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Syrizas PolitikWas würde Marx sagen?

Die griechische Regierungspartei wird in der europäischen Linken als Heldin des Antineoliberalismus verehrt. Aber ist sie das wirklich?

Sonne auf der Akropolis. Wie wär es mit Solarmodulen? Foto: dpa

Berlin taz | Ein Marxist muss die momentane Debatte um den faktischen Bankrott des griechischen Staates seltsam finden. Eine Analyse des wichtigsten Kritikers der politischen Ökonomie hätte zumindest noch angefügt: Eine Politik, die sich nicht den Zahlen, also den Fakten stellt, kann keine sein. Einen linken Kader wie Gianis Varoufakis, für den Zahlen nur „Technisches“ waren, hätte er nicht ernst genommen.

Marx hätte über eine Volkswirtschaft gespottet, deren Eliten sich nicht selbst helfen wollen, durch Können, Kompetenz und ökonomisierbare Ideen. Er hätte angemerkt, dass einem Land, das über keine nennenswerte, geschweige denn konkurrenzfähige Industrie verfügt, nicht zu helfen ist, wenn es nur Moral mobilisiert. Ein Land also, das sich selbst in der Fantasie wiegt, die EU sei ihr schuldig, es aus dem Schlamassel zu holen – er hätte es so milde bespottet wie einst die Iren.

Zu Recht ist die linke Sammlungsbewegung gewählt worden – die alten Eliten, sozialdemokratische wie konservative, und ihre WählerInnen sind mit dem Wort korrumpiert nur unzulänglich beschrieben. Aber: Auch Tsipras und seine Leute haben nichts unternommen, um administrativ ihr Land in die Moderne zu führen.

Steuergerechtigkeit, Quittungs- und Belegwesen, Ämter, deren Beamte Prämien erhalten, wenn sie pünktlich zur Arbeit erscheinen, – kurz: Loyalität dem Staatszweck gegenüber, der Verwaltung und Entwicklung Griechenlands – das alles ist nicht auf der Agenda der links-rechten Regierung gewesen. Stattdessen hat sich das sozialdemokratisierte Europa (Agnes Heller) vom griechischen Finanzminister Varoufakis Vorträge anhören müssen, als wäre er ein heilsgeschichtlich interessierter Tribun, der die Erweckung der Unterdrückten in Europa herbeisehnt.

Sozialistische Strukturen in der EU

Man lernte: Ein Mann, der sich zum Rock ’n’ Roller stilisiert, zum Macker mit Sanftheitsappeal, ist noch kein guter Ökonom. Und vor allem kein Linker, der eine Ahnung davon hätte, wie sehr die EU bereits sozialstaatliche Strukturen in sich trägt, die allerdings von Land zu Land verschieden günstig ausfallen.

Eine marxistisches Projekt setzt nicht auf Barrikadenrhetorik, vielmehr auf das Projekt Selbsthilfe. Die Milliarden wären da.

Die erklärte Absicht der Brüsseler EU-Parteien in deren Mitte ist: Integration – mittels ökonomischer Niveauanhebung. Was jedoch Syriza und ihre linken Freund_innen in Europa wollen, ist: Alimentierung. Deshalb wird moralisch argumentiert: Dass Merkel, Gabriel, Hollande und Dijsselbloem Griechenlands Bevölkerung deckeln, unterdrücken und erniedrigen wollen – in den Augen Varoufakis’ das Werk von Terror.

Die Tonlage mag verkraftbar sein, hauptsächlich war das falsch: Das Gros der Milliarden ging nicht in die Entwicklung der griechischen Ökonomie, sondern in die klientelistisch gesinnte Versorgung der Armen.

Konsum ist jedoch, laut Marx, niemals ein Treiber der Produktivkraftentwicklung, sondern Industrialisierung. Beziehungsweise: die Entwicklung einer Ökonomie, die so effizient wie möglich die optimalen Profite bewirkt. Marx würde Syriza nicht als links anerkennen, allenfalls in der Atmosphäre dessen, was sie verströmt. Das Fortschrittlichste an Tsipras & Co war bis Januar ihr Ferngehaltenwerden von der Macht.

Griechisches Aufbauprogramm

Worauf es jetzt ankäme, wäre ein modernes linkes Programm: Schuldenumverteilung, um operationsfähig zu werden. Die Operationalität müsste genutzt werden durch die Erhöhung des Renteneinstiegsalters, durch den Verzicht auf den Anspruch, qua Euro-Zugehörigkeit die eigene Klientel zu bedienen – und durch massive Investitionen (und daran geknüpfte Steuersenkungen für neue Unternehmen) in den Ökosektor.

Auch der Tourismus sollte modernisiert werden – aber die erste Geige kann nur eine Rohstoffgewinnung sein: Sonnenkraft noch und noch. Griechenland als Exporteur von gutem Strom – und die Abwicklung der fossilen Strukturen. Marx weinte nicht, konstatierte er Armut. Ein marxistisches Projekt setzt nicht auf Barrikadenrhetorik, sondern vielmehr auf Selbsthilfe. Die Milliarden wären da.

Der Beifall für Tsipras käme dann nicht nur von weit links und weit rechts, sondern wahrlich auch aus der Mitte.

Am Ende bleibt, mit Marx, nur dies: Volksökonomischer Wohlstand ist ohne Kapitalismus nicht zu haben.

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49 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Jan Feddersen , Autor des Artikels, Redakteur für besondere Aufgaben

    Karl Marx ist deshalb zum Heiligen der Linken (Kommunisten wie zunächst der

    Sozialdemokraten) geworden, weil er, so sah er es, die sogenannten

    Bewegungsgesetze des Kapital(ismu)s untersucht hat. Das lässt sich hier in Kürze

    kaum darstellen, aber: Seine Analyse war nicht moralisch grundiert - außer, in

    gewisser Weise, zeittypisch im Stil pompös - das "Kommunistische Manifest". In

    allem, was Marx schrieb, ging es darum, dass die ökonomischen Bewegungsgesetze

    sich die Welt untertan machen, dass dort, wo kein Kapitalismus ist, Kapitalismus

    sein wird. Und zwar zwangsläufig. Dass es immer und überall um Angebot und

    Nachfrage auch geht, hauptsächlich aber um geldlich eingesetzte Mittel, die in

    möglichst kurzer Zeit sich amortisieren. Das geht am besten mit industrieller

    Produktion.

