Studie zum Sicherheitsempfinden: Gefahr im eigenen Haus
Mehr als die Hälfte aller Frauen fühlt sich nachts nicht sicher. Tatsächlich werden die meisten Gewaltverbrechen in den eigenen vier Wänden verübt.
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F rauen fühlen sich nachts in der Öffentlichkeit unsicherer als Männer. Das ist einer der Kernbefunde einer neuen Studie des Bundeskriminalamts (BKA), die am Dienstag gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium (BMI) vorgestellt wurde. Laut BMI ist die Umfrage mit 45.000 Teilnehmer:innen die größte zum Thema Kriminalität, die je in Deutschland vorgenommen wurde.
Männer fühlen sich in der Öffentlichkeit weitestgehend sicher, während andere Geschlechter nachts den ÖPNV sowie bestimmte Plätze und Parks im Dunkeln meiden. Laut BKA sind es 58 Prozent der Frauen, andere Geschlechter wurden nicht berücksichtigt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will „nicht hinnehmen“, dass Frauen nachts nicht in öffentliche Verkehrsmittel steigen, weil sie sich unsicher fühlen: „Wir brauchen höhere Polizeipräsenz an manchen Orten und mehr Videoüberwachung.“
Doch Videoüberwachung und mehr Polizei führen nicht automatisch zu einem besseren Sicherheitsgefühl. Die Angst der Frauen, wenn sie nachts allein unterwegs sind, ist nicht neu. Was indes weitgehend untergeht, ist die Tatsache, dass Gewalt zumeist im näherem Umfeld stattfindet. So ergab die Umfrage auch, dass zwar Männer häufiger Opfer von Straftaten werden, aber Frauen deutlich häufiger von sexualisierter Gewalt und „Partnerschaftsgewalt“ betroffen sind.
Problematisch bei sexualisierter Gewalt ist, dass schätzungsweise nur ein Prozent der Fälle angezeigt wird. Opfern von häuslicher und sexualisierter Gewalt wird bis heute oft nicht geglaubt, bisweilen werden sie sogar diffamiert.
Eine Gesellschaft zu schaffen, die Überlebende sexualisierter Gewalt ernst nimmt und die aktiv dazu beigeträgt, dass es gar nicht erst zu sexualisierten Gewaltübergriffen kommt, muss das zentrale Ziel sein. Dazu gehören Aufklärung und Täterarbeit, eine grundlegend andere Sozialisierung der Geschlechter und nicht zuletzt rechtzeitige Hilfestellung für Frauen, die in ihrem unmittelbaren Umfeld bedroht werden.
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