piwik no script img

Streit über Subvention für AgrardieselAb Montag droht neuer Bauernprotest

Der Bauernverband will nun „Nadelstiche“ setzen, wenn die Ampel beim Agrardiesel kürzt. Bis dahin lehnt die Lobby Gespräche über einen Tierwohl-Cent ab.

Wollen wiederkommen: Die Bauern drohen mit neuen Protesten Foto: Patrick Pleul/dpa

Der Bauernverband hat neue Proteste ab Montag angekündigt, falls die Bundesregierung an der geplanten Streichung der klimaschädlichen Agrardiesel-Subventionen festhält. Wenn die Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses am Donnerstagabend „kein in unserem Sinne positives Ergebnis“ bringe, werde es wieder „in der ganzen Bundesrepu­blik“ Aktionen geben, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied zum Beginn der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Dabei geht es offenbar weniger um große Demonstrationen, als um nach den Worten Rukwieds „Nadelstiche, die wehtun“.

Doch die Ampelkoalition schien an ihren Kürzungsplänen festzuhalten. Auf eine ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft will die Regierung zwar verzichten. Der Rabatt bei der Energiesteuer auf Diesel für Trecker und andere Landmaschinen soll aber schrittweise bis 2026 auslaufen. „Die Ampelkoalition steht zu diesem Kompromiss“, sagte Grünen-Finanzpolitiker Sven-Christian Kindler vor der entscheidenden „Bereinigungssitzung“ des Finanzausschusses. Die Kürzung von 940 Millionen Euro Subventionen pro Jahr soll zusammen mit einer Reihe anderer Sparmaßnahmen dazu beitragen, das Budgetloch zu schließen, das nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zur Schuldenbremse im November entstanden ist.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir verteidigte die Agrardieselkürzung im Bundestag als „fair und vertretbar“. Der Grünen-Politiker sprach sich aber dafür aus, den Landwirten neue Einnahmen über einen „Tierwohl-Cent“ auf Fleisch für den Umbau ihrer Ställe zu verschaffen. Doch Rukwied weigerte sich im Gegensatz etwa zur Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, darüber zu sprechen, bevor die Koalition ihre Agrardieselkürzung zurücknimmt. Aber über „das Thema Steuerfreiheit beim Einsatz von Biokraftstoffen“ in der Landwirtschaft als Ersatz für den fossilen Sprit müsse man sehr wohl reden.

Merz kritisiert Warnungen vor rechter Unterwanderung

Unterdessen warf CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz der Regierung vor, sie habe gewarnt, dass die Bauerndemonstrationen „von rechtspopulistischen Kräften unterwandert und missbraucht werden“. Diese „Verdächtigungen“ hätten sich als haltlos erwiesen und seien „Teil ihrer politischen Kampagne gegen die Landwirtschaft“ gewesen. Ähnliche Kritik äußerten auch AfD-Redner.

Tatsächlich hatte das Innenministerium gewarnt, dass Rechtsextremisten „versuchen werden“, die Proteste zu instrumentalisieren. „Die Sorge war zu Recht da“, sagte die agrarpolitische Sprecherin der Grünen, Renate Künast, im Bundestag. Es habe zum Beispiel Galgen auf Demos gegeben. Die taz hatte berichtet, dass unter Rechtsextremen beliebte Parolen und die Fahne der gewalttätigen Landvolk-Bewegung aus den 1920er Jahren gezeigt wurden. Merz verharmlose solche Vorfälle, kritisierte Künast. Sie begrüßte, dass die Bauernverbände sich bei den Demos nicht hätten vereinnahmen lassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Ich hab da mal ne Frage: Ab wie viel Strassen muss man blockieren um als Terrorist bezeichnet zu werden? Oder ist der Unterschied in dem für was man sich einsetzt? Umweltschutz oder Dieselsubventionen?

    • @Kai Kraatz:

      Ich bin auch mal gespannt, ob Schnellverfahren und vorbeugende Haft gegen die Bauern angewendet werden.

  • Die Bauenr sollten mal ihren gesamten Unmut gegen die Verteiler richten, Discounter und Supermarktketten, die ihnen die Preise diktieren.



    Nicht eine zugegebenermaßen chaotisch Arbeitende Regierung, die seit zwei Jahren im Amt ist, ist für die Situation der Bauern verantwortlich, sondern eine seit Jahrzehnten sowohl von der EU als auch von der Bundesregierung verschusterte Agrarpolitik. Die ist aber bereits durch den Druck der Bauernverbände zustande gekommen. Und jede bis jetzt gezahlte Subvention ging nicht an die Bauern, sondern wurde als Profit der Verteiler wieder abgeschöpft.



    Der "Tierwohl-Cent" würde doch sofort zu einer Kürzung des Erzeugerpreises durch die Einkäufer.



    An der Stelle sollten die mal ansetzen.

    • @The Calif:

      Eine Ansage fehlt noch:



      Es liegt auch an uns Verbrauchern. Deutsche, am Besten lokale Ware und bessere Qualität einkaufen. Auch wenn es teurer ist.