     

    Für den Zusammenhang hier möchte ich anfügen, dass es der Job von Linken ist,

    sich um eine möglichst große Teilhabe am marktwirtschaftlich gewonnenen Reichtum

    dieser ökonomischen Bewegungen zu mühen. Ihn zu erkämpfen. Was aber Griechenland

    machte, war der stillschweigende Kampf um finanziell fette Beteiligung an

    europäischen Subventionen - die Ökonomie in Griechenland selbst ist, gemessen am

    mittteleuropäischen Niveau, kaum konkurrenzfähig. Tourismus stark, Industrie

    mittel, Landwirtschaft hoch subventioniert, die Märkte oft so geschlossen wie in

    Süditalien unter dem Patronat der Mafia.

    • @Jan Feddersen:

      Dann muss die Troika wohl eine Truppe fanatischer Marxisten im Dienste der ökonomischen Bewegungsgesetze gewesen sein.

  • Marx wäre mit sicherheit stolz gewesen zu sehen, wie ein deutscher Finanzminister im Jahre 2015 keinen heel aus dem Versuch macht, einem ideologisch durchdrungenem und geschichtlich totem Denksystem zu folgen.

  • "Hier wendet sich der Gast mit Grausen…"

     

    "… Deshalb wird moralisch argumentiert: Dass Merkel, Gabriel, Hollande und Dijsselbloem Griechenlands Bevölkerung deckeln, unterdrücken und erniedrigen wollen – in den Augen Varoufaki s ’ das Werk von Terror.…"

     

    Wenn man allein mit diesem sinnfreien Satz zeigt - daß man Varoufakis - anders als beispielsweise Frau Herrmann - nicht kapiert hat - also zeigt, daß man oberflächlich-ideologisch montiert - also erkennbar nicht marxistisch geerdet denken kann - ja dann -

     

    Sollte Herr Feddersen sich bescheiden -

    &sich weiter über nunja -

    Kultur verbreiten.

    Da gelingt ja gelegentlich das ein oder andere.

    Danke.

  • 6G
    65522 (Profil gelöscht)

    Karl Marx als Politiker zu bezeichnen ist sicherlich zu weit gegriffen. Karl Marx war für seine Zeitepoche hoch gebildet,

     

    motiviert durch die Wiedersprüche der der zunehmenden industrialisierung, Analytiker und der wissenschaftlichen Methodik

     

    verpflichtet. Das scheint beim schreiben dieses Artikels nicht ganz möglich gewesen zu sein. Eins habe ich mir von all den

     

    komplizierten Gedanken des Menschen Karl Marx jedoch gemerkt. Die Triebkräfte jeglicher Entwicklung sind die Widersprüche.

    Hauptproduktivkraft ist der Mensch.

    1.Das Gesetz von der Einheit und vom Kampf der Gegensätze.

    2.Das Gesetz von der Negation der Negation

    3.Das Gesetz vom Umschlagen von einer Quantität in eine neue Qualität

    Wenn sie bereit sind hinter diese Erkenntnisse zu steigen, werden sie zwar die Zusammenhänge unserer heutigen Zeit aus

     

    einem anderen Blickwinkel betrachten, ändern können sie die Verhältnisse trotzdem nicht.

    Die Triebkraft menschlichen Treibens sind seine Bedürfnisse. Z. Bsp. wurde das Wasserklosett erstmals 1860 in Deutschland

     

    angewendet. Wieviel Produktivkraft erfordert wohl seine breite Anwendung und wieviel Profit muss erreicht werden um eine

     

    vernünftige Profitrate zu erlangen, abgesehen von traditionen, Bereitschaft den Aufwand in privaten Haushalten zu

     

    rechtfertigen und ,und ,und.

    Wenn ich also den Marxismus verfolgen würde, ginge es mir zuerst um einige verbindliche Lebensstandards in ganz Europa,

     

    die werden jedoch nicht von der Politik diktiert sondern dem verteilbaren Profit angepasst, plus-minus eigener Klientel.

    Fazit ist wahrscheinlich, der verfügbare Profit in Europa reit für verbindliche Lebensstandards in Europa nicht aus. Ein

     

    Widerspruch?

  • Ach, und Danke für die Hausaufgaben!

  • Das ist ja nett, von Herrn Feddersen etwas Aufklärung zu erhalten, wie es sich nun mit Marx bei Syriza verhält.

     

    Aktuell werden die GriechInnen aus dem Euro kalt rausgequetscht, weil es die deutsche Regierung so will.

    Zufrieden?

    Wenn "die Institutionen" jedes Wachstum verbieten, jede sozial gerechtere Verteilung von Sparen und Steuern blockieren, was kann da die Regierung eines völlig abhängigen Landes nach 6 Monaten dafür?

     

    Eine marxbasierte Feststellung wäre die:

    das deutsche Weltkapital, das die starke Währung Euro für den Auftritt auf dem Weltmarkt braucht, in Indien und China, braucht keine griechischen EinwohnerInnen und deren Produkte sind ihnen inzwischen egal.

     

    Anscheinend liefern sie lieber Hilfspakete als einer Schuldenstreichung zuzustimmen.

  • Vorwärts, mit Marx und Engels, auch im 21. Jahrhundert:

     

    "Die fortwährende Umwälzung der Produktion, die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und Bewegung zeichnet die Bourgeoisepoche vor allen anderen aus. --

     

    Alle festen, eingerosteten Verhältnisse mit ihrem Gefolge von altehrwürdigen Vorstellungen und Anschauungen werden aufgelöst, alle neugebildeten veralten, ehe sie verknöchern können. Alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehn."

     

    "Die Bourgeoisie reißt durch die rasche Verbesserung aller Produktionsinstrumente, durch die unendlich erleichterten Kommunikationen alle, auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation. --

     

    Die wohlfeilen Preise ihrer Waren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesischen Mauern in den Grund schießt, mit der sie den hartnäckigsten Fremdenhaß der Barbaren zur Kapitulation zwingt. --

     

    Sie zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehn wollen {...}"

     

    Nochmals mit Marx und Engels:

     

    Die EU- Finanz- und Monopol-Bourgeoisie "zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehn wollen" ...

