piwik no script img

Steigende MietenSchluss mit der Nietenpolitik

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Was hilft gegen überteuerte Mieten? Vielleicht ein Perspektivwechsel, der Genossenschaften fördert anstatt Spe­ku­lan­t:in­nen noch reicher zu machen.

Aktuell gibt es keine Wohnungsangebote Foto: Sabine Gudath/imago

D ie Mieten steigen nicht, sie schießen durch die Decke. Ende 2024 lagen sie fast 5 Prozent höher als ein Jahr zuvor. In Großstädten wie Berlin, Frankfurt und sogar im wenig attraktiv klingenden Essen sind sie sogar um 8 Prozent und mehr gestiegen. Das zeigt eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft – für alle, die keine Ahnung vom Thema haben. Alle anderen, die tatsächlich eine Wohnung suchen, wissen längst: Die Realität ist noch viel schlimmer.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Wenn überhaupt mal eine Wohnung frei wird, dann prügeln sich die Massen, am Ende gewinnt der mit der dicksten Kreditkarte. Weil die Anbieter jeder einzelnen Wohnung stets ein temporäres Monopol haben, das sie gnadenlos ausnutzen können – auch unter Umgehung aller Regeln, wie kürzlich eine Studie der Linkspartei eindrucksvoll belegt hat. Der Wohnungsmarkt ist nicht frei, wie FDP, CDU und SPD nicht müde werden zu betonen, sondern ein rechtsfreier Raum. Oder kennen Sie eine Behörde, die die Einhaltung der Mietrechte kontrolliert?

Deshalb ist auch das „Bauen, bauen, bauen“-Mantra, das sich in nahezu allen Wahlprogrammen findet, sinnlos. Damit ist schon die amtierende Bauministerin komplett gescheitert. Die Zahl der Baugenehmigungen hat sich in den letzten zwei Jahren halbiert. Neubau wird auf Jahre keine Entspannung bringen. Denn Spe­ku­lan­t:in­nen wissen: Die Baupreise sind viel zu hoch, das lohnt sich nicht. Stattdessen kaufen sie reihenweise Altbestand und quetschen dort die Mie­te­r:in­nen aus.

Was helfen würde? Ein radikaler Perspektivwechsel: weg von Investorenförderprogrammen, die am Ende immer nur den Besitzenden dienen, hin zu einer Mieter:innenpolitik. Die mit durchgreifenden und kontrollierten Regeln die Bestandsmieten niedrig hält. Und die richtig Geld in die Hand nimmt, um ausschließlich bewohnerkontrollierte Gesellschaften in die Lage zu versetzen, trotz exorbitanter Baukosten bezahlbaren Wohnraum zu errichten. Das würde wenigstens langfristig helfen. Klingt utopisch? Ja. Aber alles andere ist Nietenpolitik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz. 2000 bis 2005 stellvertretender Leiter der Berlin-Redaktion. 2005 bis 2011 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Genossenschaft bei uns im Ort sagt sie kann für nicht weniger als 18€/M² vermieten bei Neubau, ohne irgendwelchen Luxus einzubauen. Baumaterial, Land, Handwerker und Umweltvorschriften machen bauen einfach so teuer.

  • Das Thema Airbnb scheint bei dieser Debatte überhaupt keine Rolle zu spielen. Warum ???



    Egal ob links oder rechts, schwarz, grün oder gelb, niemand erwähnt Airbnb bei dem Thema Wohnungsnot und Mietwucher. Es gibt sogar Studien welche belegen, dass Airbnb dabei eine Rolle spielt. (Nicht vom Fraunhofer Institut)

    www.diw.de/de/diw_...in_die_mieten.html

  • Punkt für Punkt richtig. Haben SPD und Grüne für die von der taz beschriebenen Problemlösungsmöglichkeiten mit den nötigen finanziellen Mitteln stark gemacht? Nein! Und haben es auch nicht vor. Einzig die Linke macht Druck bei dem Thema.



    Ein Grund, warum das Demokratiebewusstsein in diesem Land langsam aber sicher immer mehr implodiert und die AFD so viel Erfolg hat. Denn auch zu hohe Energiepreise und Inflation belasten die Bürger, besonders die einkommensschwachen Haushalte, deren Haushaltsrechnung nur funktionierte so lange Mieten, Inflation und Energiekosten nicht massiv stiegen und vor allen Lebensmittel günstig waren.

  • Danke.

    Was helfen würde?

    - Starke Förderung des sozialen/genossenschaftlichen Wohnungsbau.

    - Städtische Grundstücke sollten überhaupt nicht von den Kommunen/Städten verkauft werden dürfen (Stichwort: Erbbaurecht)

    de.wikipedia.org/wiki/Erbbaurecht

    - Die (entschädigungslose?) Rekommunalisierung börsennotierter Wohnungskonzerne.

    Der Artikel 15 des Grundgesetzes ermöglicht die weitreichende Vergesellschaftung von Wirtschaftsgütern und Unternehmen:

    de.wikipedia.org/w...ftung_(Wirtschaft)







    Müssen nur wollen... . :-)

  • Wer hat den dem Bund und den Ländern verboten doie Genossenschaften zu fördern? Aber Kommunen verkaufen die Baugrundstücke lieber an den meistbietenden um damit Das Stadsäckle zu füllen. Egal ob die Mehrheit im Rat Rot Grün oder Scharz ist.

  • Der Staat darf in die Wirtschaft eingreifen und Eigentumsrechte von Bürgern einschränken bis hin zu Verstaatlichungen und anderen rabiaten Maßnahmen.

    Nur: Der Staat macht das nicht, in der Regel schützt der Staat Eigentum, und auf dem Mietmarkt bedeutet dies, der Staat schützt die Kräfte, die fleißig Mietshäuser kaufen und Wohnungen kaufen und verteuern.

    Dazu kommen noch etliche Immobilienbesitzer, die ohne nachvollziehbaren Grund Wohnungen leer stehen lassen. Auch gegen diese Immobilienbesitzer geht der Staat nicht vor, sondern er schützt deren Besitz. Dabei ist mindestens der Leerstand ein unglaublicher Akt.

    Genossenschaften sind sicherlich eine Antwort, eine weitere Antwort sind eben Sozialwohnungen im Besitz von Kommunen, Städten, Ländern und anderen staatlichen Trägern.



    Eine weitere Entlasstung wären Studentenwohnheime, hier könnte der Bund über Kredite und direkte Förderungen Entlasstung schaffen, dann könnte der Bund bei Wohnungsbau für Geflüchtete Mittel direkt und indirekt freigeben.

    Es scheitert immer daran, dass der Staat den Besitzenden schützt, nicht den Wohnungssuchenden. Dazu kommt noch Vermieterkriminalität, die wird selten aufgedeckt und verfolgt.

  • „ Und die richtig Geld in die Hand nimmt, um ausschließlich bewohnerkontrollierte Gesellschaften in die Lage zu versetzen, trotz exorbitanter Baukosten bezahlbaren Wohnraum zu errichten.“ Gibt es irgendwo ein Beispiel,, wo das wirklich im größeren Maßstab längerfristig funktioniert hat? Ist mir, unabhängig vom Wirtschaftssystem noch nicht begegnet.

  • "Deshalb ist auch das „Bauen, bauen, bauen“-Mantra, das sich in nahezu allen Wahlprogrammen findet, sinnlos. Damit ist schon die amtierende Bauministerin komplett gescheitert."



    Nein ist es nicht, es wäre natürlich die Abhilfe schlechthin, aber dafür müsste der Ausbau halt endlich gefördert werden.



    Stattdessen:



    "Die Zahl der Baugenehmigungen hat sich in den letzten zwei Jahren halbiert. Neubau wird auf Jahre keine Entspannung bringen. Denn Spe­ku­lan­t:in­nen wissen: Die Baupreise sind viel zu hoch, das lohnt sich nicht."



    Richtig. Das ist aber nicht die Schuld von Spekulanten sondern erstens der weltweiten Rohstoffnachfrage, zweitens der Lohnarbeitskosten und drittens der Baukosten. Und da versagt die 'Nietenpolitik' (danke für den Begriff) seit Jahren ordentliche Anreize fürs Bauen zu schaffen ODER genügend Mittel für staatlichen Wohnungsbau bereitzustellen.



    Diese Unfähigkeit auf staatlicher Seite der Privatwirtschaft in die Schuhe schieben zu wollen ist falsch.



    Es gibt genügend Hebel: Subventionen, Förderprogramme, Senkung von Umweltauflagen, etc...



    Wenn der Staat nichts dergleichen tut ist es nicht den Unternehmen anzukreiden, dass sie sich keinen ruinösen Bauprojekten widmen.

  • Soweit ich weiß, hat Wien kaum Wohnungsprobleme genau wegen des hohen Anteils an genossenschaftlichem Wohnraum.

    • @Ciro:

      Es muss nicht alles Kickl sein in Österreich



      Genossen schaften sind wie Schengen



      Fortschrittlich und Menschenfreundlich