Beirat gegen sexualisierte Gewalt: Betroffene als Expert*innen
Bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention fragt Bremen auch Opfer von Partnerschaftsgewalt. Zehn von ihnen engagieren sich im Beirat.
Im Sommer hat die Bremer Landesregierung explizit Opfer gesucht: Frauen, die Gewalt durch Partner*innen erfahren haben; Menschen, die als Kinder häusliche Gewalt miterlebt haben; Frauen, die von Stalkern verfolgt wurden; Menschen, die zur Prostitution gezwungen wurden. All jene also, die aus Erfahrung wissen, wie Opferschutz aussehen müsste.
Bremen ist aktuell dabei, seinen Landesaktionsplan zur Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen zu erstellen. Als erstes Bundesland fragt es dabei explizit auch die Betroffenenperspektive ab: Zehn Menschen mit Gewalterfahrung haben sich am Dienstag als sogenannter Betroffenen-Beirat konstituiert. Die erste inhaltliche Sitzung soll am 2. November folgen.
Die großen Linien sind durch die Istanbul-Konvention als Abkommen des Europarats „zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ vorgegeben: den Opferschutz stärken, die Strafverfolgung an tatsächliche Erfordernisse anpassen, rechtliche Gleichstellung sicherstellen und die Gesellschaft sensibilisieren. Diese Forderungen müssen noch in konkrete Politik umgesetzt werden – auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. In Bremen hinterlegen zehn Arbeitsgruppen die Ziele mit Maßnahmen, bis Ende des Jahres soll eine erste Fassung stehen.
Der Beirat gehört nicht zu diesen Arbeitsgruppen, sondern steht mit seiner Kompetenz neben oder auch über dieser Struktur. Was auch immer beschlossen wird, sollen die Betroffenen prüfen und kommentieren. Wenn der Landesaktionsplan erst einmal steht, sind sie gefragt, die Umsetzung kritisch zu begleiten. „Bei Beratungsangeboten für Gewaltopfer etwa wird für uns sehr wertvoll sein zu wissen, was jemand dazu sagt, der selbst Beratung bekommen hat – oder gebraucht hätte“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Senatorin für Frauen, Claudia Bernhard (Die Linke).
Die Arbeit im Beirat ist ehrenamtlich. Nach Bewerber*innen hat der Senat auch über soziale Träger und Opferschutzverbände gesucht. 26 Menschen haben sich beworben – mit ihrer je eigenen Gewaltgeschichte. „Ich bin sehr froh, dass ich nicht auswählen musste, welche Menschen jetzt im Beirat sitzen“, sagt Fuhrmann, „das stelle ich mir unheimlich schwer vor.“
Vertreten sein sollen jetzt zehn Menschen aus ganz unterschiedlichen sozialen Kontexten, Menschen unterschiedlichen Alters und vor allem mit unterschiedlichen Erfahrungen. Einige von ihnen treten mit Pseudonym auf – auch gegenüber der Landesregierung soll es ihnen möglich bleiben, die Anonymität zu wahren.
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