  • Was Marx gesagt hätte, weiß weder Herr Feddersen noch sonst jemand.

     

    Hier pseudolinke Hypothesen aufzustellen, in der Hoffnung, damit auch noch die letzten unverbiegbaren Linken im Schlande gegen eine linke Regierung in Europa aufzuhetzen, ist noch erbärmlicher als alles, was BILD und SPD bisher dazu abgesondert haben, zusammen.

  • Marx sagte: "Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen... ." Am Vertrauen hapert es offensichtlich.

  • "Er hätte angemerkt, dass einem Land, das über keine nennenswerte, geschweige denn konkurrenzfähige Industrie verfügt, nicht zu helfen ist, wenn es nur Moral mobilisiert."

     

    Falsch! Vielmehr ist einem Land, in dem "konkurrenzfähige Industrie" gegen "Moral" aufrechnet wird, nicht mehr zu helfen.

     

    "Auch Tsipras und seine Leute haben nichts unternommen, um administrativ ihr Land in die Moderne zu führen."

     

    Die Moderne war gestern ja auch schon Geschichte, als aus dem Feudalismus gerade das Bürgertum hervorkroch.

     

    "Am Ende bleibt, mit Marx, nur dies: Volksökonomischer Wohlstand ist ohne Kapitalismus nicht zu haben."

     

    Zu Lebzeiten Marx' war das auch noch richtig so, heute ist der Kapitalismus das größte Hindernis auf dem Weg zu einem breiten volksökonomischen Wohlstand. Inzwischen speist sich der Kapitalismus am weltweiten Volksvermögen und nicht umgekehrt.

     

    Insgesamt nur ein schwacher Versuch von Jan Feddersen!

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Doll, und das Aufbauprogramm soll sich woraus finanzieren? Die Schuldenumverteilung soll wie geschehen? Soll Tsipras derlei Dinge einfach mal eben beschließen oder was?

    Wenn ein volkswirtschaftliches Programm grundlegend falsch ist, was sich insbesondere an den dadurch erzielten Ergebnissen ablesen lässt, kommt es erst mal weniger auf die konkreten Zahlen an, wenn man über eine Alternative diskutiert. Dann diskutiert man erst mal darüber, welche Züge dieses neue Programm grundsätzlich haben soll.

    Von einer dauerhaften Alimentierung der Griechen war nie die Rede. Die möchte kein Linker, die möchte nicht Syriza und die möchte auch kein Grieche. Es geht nur darum, ein nicht funktionierendes Programm durch ein neues zu ersetzen, eben damit Griechenland wieder wachsen und aus eigenen Kräften wirtschaftlich überleben kann.

     

    Den Vorwurf, dass bei der Umgestaltung des Staates bisher zu wenig geschehen ist, kann man so stehen lassen. Es wurden sicher zu viele Energien auf das Geschacher mit der Troika verwendet. Aber jetzt sollte man einfach mal abwarten, was in dieser Hinsicht in den nächsten Monaten geschieht, bevor man sich diesbezüglich ein finales Urteil anmaßt.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @628 (Profil gelöscht):

      Eine hohe Vermögensabgabe, auch auf die Vermögen der Griechen, die ihr Geld an der Steuer vorbei ins Ausland transferiert haben, wäre durchaus teilweise nutzbar zur Gegenfinanzierung eines Konjunkturprogrammes! So ließe sich mit einem Gesetz zur Vermögensabgabe auch auf ausländische Konten zugreifen und das Geld wieder zurück ins Land holen. Im NSA-Zeitalter lassen sich Finanzströme hervorragend nachvollziehen. Doch hinsichtlich Vermögensabgabe habe ich noch nichts vernommen von Herrn Tsipras!

      • 7G
        78110 (Profil gelöscht)
        @2097 (Profil gelöscht):

        Ich stimme Ihnen absolut zu, was die dringend benötigte Vermögensabgabe bzw. eine Verfolgung ins Ausland transferierter Vermögen anbelangt. Das Problem ist aber: Statt hier zu helfen, gibt es Hinweise, dass Teile der Troika (namentlich Vertreter des IWFs) bewusst gegensteuern: "Exemplarisch war der Umgang mit der Liste der 2600 Schwarzgeldkonten von Griechen bei der Schweizer Filiale der Großbank HSBC, die Christine Lagarde, heute Chefin des IWF, als Frankreichs Finanzministerin schon 2010 ihrem griechischen Kollegen übergeben hatte. Bis Ende 2014 wurde nicht ein einziger der Täter vor Gericht gestellt. Doch an diesem Punkt, so berichtet die Anwältin und heutige Parlamentspräsidentin Zoé Konstantoupoulo, machte die Troika keinen Druck. „Im Gegenteil, der IWF-Vertreter im Finanzministerium hat den Beamten sogar abgeraten, diese Fälle zu untersuchen“, erfuhr sie von Zeugen in einem Untersuchungsausschuss zum Thema." Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/eurokrise-die-wirtschaftlichen-eliten-bleiben-verschont/11406286-3.html Unter solchen Umständen wird eine stramme Verfolgung nicht gerade einfacher, das sollte man bedenken.

  • Eine seltsame Art Marx für seine Zwecke zu mißbrauchen. Zumal noch verdrehter als so manche Marxisten. Nur die letzten Unverbesserlichen sehen in Syriza die Heilsbringerpartei und nur die ersten Nörgler glauben an eine politische Kehrtwende eines Landes innerhalb von Monaten.

     

    Wirtschaftspolitik ist nicht Ökonomie. Versagt (im schlechtesten Fall) hat der "Rock'n'Roller" nur in ersterer. Offenbar schaffen die Wenigsten nicht emotional zu werden wenn zaghaft frischer Wind über angestaubte Konventionen bläst.

     

    Der größte Fehler der Zwei(Tsipras und Varoufakis) war wohl, die populistische inhaltsleere Rhetorik der EU zu kopieren statt zu karikieren. Das macht sie nur noch nicht zu schlechten Politikern.

