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Tod des Patienten Tonou-Mbobda am UKEMordkommission ermittelt

Tonou-Mbobda verstarb laut Staatsanwaltschaft an Herzversagen. Das UKE verspricht „vorbehaltlose Aufklärung“.

Vor dem UKE gedachte man Tonou Mbobdas Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz Der aus Kamerun stammende Psychiatriepatient Tonou-Mbobda ist „in Folge eines Herzversagens“ gestorben. Das gab die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg am Montag bekannt.

Tonou-Mbobda war laut Augenzeugenberichten am Ostersonntag im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) von drei Sicherheitsmitarbeitern zusammengeschlagen worden. Er verstarb am vergangenen Freitag in der Uniklinik. „Es laufen weitere Untersuchungen zur Frage, ob eine Herzvorerkrankung vorlag“, so die Staatsanwaltschaft weiter. Bis die endgültigen Ergebnisse der Untersuchungen zur Todesursache vorliegen, könnten aber mehrere Wochen vergehen.

Der taz liegen nun Informationen über interne Dienstanordnungen des UKE vor, die in Verbindung mit dem Tod des Patienten stehen. Diese wurden dem Sicherheitsdienst per Mail mitgeteilt – und der soll nun keinerlei Zwangsmaßnahmen mehr durchführen.

„Im Zusammenhang mit den Vorfällen des vergangenen Wochenendes“, heißt es in dem Schreiben, „muss ich ein paar Änderungen bezüglich des zukünftigen Arbeitsablaufes bekanntgeben.“ Der Brief wurde mutmaßlich vom Leiter des Sicherheitsdienstes verfasst, wie zwei anonyme UKE-Mitarbeiter bestätigen. Das Sicherheitsunternehmen ist Teil der Tochtergesellschaft „Klinik Logistik & Engineering“ (KLE) des Universitätsklinikums.

Protest gegen das UKE

Die Black Community Hamburg, die am Ostermontag die ersten Meldungen über den Vorfall am UKE auf Facebook verbreitete, meldet sich nun mit einem Offenen Brief an das UKE zu Wort. Sie fordert ein „Ende der rassistischen Praktiken des UKE und der Straflosigkeit für die Täter*innen“.

Die Linke stellte am Donnerstag eine Kleine Anfrage an die Hamburger Bürgerschaft, um den Vorfall aufzuklären.

Der Hamburger Flüchtlingsrat, die Black Community Hamburg und weitere Gruppen fordern die Suspendierung des am Vorfall beteiligten Sicherheitspersonals.

In der Mail heißt es weiter: „Von Mitarbeitern des UKE-Sicherheitsdienstes werden ab sofort und bis auf schriftlichen Widerruf keinerlei Interventionseinsätze im Zusammenhang mit ärztlich angeordneten Zwangsmaßnahmen (bzw. Unterstützung bei Zwangsmedikationen, Fixierungen etc.) mehr umgesetzt. Sollte sich die Notwenigkeit einer Zwangsmaßnahme abzeichnen, ist immer die Polizei hinzuzuziehen (egal wie oft und wie lange es dauert).

Selbstverständlich können alle Sicherheitskräfte auch weiterhin zu Noteinsätzen gerufen werden, um vor Ort Präsenz zu zeigen. Patienten dürfen ab sofort nicht mehr körperlich angefasst werden. Die einzige Ausnahme ist Notwehr und Nothilfe – diese darf, soll und muss in einer realen Bedrohungs- und/oder Verteidigungssituation auch weiterhin geleistet werden, allerdings auch nur dann, wenn die Lage durch kein anderes Mittel abgewehrt werden kann.“ Dass es so eine Anweisung noch nie zuvor gab, bestätigen beide ano­nymen UKE-Mitarbeiter.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Das Mitführen von privat beschafften Einsatzmitteln wie Handschließen oder Ähnlichem ist im Dienst für jeden Mitarbeiter untersagt.“ Auf Nachfrage beim UKE, ob private Ausrüstung bisher erlaubt war, wollte die Pressesprecherin keine Auskunft über das „interne Sicherheitskonzept“ geben.

„Zutiefst bestürzt“

Weiterhin steht in der Mail: „Mitarbeiter, welche ihren Dienst abgesetzt und alleine versehen, versehen den Dienst bis auf weiteres in Zivil. Mitarbeiter, welche sich im Rahmen ihres Auftrags in Uniform auf dem Gelände bewegen, tun dies weiterhin und ohne Ausnahme zu zweit.“ Dass der Sicherheitsdienst Anweisungen hatte, in Zivil zu arbeiten, wurde in der Vergangenheit bei Diebstahldelikten praktiziert, um den Täter zu ermitteln, bestätigen beide Quellen. Doch in diesem Ausmaß und Zusammenhang sei das noch nie vorgekommen.

Auch die Pressesprecherin des UKE äußerte sich erstmals ausführlicher zum Todesfall in der Uniklinik: „Wir sind zutiefst bestürzt über den Tod unseres Patienten Herrn Tonou-Mbobda. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen. Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst und unterstützen die vorbehaltlose Aufklärung der Ereignisse mit allen Kräften. Rassismus hat im UKE keinen Platz. Wir stehen im UKE konsequent für Toleranz und eine weltoffene Gesellschaft.“

Ein Polizeisprecher bestätigt, dass die Mordkommission wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt.

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2 Kommentare

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  • "In der Mail heißt es weiter: „Von Mitarbeitern des UKE-Sicherheitsdienstes werden ab sofort und bis auf schriftlichen Widerruf keinerlei Interventionseinsätze im Zusammenhang mit ärztlich angeordneten Zwangsmaßnahmen (bzw. Unterstützung bei Zwangsmedikationen, Fixierungen etc.) mehr umgesetzt. Sollte sich die Notwenigkeit einer Zwangsmaßnahme abzeichnen, ist immer die Polizei hinzuzuziehen (egal wie oft und wie lange es dauert)."

    Das klingt so als ob die Polizei bei Vollzug von Zwangsmaßnahmen kompetenter wäre als privates Security Personal. Die Praxis zeigt, angesichts Medienberichten dokumenntierter Vorfälle mit Todesfolge bei von Bürgern angeforderten Polizeieinsätzen, dass die Polizei im Umgang mit psychisch Kranken aufgrund mangelnder Kompetenz durch fehlend fachbezogen deeskalierende Ausbildung heillos überfordert unterwegs ist.

    Wenn da bei der Ausbildung der Polizei, privaten Sicherheitsdiensten nichts verbessert wird, sind alle guten Worte des Mitgefühls mit Hinterbliebenen Schall und Rauch.

  • Die Nebelkerzen werden schonmal geworfen und Seriosität wird vorgegaukelt. Im Grunde sucht man nur nach einem Ausweg, um die "Sache" schnell und möglichst geräuschlos abzuwickeln.