      Und nicht immer das Billigste vom Billigen suchen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Mit dem Porsche auf Sylt...



    www.ardmediathek.d...jItMDUtMDItMDQtMDU

  • Nehmen wir mal an, der Dieselverbrauch eines Betriebes sei ungefähr proportional zu seiner Größe, ebenso wie der Gewinn. Wenn nun der Diesel teurer wird, dann sinkt vorallem für kleinen Betrieb der Gewinn unter die es-lohnt-sich-nicht-mehr Schwelle. Die Abschaffung der Agrardieselsubventionen verstärkt daher die Industrialisierung der Landwirtschaft. Natürlich kann man das machen, wenn man damit Leben will. Nur sollte man sich nicht wundern, dass gerade die kleineren Landwirte jetzt auf die Straße gehen. Abgesehen davon ist es reichlich ungeschickt, gerade die kleinen Landwirte zu treffen, während sich mancher die Frage stellt, welchen Stellenwert Arbeit und Selbständigkeit für diese Regierung überhaupt hat. Im Ergebnis weitere Stimmen für die AFD für wenig zusätzliche Steuereinnahmen.

    • @Nachtsonne:

      Nehmen wir mal an, der Tierwohl-Cent kommt, dann ist es für die kleinen Betriebe viel einfacher ihren Betrieb umzustellen und das Geld für gut lebende Tiere zu nutzen.



      Warum will der Bauernverband darüber nicht einmal reden?



      Die Bauern sollten sich mal überlegen, von wem sie sich vertreten lassen und wer ihr Gegner ist.

      • @Herma Huhn:

        Ich wiederhole mich - Herr Rukwied mit seinen 18 Posten nach meinem derzeitigen Kenntnisstand muss sein Mäntelchen in viele Windrichtungen hängen, wobei der Wind aus Richtung vernünftiger Landwirtschaft nur ein laues Lüftchen sein dürfte im Gegensatz zum Orkan aus Richtung Monsanto und anderen aus der krim... - Tschuldigung -gierigen Vereinigung.

      • @Herma Huhn:

        Also sollen sich dann z.B. Öko-Betriebe ohne Tierhaltung auf Tierhaltung einrichten, damit sie Unterstützung bekommen? Das kann es wohl kaum sein.



        Meiner Meinung nach sollten vor allem kleine bis mittlere Öko-Betriebe gefördert werden. Egal ob mit oder ohne Tierhaltung

        • @AliceMirrow:

          Ja, da ist was dran.



          Mein Kommentar sollte vor allem zeigen, dass die jetzigen Proteste, mit ihrer unsinnigen Konzentration auf diese eine Subvention die Landwirtschaft nicht weiterbringen werden.



          Und gerade die Großen der Branche haben auch nicht wirklich Interesse an einem "weiterbringen", so große Betriebe sind in jeder Branche oft träge und eher am Erhalt des erreichten als an Förderung der Veränderung interessiert. Das ist nichts, was die Landwirtschaft besonders auszeichnet.



          Besonders ist nur, dass die kleinen Betriebe nicht merken, dass sie von den Großen vor den Karren gespannt werden.

        • @AliceMirrow:

          Öko hat das Problem das der Begriff "BIO", unter dem ihre Produkte verkauft werden, die schwammigste Kennzeichnung überhaupt ist.



          Über 50% der Bio-Betriebe in Deutschland arbeiten nach EU-Bio Standard, das ist Konventionell ohne Chemischen Pflanzenschutz. Dann gibt es die Bio Verbände mit verschiedensten Anforderungen bis rauf zu Demeter, und da prallen Welten aufeinander. Jetzt nehmen wir noch die Produkte aus dem Ausland dazu, welche den Bio Stempel für mehr Geld erhalten, aber weniger Auflagen haben als Konventionelle Landwirte in Deutschland. Mittlerweilen werden 80-90% der Bio Wahren über die 4 großen Handelsketten vermarktet, somit spielen die die Landwirte gegeneinander aus und schöpfen den Gewinn ab und Bio bleibt genauso auf der Strecke wie Konventionell.

      • @Herma Huhn:

        Bei Neubauten für Kühe muss man mit Kosten von ca. 15000 € / je Stallplatz rechnen. Wenn sie jetzt 2 Cent mehr für die Milch erhalten und ihre Kuh 8000 kg/Jahr gibt haben sie am Jahresende 160 € mehr, aber auch nur wenn die gesamte Abgabe bei den Landwirten ankommt, was NIE ( Bürokratieaufwand ) passieren wird. Es ist nur eine Fleisch/Milch Strafsteuer um diese zu verteuern und den Konsum zu senken. Wenigstens haben die aller meisten Landwirte das durchschaut !!

      • @Herma Huhn:

        Der Tierwohl-Cent würde zunächst einmal nicht allen Landwirten zugute kommen. Nicht jeder betreibt Viehwirtschaft.



        Zum Anderen kommt es mit dem Tierwohl-Cent zu einer weiteren Subvention die direkt bei dem Konsumenten erhoben wird und wieder zu mehr Bürokratie führt. Es besteht auch die Gefahr zu kurzer Übergangsfristen, welche die Landwirte kaum leisten und finanzieren könnten.



        Die Landwirte fordern ein Gesamtkonzept und keine Einzelmaßnahmen.



        Mit dem Tierwohl-Cent würde man auch den Verbraucher gegen die Landwirte ausspielen und Fleischkonsum würde zu einer sozialen Frage.



        Es entsteht der Eindruck, dass die Grünen die Situation ausnutzen wollen, um ihre politischen Ziele durchzusetzen.

  • Gut so. Diese Regierung versteht nur Druck.

    • @Frankenjunge:

      Diese Regierung HAT Druck, der wird schon seit Jahrzehnten durch die Vorgänger und die rasant wachsende Wohlstandsverwahrlosung aufgebaut. Wenn diese so gut waren, warum wurden sie wohl ausgetauscht?