     

    Ich erwarte dann den Feddersenschen Kommentar zur nächsten Situation in einem Land wo eine rechte(oder gar rechtsextreme?) Regierung in eine ähnliche Lage kommt, wie Syriza jetzt - und die wird kommen solang die EU nichts dazulernt. Wird dann statt Marx Smith ausgegraben? oder dürfen wir dann lesen was ein Walther Funk gesagt hätte?

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @TV:

      Eine Kehrtwende nicht, aber Ansätze erwarte ich als Linker. Und diese Ansätze sind eindeutig nicht vorhanden. Und daran Kritik/Nörgelei zu üben ist erlaubt und berechtigt. Linke Politik macht sich unglaubwürdig, wenn nicht zumindest ansatzweise eine angemessene Besteuerung und insbesondere eine Vermögensabgabe zu erkennen sind. Diese Dinge können in 5 Monaten auf den Weg gebracht werden, wenn nicht, liegt eindeutig Inkompetenz vor oder Klientelismus!

      Eine angeblich linke Regierung, die hohe Ausgaben erneut nur über Kredite, anstatt auch über eine Gegenfinanzierung mit einer Vermögensabgabe vornehmen will, macht sich unglaubwürdig. Sogar Roosevelt hatte den Spitzensteuersatz auf 79% und den Erbschaftssteuersatz auf 77% gesetzt während des New Deals. Und dies auch ohne Karl Marx Sympathisant zu sein.

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Die linke Solidarität mit der griechischen Regierung sehe ich sehr kritisch, da nicht erst seit den warnenden Worten von Prof. Heinz A. Richter bekannt ist, dass in Griechenland ein extremer Klientelismus vorherrscht. Dazu gehört auch, dass die, die ganz oben sitzen, seit 1830 keine Steuern zahlen – bis heute nicht. Gegenwärtig sind das rund 800 Familien. Sie besitzen oder kontrollieren mehr als 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

    Syriza ist dagegen offensichtlich in den vergangenen Monaten nicht einmal ansatzweise vorgegangen. Wie kann dies sein, bei einer angeblich linken Regierung?

    Griechenlands linke Regierung besteuert die Vermögenden nicht, macht keine Vermögensabgabe, kein Steuerabkommen mit der Schweiz, welches schätzungsweise 15 Milliarden Steuerschulden der Vermögenden eingebracht hätten (Zum Vergleich: Berlin hat ca. 60 Milliarden Schulden und eine marode Bildungsinfrastruktur). Die Einnahmenseite wird also nicht verbessert! Soziale Gerechtigkeit wird nicht erreicht, indem mit den Steuern der mittleren und unteren Einkommensschichten aus Deutschland die Vermögen der 800 Reichsten in Griechenland weiterhin geschont werden. Nicht einmal die Lagarde Liste mit den Steuerschuldnern wurde angemessen verfolgt, wie die Anfrage des Bundestagsabgeordneten Herrn Joachim Poß ergab!

    Damit nicht weiterhin die öffentlichen Kassen und das ohnehin schwache Sozialsystem geplündert werden, müssen griechische Auslandsvermögen eingefroren werden und die Schweizer Schwarzgelder in einen EU-Topf kommen, aus dem z.T. die griechischen Auslandsschulden wegen Steuerhinterziehung bedient werden und die Sozialsysteme angemessen in Griechenland gestützt werden. Das Geld ist vorhanden, es haben nur die Kriminellen! Allerdings sind im NSA-Zeitalter Möglichkeiten vorhanden, Geldtransfers nachzuverfolgen und die Steuerschulden einzutreiben.

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @2097 (Profil gelöscht):

      'Griechenlands linke Regierung besteuert die Vermögenden nicht, macht keine Vermögensabgabe, kein Steuerabkommen mit der Schweiz, welches schätzungsweise 15 Milliarden Steuerschulden der Vermögenden eingebracht hätten.'

       

      Eine Vermögensabgabe kann Griechenland nur mit Rücksprache der Troika beschließen. Und da die bereits eine höhere Besteuerung von Unternehmen mit größeren Gewinnen als wirtschaftsfeindlich abgelehnt haben, dürfte daraus eher nichts werden.

      Für die 15 Milliarden, die ein Steuerabkommen mit der Schweiz angeblich einbringen würde, hätte ich gerne einen konkrete Quellenangaben. Da kursieren nämlich alle möglichen Zahlen. Laut Welt lagern auf Schweizer Konten 800 Milliarden € griechischer Gelder. Jeder, der ein Gefühl für Zahlen hat, weiß, dass das nicht stimmen kann. In der Realität war dann auch von 800 Millionen die Rede.

      Im Übrigen: Ein Steuerabkommen mit der Schweiz steht meines Wissens kurz vor einem Abschluss.

      • 2G
        2097 (Profil gelöscht)
        @628 (Profil gelöscht):

        Korrekt, es handelt sich nur um Schätzungen in der Presse, genau wissen dies nur die Schweizer Banken. Und an den Notfallkrediten der EZB kann man sich diesbezüglich auch teilweise orientieren!

        Eine Vermögensabgabe ist aber etwas anderes, als eine hohe Besteuerung von Unternehmen. Die Vermögensabgabe ist einmalig und belastet nicht die Konjunktur sondern fördert diese, wenn das Geld für ein Konjunkturprogramm, welches u.a. auch die klein und mittelständischen Betriebe fördert, genutzt wird.

        Nun sind die Institutionen wieder schuld, wie praktisch. Vielleicht sollte Herr Tsipras noch ein Referendum abhalten, über eine angemessene Besteuerung und die Vermögensabgabe, dann könnte die Troika/Institutionen dagegen nichts unternehmen, da es der Wille des Volkes ist! Die Institutionen vorzuschieben ist sehr praktisch, auch um den Klientelismus in Griechenland zu verteidigen!

        Mir ist bewusst, dass auch die Institutionen kein wirkliches Interesse daran haben, die vermögenden Eliten angemessen zu besteuern, daher wurde diesbezüglich auf die Vorgängerregierungen auch nie angemessen Druck aufgebaut und nur einseitig die Ausgabenseite bei den unteren und mittleren Einkommensschichten betrachtet. Doch dies rechtfertigt die mangelnden Ergebnisse der angeblich linken Regierung in Griechenland keineswegs, auch die Einnahmenseite nachhaltig und langfristig zu verbessern.

