diplomatische Kultur so schwach in Ideen von Frieden und Annäherung ?

    Oder ist die Zeit noch nicht da- um die Ukraine und die nun russische Krim- als Atomwaffenfreie Zone zu etablieren?

    Es geht ja darum den Frieden und kulturellen Austausch, Handel etc. zu erhalten.

    Mit politischer Dickköpfigkeit wie bisher ist keinem gedient...