Trump, Putin und Europa: Dies ist unser Krieg
Wer in Europa denkt, der Krieg in der Ukraine ginge uns nichts an, träumt. Das Überleben der Ukraine ist auch für Europa unerlässlich.
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S pätestens seit der Münchner Sicherheitskonferenz vom vergangenen Wochenende schreiben sich Expert*innen und Kommentator*innen die Finger wund bei dem Versuch, die Äußerungen aus dem Weißen Haus zu einem Bild zusammenzusetzen. Die Konturen werden immer deutlicher. Von US-Präsident Donald Trump haben wir gelernt, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein „Diktator“ und zu großen Teilen für den verheerenden Krieg verantwortlich ist, der jetzt in das vierte Jahr geht.
Sollte Selenskyj in der kommenden Woche von Trump auch noch zum Aggressor befördert werden, würde das auch niemanden mehr wundern. Schön, dass es da noch Konstanten im Leben gibt, siehe Russlands Präsident Wladimir Putin – von Trump geadelt zu einem Verhandlungspartner auf Augenhöhe. An der Agenda des Kremlchefs, die Ukraine als Staat auszulöschen, hat sich seit Kriegsbeginn nichts geändert.
Angriffe, vor allem auf die kritische Infrastruktur, fordern fast täglich weitere Tote und Verletzte. In den von Russland völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten werden die Menschen Opfer von schwersten Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese juristisch zu ahnden, könnte, je nach Entwicklung, noch schwieriger bis gar unmöglich werden. Das alles ist seit dem 24. Februar 2022 Alltag in der Ukraine.
Doch wer redet angesichts massiver geopolitischer Erschütterungen derzeit überhaupt noch davon? Wenn Putin seine Ziele nicht auf dem Schlachtfeld erreicht, warum es dann nicht einmal „diplomatisch“ versuchen. Das frühlingshafte Tauwetter zwischen Washington und Moskau macht es möglich. Genau aus diesem Grund sind Präsidentenwahlen in der Ukraine, wie sie von Trump und Putin gefordert werden, mehr als eine Petitesse. Dieses Vorhaben wäre für die Ukraine suizidal.
Eine Marionette als Präsident
Dabei ist der perfide Plan dahinter offensichtlich: Aushandlung eines Waffenstillstandes (ohne Kyjiw), danach Wahlen und schließlich die Unterzeichnung eines wie auch immer gearteten Friedensabkommens durch einen anderen Präsidenten als Selenskyj, der zwar noch immer die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung genießt, dessen man sich aber zeitnah zu entledigen versucht.
Sollte der „Neue“ nicht für die Rolle einer willfährigen Marionette Moskaus taugen, könnte Putin erneut die Legitimitätsfrage aufwerfen. Es wäre schließlich nicht das erste Mal. Immerhin scheint Europa endlich aufgewacht zu sein, allein es fehlt ein Plan. Die immer wiederkehrende Beteuerung, man stehe fest an der Seite der Ukraine, hat die Realität jedoch längst eingeholt, denn eine Wahl gibt es nicht mehr.
So ist die Beantwortung der Frage nach Sicherheitsgarantien nicht nur eine existenzielle für die Ukraine, sondern auch eine (Über)lebensversicherung für Europa. Noch immer gibt es Stimmen, die behaupten, der Krieg in der Ukraine sei nicht unser Krieg. Oh doch, das ist er. Und zwar mehr denn je.
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