        Erfreulich, wenn hoffentlich ein angemessenes Steuerabkommen mit der Schweiz demnächst zustande kommt, ich bin gespannt.

      • 2G
        2097 (Profil gelöscht)
        @628 (Profil gelöscht):

        Korrekt, es handelt sich nur um Schätzungen in der Presse, genau wissen dies nur die Schweizer Banken. Und an den Notfallkrediten der EZB kann man sich diesbezüglich auch teilweise orientieren!

        Eine Vermögensabgabe ist aber etwas anderes, als eine hohe Besteuerung von Unternehmen. Die Vermögensabgabe ist einmalig und belastet nicht die Konjunktur sondern fördert diese, wenn das Geld für ein Konjunkturprogramm, welches u.a. auch die klein und mittelständischen Betrieb fördert, genutzt wird.

        Nun sind die Institutionen wieder schuld, wie praktisch. Vielleicht sollte Herr Tsipras noch ein Referendum abhalten, über eine angemessene Besteuerung und die Vermögensabgabe, dann könnte die Troika/Institutionen dagegen nichts unternehmen, da es der Wille des Volkes ist!

        Erfreulich, wenn hoffentlich ein angemessenes Steuerabkommen mit der Schweiz demnächst zustande kommt, ich bin gespannt.

  • Bei Marx übewinden ja die Arbeiter die überfällige herrschenden Schicht und beseitigen so den Kapitalismus. Dass Arbeiter im Kapitalismus in der Mitte der Industrialisierung stecken bleiben, in einer Mixtur aus Agrarwirtschaft, Tourismus und Dienstleistungen stehen und dann Wohlfahrt über Schulden und europäische Subventionen finanzieren, wäre m.M. schlichtweg nicht für Marx vorstellbar gewesen.

     

    Und echte marxistische Parteien gibt es in Griechenland wohl, aber sie sind nicht an der Regierung. Syriza ist progressiv, aber reichlich ratlos, weil das System sich nicht mehr von Athen steuern lässt, weil Griechenland im Euro ist.

     

    Steigt das Land aus, wird es mit Tausend Problemen zu kämpfen haben und erst in zehn Jahren könnte man sagen, das war richtig oder das hat Griechenland genützt.

     

    Ansonsten gibt's eine Dauervorstellung im Tragödientheater, denn bei diesem Stück ist ein Happy-End ausgeschloßen und es geht nur noch um die Frage, wie stirbt der Held, was bleibt danach von ihm. Griechenland könnte jede Regierung haben und käme da eben nicht raus, weil das Land wirtschaftlich in einem Verbund ist und da ist es mit Abstand das schwächste Glied.

    • @Andreas_2020:

      "Syriza ist progressiv, aber reichlich ratlos, weil das System sich nicht mehr von Athen steuern lässt, weil Griechenland im Euro ist."

       

      Das ist genau der Punkt, aber nicht nur in Griechenland. Das Euro-Finanzsystem hat sich als eine Art Überstaat etabliert, der die Politik jedes einzelnen Euro-Lands bestimmt, ob dieses will oder nicht. Merkel und Schäuble sind ebensowenig unabhängig handelnde Akteure wie Tsipras oder Varoufakis. Marx - um diesen zu zitieren - hätte sie als "Charaktermasken" bezeichnet.

       

      Um das Korruptions- und Klientelwesen in Griechenland brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, das steht nämlich den Kapitalinteressen sehr im Wege.

  • Toleranz ist wenn der völkische Weltökonom Jan Feddersen in der TAZ zu Marx und Syriza schreiben darf. Auf den Begriff des volksökonomischen Wohlstandes muss man erst mal kommen. Die ML Schulungen der 70 und 80ger Jahre des letzten Jahrhunderts tragen Früchte in die TAZ von heute.Der emanzipatorische Marx wurde von Maoisten und den Freunden der Sovietunion zu Grabe getragen. Syriza besteht heute dagegen auf der Emanzipation der Leute des Landes in Griechebnland und will sie in die Entscheidung über ihre Ökonomie und ihre Zukunft einbeziehen. Mao und Hoecker wollten so etwas sicher nicht, Marx aber schon.

    Stephan Buchkremer, Etzelwang

  • Vielleicht hätte Herr Feddersen kurz vor der Fertigstellung dieses Beitrages nochmal bei seiner Kollegin Frau Herrmann klopfen sollen. Keine Ahnung von welchen Milliarden er da spricht, die angeblich da seien. Zumal glaubt er wirklich, dass Griechenland eben mal so in den Strommarkt einsteigen kann? Da sind die Pfründe do sowas von verteilt. Sonne = Strom als Rohstoff? Fragen Sie mal afrikanische Länder wie toll das klappt.

  • Vor welcher Aufgabe eine jede griech. Regierung stünde, die die dortige Verwaltung, einen korrupten Dinosaurier, zu reformieren gedenkt, können viele, wie auch Herrn Feddersen offenbar nicht abschätzen. Die Macht in Griechenland ist seit Papandreou nicht mehr in der Hand der Regierungen; Es sind Kartelle, untere Verwaltungsebenen, Beamtenverbände, die in Griechenland Politik machen. Tsipras u. Syriza müssten die eiserne Faust, den Diktator geben, um dieses Land zu entfilzen; Geht nicht, doch ein Scheitern ruft die goldene Morgenröte auf den Plan und die zögen das durch. http://www.welt.de/wirtschaft/article106613106/Warum-in-Griechenland-seit-Jahren-alles-stockt.html

    • @lions:

      genau deshalb stabilsiert jedes Rettungsprogramm nur das von innen völlig verrottete System und sichert den Wert der ergaunerten Pfründe. Viel sinnvoller ist ein Neuanfang mit einer neuen Währung, die stark abgewertet wird und zugleich Hilfsprogramme über Nichtregierungsorganisationen wie das Rote Kreuz für die wirklich Bedürftigen, nicht für den verfilzten Beamtenapparat und die Großindustrie bzw. die Staatsbanken, wo jede Menge Leute abkassieren, die nichts leisten.

