Teures Pkw-Maut-Desaster: Scheuer würde es wieder so machen
War für ihn alles richtig. Im Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut ist der Bundesverkehrsminister alles andere als selbstkritisch.
Der Ende 2019 eingesetzte Untersuchungsausschuss soll die Umstände der gescheiterten Ausländer-Pkw-Maut aufklären, die für den deutschen Staat noch teuer werden kann. Scheuer ist voraussichtlich der letzte von rund 50 Zeug:innen, die der Ausschuss befragt hat. Er sei noch immer von der Maut überzeugt, sagte Scheuer. Wäre es 2017 zu der in weiten Teilen bereits ausgehandelten Jamaika-Koalition gekommen, hätte es die gleiche Maut gegeben, „mitgetragen von Grünen und FDP“, erklärte er. Das Problem: Scheuer hatte die Verträge für die Pkw-Maut mit den Betreibern unterschrieben, bevor der Europäische Gerichtshof (EuGH) über eine Klage Österreichs und der Niederlande entschieden hatte. Er sei überzeugt gewesen, dass die Klage keinen Erfolg haben würde, sagte Scheuer. Das Restrisiko habe er nicht ausgeblendet, sondern sich versichert, dass es angesichts der Kündigungsregelungen vertretbar sei. „Ich glaube, wenn ich wieder in die Situation von damals gestellt würde, würde ich mich wieder so entscheiden“, sagte er.
Als der EuGH im Juni 2019 die Maut wegen der damit verbundenen Diskriminierung von EU-Bürger:innen stoppte, war Scheuer „vollkommen überrascht“. Umgehend kündigte sein Ministerium den Vertrag mit den Betreibern. Vor dieser Entscheidung habe er sich umfassend rechtlich und strategisch beraten lassen, sagte Scheuer. Die „gesamte Expertise des Hauses“ sei daran beteiligt gewesen.
Die einstigen Vertragspartner – darunter der im Norden mit der Terminvergabe für Corona-Impfungen beauftragte Ticketvertreiber Eventim – fordern einen Schadenersatz von mehr als einer halben Milliarde Euro. Das ist ihrer Auffassung nach so im Vertrag geregelt. Scheuer bestreitet, dass ihnen diese Summe zustehe. „Wir weisen diese Zahlen zurück“, sagte Scheuer. Zur Frage des Schadenersatzes läuft derzeit ein Schiedsverfahren. Die FDP-Fraktion klagt vor dem Bundesverfassungsgericht, um Einsicht in das Verfahren nehmen zu können.
Opposition fordert Rücktritt
Nach Auffassung der Opposition hat der Untersuchungsausschuss herausgefunden, dass nicht nur der Zeitpunkt der Vertragsunterzeichung problematisch war, sondern auch das Zustandekommen des Vertrags. „Es liegen eindeutige Verstöße gegen das Vergabe-, Haushalts- und Europarecht vor“, sagte der FDP-Abgeordnete Christian Jung. Auch Grüne und die Linkspartei sind dieser Auffassung. So wurden Aufgaben aus der ursprünglichen Ausschreibung auf das bundeseigene Unternehmen Toll Collect verlagert, damit die Bieter die Angebotssumme senken konnten. Scheuer weist diese Vorwürfe zurück.
Der Minister wurde bereits im Oktober in einer bis in die frühen Morgenstunden dauernden Sitzung des Untersuchsungsausschusses vernommen. Grund für die vorgezogene Befragung war die Aussage der Betreiber, sie hätten ihm eine Verschiebung der Vertragsunterzeichnung bis nach dem Urteil des EuGH angeboten. Scheuer hatte das im Bundestag bestritten. Bei seiner ersten Aussage im Ausschuss sagte er, er könne sich nicht daran erinnern.
Nach Abschluss der Beweisaufnahme wird der Ausschuss einen Abschlussbericht erstellen. Bei unterschiedlichen Bewertungen der Fraktionen – wovon auszugehen ist – werden sie separate Berichte abgeben. Die Opposition fordert seit geraumer Zeit Scheuers Rücktritt.
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