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Studie zu AltersvorsorgeRente deckt Konsumniveau oft nicht

Ältere Erwerbstätige haben bei Renteneintritt eine Versorgungslücke von 700 Euro. Selbst wenn sie zusätzlich ihr privates Vermögen einsetzen.

Ältere Erwerbstätige haben bei Renteneintritt eine durchschnittliche Versorgungslücke von 700 Euro Foto: imago/blickwinkel

Berlin rtr | Millionen Deutschen drohen einer Studie zufolge im Ruhestand erhebliche Einschränkungen. 58 Prozent der heute 55- bis 64-jährigen Erwerbstätigen haben demnach nicht genug Ansprüche an die gesetzliche, betriebliche oder private Altersversorgung, um ihr aktuelles Konsumniveau aufrechtzuerhalten, wenn sie jetzt in Rente gingen. Das geht aus einer am 12. September veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Sie hätten im Schnitt eine potenzielle Versorgungslücke von monatlich rund 700 Euro.

Private Versicherungen wie die Riester- und Rürup-Rente würden den Anteil in dieser Altersgruppe mit einer Versorgungslücke lediglich um zwei Prozentpunkte senken. Selbst wenn sie zusätzlich ihr privates Vermögen einsetzten, könnten gut 40 Prozent ihren aktuellen Konsum nicht decken, heißt es in der Untersuchung, die von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung finanziert wurde.

„Die Ergebnisse zeigen, dass private Versicherungen als dritte Säule der Alterssicherung insgesamt nur wenig dazu beitragen, die Versorgungslücke zu schließen“, betonen die Forscher. Sie empfehlen deshalb eine stärkere Fokussierung auf die gesetzliche Rentenversicherung. „Gerade Geringverdienenden sollten dann höhere Leistungen zugute kommen, während die Beitragsbemessungsgrenze für die oberen Einkommensgruppen aufgehoben werden sollte“, sagte DIW-Experte Markus Grabka. Zudem könnten bessere Anreize zur Bildung privaten Vermögens gesetzt werden, etwa durch eine Umleitung der staatlichen Zuschüsse für Riester-Renten in Richtung einer kapitalgedeckten Zusatzrente.

Die große Koalition hatte sich kürzlich auf ein Rentenpaket bis 2025 verständigt. Es soll sicherstellen, dass die Rentenerhöhungen bis dahin in jedem Jahr ausreichen, um ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent – bezogen auf einen Durchschnittslohn – zu erreichen. Für den Beitragssatz soll im selben Zeitraum eine Obergrenze von 20 Prozent gelten.

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19 Kommentare

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  • "(...) Rezenssion ist unsere einzige Chance, dem Klimawandel (...)" (Zitat: Energiefuchs)



    Sicher würde sich der Konsum verändern.



    Aber: Ich glaube nicht, dass dadurch im Winter weniger geheizt werden würde. Ich glaube auch nicht, dass sich dann der Stromverbauch im Privathaushalt reduzieren würde - im Gegenteil. Und ich denke, dass der Spritverbrauch auch nicht wirklich deutlich geringer wäre, weil die Noch-Arbeit-Besitzenden dann mit ihren Autos deutlich weitere Wegezeiten zu den verbleibenden Arbeitsplätzen akzeptieren müssten.



    Das Konzept der Bewältigung der Klimakrise mittels einer ökönomischen Krise überzeugt mich nicht.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Ich denke, als Rentner hält man schon ob des Ruhestands sein Konsumniveau nicht aufrecht. Man braucht z.B. nicht mehr zur Arbeit zu fahren. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich es OK finde, wenn durchschnittlich 700 EUR weniger zur Verfügung stehen, aber nach so viel Unterschied klingt mir das bei jemandem, der - sagen wir - 2700 Netto hat, nicht. Schließlich erwartet ja keiner eine "Rente mit vollem Lohnausgleich".

    Was mich mehr interessieren würde ist, wie es sich bei den kleinen Renten verhält!? Wie viele Rentner würden auf Stütze angewiesen sein, wie viele wären armutsgefährdet, wie sähe die Verteilung nach Rentenhöhe aus?

