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Trumps Dekret gegen trans PersonenNicht das goldene Zeitalter, sondern der Rollback beginnt

In den USA werden nur noch zwei Geschlechter anerkennt. Eine American Horror Story, die aber auch in Deutschland schon Nachahmer findet.

New York, 24. Oktober 2018: LGBT-Proteste gegen Trump-Pläne Foto: Brendan McDermid/reuters

D ie Szenen aus der Vereidigung von Donald Trump als US-Präsidenten könnten aus der Serie „American Horror Story“ stammen. Doch die Dystopie ist leider Realität, und die nimmt mit vollem Tempo ihren Lauf.

Ohne Gesetz gegen Diskriminierung wird die Sicherheit der Betroffenen vom Wohlwollen ihres Gegenübers abhängen

Auf Trumps Prioritätenliste steht das Dekret gegen trans und intergeschlechtliche Menschen. Unter dem Titel „Defending Women from Gender Ideology Extremism and Restoring Biological Truth to the Federal Government“ soll es den dritten Geschlechts­eintrag „X“, der seit 2022 neben dem weiblichen und dem männlichen im Reisepass eingetragen werden kann, nicht mehr geben.

Außerdem soll der Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen wie Frauenhäusern, Gefängnissen, Umkleidekabinen oder Toiletten an eine biologistische Geschlechtsauslegung gebunden sein. Die medizinische Versorgung von trans Personen in Gefängnissen soll unterbunden werden. Zwar haben unterschiedliche Organisationen und Unternehmen angekündigt, an ihren Diversitätsrichtlinien festzuhalten, doch ohne Antidiskriminierungsgesetze wird die Sicherheit der Betroffenen vom Wohlwollen ihres Gegenübers abhängen.

Schon seit dem Wahlausgang haben trans Aktivist_innen vor einem solchen Szenario gewarnt und rieten trans Menschen, ihren Geschlechtseintrag vor Trumps Amtseintritt zu ändern, weil es danach wohl nicht mehr möglich sein würde. Diese Befürchtungen hört man übrigens auch hier in Deutschland hinsichtlich des Selbstbestimmungsgesetzes – obwohl erst vor wenigen Monaten in Kraft getreten, bereits jetzt ein Dorn im Auge von rechtskonservativen Politiker_innen wie Friedrich Merz.

LGBTIQ-Personen müssen mit weniger Rückhalt rechnen

Merz etwa macht Wahlkampf mit der Ansage, das Gesetz wieder abschaffen zu wollen – ob seine potenziellen Koalitionspartner SPD oder Grüne sich darauf einlassen und pietätslos das von ihnen eingeführte Gesetz wieder streichen werden, bleibt abzuwarten. Merz aber reiht sich damit in einen globalen und gesamtgesellschaftlichen Trend ein. Die Stimmung gegen die „Genderideologie“ ist nicht neu, doch der Backlash hat sich in den letzten Jahren rasant zugespitzt. Das Verbot geschlechtssensibler Sprache an Schulen und in Behörden, wie es zuletzt in Sachsen und Bayern eingeführt wurde, ist bereits ein Teil dessen.

Auch die von Mark Zuckerberg angekündigten Änderungen bei Meta – von der Streichung der Diversitätsmaßnahmen bis zur Einstufung diskriminierender Aussagen als Meinungsfreiheit – machen deutlich, dass trans und intergeschlechtliche, aber auch grundsätzliche alle LGBTIQ-Personen mit immer weniger Rückhalt rechnen können.

Die Behauptung, das transfeindliche Dekret von Trump wolle Frauen schützen, ist dabei besonders perfide. Zweigeschlechtlichkeitsnormen verstärken regressive Geschlechterbilder und resultieren darin, dass auch cis Mädchen und Frauen gemaßregelt und kontrolliert werden. Selbst sie müssen Angst davor haben, als nicht weiblich genug zu gelten. Das trifft gendernonkonforme sowie rassifizierte Frauen besonders.

Tradition einer faschistischen Gesellschaft

Wie das abläuft, haben wir letzten Sommer während der Olympischen Spiele am Beispiel der algerischen Boxerin Imane Khelif beobachten können. Wenn Mädchen und Frauen bald also am Einlass zur Umkleide irgendwelchen schmierigen Typen ihre Genitalien zeigen sollen, wird es sie gewiss nicht sicherer machen.

Als Frauen werden in dem Dekret übrigens Menschen definiert, die Eizellen produzieren. Ob in dieser biologistischen Auslegung unfruchtbare cis Frauen mitgemeint sind, bleibt offen – das Signal, Unfruchtbarkeit mache sie zu keinen „richtigen Frauen“, sendet es trotzdem. Überraschend ist es nicht, schließlich wird Trumps Regierung ansonsten wenig für die Selbstbestimmungsrechte von Frauen übrig haben – Stichwort „your body, my choice“.

Das Bekämpfen von trans und intergeschlechtlichen Menschen gehört zum Kern faschistischer Gesellschaften, man muss sich dazu nur die deutsche Geschichte anschauen. Genau in diese Tradition begibt sich auch die AfD, die auf ihrem Bundesparteitag stolz ankündigte, die Gender Studies abschaffen zu wollen. Es braucht nicht viel Vorstellungsvermögen, um zu ahnen, dass bald darauf die Post-Colonial Studies folgen würden, dies jedoch nur der Beginn zur Abschaffung der Wissenschaftsfreiheit an sich wäre. Denn trans Menschen sind nie das Ende, sondern immer der Anfang des Rollbacks.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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8 Kommentare

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  • Der Artikel taugt mit dem Bashing von CIS-Personen definitiv nicht zur positiven Einordnung der Transbewegung. Schon allein solche Passagen, die pauschal Männer zu schmierigen Typen reduzieren. machen es gesellschaftlich schwer, einen breiten Konsens zu erreichen:

    "Wenn Mädchen und Frauen bald also am Einlass zur Umkleide irgendwelchen schmierigen Typen ihre Genitalien zeigen sollen, wird es sie gewiss nicht sicherer machen."

    • @Heike 1975:

      Ich kann im Artikel kein Bashing von cis-Personen finden. Die Aussage zu den schmierigen Typen ist definitiv nicht pauschal auf alle Männer bezogen. Es ist nunmal von 'schmierigen Typen' und nicht von 'allen Männern' oder 'Männern' die Rede.

      • @hechtmaus:

        Seh ich wie hechtmaus, es geht darum, dass hier Privatleute zu Richtern über andere privilegiert werden allein auf Grundlage ihrer Rolle und ohne Ansehen ihrer individuellen Eignung. Prinzip des faschistischen Staates.

  • Ich habe den Eindruck, viele Leute haben noch nicht begriffen, wie schlimm es wahrscheinlich werden wird.

  • Das Beispiel von Imame Khelif finde ich nicht sehr glücklich.

    Wenn ich das richtig zusammengeklaubt habe ist sie biologistisch ein Mann. Das gibt Ihr physi(kali)sche Vorteile gegenüber Frauen ohne Y-Chromosom.

    Die Situation ist komplex und die Diskussion sicher nicht abgeschlossen.

    • @Sonntagssegler:

      Das haben Sie unvollständig zusammengeklaubt.



      Sie wurde als Mädchen geboren, hat aber deutlich mehr Testosteron als durchschnittliche Frauen. Dennoch ist sie nach sehr vielen (wenn auch nicht allen) Definitionen auch biologisch eine Frau.



      Die Situation im Leistungssport ist tatsächlich komplex. Doch hochgekocht ist die Diskussion, weil eine biologische Frau den Rechten nicht weiblich genug aussah.



      Statt eine Genderdebatte draus zu machen, hätte man auch eine Doping-Debatte draus machen können. Hier gibt es nämlich noch mehr biologische Einzelfälle, die mit Blutwerten antreten dürfen, die andere selbst mit modernsten Dopingmitteln kaum erreichen.

  • Wer glaubt, dies betreffe ja nur eine kleine Minderheit, irrt sich. Es ist die Neuordnung der Gesellschaft in eine mittelalterliche Hierarchie der Ungleichheit, die auf Vorurteil gegründet ist. Es ist das Ende der modernen, rationalen Gesellschaft.

    • @mats:

      Wie Hengameh schreibt: es fängt mit Trans- und Queermenschen an, und es hat begonnen.