Streit über Coronabonds: Die SPD muss mehr riskieren

Die SPD-Linke sollte konkret sagen, was Berlin Südeuropa anbieten muss. Allgemeine Forderungen reichen nicht.

Ein Mann bei einer Videokonferenz

Die SPD-Linke will keinen Stress mit ihm: Finanzminister Olaf Scholz Foto: Hannibal Hanschke

Im Dezember 2017 verwandelte die SPD ihr entschiedenes Nein zur Groko in ein beherztes Ja. Ein Stützrad bei diesem Manöver war Europa, ein Thema, das verlässlich die Herzen aller SozialdemokratInnen erwärmt. Europa, hieß es, brauche sofort ein handlungsfähiges Deutschland. Daher müsse man sich opfern und noch mal regieren. Der Koalitionsvertrag verkündete feierlich einen neuen Aufbruch für Europa, von dem danach indes nicht mehr viel zu hören war.

Die EU steuert gerade auf ihre womöglich tiefste Krise ihrer Existenz zu. In Südeuropa braut sich ein gefährlicher Mix aus Enttäuschung über das Nein Deutschlands zu gemeinsamen Schulden und alten Ressentiments gegen Berlin zusammen. Es geht um keinen Aufbruch für Europa, sondern darum, dessen Abbruch zu verhindern.

Fast alle Ökonomen von Rang halten Coronabonds für nötig, um zu verhindern, dass die Kluft zwischen Nord- und Südeuropa noch tiefer wird. Ein schnell wieder erblühendes Post-Corona-Deutschland und ein verarmter Süden wären Munition für Populisten. Gescheite Konservative wie der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert haben verstanden, dass der politische Schaden eines Neins zu Coronabonds in der EU größer sein wird als das fiskalpolitische Risiko.

Was tun eigentlich die zuständigen SPD-Minister im Bundeskabinett gerade? Nicht genug. Olaf Scholz will auf keinen Fall ein Risiko eingehen und sagt zu Coronabonds gar nichts. Immerhin begreifen in der SPD immer mehr, dass Coronabonds keine ideologische Retroschlacht sind, sondern zentral wichtig für die Zukunft der EU.

Die SPD-Linke will nun zwei Dinge, die nicht so recht zusammenpassen: kein Stress mit Scholz und Druck aufbauen für die Bonds. Beides sind verständliche Ziele – Flügelstreit kommt in der derzeitigen Coronakrise nicht gut. Aber will die SPD-Linke nicht bloß einen guten Eindruck machen, muss sie mehr riskieren und konkret sagen, was Deutschland jetzt anbieten muss. Allgemeine Forderungen, was mittelfristig zu tun wäre, reichen nicht. Die Vernunft kommt nicht im Schlafwagen ans Ziel.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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