  • Das Ziel war von Anfang an, die Nachfrage auf den Aktienmärkten zu erhöhen und die Preise und Boni zu steigern - reiner Nepotismus, um nicht zu sagen Korruption! Das Problem der Rentenkassen ist das Missverhältnis zwischen Rentnern und Arbeitnehmern aufgrund der zahlenmäßig riesigen Babyboomer-Generation. Es war aber von Anfang an klar, dass dieses Problem genauso auf den Aktienmärkten existiert (Sparer/Entsparer), es sei denn, man diversifiziert in Schwellenländer, was wiederum andere Risiken birgt.

    • @EricB:

      " Das Problem der Rentenkassen ist das Missverhältnis zwischen Rentnern und Arbeitnehmern aufgrund der zahlenmäßig riesigen Babyboomer-Generation." - Ist es nicht, da bei diesen Betrachtungen immer der ebenfalls nicht-produktive Bevölkerungsanteil der Kinder unterschlagen wird. Wir haben heute mehr Rentner, aber auch weniger Kinder. Das demographische Drohszenario von 1 Arbeitnehmer auf 1 Rentner haben wir jetzt schon in der Form von ca. 42 Mio wirtschaftl. aktiven Menschen bei einer Einwohnerzahl von ca. 84 Mio.

  • 700,- EUR Versorgungslücke heißt auch, dass für die Summe weniger gekauft wird. Wenn die heutigen Rentner mehr haben, sieht das nach einem Rückgang des Haushaltseinkommens und damit der Konjunktur aus. Keine linke Idee, sondern reiner Fordismus.

    • @EricB:

      Eine tiefe Rezenssion ist unsere einzige Chance, dem Klimawandel irgendwie weniger stark ausfallen zu lassen. Mehr kaufen -> mehr Energie nötig.

  • Es ist halt ganz einfach: Welchen Teil von Wertschöpfung wollen wir für den sozialen Tril ausgeben und wo holen wir den Teil her.

    Die Ideologie der letzten 25 Jahre sagt, Jedr soll möglichst für sich selbst sorgen und Solidariät ist nicht.

    Es stellt sich langsam raus, dass diese Ideologie einfach unsinnig ist und wir uns endlich darüber unterhalten müssen, alle angemessen zu beteiligen.

  • Das war klar. Der Punkt ist doch, dass Riester ein Riesenflop der SPD ist. Die wundert sich über miese Wahlergebnisse, dabei ist dies hier erst der Anfang. Die echte Verarmungswelle rollte sogar hinterher an. Die Jahrgänge, die überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen sind folgen noch. Die hier angeführten haben wenigstens im Westen ja oft dauerhaft arbeiten können und das oft auch noch zu fairen Entgelten. Die Generation danach hat das nicht mehr, bei der wird die Lücke noch viel größer werden. Die große Koalition regiert jetzt, sie könnte sofort für Verbesserungen sorgen. Wenn jeder Arbeitnehmer im Monat €5 oder €7 mehr bezahlen würde, wäre die Lücke viel geringer, wenn der Arbeitgeber die gleiche Summe einzahlen müsste noch viel stärker.

    Diese Miesere ist auch auf die SPD-Idee zurückzuführen, die Arbeitgeber aus der Rente zu entlassen. Das rächt sich jetzt und es wird noch dicker kommen.

  • "Außerdem, besser als ich die gesetzliche Rente kann man das Geld nicht investieren."



    Ungefragter Hinweis: Sie sollten sich über die Funktionsweise und die Renditen auf den Kapitalmärkten erkundigen bevor sie derlei Meinung absetzen. Es gibt nahezu nix schlechteres (unsicher und ohne Rendite bzw. politischer Willkür ausgesetzt) als die gesetzliche Renteversicherung, ... solange das System so weiter läuft wie bisher!

    • @Tom Farmer:

      Dem Punkt mit politscher Willkür würde ich wohl zustimmen. Dem Rest hingegen nicht.



