piwik no script img

Studie zu AfD-AnhängernAfD-wählen macht unzufrieden

Kommentar von Joscha Frahm

Wis­sen­schaft­le­r:in­nen haben herausgefunden, dass An­hän­ge­r:in­nen der AfD unzufriedener sind. Doch die Studie hält auch eine Lösung bereit.

Besser neuen Chip besorgen Foto: Steinach/imago

E s gibt eine gute und eine schlechte Nachricht für AfD-Wähler:innen. Die schlechte: AfD wählen macht unglücklich, die gute: Wenn man damit aufhört, geht es einem bald besser.

Dies legen zumindest die Ergebnisse einer repräsentativen Studie, durchgeführt von For­sche­r:in­nen des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB), nahe. Das WZB befragte zwischen 2019 und 2021 über 5.000 Menschen zu ihrer persönlichen Zufriedenheit und fand eine bisher unbelegte Kausalität. Personen, die die AfD wählen, sind laut der Studie deutlich unzufriedener mit ihrer persönlichen und finanziellen Situation als die Wäh­le­r:in­nen anderer Parteien.

Bei neuen Wäh­le­r:in­nen der in Teilen rechtsextremen Partei ist dieser Zusammenhang besonders stark ausgeprägt. Optimistisch sind die Studienautor:innen, was die Laune der an die AfD verlorenen Wäh­le­r:in­nen angeht, trotzdem. Denn laut Studienergebnissen steigt die persönliche Zufriedenheit, sobald man sich wieder von der Partei abwendet. So einfach kann der Weg zum Glück sein.

Teuer wird es allerdings für Uneinsichtige. Die Stu­di­en­au­to­r:in­nen geben eine Schätzung ab: Rund 2.500 Euro müssten AfD-Wähler:innen zusätzlich verdienen, um zu alter Zufriedenheit zurückzukehren. Das Problem: Die Politik der AfD wird ihre Wäh­le­r:in­nen wahrscheinlich nicht reicher machen. So fand eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 2023 heraus: Unter der Politik der AfD würden vor allem ihre eigenen Wäh­le­r:in­nen finanziell leiden. Macht die AfD also arm und unglücklich? Eine demokratische Partei zu wählen, wäre jedenfalls eine effektive und extrem kostengünstige Alternative.

Reality-TV und Doom-Scrolling

Ursächlich für die schlechte Laune unter AfD-Anhänger:innen – die man ihnen ehrlicherweise von Herzen gönnt – sind nicht etwa Einkommen und Bildung, wie gemeinhin häufig behauptet wird. Vielmehr sei die Rhetorik der Partei, die „negative Emotionen und Angst“ bespiele, die Hauptursache für die Unzufriedenheit. Die regelrechte „Überschwemmung“ mit dieser Rhetorik vermiest scheinbar nicht nur Linken und anderen De­mo­kra­t:in­nen die Laune, sondern auch denen, die sie selbst skandieren.

Den Zusammenhang kennt wohl jeder aus seinem Alltag: Einen Abend mit Reality-TV oder Doom-Scrolling zu verbringen, schlägt auf die Laune. Einen Tag auf dem AfD-Parteitag zu verbringen offenbar auch. So befragten die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen AfD-Anhänger:innen einmal vor und einmal nach dem Parteitag 2020. Die rechte Hetze wirkte sogleich, die Laune fiel nach dem Parteitag in den Keller.

Nicht nur für einsichtige AfD-Wähler:innen hält die Studie gute Nachrichten bereit, sondern auch für alle Demokrat:innen. Die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen empfehlen anderen Parteien, positive Aspekte von Themen zu beleuchten, statt „angstbesetzte Themen zu wiederholen“. Der Rat wird von Union bis SPD sicher niemandem schaden, setzte man bisher doch gerne auf die exakt gegenteilige Strategie, Stichwort „Abschieben im großen Stil“, „kleine Paschas“, „Zahnarzttermine“ et cetera.

AfD-Wählende tun ihrer psychischen Gesundheit nichts Gutes. Kein Wunder, wer in ständiger Angst vor „Corona-Diktatur“, „Eliten“ oder anderen ausgedachten Feinden lebt, macht sich das Leben schwerer. Dass das nicht mehr nur ein diffuses Gefühl, sondern wissenschaftlich fundiert ist, kann hilfreich sein. Denn vielleicht ist die Studie ja ein erster Schritt, der nicht nur rechtsextremen Miesepetern, sondern auch der Demokratie helfen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

    Die Moderation

  • "AfD-wählen macht unzufrieden"

    Genau das sagt die Studie offenbar nicht aus. Der Befund der Studie ist: AfD Wähler sind unzufriedener. "sind unzfrieden" und "macht unzufrieden" unterscheiden sich in ihrem Gehalt fundamental.

    Ansonsten müssten wir wohl unverrückbar mit 15-20 % AfD rechnen. Der logische Schluß wäre nämlich: 1.) Allgemeiner Befund: AfD Wähler sind unzufreiden 2.) Spezieller befund: AfD wählen macht unzufrieden 3.) Weil AfD-Wähler nach der Wahl unzufrieden sind folgt 1.): Man wählt erst recht die AfD.

  • Tja, die wirds Euch aber zeigen die "Schlechte Laune Partei". Wenn Olaf Scholz in den kommenden Wahlen seine Partei auf die 5% Hürde zusteuern sieht wird sich auch seine Miene deutlich verdunkeln.

  • Nationalistische, rassistische und sonstige istische Verdummung ist nun mal kein Befreiungsinstrument.



    Zielführender ist es langfristig, sich im Alltag mit Kritik an der Sache einzubringen und so Zustände zu korrigieren.

  • Dem autoritären Charakter ist das Ausagieren seiner Ressentiments eben wichtiger als sein eigenes Wohlbefinden.

    Für die gute Sache müssen Opfer gebracht werden.

  • Könnte man daraus ableiten, dass auch die Unzufriedenheit mit dem Kapitalismus und neoliberaler Wirtschaftspolitik nur ein Blaseneffekt, also Ergebnis verzerrter Wahrnehmung ist, dem man durch den Konsum anderer Medien(inhalte) entkommen kann? ;)

    Ich schätze dass die Wähler linker Parteien auch nicht besonders glücklich über die Zustände in Deutschland und der Welt sind....

  • Am stärksten unzufrieden bin ich damit, dass es sowas wie die AfD in unserem Land überhaupt gibt.

  • Eindeutig die beste Therapie: Nicht die geistigen Nachfolger der Naziverbrecher wählen!

  • Die schlechte Laune mancher Kommentator:innen unterstütze ich gerne:

    www.spiegel.de/pol...-ac5b-5dcd93fcec89

  • AfD Wählern ist Glück nicht hold, negative Menschen haben ständig Pech.

  • Nanu..

    ..soviel Unglauben unter den Kommunarden..

    Aber nix da Satire: wer sich ständig mit ins Negativ aufgebauschten Themen beschäftigt, kriegt schlechte Laune. Das gilt im übrigen auch für Leser* innen der Bildzeitung, die schauen auch meist sehr mißmutig oder aufgehetzt drein (achten Sie mal drauf..).

    Bleibt am Ende die schöne Conclusio:

    -> wer Bild liest oder afd wählt, ist halt buchstäblich selber Schuld.. ;-))

  • Ich muss mich korrigieren (siehe unten). Die Autoren haben am Beispiel der AfD einen Blaseneffekt nachgewiesen.



    Wer unzufrieden ist und sich in die Blase AfD begibt, wird dortselbst in seiner Unzufriedenheit bestärkt. Begibt er sich aus der Blase wieder heraus, geht die Bestärkung wieder zurück, er ist wieder weniger unzufrieden.



