Tesla und die Bäume: Nicht immer gegen alles sein
Wald, Kieferplantage oder Industriegebiet mit Bäumen? Der Streit um Grünheide, wo Tesla seine Gigafactory plant.
I m Grunde ist es ganz einfach: Hopp oder top? Tausende neue Arbeitsplätze oder keine? 1,1 Millionen Hektar Wald in Brandenburg oder 1,1 Millionen minus 90 für ein Fabrikgelände in Grünheide? Förderung von Elektroautos oder nicht? Aus Prinzip riskieren, dass ein ansiedlungswilliger Konzern noch abspringt oder nicht? Man muss sich nur entscheiden. Bloß beides zusammen, das gibt es nicht.
Und da kommen bei der geplanten Ansiedlung des US-Konzerns Tesla in Grünheide am östlichen Berliner Stadtrand interessante Gedanken auf. Vom „Götzen Arbeitsplätze“ sprach man jüngst bei örtlichen Protesten, wünschte sich ein Ökosystem ohne Industrie. Da ist man doch geneigt, Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der zuletzt nicht nur schlaue Sachen von sich gab, mit einer korrekteren Einschätzung zu zitieren: „Wo sollen denn all die Arbeitsplätze entstehen – im Pippi-Langstrumpf-Haus in der Villa Kunterbunt?“, stichelte Saleh vor einigen Wochen gegen eine Ansiedlungsfeindlichkeit, die er bei den Grünen ausmachte.
Ramona Pop, Berlins grüne Wirtschaftssenatorin, braucht sich diese Kritik nicht anzuziehen. Sie zeigte diese Woche kein Verständnis für die Proteste gegen die Abholzung jener 90 Hektar, mit der Tesla in Grünheide seinen straffen Bauzeitplan sichern will – und die das Oberverwaltungsgericht auf Beschwerde unter anderem von der Grünen Liga Brandenburg hin zuerst gestoppt und dann ab Donnerstagabend wieder erlaubt hat.
„Wie abwegig, eine Kieferplantage zu einem Wald zu erklären“, sagte Pop in Richtung Grüne Liga: „Man sollte die Kirche im Dorf lassen und die Zukunftsinvestition von Tesla zügig möglich machen.“ Leider ist es gut möglich, dass sie mit dieser Haltung bei ihren Grünen nicht viele Anhänger hat. Beim jüngsten Parteitag stimmte bereits eine Mehrheit gegen Pops Wunsch, die bisherige Automesse IAA als Mobilitätsplattform nach Berlin zu holen. In Brandenburg wiederum sah das schon im Januar der dortige Umweltminister, Pops Parteifreund Axel Vogel, so wie sie: Das sei gar kein Wald, „es handelt sich um ein Industriegebiet, das mit Bäumen bewachsen ist“.
Zwei Frauen beurteilten das am Montag merklich anders, bezeichneten sich als „Baumpirat*innen“, besetzen für einige Stunden zum Abholzen vorgesehene Bäume und erhoben die Kiefernplantage in den Rang eines jahrhundertealten Waldes wie den Hambacher Forst. Für dessen Resterhalt haben in Nordrhein-Westfalen bislang erfolgreich Tausende gegen den Energiekonzern RWE demonstriert.
Einen der letzten Urwälder für Braunkohle als aussterbende Energiequelle zu opfern, ist aber etwas ganz anderes, als eine Fläche mit der brandenburgischen Massenware Kiefer frei zu schlagen. Umso mehr, weil Tesla sich verpflichtet hat, in dreifachem Umfang anderswo aufzuforsten, und dazu laut Umweltministerium auch eine Bürgschaft hinterlegt hat.
„Man muss nicht immer gegen alles sein“, hat Ramona Pop in dieser Woche auch noch gesagt. Wie wahr.
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