  • Was ist eigentlich aus den Verhandlungen mit der Schweiz bezüglich der Lagarde-Liste geworden? Was hat Syrica getan, um die ausstehenden Steuern einzutreiben? Was ist bezüglich Bekämpfung der allgegenwärtigen Korruption geschehen? Wurde etwas gegen die Gesetzesbrecher getan, die den griechischen Staat jeden Monat betrügen, z.B. mittels des Kassieren von Renten für Leute, die längst verstorben sind? Fragen übr Fragen.

  • Grundsätzlich guter Kommentar von Herrn Feddersen; "Redakteur für besondere Aufgaben", was grundsätzlich sypmpathisch klingt :-)

     

    Was er sagen wollte: Politisch Links ist zu einer inhaltslosen Kokketiererei geworden (Leute älter 50) und auch von der Geschichte überholt.

     

    Fragt lieber was für die Menschen heute ein "gutes Leben" bedeutet. Die Taz würde sich wundern wie bieder aber gleichzeitig fortschrittlich das wäre....

    Mit Links-Definitionen ist kein Blumentopf zu gewinnen außer einem unerklärlichen Bllick zurück, bzw. ins Leere.

     

    Griechenland / Syriza hats gerade vorgemacht. Und wer da noch was Progressives, Neues, Linkes sieht... dem ist nicht zu helfen.

    • @Tom Farmer:

      Gute Antwort auf eine guten Kommentar (das man solche für die taz überhaupt schreiben darf). Es ist doch irgendwie ganz einfach: alle sozialistischen Experimente (oder jene die sich als solche bezeichnen) sind bis dato grandios gescheitert; bei Griechenland schon nach 5 Monaten

  • Als Durchschnittsbürger hat man seine Infos leider meist aus zweiter Hand. Dank Arbeitsteilung ist man nicht nur darauf angewiesen, dass Bäcker, Schneider, Wassermänner oder Bankangestellte ihre Arbeit ordentlich machen. Man ist auch aufgeschmissen, wenn DIE Medien schlampig arbeiten.

     

    In den vergangenen Monate waren DIE Medien alles in allem eher von Meinungen geprägt als von Fakten. Ich hatte kaum jemals den Eindruck, dass die, die berichten, irgend etwas wirklich sicher wissen. Je nach politischer Ausrichtung wurden Stellungnahmen entweder der einen oder der anderen Verhandlungsseite ventiliert und eigene Spekulationen angestellt. Die Zahlen, die Marx angeblich so furchtbar wichtig waren, hat meines Wissens auch Jan Feddersen nicht in die Debatte eingebracht.

     

    "Eine Politik, die sich nicht den Zahlen, also den Fakten stellt, kann keine sein", hat Feddersen geschrieben. Um gleich im Anschluss zu behaupten: "Das Gros der Milliarden ging nicht in die Entwicklung der griechischen Ökonomie, sondern in die klientelistisch gesinnte Versorgung der Armen." Mit seinem ersten Satz hat er vermutlich recht. Der zweite ist ne völlig unbewiesene Behauptung. Das Groß wovon? Und wie viel, ganz genau, ist dieses Gros? Seine Kollegen schreiben jedenfalls, dass DIE Armen müssten hungern...

     

    Wenn Jan Feddersen das mit den Zahlen so genau weiß, dass er es in die Zeitung schreibt, sollte er seinen LeserInnen dabei helfen, eine Politik zu machen, die den Namen tatsächlich verdient? Es sei denn, Recherche wäre zu teuer für Leute, die sich lieber alimentieren lassen als zu arbeiten.

     

    Übrigens: Marx ohne Engels wäre undenkbar gewesen, heißt es. Merke: Ein Mann, der sich zum Rock ’n’ Roller stilisiert, ist noch lange kein guter Revolutionär oder Kolumnist. Und wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen schmeißen. Schon zweimal nicht auf Leute, die grade unter dem Beschuss von Menschen stehen, die andere nicht leiden können.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Ihre Kritik an dem tendenziösen Satz "Das Gros der Milliarden ging nicht in die Entwicklung der griechischen Ökonomie, sondern in die klientelistisch gesinnte Versorgung der Armen" teile ich, da die Armen dadurch einseitig als Profiteure dargestellt werden. Tatsache ist, dass die Einnahmenseite überwiegend nur kreditfinanziert war und Vermögende nie angemessen besteuert wurden und dadurch die eigentlichen Profiteure sind, da sie auch ihr Vermögen ins Ausland transferieren konnten, auch aufgrund eines funktionsunfähigen Steuerwesens. Gleichzeitig wurden z.T. die Wähler mit Posten in der Verwaltung versorgt, doch die unteren Einkommensschichten (Armen) hatten nicht die Möglichkeit durch Transfers ins Ausland sich abzusichern, da bei den niedrigen Gehältern oder Renten gar kein Vermögen vorhanden ist, welches transferiert hätte werden können.

      Dass hohe Ausgaben auf der einen Seite und Einnahmen nur über Kredite auf der anderen irgendwann zur Insolvenz führt, ist wohl jedem klar, auch ohne Volkswirt, Betriebswirt oder Karl Marx Experte zu sein.

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass Marx das gesagt hätte, Herr Federsen. Marx hätte eher gesagt, Proletarier enteignet die Schlüsselindustrie und Banken, stellt sie unter Arbeiterkontrolle und ruft die anderen Linken Parteien dazu auf sie in ihrem Kampf für die Vereinigten Sozialistischen Staaten Europas zu kämpfen. Denn eines ist klar: Alleine kann Griechenland nicht überleben, ob als kapitalistisches oder kommunistisches Land. Und ich kann Ihnen sagen, als was Marx Syriza bezeichnet hätte: Als refomistische, bürgerliche Arbeiterpartei. Von ihr ist der Kniefall vor dem Kapital zwar zu erwarten, jedoch trägt sie großes Potential in sich, da ihre Basis von der Arbeiterklasse gestellt wird.

  • Überdies wird dann auch noch behauptet, Griechenland würde auf eine Alimentierung bestehen, obwohl es lediglich - und dafür gibt es viele gute ökonomische Gründe - einen Schuldenschnitt verlangt. Der Höhepunkt ist dann wieder die Behauptung des Autors, Syriza sollte sich für eine "Schuldenumverteilung" einsetzen - Super Idee, genau das macht Syriza ja auch. Ein Schuldenschnitt kann nämlich auch eine Schuldenumverteilung sein, denn Staaten können auch einfach Schulden in die Ewigkeit tragen.

     

    Zu guter letzt empfehle ich dem Autor auch noch einen Blick auf die Landkarte und in ein Physiklehrbuch: Strom ist leider nicht so einfach transportfähig. Und wenn man jetzt mal schaut, wo Griechenland liegt (Tipp: Da sind ein paar Nicht-EU-Staaten und entsprechende Kilometer dazwischen, bevor man wieder die EU erreicht) und beispielsweise auch die Diskussion in Deutschland über Stromtrassen im Hinterkopf hat, dann kann man nur feststellen, dass diese tolle Idee vom VWL- und Marx-Experten Feddersen leider schlicht nicht hilfreich ist.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Dubiosos:

      Ihre Solidarität mit der griechischen Regierung sehe ich sehr kritisch, da nicht erst seit den warnenden Worten von Prof. Heinz A. Richter bekannt ist, dass in Griechenland ein extremer Klientelismus vorherrscht. Dazu gehört auch, dass die, die ganz oben sitzen, seit 1830 keine Steuern zahlen – bis heute nicht. Gegenwärtig sind das rund 800 Familien. Sie besitzen oder kontrollieren mehr als 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

      Syriza ist dagegen offensichtlich in den vergangenen Monaten nicht einmal ansatzweise vorgegangen. Wie kann dies sein, bei einer angeblich linken Regierung?

      Griechenlands linke Regierung besteuert die Vermögenden nicht, macht keine Vermögensabgabe, kein Steuerabkommen mit der Schweiz, welches schätzungsweise 15 Milliarden Steuerschulden der Vermögenden eingebracht hätten (Zum Vergleich: Berlin hat ca. 60 Milliarden Schulden und eine marode Bildungsinfrastruktur). Die Einnahmenseite wird also nicht verbessert! Soziale Gerechtigkeit wird nicht erreicht, indem mit den Steuern der mittleren und unteren Einkommensschichten aus Deutschland die Vermögen der 800 Reichsten in Griechenland weiterhin geschont werden. Nicht einmal die Lagarde Liste mit den Steuerschuldnern wurde angemessen verfolgt, wie die Anfrage des Bundestagsabgeordneten Herrn Joachim Poß ergab!

      Damit nicht weiterhin die öffentlichen Kassen und das ohnehin schwache Sozialsystem geplündert werden, müssen griechische Auslandsvermögen eingefroren werden und die Schweizer Schwarzgelder in einen EU-Topf kommen, aus dem z.T. die griechischen Auslandsschulden wegen Steuerhinterziehung bedient werden und die Sozialsysteme angemessen in Griechenland gestützt werden. Das Geld ist vorhanden, es haben nur die Kriminellen! Allerdings sind im NSA-Zeitalter Möglichkeiten vorhanden, Geldtransfers nachzuverfolgen und die Steuerschulden einzutreiben.

    • @Dubiosos:

      Endlich mal ein vernünftiger tiefer gehender Kommentar in der TAZ.

    • @Dubiosos:

      Danke! vollkommen richtig.

  • also erst mal glaube ich, dass varoufakis mehr von marx versteht als sie. und das zeil der regierung ist erst mal die harten sparmaßnahmen abzumildern. und "alimentierung" hätte josef ackermann genau so bei anne will gesagt.

     

    was sich die syriza- regierung hier verschafft, ist vor allem einmal ein handlungsspielraum. und was sie vorschlagen: aufbau einer "ökoindustrie" ist ja wohl nur ein witz! wer soll denn von den nachbarn ökostrom kaufen? die türkei? bulgarien? die haben übrigens, als nachbarn von griechenland genug eigene sonne und setzen dennoch auf atomkraft.

     

    und eine moderne linke wirtschaftspolitik sähe wohl erst mal so aus, die binnennachfrage zu stärken. wozu auch die armee gehört. denn diese verfügt über ein festes einkommen und gesicherte zukunft. diese ganze exportscheiße funktioniert doch nicht. export kommt immer nur den eliten zugute. den normalen menschen bringt das nix. und was griechenland bräuchte wären investitionen. und export ist genau das gegenteil davon.

     

    wo sie recht haben, ist die reform der verwaltung und der klientelpolitik. aber mal ehrlich, das sind reformvorhaben, die weit mehr als eine legislaturperiode benötigen. und dies soll jetzt von dem klammsten staat in europa in drei wochen durchgeführt werden? also sry, das ist elfenbeinturm.

    • @Worst Case:

      Es gilt immer noch: "Lechts und Rinks kann man leicht velwerchseln." Im äh, als Schlimmste(n)r Fall haben sie vollkommen recht mit ihrer Kritik an diesem wenig brauchbarem Kommentar von Feddersen.

      • @Hajü der Weisse:

        verstehe ich nicht? was wollen sie damit sagen?

        • @Worst Case:

          Nur dass ich Ihren Kommentar zu Feddersens angeblich so "linken" Erguss gut finde. Ein schlimmer Fall, worst case, ist, dass Feddersen anscheinend K. Marx nicht richtig kennt, sich aber auf ihn beruft , um Tsirpas und Syriza zu diskreditieren. Ein paar Spalten unter Ihrem Kommentar bei DUBIOSOS finden Sie eine weitere Antwort von mir dazu.

  • Fortsetzung:

     

    Von daher teile ich die Ansicht einiger linker Syriza-Abgeordneter, dass man besser den Euro verlässt. Dann werden diese ganzen ergaunerten Privilegien mit-abgewertet und die Wirtschaft erhält wieder Luft zum Atmen. Dann bräuchte es auch keinen Schuldenschnitt mehr, der gegen EU-Recht verstößt, man könnte sich darauf einigen, dass die Schulden mit umgerechnet werden in die neue Währung. Damit hätte man formal keinen Schnitt, faktisch aber durchaus.

