Tracking im Internet: „Nein danke“ wäre das Mindeste
Internetnutzer:innen sind Cookies nach wie vor ausgeliefert. Die Konsequenz ist kurz, aber schmerzhaft: Ein Verbot personalisierter Werbung.
A ls die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kürzlich auf der Netzkonferenz re:publica sprach, äußerte sie Verständnis für alle, die angesichts des Wildwuchses von Cookie-Bannern auf Webseiten einfach nur entnervt auf „Ok“ klicken. „Die Leute haben ein Leben“, stellte Vestager fest. Und liefert damit eines der überzeugendsten Argumente dafür, warum die Idee, doch einfach den:die mündige:n Verbraucher:in selbst entscheiden zu lassen, von wem er:sie sich gerne digital verfolgen lassen möchte, komplett gescheitert ist.
Die Symptome kennt jede:r Internetnutzer:in: Große Banner, die sich von klein bis nahezu seitenfüllend über die Inhalte legen und einen durch listige Farbgebung dazu verleiten sollen, direkt die Zustimmung zum unbegrenzen Tracking zu erteilen. Wer das nicht möchte, muss für jede Webseite einzeln herausfinden, mit welchen Klicks sich möglichst viel davon ausschalten lässt. Ein schlichtes „Nein danke“ bieten nur die allerwenigsten an. Dabei müsste dies das Mindeste sein: Ja heißt ja und nein heißt nein. Und nicht der „Ja“-Button groß und grün und ein „Weitere-Einstellungen“-Button klein und in einem derart hellen Grau, dass er sich kaum vom weißem Untergrund abhebt.
Dabei sind Cookies ohnehin ein fast steinzeitliches Trackinginstrument. Längst gibt es neuere, ausgefeiltere Methoden, die von den Nutzer:innen noch schwieriger zu umgehen sind. Und die Branche ist mit ihren Ideen längst nicht am Ende. Besser wäre es daher, wenn endlich auch die Politik in Gänze zu der Erkenntnis käme: Nein, die verschiedenen Akteur:innen der Online-Werbewirtschaft haben anscheinend überhaupt kein Interesse daran, mit Nutzer:innen fair umzugehen.
Die logische Konsequenz ist kurz, aber schmerzhaft: Ein Verbot personalisierter Werbung im Netz. Nicht nur gegenüber Minderjährigen, wie es die Bundesregierung laut eines gerade von Netzpolitik.org geleakten Papiers wünscht. Sondern gegenüber allen. Wenn es richtig gut läuft, würde damit das Tracking insgesamt so unattraktiv, dass ein extra Verbot dafür gar nicht mehr notwendig wäre.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
Zeitplan der US-Wahlen
Wer gewinnt denn nun? Und wann weiß man das?