    (Gibt es in anderen Bereichen auch: Wer mit einem E-Auto liebäugelt, wird Gleichgesinnte suchen, die ihn in seinem Vorhaben bestärken. Kommt er wieder vermehrt in Kontakt mit Andersdenkenden, wird seine Wahrnehmung von E-Autos wieder realistischer werden).



    Der Blaseneffekt ist allerdings nur auf die primäre Unzufriedenheit aufmoduliert. Wird diese nicht mit einer Perspektive beantwortet, die ihn zufrieden machen könnte, wird man ihn wohl kaum aus der Blase wieder herauslocken können.

  • Na ja, so ganz vom Himmel gefallen, kommt das Ergebnis dieser Studi ja nicht: taz.de/Studie-zu-P...motionen/!5508075/



    Und mir gefällt der Ratschlag an die "noch" demokratischen Parteien, kritische Themen "mit positiven Aspekten zu beleuchten", sagt der Autor.



    Jetzt müssen wir nur noch die Mehrheit der AfD-Wähler*innen** dazu bringen, die taz zu lesen.



    **hab das Gefühl, dass sich hier im Forum ein paar Getarnte tummeln.

  • Der erste Absatz ist Satire oder?



    Wenn er ernst gemeint ist, frage ich mich ,welche Betäunungsmittel im Spiel waren!

  • Das ist keine Satire! Nein!

    Wer permanent von echten oder vermeintlichen Ängsten heimgesucht wird, wem permanent die Zukunft in Schreckensszenarien geschildert wird, der wird früher oder später daran glauben, dass seine Welt untergeht.



    Genau solche Menschen gibt es in meinem Dunstkreis und sie leiden übermäßig.



    Es macht einen Unterschied, ob ein Glas halb voll oder halb leer ist.



    Die positive Herangehensweise -Wir schaffen das- hat schon was für sich.



    Kein Feldherr zog in den Krieg mit den Worten: Auf, auf, wir ziehen jetzt zum Verlieren zum Sterben in den Krieg. Die hatten alle noch vor dem ersten Schuss schon gewonnen.

    • @intergo:

      Erlebe ich ähnlich.

      Klimaschützer gehören oft zu dieser Sorte.

      Unter Harmagedon und Aussterben der Menschheit geht da oft nichts.

      Bei anderen ist ein Wahlsieg der CDU oder das Tragen von Masken bereits die Einführung des Faschismus.

      Nur wählen die nicht alle die AfD.

      Vermutlich ist doch erst das halbleere Glas da und dann sucht man sich die passende Partei.

  • Man muss die Studien halt nur richtig lesen können, um die Wahrheit zu deuten;-)

  • Herr Frahm bleibt leider die Argumentation schuldig, in welche Richtung der Kausalzusammenhang geht.

    Und ob es sich womöglich nur um eine Korrelation handelt.

    Weshalb könnten die AfD- Wähler nicht erst unglücklich sein und aus dieser Frustration heraus die AfD wählen?

    Womöglich hören sie auf, AfD zu wählen, sobald sie glücklicher sind?

  • ..huch. Ich dachte schon, ich bin im postillon-modus gelandet aber nein

  • Dies legen zumindest die Ergebnisse einer repräsentativen Studie, durchgeführt von For­sche­r:in­nen des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung (WZB), nahe.



    ----



    Grins ! Ist da ein Kommentar aus der "Wahrheit" verrutscht? Ist das eine Bewerbung für den Ig-Nobelpreis?



    Schön belegt durch die Links!



    Doch die Wahrheit (die in de Taz & auch draußen) höre ich wohl/gern, allein mir fehlt der Glaube! :-)



    ( frei nach Geheimrat "J.W. von Goethe", dem alten ... nun ja, passendes selbst einsetzen)

  • Ist das Satire?



    Da dürften die Autoren der Studie wohl Ursache und Wirkung verwechselt haben.