      Ein umlagefinanziertes System wie die gesetzliche Rente hat ja gerade den Charme nicht auf die Kapitalmärkte schauen zu müssen wie Versicherungen dies tun. Und Sozialsysteme müssen und sollten ohnehin keine Rendite abwerfen.

      Das gesetzliche Rentensystem muss auf breitere Säulen (Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze, Einbeziehung höher Vermögen, etc.), aber sie ist das einzige was 98% der Bevölkerung im Alter versorgen kann!

    • @Tom Farmer:

      war Antwort auf @Danny Schneider, ca. 13:00 Uhr

  • Millionen künftige Rentner müssen sich massiv einschränken

    Aufstehen für soziale Gleichstellung und Umverteilung, auch in Deutschland

    Auch in Deutschland sollten wir u.a. die Privatvermögen und Jahresdividenden der Familien Quandt, Porsche, Siemens, Bosch, Springer und Mohn miteinbeziehen! Nur dann können wir auch die sozialen Probleme für alle bundesdeutschen Staatsbürger*innen, Rentner und Armen, unabhängig von ihrer Herkunft, Geschlecht und Hautfarbe, in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig und sozial auskömmlich lösen!

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Reinhold Schramm:

      Und nächstes Jahr??

  • Es ist nichts neues, dass die Rente nicht reicht. Man will doch nicht, dass es den alten Menschen zu gut geht - dann lieber auf Hartz IV Niveau!

  • Riester lohnt sich nur für die Anbieter.



    die die ein Zubrot zur gesetzlichen Rente brauchen können sich ansparen gar nicht leisten, die die es können wären ziemlich blöd in Riester zu gehen.

    Außerdem, besser als ich die gesetzliche Rente kann man das Geld nicht investieren. Kapitalgedeckt ist immer auch Glücksspiel mit der eigenen Zukunft (und / oder schlechte Rendite)

  • Diskussion ist doch nutzlos. Eine Änderung des System (verbreiterte Basis + Umverteilung von oben nach unten) ist von keiner Partei gewollt, außer den Linken.

    Also gibts ab und an vor Wahlen n kleines Steuergeschenk und ansonsten: Maul halten und möglichst früh sterben! Ist gut fürs System

  • Weniger Konsum im Alter, so als Lösung?



    Oder besser: keinerlei Höchstgrenze, alle Einkommen in die Rentenabgaben einbeziehen.

  • "Zudem könnten bessere Anreize zur Bildung privaten Vermögens gesetzt werden, etwa durch eine Umleitung der staatlichen Zuschüsse für Riester-Renten in Richtung einer kapitalgedeckten Zusatzrente"

    Dieser Satz ergibt so keinen Sinn, da Riester bereits eine kapitalgedeckte Zusatzrente ist. Oder soll eine Alternative eingeführt werden?

    • @Horst Horstmann:

      Genau so liest sich das.

      Vielleicht hat sich ja mittlerweile herumgesprochen, dass Riestern nicht das Wahre ist. Aber Ziel der Idee ist es ja auch nie gewesen, Menschen im Rentenalter den selben Lebenstandard zu garantieren, den sie als Erwerbstätige hatten. Die Rente war immer nur eine Mindestversorgung. Wer etwas anderes geglaubt hat, der hat nur das gehört, was er hat hören wollen, nicht das, was tatsächlich gesagt wurde.

      Die Hoffnung war, die Rentenkasse und die Beitragszahler zu "entlasten". Die Beitragszahler sollten für ein paar Prozentpunkte weniger auf dem Lohnzettel ein Kreuz an einer bestimmten Stelle auf dem Wahlzettel machen und die Rentenversicherer sollten (Personal-)Kosten einsparen können. Damit das klappt, sollte den Banken ein Geschäftsmodell angeboten werden, das die unmöglich ablehnen konnten. Was sie dann ja auch nicht getan haben. Sie haben sich nicht mal geziert vorher.

      An der Idee hat sich bis heute nichts geändert und es wird sich vermutlich auch nichts ändern daran. Mit der aktuellen Regierung nicht und auch nicht mit einer anderen.