     

    Aus meiner Sicht ist das eine Lösung, die wirklich einen Neuanfang ermöglicht, den Griechenland dringend braucht. Zu den Fakten, wie das Land in den letzten Jahrzehnten ruiniert wurde, ein Link, der nicht einer Seite die Schuld zuweist, sondern die Probleme konkret beim Namen nennt: http://www.scilogs.de/gedankenwerkstatt/griechenland-klientelismus-als-gesellschaftsform/

  • ein erstaunlicher Kommentar, nachdem zuletzt die taz ja nur die Positionen vertreten hat, die Feddersen hier kritisiert, mit marginalen Ausnahmen, etwa die vorsichtigen Hinweise, dass Griechenland auch selbst Verantwortung trägt und über die Grenzen der Demokratie, wenn es um Finanzierung geht, das sind die beiden einzigen Artikel, die sich nicht lasen, als wolle Europa ein unterdrücktes Land endgültig zerstören.

     

    Besonders wichtig finde ich, dass die Probleme natürlich nicht von der jetzigen Regierung verursacht wurden, dass aber auch diese wieder nicht damit begonnen hat, die Klientelwirtschaft anzugreifen, die das Land in den Ruin geführt hat, sondern diese fortsetzt. Ein Beispiel sind die vielen Beamten, die als Belohnung für irgendetwas eingestellt wurden, je nachdem, wer gerade die Wahlen gewonnen hatte von links oder von rechts. Irgendwann musste man neue Belohnungsstellen schaffen, dann wurden die alten halt pensioniert. An diesern Lasten trägt Griechenland sehr stark und die werden auch kaum zu beseitigen sein, wenn die dortigen Gerichte Teil des Systems sind und Kürzungen der Pensionen verurteilen. Zwar hat Tsipras Recht, dass zur Zeit viele auf diese unverdienten Einkommen angewiesen sind, dennoch wäre es sinnvoller, diese zu kürzen, um die Ausgaben zu senken, damit die Wirtschaft nicht dies alles mitfinanzieren muss.

  • „Das Gros der Milliarden ging nicht in die Entwicklung der griechischen Ökonomie, sondern in die klientelistisch gesinnte Versorgung der Armen“ … Banken.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Ich hab auch gestutzt... :D

  • Also vielleicht ist das hier ein Satirebeitrag und ich habe es nicht verstanden, aber es wirkt leider nicht so. Dass die taz diesen Unfug von Herrn Feddersen auch nocht veröffentlicht, ist leider ein weiteres von vielen Zeichen, dass die taz sich als ehemals linkes Projekt schon längst verabschiedet hat.

     

    Die Behauptung, "Das Gros der Milliarden ging [...] in die klientelistisch gesinnte Versorgung der Armen" ist schlicht falshc und eine groteske Verdrehung der Wahrheit. der völlig überwiegende Teil der Milliarden ging natürlich in den Bankensektor und deren Rettung und kam in den griechischen Staatskassen nie an.

    Des Weiteren wird hier dieses Märchen weitergesponnen, Varoufakis hätte nichts anderes getan als lange Reden zu halten. Es ist im Übrigen ohne gute Argumente auch reichlich arrogant, einem habilitierten VWL-Professor vorzuwerfen, er wäre "kein guter Ökonom". Auch schon die Bezeichnung als "linker Kader" ist völlig tendenziös, soweit ich weiß hat Varoufakis keine Rote-Khmer-Gedächtnisschule besucht.

    • @Dubiosos:

      Was Marx sagen würde ist, "Die Komsumption produziert die Produktion in einem organischem Ganzem". Es geht nicht um die Entwicklung der Produktivkräfte, sondern dass die Produktion wieder in Gang kommt. Links ist die taz vielleicht immer noch, aber theoretisch vollig unterbesetzt. Im übrigen auch der Kapitalismus gründet auf Vertrauen. Das heißt nicht, das der volksökonomische Wohlstand auf Kapitalismus beruht (Feddersen). Kommt darauf an, was für eine Art Kapitalismus, und ob dieser das Vertrauen in ihn rechtfertigt.

    • @Dubiosos:

      "der völlig überwiegende Teil der Milliarden ging natürlich in den Bankensektor und deren Rettung und kam in den griechischen Staatskassen nie an."

      Lächerlich! Von ungefähr 320 Mrd. Euro macht die Bankenrettung zwar immerhin ca. 100 Mrd. aus, der Rest läuft aber über bilaterale Kreditverträge, die EZB, ELAs und Target II. Aber Hauptsache, auf die Banken eingedroschen!

  • "Konsum ist jedoch, laut Marx, niemals ein Treiber der Produktivkraftentwicklung, sondern Industrialisierung. Beziehungsweise: die Entwicklung einer Ökonomie, die so effizient wie möglich die optimalen Profite bewirkt."

     

    Mithin die neoliberale Durchökonomisierung der Gesellschaft...hat Marx das wirklich so geschrieben? Ehrlich gesagt ich habe Marx nicht gelesen, kann mir aber nicht vorstellen, das es das ist, was er gemeint hat.

    Genau diese Ausrichtung auf optimale Profite wird doch durch die EU in Griechenland gefordert... Ihre Analyse erscheint mir rätselhaft, mithin wären sämtliche linken Strömungen in Europa nicht links, da sie ja auf Konsum über den Binnenmarkt setzen.

     

    Eine Alimentalisierung der Armen, die Sie der griechischen Regierung als Klientelismus vorwerfen ist die wirklich so verwerflich? Politik bedient die eigene Klientel, das ist ein grundlegender Zug der Politik, linke Parteien konzentrieren sich auf die ärmeren Bevölkerungsteile, die ja gerade benachteiligt sind, weil sie sonst nicht wahrgenommen werden.

    Die versteckte Forderung die Armen sollen sich doch durch Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit selbst helfen, anstatt sich alimentalisieren zu lassen entspricht voll und ganz den Ideen der Hartzgesetze in D.

     

    Was ist Ihrer Ansicht nach links?

  • Danke, es gibt ja, doch noch halbwegs vernünftige Leute bei der TAZ.