Strafzölle gegen China: Herr Xi, so nicht!
Grundsätzlich ist es richtig: Europa muss sich gegen die unfaire Subventionspraxis Chinas schützen, wenn die Autoindustrie überleben soll.
D eutschland ohne Autoindustrie? Was wäre wohl los, wenn die 780.000 Jobs, die die Branche hierzulande direkt sichert, in Gefahr wären? Moment. Sie sind schon in Gefahr. Und das nicht erst, seit die EU-Kommission am Mittwoch den Handelskonflikt mit China eröffnete.
Auch wenn viele jetzt von „Handelskrieg“ reden: Es wird noch lange nicht geschossen. Europa steigt dennoch ganz schön brutal in den weltweiten Krach um die Vorherrschaft in der Automobilindustrie ein. Die alte – und wohl auch neue – EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen geht mit den angedrohten Strafzöllen auf importierte Elektroautos aus Fernost in eine ihrer bislang riskantesten globalen Fehden. Was passiert, wenn die Chinesen im Gegenzug Europas Konzerne bluten lassen? Gerade die besonders globalisierte deutsche Wirtschaft ist dabei verwundbar: VW, BMW oder Mercedes erwirtschaften einen Großteil ihrer Umsätze in Fernost.
Die deutschen Hersteller brauchen den riesigen chinesischen Markt. Deshalb ist die Skepsis der Bundesregierung verständlich – und das Vorgehen der EU-Kommission sehr riskant. Immerhin: Die angekündigte Erhöhung der Zölle auf Chinas E-Autos ist vergleichsweise moderat, die Botschaft Richtung Chinas Machthaber aber dennoch klar: Hey, Herr Xi, Europa toleriert Ihre unfairen Handelspraktiken nicht mehr länger! Die Reaktion aus Peking ist zwar scharf, klingt aber kontrolliert. Auch Präsident Xi Jinping ist nämlich nicht an einem langwierigen Krach mit einem seiner wichtigsten Handelspartner interessiert. Chinas Wirtschaft geht es nämlich ähnlich wie der Europas – auch nicht gut.
Die Reaktion der EU ist grundsätzlich richtig: Europa muss sich gegen die unfaire Subventionspraxis Chinas schützen, wenn seine Autoindustrie überleben soll. Mit 200 Milliarden Euro jährlich pampert Peking seine Unternehmen. Nicht so der Westen. Hier ist das gerade für die Autoindustrie verpönt – und wäre mit einem von der Schuldenbremse strangulierten Bundeshaushalt auch nicht machbar. Es gibt sogar positive Auswirkungen von Chinas Staatsknete: Sie sorgt für relativ günstige Solarpanels für hiesige Häuslebauer. Aber: Die Subventionen haben auch die deutsche Photovoltaikindustrie praktisch ausgelöscht.
Strafzölle verschaffen hiesigen Unternehmen Atempause
Ein ähnliches Schicksal könnte Europas Autobauer ereilen. Die chinesische Konkurrenz hat vor allem die Deutschen technologisch überholt, auch in der Batterietechnologie. Ein Beispiel sind kleine E-Autos für den Massenmarkt: Ausgerechnet Volkswagen kann sie erst 2027 liefern. Insofern verschaffen die Strafzölle den hiesigen Autobauern eine kleine Atempause.
Fatal agieren in dieser Situation FDP und CDU: Wer das von der EU avisierte Verbrenneraus in Europa 2035 infrage stellt, gefährdet, was Unternehmerlobbys stets am vehementesten einfordern: Planungssicherheit. Und außerdem, dass sich die Konzerne auf das fokussieren, was auf dem Markt in China – dem größten weltweit – im vergangenen Jahr 6,3 Millionen Mal verkauft wurde: E-Autos.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung