Studie zu weltweiter Steuerflucht: Das Gift der Neoliberalen
Ja, Milliardäre und Großkonzerne zahlen kaum Steuern. Darüber zu klagen, nützt nichts. Wählen und ein anderes Mindset aber schon.

E s ist verrückt: Milliardäre zahlen fast gar keine Steuern. Sie können Schlupflöcher in ihren Heimatländern nutzen, indem sie sich geschachtelte Holdings zulegen oder in Immobilien investieren. Auch die multinationalen Großkonzerne müssen nur sehr geringe Steuern abführen. Die normalen Bürger haben schon immer vermutet, dass die Reichen geschont werden – aber jetzt gibt es dafür auch die Daten. Die EU finanziert neuerdings eine Forschergruppe namens „EU Tax Observatory“, die nun ihre erste Studie vorgelegt hat.
Der Staat kann nur funktionieren, wenn er Steuern einnimmt. Von diesem Staat profitieren auch die Milliardäre, aber zahlen soll, bitte schön, die Mittelschicht. Diese krasse Ungerechtigkeit gefährdet die Demokratie. Sie enthält das Versprechen, dass alle Menschen gleich sind – deswegen hat ja jede:r eine Stimme. Aber diesem politischen Versprechen wird nicht mehr geglaubt, wenn die Reichen rasant reicher werden, auch weil sie kaum Steuern zahlen müssen.
Allerdings genügt es nicht, sich nur über die Milliardäre zu erregen. Die eigentliche Frage ist ja, warum die WählerInnen immer wieder für Steuergesetze stimmen, von denen nur die Reichen profitieren. Vor allem zwei Mechanismen sind extrem schädlich. Erstens: Staaten werden wie Unternehmen betrachtet, die gegeneinander konkurrieren. Es erscheint legitim, dem Nachbarn Steuergelder zu klauen, indem man selbst ganz niedrige Sätze anbietet. Dieser Wahnsinn wird von der neoliberalen Theorie geadelt, die gern von „Steuerwettbewerb“ redet – als wären Steuern eine Ware wie Autos.
Zweitens: Diese Verwirrung wird verstärkt durch den gern verbreiteten Eindruck, dass der Staat nur stört – und jene Gesellschaften am erfolgreichsten seien, die am wenigsten Steuern eintreiben. Auch das ist schlicht falsch. Bildung, Pflege, Gesundheit, Infrastruktur oder Umweltschutz sind existentiell, aber teuer. Am besten finanziert man sie über faire Steuern – damit auch die Reichen ihren Teil beitragen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden